Wie hat sich Erlebnispädagogik bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland ausgehend vom 20. Jahrhundert entwickelt?

Ein chronologischer Überblick


Trabajo Escrito, 2015

27 Páginas


Extracto


- 1 -
Inhaltsverzeichnis
Kapitel
Seite
1. Einleitung
2
2. Definitionen
3
2.1. Pädagogik
3
2.2. Erlebnispädagogik
3
3. Chronologie der Erlebnispädagogik
4
3.1. Vordenker und Ursprünge der Erlebnispädagogik
4
3.2. Verlauf und Entwicklung der Erlebnispädagogik
6
3.3. Ein Zukunftsausblick auf mögliche Trends
16
4. Fazit zur Entwicklung der Erlebnispädagogik bis heute
18
Literaturverzeichnis
19
Anhang
22

- 2 -
1. Einleitung
Sich mit der Historie eines Themas auseinander zu setzen bedeutet, seine
Wurzeln und seine Daseinsberechtigung zu verstehen. So auch bei der Erleb-
nispädagogik.
,,
Lange galt die Erlebnispädagogik als umstritten, sie hat sich al-
lerdings in der Praxis der Jugendarbeit, der Heimerziehung, der beruflichen Bil-
dung, in nahezu allen (sozial-) pädagogischen Praxisfeldern durchgesetzt.
"
1
Vordenker der Erlebnispädagogik gibt es schon seit der Antike, doch erst zu
Beginn des 20.Jahrhunderts wurden Ansätze durch Kurt Hahn in Deutschland
etabliert. Lange war es still um Erlebnispädagogik, erst seit den 80er Jahren
existiert der Begriff Erlebnispädagogik. Bis heute befindet sich die Erlebnispä-
dagogik in ständiger Entwicklung.
Um die geschichtlichen Veränderungen und Entwicklungen der Erlebnispäda-
gogik in Deutschland zu verstehen ist es sinnvoll, sich zu Beginn mit den Be-
grifflichkeiten vertraut zu machen.
1
Zit.
Michl 2011, Klappentext.

- 3 -
2. Definitionen
2.1 Pädagogik
Der Begriff Pädagogik stammt von dem altgriechischen Begriff paideia und
kann mit Erziehung oder Bildung übersetzt werden.
2
Pädagogik beschäftigt sich
mit der Lehre der Erziehung und Bildung und konzentriert sich hierbei auf das
Veränderbare. Sie umfasst erzieherisches Handeln sowie die dahinter stehen-
den Theorien. Aus Ihr entwickelte sich die wissenschaftliche Disziplin Erzie-
hungswissenschaft, welche die Pädagogik wissenschaftlich fundiert und mit
Forschung sowie Empirie untermauert, wobei zwischen Pädagogik und Erzie-
hungswissenschaft gegenwärtig nur selten differenziert wird. Es gibt viele pä-
dagogische Teildisziplinen neben der allgemeinen Pädagogik wie zum Beispiel
Schulpädagogik, Medienpädagogik oder Erlebnispädagogik.
2.2 Erlebnispädagogik
Erlebnispädagogik ist ein Teilgebiet der Pädagogik. Sie ist ein methodisches,
handlungs- und erlebnisorientiertes Vorgehen, mit dem Ziel, Persönlichkeit und
soziale Kompetenzen zu stärken. Ursprünglich entstanden im Zuge der Re-
formpädagogik, um einen Gegenpol zum theoretischen Lernen in der Schule zu
bieten, findet man Erlebnispädagogik heutzutage eher in außerschulischen Be-
reichen, wie zum Beispiel in der Jugendarbeit.
3
Teilnehmende werden hierbei
durch Situationen, Aufgaben sowie Frage- und Problemstellungen begleitet,
welche soziale, physische und psychische Grenzerfahrungen bieten können.
Durch anschließende Reflexion des Erlebten soll die Weiterentwicklung sowie
Stärkung der Persönlichkeit gefördert werden. Hierbei steht der Mensch mit
seinen Empfindungen und seinem Erleben im Mittelpunkt des in erster Linie
gruppenpädagogisch gestalteten Prozesses.
4
Erlebnispädagogik wird oft als
Alternative und Ergänzung zu etablierten Erziehungseinrichtungen gesehen.
5
Sie kann in vielfältigen Settings geschehen, findet jedoch aufgrund des gege-
benen Ernstcharakters häufig in der Natur statt.
2
Vgl.
Stein 2013, S. 11.
3
Vgl.
Reich 2003, S. 1.
4
Vgl.
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. 2011, S. 239.
5
Vgl.
Fischer/Ziegenspeck 2008, S. 27.

- 4 -
3. Chronologie der Erlebnispädagogik
3.1 Vordenker und Ursprünge der Erlebnispädagogik
Im Allgemeinen gilt Kurt Hahn (1886-1974) als Begründer, beziehungsweise
Wegbereiter, der modernen Erlebnispädagogik in Deutschland. Jedoch nahm
Hahn schon lang existierende Gedanken und Ideen, welche damals noch nicht
unter Erlebnispädagogik aufgefasst wurden, in sein erlebnistherapeutisches
Konzept auf. Schon in der Antike philosophierte Platon (428-348 v. Chr.) über
Erziehung und vertrat die Ansicht, dass erfolgreiche Bildung und Erziehung
sportliche Ertüchtigung beinhalten sollten und die Gesellschaft von innen her-
aus verändern könnten.
6
Der Philosoph Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) postulierte ein Eigenrecht
auf die Lebensphase Kindheit; dass Erlebnis, Erfahrung und Abenteuer not-
wendige Lernprinzipien seien und dass das unmittelbare Lernen über die Sinne
und nicht Belehren und Unterrichten der Lebenswelt des Kindes entspreche.
7
In
seinem pädagogischen Hauptwerk Emile oder über die Erziehung (1762) be-
schreibt
er zu Beginn: ,,Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfe
rs
kommt, alles entartet unter den Händen des Menschen"
8
und versinnbildlicht
damit seine These Pädagogik in der Natur anzusiedeln, wofür die klassische
Erlebnispädagogik ebenfalls plädiert.
Der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) griff Thesen
Rousseaus auf und ergänzte:
,,[...] nur das, was den Menschen in der Gemein-
kraft der Menschennatur, d. h. als Herz, Geist und Hand ergreift, nur das ist für
ihn
wirklich, wahrhaft und naturgemäß bildend; [...]
.
"
9
Hiermit betonte er die
Wichtigkeit praktischer und naturnaher Erlebnisse in der Pädagogik, einer der
Grundpfeiler moderner Erlebnispädagogik.
Der amerikanische Schriftsteller und Philosoph Henry David Thoreau (1817-
1862) vertrat die Meinung, dass zwischen dem Subjekt Mensch und dem Objekt
6
Vgl.
ebd., S. 47.
7
Vgl.
Heckmair/Michl 2012, S. 22.
8
Zit.
Rousseau 1762, S. 1.
9
Zit.
Pestalozzi 1826, zit. n. Buchenau/Spranger/Stettbacher 1976, S. 58.

- 5 -
Natur nicht aufzutrennen sei.
10
Er empfand den jungen Menschen durch Wohl-
stand und Luxus zu übersättigt zum Lernen. Erfolgreiches Lernen sollte nach
Thoreau durch die
,,
Natur ohne Mittler
"
und durch
,,
Versuch und
Irrtum"
gesche-
hen.
11
Der amerikanische Pädagoge und Philosoph John Dewey (1859-1952), welcher
im Allgemeinen als Begründer des handlungs- und erfahrungsorientierten Ler-
nens in den USA gilt, vertrat die Ansicht, dass Wissen nicht transportiert, sehr
wohl aber individuell erlangt werden könne.
12
Getreu dem Motto Learning by
doing soll durch eigene Erfahrungen und deren Reflexion Erziehung gelingen.
Weitere Persönlichkeiten, welche den Weg zur modernen Erlebnispädagogik
prägten und nicht näher betrachtet werden waren unter anderem: Wilhelm
Dilthey (1833-1911), Hermann Lietz (1868-1919) und William James (1842-
1910).
10
Vgl. Heckmair/Michl 2012, S. 26.
11
Vgl. ebd., S. 25.
12
Vgl. Interdisziplinäre Initiative Erlebnispädagogik Universität Augsburg 2015.

- 6 -
3.2 Verlauf und Entwicklung der Erlebnispädagogik in Deutsch-
land ausgehend aus dem 20. Jahrhundert
Die Entwicklung und der Beginn einer erlebnispädagogischen Diskussion in
Deutschland folgten unmittelbar der Intensivzeit der Reformpädagogik von 1890
bis 1919. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts stieg Deutschland zu einer der füh-
renden Industriestaaten auf und im Zuge der militärischen Niederlage Deutsch-
lands im ersten Weltkrieg 1918 veränderte sich die wirtschaftliche, gesellschaft-
liche sowie politische Situation. Soziale Muster veränderten sich und erforder-
ten kulturelle Neuorientierung.
13
Die deutsche Monarchie wich dem sozialde-
mokratischen Führer und ebnete den Weg zur Umsetzung pädagogischer Re-
formen, welche mehrteilig das Schulwesen betrafen.
14
Ihre Ursprünge hatte die Intensivzeit der Reformpädagogik in der gesellschaft-
lich gegebenen Kulturkritik gegen die soziale und kulturelle Verarmung durch
die ungebremste Industrialisierung und der Kritik an traditionellen, erlebnisar-
men Lehrmethoden in Schulen in Deutschland.
15
Das zentrale Ziel der Intensiv-
zeit der Reformpädagogik war es, entgegen des vorherrschenden traditionellen,
autoritären Drills in Schulen, einen mehr handlungsorientierten Unterricht zu
gewährleisten, welcher die Selbsttätigkeit sowie Selbstständigkeit der Schüler
fokussiert und zu einer ganzheitlichen Erziehung beiträgt.
16
Hier setzte der Pädagoge und Politiker Kurt Hahn (1886-1974), welcher aus
einer wohlhabenden jüdischen Familie stammte, an. Er griff die vorherrschen-
den gesellschaftlichen Schwingungen auf und diagnostizierte Krankheiten be-
ziehungsweise Verfallserscheinungen
der Gesellschaft: ,,Mangel an menschli-
cher Anteilnahme; Mangel an Sorgsamkeit; Verfall der körperlichen Tauglich-
keit; Mangel an Initiative und Spontanität.
"
17
Hahn begann die Erlebnistherapie,
das erste didaktische Konzept der Erlebnispädagogik, zu entwickeln. Diese war
zu Beginn als Kompensationspädagogik gedacht, aus der Überzeugung heraus,
die genannten Verfallserscheinungen von innen heraus überwinden zu kön-
13
Vgl. Fischer/Ziegenspeck 2000, S. 189.
14
Vgl. ebd. 2008, S. 222.
15
Vgl. Wastl 2005, S. 3.
16
Vgl. Stangl 2011, S. 1.
17
Zit. Hahn, dokumentiert durch Schwarz 1968, S. 40-41, zit. n. Heckmair/Michl, 2012 S. 38.

- 7 -
nen.
18
Auf die genannten Verfallserscheinungen antwortete Hahn mit den vier
grundlegenden Elementen seiner Erlebn
istherapie: ,,Der Rettungsdienst; D
as
Projekt; Das körperliche Training; D
ie Expedition"
19
.
20
Um die Erlebnistherapie Hahns genauer zu beleuchten, werden im Folgenden
diese vier Elemente erläutert:
Das körperliche Training: Hiermit meinte Hahn unterschiedliche Übungen wie
Leichtathletik oder Natursportarten, je nach Standort und Einrichtung.
21
So soll-
te dem Verfall der körperlichen Tauglichkeit entgegen gewirkt und zusätzlich die
Selbstüberwindungskräfte gestärkt werden.
22
Das Projekt: Diese Methode sollte prozess- und produktorientiert handwerklich-
technische und künstlerische Anforderungen an die Teilnehmer stellen.
23
Durch
Anregung zur kreativen Lösung von Aufgaben sollte dem Mangel an Initiative
und Spontanität entgegen gewirkt werden. Hahn übernahm dieses Konzept von
dem Amerikaner John Dewey aus dem Jahre 1935.
Die Expedition: Hier sollten wichtige Erlebnisse zur Orientierung für das spätere
Leben erfahren werden. Expeditionen waren meist mehrtägige Touren natur-
sportlicher Ausrichtung, welche mit Alltagstätigkeiten verbunden waren und
sorgfältiger Planung bedurften. Lernziele waren Voraussicht in der Planung,
Sorgsamkeit, Umsicht, Entschlusskraft, Zähigkeit in der Durchführung, Wider-
standsfähigkeit und Nervenkraft.
24
Hahn wollte mit Expeditionen dem Mangel an
Sorgfalt beziehungsweise Sorgsamkeit entgegenwirken, da der durch die In-
dustrialisierung geschaffene Umgang mit Gegenständen, sowie die neue Weg-
werf-Mentalität seiner Meinung nach als Verfall der Gesellschaft einzustufen
waren.
Der Rettungsdienst: Der Rettungsdienst, in manchen Publikationen auch
schlicht als der Dienst bezeichnet, war nach Hahn das wichtigste Element sei-
ner Erlebnistherapie. Hiermit sollte dem Verfall der menschlichen Anteilnahme
18
Vgl. Fischer/Ziegenspeck 2000, S. 225-226.
19
Zit.
Baig-Schneider 2012, S. 75.
20
Siehe Anhang Anlage 1 und 2 zur Verdeutlichung.
21
Vgl. Heckmair/Michl 2012, S. 39.
22
Vgl. Baig-Schneider 2012, S. 73-74.
23
Vgl. Heckmair/Michl 2012, S. 39.
24
Zit. Baig-Schneider 2012, S. 75.
Final del extracto de 27 páginas

Detalles

Título
Wie hat sich Erlebnispädagogik bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland ausgehend vom 20. Jahrhundert entwickelt?
Subtítulo
Ein chronologischer Überblick
Autor
Año
2015
Páginas
27
No. de catálogo
V387855
ISBN (Ebook)
9783668618152
ISBN (Libro)
9783668618169
Tamaño de fichero
1792 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Erlbenispädagogik, Kurt Hahn, Rousseau, Pestalozzi
Citar trabajo
Jonas Flath (Autor), 2015, Wie hat sich Erlebnispädagogik bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland ausgehend vom 20. Jahrhundert entwickelt?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387855

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