"Magischer Realismus" und "Heroischer Realismus" im Fortschrittsdenken von Ernst Jünger


Term Paper (Advanced seminar), 2014

20 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


1
1. Einleitung
Ständige Innovation und die fortlaufende technische Optimierung bereits existierender Produkte
ermöglichen westlichen Gesellschaften ein noch nie dagewesenes Wohlstandsniveau. Mit der
Zunahme des Fortschritts steigt auch die Destruktionskapazität der Mittel. Technische Unfälle
(bspw. Atomreaktorunfall Fukushima) oder das Scheitern eines hoch technisierten Bankensek-
tors etablieren sich als Begleiterscheinung der Zeit. Dabei stellt sich die Frage nach der Be-
herrschbarkeit des Fortschritts. Haben wir die Steuerungsfähigkeit einer Dynamik verloren,
welche wir selbst in Gang gesetzt haben? Sitzt der Fortschritt im Sattel und reitet die Men-
schen?
1
. In diesem Zusammenhang erklärt Ernst Jünger, dass der Mensch im technisierten Zeit-
alter die Steuerungsinstanz seines eigenen Schicksals verliert. Dennoch glaubt Jünger nicht an
die Unveränderlichkeit einer Gesellschaft. Doch worin besteht Jüngers Fortschrittsbegriff, wel-
cher im Kern davon ausgeht, ,,daß ,der Fortschritt` kein Fortschritt ist"
2
?
Die vorliegende Arbeit bemüht sich um eine Konzeptualisierung des Jünger`schen Fortschritts-
begriffs. Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen bilden Jüngers Vorstellung des ,,Heroi-
schen Realismus" und ,,Magischen Realismus". Damit verfolgt diese Arbeit nicht das Ziel einer
ganzheitlichen Darstellung Jüngers Fortschrittsdenken, sondern bezieht sich lediglich auf Text-
quellen des Frühwerkes. Dieses wird auf Grundlage der von Paul Hoyningen-Huene vorge-
schlagenen Fortschrittskategorien untersucht werden. Alle drei Kriterien bestimmen zugleich
die äußere Struktur der Arbeit: Fortschrittsrichtung, Fortschrittsindikator, Fortschrittsbewertung.
In Kapitel drei soll untersucht werden von welchem Veränderungsgegenstand der Fortschritt
ausgeht. Dabei wird auch die Richtung der Veränderung beschrieben. Diese Darstellung basiert
auf Jüngers eigener biographischer Erfahrung und muss daher zunächst im Zeitgeschehen veror-
tet werden. Im folgenden Kapitel soll Jüngers Vorstellung des ,,Heroischen Realismus" und
,,Magischen Realismus" zur Konzeptualisierung des Fortschrittsbegriffs genutzt werden. Beide
Begriffe weisen nicht auf einen gewünschten Zielzustand hin, sondern müssen als ,,Kennzeichen
einer neuen Zeit"
3
verstanden werden. Alle Ergebnisse sollen in Kapitel 5 bewertet werden.
1
Emerson, Ralph Waldo, Early Poems of Ralph Waldo Emerson. New York 1899, S. 103.
2
Jünger, Ernst, Die Totale Mobilmachung. In: Werke, Band 5, Essays I, Betrachtungen zur Zeit,
Stuttgart 1960, S. 126.
3
Jünger, Ernst, Der Arbeiter ­ Herrschaft und Gestalt. Stuttgart 2014, S. 19.

2
Ansatz und Methode
Die Analysekriterien der vorliegenden Arbeit basieren auf der Fortschrittskonzeption Paul Hoy-
ningen-Huene
4
. Dieser geht davon aus, dass sich jeder Fortschrittsbegriff auf Grundlage von
drei Merkmalen bestimmen lässt: (a) ein Veränderungsgegenstand, welche eine Richtung hat,
(b) Indikatoren der Veränderung und (c) einer Bewertung auf Basis von Wertgrößen.
a. Gerichtete Veränderung.
Gemäß Paul Hoyningen-Huene ist jeder Fortschrittsbegriff an einen bestimmten Gegenstand
gebunden: ,,Progress is always the progress of something"
5
. Dieser Gegenstand kann sich auf
komplette Wissensfelder oder einzelne Theorien, Paradigmen beziehen. Darüber hinaus ist er
einer Veränderung unterzogen sein, welche eine Richtung besitzt.
b. Indikatoren der Veränderung.
Die Veränderung muss sich anhand von Indikatoren deutlich machen, welche sich aus den Ei-
genschaften des Gegenstandes ableiten lassen: ,,Diagnosis of progress always refers to a pro-
gress indicator characteristic of the progressive change in question"
6
.
c. Bewertbarkeit
Ebenso geht Hoyningen-Huene davon aus, dass jede Veränderung (in Richtung Fortschritt) an
eine positive Bewertung, auf Grundlage von Wertgrößen, gebunden ist: ,,The directed change of
the progress indicator is positively evaluated, based on some set of values."
7
Die Auswahl der
Wertgröße ist dabei von dem Indikator des Fortschritts abhängig. So bewertet der Humanist
gesellschaftliche Veränderung auf Grundlage von ethischen Werten. Der Ökonom bewertet
wirtschaftliche Veränderungen auf Grundlage von monetären Wertgrößen.
Die Vereinheitlichung von Analysekriterien ermögliche die Vergleichbarkeit von Fortschritts-
begriffen. Dennoch seien diese Begriffe nicht an bestimmte Indikatoren und Wertgrößen gebun-
den.
4
Hoyningen-Huene, Paul, Scientific Progress from Popper to Today. Unveröffentlicht. Quelle
im Anhang.
5
Ebda, S.1.
6
Ebda, S.2.
7
Hoyningen-Huene, Paul, Scientific Progress from Popper to Today. Unveröffentlicht.
Quelle im Anhang. S.2.

3
2. Gegenstand und Richtung des Fortschritts
2.1 Kriegserfahrung und das bürgerliche Paradigma
Im Folgenden soll gezeigt werden, dass die physische Niederlage des Ersten Weltkrieges zum
Zerfall des bürgerlichen Paradigmas führt. Darauf begründet sich, gemäß Erst Jünger, die not-
wendige Abkehr vom linearen Fortschrittsdenken des aufgeklärten Positivismus.
,,Der Große Krieg wirkte als Zivilisationsbruch, wie man ihn sich tiefer nicht vorstellen kann.
Er brach mit dem Vorhergehenden, er zerstörte die Kontinuität, er veränderte die Wirklich-
keit."
8
Die Erfahrung des technisierten Frontenkrieges lässt keine weitere Glorifizierung des
technischen Fortschritts als Errungenschaft aufgeklärter Rationalität zu. Vielmehr offenbart sie
die irrationale und destruktive Natur des Menschen und verhindert dadurch jede Rückkehr zu
den aufgeklärten Versprechen universalistischer Werte und des vernunftbasierten Fortschritts.
Das Ausmaß der technischen Zerstörungskapazität zeigt, das ,,jedes technische Mittel geheimen
oder offenen kriegerischen Rang besitzt"
9
. Der technisierte Krieg degeneriert das bürgerliche
Individuum zur quantitativen Ressource. Durch die gemeinsame, klassenabhängige Fronterfah-
rung löst sich der bürgerliche Soldat von seinen sozialen Wurzeln und geht in der anonymen
Masse des Heeres auf.
Im Verlust des direkten Feindkontakts sieht Bernd Hüppauf eine weitere Ursache des ,,anony-
men Frontenkrieges"
10
. Dabei reduziere sich Feinderfahrung des Einzelnen auf die Konfrontati-
on mit dem Kriegsgerät des Gegners. Im Kontext des Kampfes ist ein Weglaufen nicht mehr
möglich. Dabei betont Jünger, dass der bürgerliche Soldat nun nicht mehr auf das gelernte Prin-
zip der Flucht vor dem Gefährlichen zurückgreifen kann: ,,Der Bürger lebt irgendwie in einer
guten alten Vorkriegszeit, und er erscheint als Mensch, der sich einer durchaus gefährlichen
Wirklichkeit durch die Flucht in die utopisch gewordene Sicherheit zu entziehen sucht."
11
Über-
lebenschancen bestehen nur im kollektiven Aushalten der Gefahr. Die Wirklichkeit des Kriegs-
dienstes enttäuschte den bürgerlichen Anspruch an ,,Pflichtbewusstsein und Opferbereitschaft
im Krieg"
12
. Auch die jugendlichen Soldaten erkannten, dass der technisierte Krieg keine Mög-
lichkeit zur männlich - patriotischen Bewährung lies.
8
Stephan, Cora, Der Große Krieg und das kurze Jahrhundert. In: Rother, Rainer (Hg.), Die
letzten Tage der Menschheit. Bilder des Ersten Weltkriegs. Berlin 1994, S. 59.
9
Jünger, Ernst, Der Arbeiter ­ Herrschaft und Gestalt. Stuttgart 2014, S. 132.
10
Hüppauf, Bernd, Schlachtenmythen und die Konstruktion des ,,Neuen Menschen". In:
Hirschfeld, Gerhard (Hg.), ,,Keiner fühlt sich hier mehr als Mensch ...". Erlebnis und
Wirkung des Ersten Weltkriegs. Essen 1993; S. 63.
11
Jünger, Ernst, Der Arbeiter ­ Herrschaft und Gestalt. Stuttgart 2014, S. 43.
12
Gestrich, Andreas, ,,Leicht trennt sich nur die Jugend vom Leben". Jugendliche im Ersten
Weltkrieg. In: Spilker, Rolf (Hg.), Der Tod als Maschinist, Bramsche 1998, S. 40.

4
2.2 Die Krise und das ,,elementare Leben"
Die Schwäche der aufgeklärten, technologischen Erklärbarkeit der Welt zeigt sich in ihrem
mangelhaften Bezug zur Irrationalität des Menschen. Den Ursprung dieser irrationalen, unter-
bewussten Seinsbereiche (Träume, Gefühle, Sinn für Ästhetik) sieht Jünger im ,,Elementaren",
der menschlichen Tiefenschicht, ,,von derem bloßen Vorhandensein der Bürger nie eine Ahnung
besaß"
13
. Die Quellen des ,,Elementaren" bestehen in der Welt (, ,,die immer gefährlich ist"
14
)
und dem menschlichen Herzen, ,,das sich nach Spielen und Abenteuern, nach Haß und Liebe,
nach Triumphen und Abstürzen sehnt, das sich der Gefahr ebenso bedürftig fühlt wie der Si-
cherheit"
15
. Das ,,Elementare" wirkt damit als anthropogene ,,Ur- Konstante", dessen Existenz
im Paradigma der bürgerlichen, aufgeklärten Welt keinen Platz findet. Dieser Urkern des Men-
schen könne durch Kultur überdeckt, nicht aber ,,überschrieben" werden
16
. Die zunehmende
rationale Lebensorganisation und die ,,Steigerung technischer Totalität"
17
haben ihren Ausdruck
in der Überhöhung des bloßen Nutzenaspekts. Das Medium des Kampfes durchbricht die kultu-
relle Oberfläche des Bürgertums und ermöglicht dadurch den ,,Einbruch elementarer Kräfte in
den bürgerlichen Raum"
18
. Der Frontsoldat entdeckt seine triebhafte Natur:
,,Noch immer ist viel Tier in ihm, schlummernd auf den bequemen, gewirkten Teppichen einer polierten,
gefeilten, geräuschlos ineinandergreifenden Zivilisation, verhüllt in Gewohnheit und gefällige Formen,
doch wenn des Lebens Wellenkurve zur roten Linie des Primitiven zurückschwingt, fällt die Maskierung;
nackt wie je bricht er hervor, der Urmensch, der Höhlensiedler in der ganzen Unabhängigkeit seiner entfes-
selten Triebe. [...] Von Hunger zerrissen, in keuchender Verschlingung der Geschlechter, in der Begegnung
auf Leben und Tod ist er immer der Alte."
19
Das Moment des Gefechts entzieht sich allen rational fassbaren Kategorien und erzwingt damit
eine Auseinandersetzung mit dem Elementaren: ,,Die Fähigkeit des logischen Denkens und das
Gefühl der Schwerkraft schienen aufgehoben. Man hatte das Empfinden des Unentrinnbaren
und unbedingt Notwendigen wie einem Ausbruch der Elemente gegenüber."
20
(In Kapitel 3 wird
gezeigt werden, dass sich in der Erfahrung des Elementaren ein schöpferischer Moment begrün-
det, welcher zum Ausgangspunkt einer neuen menschlichen Daseinsform (Der Gestalt) und des
darin begründeten ,,neuen Lebens" wird.)
13
Jünger, Ernst, Der Arbeiter ­ Herrschaft und Gestalt. Stuttgart 2014, S. 16.
14
Ebda S. 40.
15
Ebda.
16
Dazu Jünger, Ernst, Der Kampf als inneres Erlebnis. Stuttgart 1964, S. 108:
,,Vor diesem mächtigen und unaufhörlichen Vorüberfluten zum Kampf werden alle Werke
nichtig, alle Begriffe hohl gegenüber der Äußerung eines Elementaren, das immer war und
immer sein wird, auch wenn es längst keine Menschen und keine Kriege mehr gibt."
17
Jünger, Ernst, Der Arbeiter ­ Herrschaft und Gestalt. Stuttgart 2014, S. 121.
18
Ebda S. 36.
19
Jünger, Ernst, Der Kampf als inneres Erlebnis. Stuttgart 1964, S. 17.
20
Jünger, Ernst, In Stahlgewittern. Auflage 41, Stuttgart 2000, S. 108.

5
Im Gefecht setzt sich der Soldat der Herrschaft der technischen Mittel aus. Unter Verwendung
der Metapher des ,,Feuers" vergleicht Jünger das Urelement des brennenden Feuers mit dem
maschinellen Feuerstoß der Gewehrsalven
21
. Damit verortet er den technisierten Kampf im me-
taphysischen Raum des Elementaren. Die Begegnung der Zerstörungskapazität der technischen
Mittel wird zum Bestandteil der Erfahrung des elementaren Lebens. Der Frontsoldat erfährt
Technik nicht mehr als Instrument des Fortschritts, sondern als Ausdruck der zerstörerischen
Natur des Menschen. Aus dieser Elementarerfahrung des Destruktiven schließt Jünger, dass
,,jedes kriegerische Mittel geheimen oder offenen kriegerischen Rang besitzt"
22
. Ebenso wider-
spricht Jünger dem romantischen Gedanken des ,,guten Menschen" und stellt fest, dass der
Mensch ,,gut und böse zugleich"
23
ist. Demzufolge gäbe es ,,nichts, dessen der Mensch nicht
fähig ist"
24
. Eine Kontrolle der technischen Mittel auf Basis völkerrechtlicher Verträge wird
damit nichtig. Folglich wird das Handeln des Menschen niemals nur durch die Vernunft be-
stimmt. Es entspringt vielmehr der Ganzheitlichkeit seiner rationalen und irrationalen Wesens-
züge. Vor diesem Hintergrund der menschlichen Totalität geht Nadja Thomas davon aus, dass
Jünger den Moment des Scheiterns als Teil des ,,menschlichen Ganzen" betrachtet:
,,Diesem Scheitern wird ein Sinn gegeben, indem das Scheitern als Teil eines vom Menschen nicht durch-
schaubaren Ganzen aufgewertet wird, anders als im christlichen Denken oder im Fortschrittsdenken. Im
christlichen Denken wird das Scheitern in der jenseitigen Erlösung aufgehoben, im Fortschrittsdenken ist
das Scheitern eine Stufe auf dem Weg zur Vollendung des Einzelnen."
25
In der Erfahrung des Elementaren würde das Scheitern als Teil der menschlichen Natur ver-
ständlich. Dabei verzichtet Jünger auf jegliche Heilsversprechen gesellschaftlicher Idealzustän-
de oder christlicher Erlösungssymbolik.
2.3 Das Elementare Leben und der Fortschritt
Da das Scheitern als fester Bestandteil der menschlichen Natur anerkannt wird, kann die Krise,
als Form des gesamtgesellschaftlichen Scheiterns, nur noch als systemimmanenter Bestandteil
gesellschaftlicher Entwicklungen gesehen werden. Das widerspricht den Versprechen der Auf-
klärung. In der Möglichkeit eines gesteuerten, linearen Fortschritts sieht sie die Errungenschaft
des menschlichen Geistes. Im Gegensatz dazu geht Jünger davon aus, dass sich entziehe der
Fortgang der Welt dem Gestaltungsspielraum des Einzelnen entziehe. Damit verliert das bürger-
liche Subjekt seinen Anspruch als Lenker des eigenen Schicksals. Ein nicht näher bestimmter
21
Jünger, Ernst, Der Kampf als inneres Erlebnis. Stuttgart 1964, S. 67.
22
Jünger, Ernst, Der Arbeiter ­ Herrschaft und Gestalt. Stuttgart 2014, S.
133.
23
Ebda S. 138.
24
Ebda.
25
Thomas, Nadja, ,,Der Aufstand gegen die sekundäre Welt" ­ Botho Strauß und die ,,Konservative
Revolution". Würzburg 2004, S. 128.

6
,,Weltgeist" ersetzt das aufgeklärte, holistische Individuum und wird zur neuen Steuerinstanz
der gesellschaftlichen Entwicklung: ,,Jeder wird mit Notwendigkeit zum organischen Teil einer
größeren Kraft. Hier kann man sich nur treiben lassen und formen unter dem Zugriff des Welt-
geistes selbst."
26
Mit dem Zweifel am aufgeklärten Rationalismus schwindet auch das Vertrauen
in die Zukunft, als zentralem Sinnhorizont des bürgerlichen Lebens
27
. Das Massensterben des
Frontenkrieges verdeutlicht, dass der ,,Mensch durch seine Sterblichkeit begrenz ist und auch
mit Hilfe seiner Vernunft das von Natur aus Seiende nicht prinzipiell überwinden, sondern nur
schätzend anerkennen kann"
28
. Die schätzende Anerkennung des Seienden kann gemäß Jünger
nur zur ,,Wiederkehr des Gleichen"
29
führen. Dieses zyklische Zeitverständnis erkennt
anthropogene Konstanten als Schranke des zivilisatorischen Fortschrittes. ,,Ich wußte damals
noch nicht, daß das Gesetz der Wiederholung [...] so viele Figuren in unserem Leben be-
stimmt."
30
Im zyklischen Fortschrittsdenken wird der Krieg nicht mehr als Scheitern, sondern als Voraus-
setzung für die ständige zivilisatorische Erneuerung gesehen: ,,Was wären wir ohne diese ver-
wegene und rücksichtslose Nachbarschaft, die uns alle fünfzig Jahre den Rost von den Klingen
fegt? Europa als Flachland, grün und beweidet, soviel gutmütige Tiere darauf, als irgend fressen
können: Solange germanisches und gallisches Blut durch Herzen und Hirne kreist, wird dieser
Kelch an uns vorübergehen."
31
Als einzige Zeitkonstante akzeptiert Jünger das Elementare:
,,Was bleibt ist das elementare Leben, aber immer ändert sich die Besetzung der Rollen, in de-
nen das große Spiel sich wiederholt."
32
Dabei zeigt sich die Überlegenheit des Elementaren
gegenüber artifiziellen Kulturformen, welche keinen Überzeitlichen Charakter besitzen
33
.
Folglich beschränkt sich der Handlungsspielraum des Menschen auf die Akzeptanz oder die
Ablehnung des schicksalhaften, elementaren Lebens. Im Frontgefecht erscheint die Flucht in
eine technische kontrollierbare Welt als bürgerliche Utopie. Das zwingt den Frontsoldaten zur
Akzeptanz des Schicksalhaften. Reiner Waßner geht davon aus, dass sich das neue Verhältnis
zum schicksalhaften Leben in einem veränderten Umgang des Menschen mit dem ,,Elementa-
26
Jünger, Ernst, Feuer und Blut. Ein kleiner Ausschnitt aus einer großen Schlacht. Magdeburg
1925, S. 102.
27
Greiffenhagen, Martin, Das Dilemma des Konservatismus in Deutschland. Frankfurt/ Main
1986, S. 138.
28
Thomas, Nadja, ,,Der Aufstand gegen die sekundäre Welt" ­ Botho Strauß und die ,,Konservative
Revolution". Würzburg 2004, S. 194.
29
Lindner, Martin; Leben in der Krise. Zeitromane der Neuen Sachlichkeit und die intellektuelle Modernität
der klassischen Moderne. Mit einer exemplarischen Analyse des Romanwerks von Arnolt Bronnen, Ernst
Glaiser, Ernst von Salomon und Ernst Erich Noth, Stuttgart 1994, S. 55.
30
Jünger, Ernst, Afrikanische Spiele. In: Werke, Band 9, Erzählende Schriften I, Erzählungen.
Stuttgart 1967, S. 119.
31
Jünger, Ernst, Der Kampf als inneres Erlebnis. Stuttgart 1964, S. 65.
32
Jünger, Ernst, Der Arbeiter ­ Herrschaft und Gestalt. Stuttgart 2014, S. 65.
33
Dazu: Jünger, Ernst, Das Wäldchen 125. Eine Chronik aus den Grabenkämpfen. Berlin 1925, S. 50: ,,Aber
wir haben sie [die brutale Gewalt] nicht verlernt und werden sie auch nie verlernen, weil der Krieg nicht
den Gesetzen einer vergänglichen Kultur, sondern unmittelbar denen der ewigen Natur untersteht, aus
deren Boden erst jede Kultur erwächst, und in den sie wieder versinken muß, sowie die dem eisernen
Zugriff gegenüber nicht mehr hart genug ist."
Excerpt out of 20 pages

Details

Title
"Magischer Realismus" und "Heroischer Realismus" im Fortschrittsdenken von Ernst Jünger
College
University of Stuttgart
Grade
1,0
Author
Year
2014
Pages
20
Catalog Number
V388030
ISBN (eBook)
9783668619692
ISBN (Book)
9783668619708
File size
563 KB
Language
German
Keywords
magischer, realismus, heroischer, fortschrittsdenken, ernst, jünger, Oswald Spengler, Friedrich, Nietzsche, Positivismus, Bürger, Citoyen, Bourgeois, Goethe, Konservativ, Revolution, Weltkrieg, Technikkritik
Quote paper
Peter Mayer (Author), 2014, "Magischer Realismus" und "Heroischer Realismus" im Fortschrittsdenken von Ernst Jünger, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/388030

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Title: "Magischer Realismus" und "Heroischer Realismus" im Fortschrittsdenken von Ernst Jünger



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