Die Rolle Preußens in der Weimarer Republik. Stabilisator oder Hemmschuh?


Seminararbeit, 2010

22 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


2
Inhalt
1.
Einleitung ... 3
2.
Der Verfassung des Reich und Preußens ... 6
2.1.
Die Entstehung der Weimarer Reichsverfassung (WRV) ... 6
2.2.
Der Verfassungsvergleich ... 8
3.
Die politisch handelnden Personen ... 11
3.1.
Die Person Otto von Braun ... 11
3.2.
Die Person Paul von Hindenburg ... 14
4.
Der Preußenschlag 1932 ... 17
5.
Zusammenfassung und Ergebnis ... 18
6.
Quellen und Literaturangabe ... 21

3
1.
Einleitung
,,
Zwei Großregierungen in Berlin, zwei massierte Haufen von Politikern und
Buerokraten, von denen der eine über ganz Deutschland, der andere über zwei Drittel
von Deutschland herrscht, von denen der eine die rechtliche , der andere die faktisch
größere Macht besitzt."
1
Mit dieser knappen aber prägnanten und sehr kritischen Umschreibung
charakterisierte der zeitgenössische und bis heute anerkannte Staatsrechtler Gerhard
Anschütz in einer seiner Arbeiten aus dem Jahre 1922 das Verhältnis zwischen dem
Staat Weimarer Republik und dem Land Preußen. Er kritisierte konkret das
Nebeneinander zweier starker Regierungen mit größtenteils unfähigen Politikern, die
ständig um die Macht in Deutschland rangen. Hieraus lässt sich ein starker Dualismus
zwischen beiden Instanzen ableiten, wobei d
as Wort ,,Dualismus"
in der deutschen
Geschichtsforschung eigentlich der Zeit zwischen 1740 und 1866 vorbehalten ist und
sich auf die Auseinandersetzung zwischen dem Königreich Preußen und Österreich
bezieht.
Dennoch wird der Begriff auch in der Zeit nach 1919 häufig genutzt, um Spannungen
zwischen der deutschen Zentralregierung und ihres größten Landes darzustellen.
Die Republik von Weimar mit ihren Problemen und den Gründen für ihr Scheitern ist
in der Geschichtswissenschaft ausreichend diskutiert und bearbeitet. Gleiches gilt für
Preußen als seit jeher elementarster Bestandteil des deutschen Territoriums. Deshalb
ist es meine Absicht, einen Schritt weiter zu gehen und beide Teile in der Zeit ihrer
gemeinsamen Existenz zu vergleichen, um letztendlich möglicherweise Alternativen
zum Weimarer Weg finden zu können.
Dazu stellt sich mir die Frage, welche Rolle Preußen als Bundesland innerhalb der
ersten deutschen Republik eingenommen hat. Kann hieraus eine eher positive oder
eher negative Wirkung auf den deutschen Staat als Ganzes abgeleitet werden? Lässt
sich die zeitgenössische Ansicht von Anschütz also historisch bestätigen oder kann
sie widerlegt werden?
1
Anschütz: S. 8

4
Als in der Geschichtsforschung weitgehend anerkannter Konsens kann festgehalten
werden, dass die Weimarer Republik auch aufgrund einiger Fehler im System,
beispielhaft können hier der mangelnde Verfassungsschutz, die starke Stellung des
Reichspräsidenten oder die nicht unabhängige Justiz genannt werden, an den
Problemen der Zeit scheiterte.
Ebenso unisono äußern sich die meisten Autoren in der einschlägigen Literatur, dass
im Bundesland Preußen viele dieser Fehler nicht begangen wurden und manche
politischen Abläufe besser funktionierten als im übergeordneten System. Es konnte
also als Vorzeigedemokratie innerhalb des Reichs gelten.
Daraus lässt sich meiner Ansicht nach der Schluss ziehen, dass die Weimarer
Republik
mit
dem
preußischen
System
möglicherweise
eine
höhere
Überlebenschance gehabt hätte, als ihr dies so vergönnt war.
Um diese These zu belegen werde ich mich im folgenden Aufsatz auf zwei
Prüfungsmaßstäbe konzentrieren, anhand derer ich letztendlich zu einem Ergebnis
gelangen will, ob die These zu verifizieren oder zu widerlegen ist.
Als ersten Punkt werde ich mir die Verfassung des Reiches von 1919 sowie
vergleichend dazu die preußische Konstitution aus dem Jahre 1920 anschauen, um
eventuelle grundlegende Unterschiede in Aufbau und Funktion des Staatsapparates
herausstellen zu können.
Eventuell lässt sich dabei die Unterfrage beantworten, ob Teile der preußischen
Verfassung in die Weimarer Reichsverfassung hätten übertragen werden sollen.
Der zweite Teil der Arbeit wird sich mit den politisch handelnden Personen in beiden
Lagern beschäftigen, wobei hier insbesondere der langjährige preußische
Ministerpräsident Otto Braun sowie der ab 1925 amtierende Reichspräsident Paul von
Hindenburg die entscheidenden Positionen einnehmen. Dieser Prüfungsmaßstab
gehört zwingend zu einer Analyse eines Staatssystems, da die Politiker, neben der
grundlegenden Verfassung, maßgeblich für das Funktionieren eines Staates
verantwortlich sind. Das Schlüsselereignis bildet dabei die Reichstagswahl von 1925,
da auch Braun als Kandidat aufgestellt war und seine Wahl wohl eine gänzlich andere
Entwicklung verursacht hätte.
Abschließend ist es meine Absicht, den Untergang Preußens und seine
Auswirkungen auf die Weimarer Republik noch sehr gekürzt zu schildern, um daraus

5
Erkenntnisse über das Abhängigkeitsverhältnis beider Parteien voneinander ziehen
zu können. Dabei wird der Preußenschlag die Hauptrolle spielen.
Innerhalb dieser drei Hauptaspekte werden auch Fragen zur symbolischen Wirkung
Preußens auf die Republik zu bearbeiten sein. Ebenso sind die Berücksichtigung
anderer Teilstaaten, wie vor allem dem Land Bayern, sowie die Arbeit der Parteien in
beiden Parlamenten, nötig.
Nach der Analyse all dieser Fragen muss letztendlich die oben gestellte These zu
begründen sein und die Frage nach einer stabilisierenden Wirkung Preußens auf die
Weimarer Republik so weit wie möglich zu beantworten sein.

6
2.
Der Verfassung des Reich und Preußens
2.1. Die Entstehung der Weimarer Reichsverfassung (WRV)
Die wichtigste Person, welche im Rahmen der Weimarer Reichsverfassung zu
nennen wäre, ist der Verfassungsrechtler Hugo Preuß. Er galt weithin als Vater der
Staatsordnung und politischer Vordenker innerhalb der Weimarer Republik. Neben
seiner wohl bedeutendsten Errungenschaft, der Ausarbeitung des Verfassungstextes
von 1919, prägte er als erster Innenminister der neuen Republik deren Politik in den
Anfangsjahren entscheidend mit.
Grundsätzlich lässt sich im ersten Entwurf der Reichsverfassung von 1919 eine
Tendenz weg vom deutschen Föderalismus, hin zu einem einheitsstaatlich
orientierten, von den Reichsorganen dominierten Unitarismus erkennen.
2
Dies stellt
eine klare Abgrenzung zur Verfassung von 1871 dar, in welcher Bismarck die
preußische Vormachtstellung im Reich noch gesondert betonte. Eher kann man hier
Parallelen zur Paulskirchenverfassung 1849 ziehen, die ebenfalls eine dominante
Rolle der Zentralregierung vorsah. Dies entsprach zwar im Wesentlichen den
Vorstellungen von Preuß, war aber politisch zu diesem Zeitpunkt noch nicht
durchsetzbar.
Bis zum vierten Entwurf, der dann als endgültig betrachtet werden kann, hatten die
Verhandlungen zu einer entgegengesetzten Ausrichtung geführt. Die Vertreter der
Einzelstaatsinteressen hatten sich durchgesetzt, weshalb schlussendlich eine eher
föderativ geprägte Verfassung verabschiedet wurde
3
. Dieser Schwenk weg von den
preußschen Ideen besaß enormen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Republik
und auf ihr Verhältnis zu ihrem größten Gliedstaat.
Um die Konflikte zu verstehen, die sich zwischen der Reichsregierung und der
preußische Landesregierung in der Folge entwickeln sollten, muss an dieser Stelle die
dominante Stellung des größten deutschen Teilgebietes anhand einiger Zahlen kurz
veranschaulicht werden.
4
2
Klaus: S. 22ff.
3
Klaus: S. 27
4
Biewer: S. 334

7
So verfügte Preußen beispielsweise über drei Fünftel des Reichsterritoriums und war
damit um ein vielfaches größer als die meisten kleinen Länder innerhalb
Deutschlands. Erschwerend kam an dieser Stelle die immer noch nicht völlig
überwundene Kleinstaaterei mit zahlreichen En- und Exklaven hinzu.
Ähnlich stellte sich das Verhältnis bei den Bevölkerungsanteilen dar, weshalb eine
repräsentative Stimmenvergabe im, in der WRV neu geschaffenen, Reichsrat als
Vertretungsinstanz für die Teilstaaten unmöglich war.
Um dieses Problem zu lösen, wurden die preußischen Stimmen im Reichstag halbiert,
wobei eine Hälfte auf die Provinzen überging, die nun eigene Vertreter in den Rat
entsenden durften. Dennoch kamen auf eine preußische Stimme 1.412.000 Bürger,
wohingegen andere Gliedstaaten ein Verhältnis von 1:127.00 aufwiesen. An diesen
beiden Punkten wird schon die zum Teil eklatante Benachteiligung Preußens deutlich,
die sich aber aufgrund der so dominanten Rolle nicht vermeiden ließ.
5
Neben dieser Benachteiligung, wofür sich im Laufe des Aufsatzes noch weitere
Beispiele finden werden, können trotz der föderalen Grundtendenz der Verfassung
eine Vielzahl von Einschränkungen der Teilländer durch das Reich gefunden werden.
Diese betrafen natürlich zwangsläufig das mächtigste Land Preußen stärker als
andere.
Beispielhaft hierfür war das durch die Erzbergische Finanzreform 1920 neu geregelte
Fiskalsystem. Laut Verfassung durfte das Reich über alle Steuermittel frei
entscheiden, musste aber ,,auf die Erhaltung der Lebensfähigkeit der Länder
Rücksicht nehmen".
6
Dieser Aspekt stellte eine vollständige Umkehr der bisherigen
Verhältnisse dar. Bis 1919 war stets das Reich auf die Finanzierung durch die Länder
angewiesen, jetzt hingen diese am Tropf des Reichsfinanzministeriums.
Einen nicht unproblematischen Artikel der Weimarer Reichsverfassung stellte der Art.
18 dar, in welchem sich das Reich Gebietsänderungen der Teilstaaten, bei
5
Die Preußen-Frage stand lange Zeit im Zentrum der Verfassungsdebatte. Zum Teil gab es
Loslösungsbestrebungen der einzelnen Provinzen (z.B. Hannover), die zu einer Zerschlagung Preußens geführt
hätten, wie sie von den Unitaristen (u.a. Hugo Preuß) befürwortet wurde. Andere Meinungen besagen aber
auch, dass ein Zusammenbruch Preußens zu einem Zusammenbruch des Reiches geführt hätte (siehe Biewer S.
343).
6
WRV: Art. 8
Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Rolle Preußens in der Weimarer Republik. Stabilisator oder Hemmschuh?
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg  (Historisches Insitut)
Veranstaltung
Historische Debatten um die Weimarer Republik
Note
2,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
22
Katalognummer
V387319
ISBN (eBook)
9783668614062
ISBN (Buch)
9783668614079
Dateigröße
841 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Preußen, Weimarer Republik, Braun, Hindenburg, Preußenschlag, Weimarer Reichsverfassung
Arbeit zitieren
Master of Arts Patrick Simmel (Autor:in), 2010, Die Rolle Preußens in der Weimarer Republik. Stabilisator oder Hemmschuh?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387319

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