Auswirkungen der Individualisierung. Die Doppelorientierung der Frau zu Familie und Beruf


Trabajo Escrito, 2017

14 Páginas, Calificación: 1,9


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zentrale Begriffe der Individualisierungsthese nach Beck

3 Der Struktur- und Wertewandel von Familie und Ehe

4 Das Veränderte Leben der Frau
4.1 Die Rolle der Frau als Ehe-, Hausfrau und Mutter
4.2 Die Bildungschancen und Erwerbstätigkeit
4.3 Der Wandel der weiblichen Lebensläufe

5 Die Rollenambiguität der Frau
5.1 Die Bedeutung von Partnerschaft, Familie und Kindern
5.2 Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf

6 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Mit dem, durch die Industrialisierung und der Modernisierung ausgelöstem, Wandel der gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen veränderten sich auch die Lebensformen der Menschen. Der aus der Soziologie stammende Begriff der Individualisierung beschreibt einen Prozess der zunehmenden Selbstbestimmung als Folge der brüchig gewordenen Normen und Werte. Historisch gewachsene Sozialformen und -bindungen verlieren ihre Ordnungskraft und das Gestalten des eigenen Lebensentwurfs wird zur individuellen Leistung. Die Normalbiographie wird nach Beck zur Bastelbiographie und mit dem Zugewinn an individueller Freiheit geht ein zunehmender Zwang zur reflexiven Lebensführung einher. Für Frauen bedeutet das Herauslösen aus dem tradierten Rollenverständnis eine Neuorientierung einschließlich dem Kreieren eigener Lebensperspektiven und das Entstehen und Erfahren einer Rollenambiguität. Beck-Gernsheim sieht den Konflikt darin, dass sie „vom Dasein für andere nicht ausgefüllt wird und dennoch darin gefangen ist“ (Beck-Gernsheim, 2006: 91).

In dieser Arbeit wird die, mit der Individualisierung entstandene, Doppelorientierung der Frauen im 20. Jahrhundert dargestellt und die damit verbundenen Herausforderungen aufgezeigt. Dazu werden im zweiten Kapitel zunächst die zentralen Begriffe der Individualisierung betrachtet und anhand von Ulrich Becks These die Konsequenzen für die weiblichen Lebensentwürfe hervorgehoben. Anschließend wird der Struktur- und Wertewandel von Familie und Ehe veranschaulicht. Im vierten Kapitel werden die Veränderungen im weiblichen Lebenszusammenhang, hinsichtlich der Rolle als Ehe-, Hausfrau und Mutter sowie der Wandel der Erwerbstätigkeitsmuster erläutert. Im fünften Kapitel folgt eine Darstellung der Motivation zur Doppelorientierung, sowie die Anforderungen die diese im Bezug zu Familie und Beruf mit sich bringt. Den Abschluss bildet eine kritische Auseinandersetzung mit dem novellierten und mehrdimensionalen Rollenverständnis der Frau und der Vereinbarkeitsproblematik von Familie und Beruf.

Die in diesem Werk herausgearbeiteten Erkenntnisse und Ergebnisse beziehen sich auf Beobachtungen der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung ohne diese statistisch zu verdeutlichen. Die Komplexität des Themas lässt in dieser Kurzfassung keine differenzierte Darstellung der Divergenz zwischen den alten und neuen Bundesländern, wie sie in zahlreichen Veröffentlichungen deutlich zu erkennen ist, zu.

2 Zentrale Begriffe der Individualisierungsthese nach Beck

Der Soziologe Ulrich Beck zeigt in seinem, in den 80er Jahren publizierten, Werk Risikogesellschaft, die Gefährdungen und Auswirkungen der Industrialisierung und der Modernisierung auf das menschliche Zusammenleben auf. Unter Berücksichtigung der entstandenen und prospektiv entstehenden ökologischen und sozialen Risiken spricht er von einer Risikogesellschaft (vgl. Marx, 2011: 10). Nach Marx gehen im Zusammenhang mit dem Fortschritt und den Veränderungen auf der Makroebene auch Modifikationen „der sozialen Mikrostrukturen von Ehe, Familie, […] und Liebe einher“ (Marx, 2011: 10).

Der zeitgeschichtliche Wandel der Ehe und Familie, der vor allem in einer Abnahme von normativen Regeln und Traditionen zum Ausdruck kommt, kann aus unterschiedlichen Blickrichtungen betrachtet werden. Tyrell beschreibt diese Veränderungen, seinen Interpretationsschwerpunkt auf dem Bedeutungsverlust gerichtet, als einen De-Institutionalisierungsprozess (vgl. Nave-Herz, 2012: 13). Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim hingegen sehen in dem „Individualisierungsprozess“ einen Zugewinn an individueller Freiheit, insbesondere im Hinblick auf die Gestaltbarkeit der Biographie und die Form des Zusammenlebens (ebd.). Die dreifache Individualisierung ist nach Beck durch den Freisetzungseffekt, die Entzauberungsdimension und die Reintegration charakterisiert. Der Freisetzungseffekt bezieht sich dabei auf das Herauslösen aus historisch vorgegebenen Sozialformen und -bindungen. Unter der Entzauberungsdimension versteht er den Verlust von traditionellen Sicherheiten im Hinblick auf richtungsweisende Normen und Werte. Die Reintegration beschreibt den Prozess der Neuorientierung und soziale Einbindung (vgl. Beck, 1986: 206 ff.).

Der zweite „Individualisierungsschub“ ab den 60er Jahren nimmt im Zusammenhang mit der Familie, im Besonderen für die Frau, bedeutenden Einfluss. Mit dem Herauslösen aus den tradierten Sozialformen und -bindungen gehen richtungsweisende, Lebenssinn definierende, tradierte Normen und Werte verloren. Für den Einzelnen kann die Verantwortung für die eigne Re-Integration und Sinn Suche jedoch auch zum Balanceakt zwischen Orientierung, Bindung und Lösung darstellen (vgl. ebd.: 11f.). Marx bezieht sich zustimmend auf Senett und hebt hervor, dass es „schwierig [wird], sich gesellschaftlich zu orientieren, schwieriger als im Klassensystem der Vergangenheit“ (Senett, 2000; zit. nach Marx, 2011: 10).

Die, bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts an tradierten Rollen und entsprechenden Normen und Werten, quasi festgeschriebenen Biographien verlaufen heute nach individuell gestaltbaren Mustern. Mit der vor etwa 50 Jahren beginnenden Emanzipation der Frau, unter anderem durch die Angleichung von Bildungschancen und praktizierter außerhäuslicher Erwerbstätigkeit, veränderte sich die Normalbiographie der Frau einschließlich partnerschaftlichen Lebensformen und –entwürfen. Eine lebenslange Ehe, in der der Mann durch ganztägige Erwerbstätigkeit für die ökonomische Sicherheit sorgte und die Frau, die Rolle der Hausfrau sowie Mutter einnahm und eine Konstanz hinsichtlich des Wohn- und Arbeitsortes bestand, wurden durch vielfältige Lebens- und Familienformen abgelöst (ebd.: 11). Die Variabilität in der Wahl der Lebens- und Beziehungsform wird von Ulrich Beck als Bastelbiographie beschrieben (vgl. Marx, 2011: 10). Mit den, in den heutigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geforderten, stetig steigenden Anforderungen an Flexibilität und Mobilität im Privat- und Arbeitsleben, erhöht sich jedoch nicht nur die Freiheit, sondern folglich auch der Zwang, seine Biographie eigenverantwortlich zu konstruieren (vgl. ebd.: 11).

3 Der Struktur- und Wertewandel von Familie und Ehe

Nach Otto Brunner erhält das Wort Familie erst seit dem 18. Jahrhundert Einzug in den deutschen Sprachgebrauch und er betont, dass die in Liebe begründete Eheschließung, einhergehend mit der Gründung der „Verwandten-Familie“, eine relativ junge Erscheinung in der sozialhistorischen Familienforschung darstellt (vgl. Marx, 2011: 7f.). „Dass Familie und Familienbeziehungen mit ,Sentimentalität’ […] verbunden sind, […], gehört heute und hier zum Allgemeinverständnis von Familie“ (ebd.: 8). Wie im Folgenden aufgezeigt wird, ist ein historisch-gesellschaftlicher Wandel der ökonomischen Funktionen und innerfamiliären Strukturen zu erkennen (vgl. ebd.:7f.).

Ursprünglich lebten die Menschen in Sippen oder großen Haushaltsfamilien zusammen. Die Unterscheidung beider Einheiten liegt darin, dass die Sippe im Gegensatz zur Haushaltsfamilie nicht fest an einen Standort gebunden lebte und innerfamiliär eine Blutsverwandtschaft nachweisbar war. In der Haushaltsfamilie wurde die Verbundenheit untereinander über das gemeinsame Wirtschaften bestimmt (vgl. ebd.:8). Die Trennung von Wirtschaft und Privatheit geschieht in Folge der veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen im Zuge der Industrialisierung und Verstädterung und nicht, wie universell gedeutet, aus sozial-romantisierenden Beweggründen (vgl. ebd.: 8f.). Innerhalb dieser städtischen Kleinfamilien, deren hierarchischer Aufbau mit festen Rollen verbunden war, wurde nun weitestgehend autonom für die existenzielle Sicherung und das Fortbestehen gesorgt. Die Eheschließung rahmte die Konstellationen ein und war primär ökonomisch begründet. „Die Ehe war an Zwecken ausgerichtet, die der Familie als Wirtschaftsgemeinschaft dienten“ (Beck-Gernsheim, 1986: 148). Das Phänomen der Liebesheirat ist erst in den letzten 200-300 Jahren zu beobachten (vgl. Marx, 2011: 9). Das bei uns verbreitete Verständnis von Familie, von Beck-Gernsheim als „Gefühlsgemeinschaft“ definiert, wird mit Privatheit und Intimität in Verbindung gebracht. In ihrer Publikation „Bis dass der Tod euch scheidet? Wandlungen von Liebe und Ehe in der modernen Gesellschaft“ deutet sie die entstandenen emotionalen Bindungen im Binnenraum Familie als Ausgleich für die, mit der Modernisierung verloren gegangenen, Stabilität in Form historisch gewachsene Deutungsmuster und Sozialbeziehungen. „Die innere Heimatlosigkeit“, wie Beck-Gernsheim den Identitätsverlust nennt, wird durch Bindungen zu nahestehenden Personen in eine „personenbezogene Stabilität “ gewandelt. Die Deutung von Liebe, von romantischer, lebenslänglicher Gemeinsamkeit, Unterstützung und Halt in guten wie in schlechten Zeiten, stellte die Basis der Ehe (vgl. Beck-Gernsheim, 1986: 148 f.) „Die Ehe wird zu einer Institution, die ,spezialisiert’ ist, auf die Entwicklung und Stabilisierung der Person“ (Ryder 1979, zit. nach Beck-Gernsheim, 1986: 150).

In den letzten Dekaden ist ein weiterer Wandel von dem bis dato als „Normalmodell der Familie“, einer konstanten Vater-Mutter-Kind Konstellation, zu vielfältigen alternativen Familienformen zu konstatieren. Das Konzept der Kernfamilie wird mit und in den gesellschaftlichen Veränderungsprozessen brüchig und es resultieren eine Pluralität von Familienformen, z. B. die Ein-Eltern-Familie, Stief-, Adoptiv- oder Regenbogenfamilie (vgl. ebd.: 9 ff.). Die Phasen bis zur Ehegründung, die Dauer, das Auflösen des Ehebundes und letztendlich der Sinn der Ehe haben sich verändert. Nach Maria Nave-Herz ist nicht der Bedeutungsverlust der Ehe für den Anstieg der Scheidungszahlen verantwortlich. Auch wenn eine Ursachenbestimmung nicht eindeutig empirisch belegt werden kann, sieht sie die Revisionen der Lebensbünde in der „psychischen Bedeutung und Wichtigkeit für den einzelnen“ (Nave-Herz 2009; zit. nach Marx, 2011: 12) begründet. Subjektiv als unharmonisch und Belastung empfundene Partnerschaften werden im Vergleich zu früheren Generationen schneller aufgelöst, da die normative Verbundenheit scheinbar durch überhöhte, fast nicht erfüllbare Erwartungen abgelöst wurde. Die Suche nach Liebe, Stabilität und auch der eigenen Identität wird mit neuer Hoffnung auf Erfüllung bei einem anderen Partner fortgeführt (vgl. Marx, 2011: 12). Wie bereits erwähnt, hat sich insbesondere der Sinn der Ehe mit den gesamtgesellschaftlichen Veränderungen gewandelt. Die bis Mitte/ Ende der 70er Jahre vorherrschenden existenziell-ökonomischen, rechtlichen und ethischen Normativen stellten, insbesondere für Frauen, die Grundlagen zum Eheentschluss. Nave-Herz bezieht sich auf empirische Untersuchungen und spricht heute von einer „kindorientierten Ehegründung“ zu der man sich aufgrund von einer Schwangerschaft, einem Kinderwunsch oder dem Vorhandensein von Kindern entschließt. Zeitgleich ist in den vergangenen 40 Jahren ein Anstieg der Nichtehelichen Lebensgemeinschaften zu konstatieren.

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Final del extracto de 14 páginas

Detalles

Título
Auswirkungen der Individualisierung. Die Doppelorientierung der Frau zu Familie und Beruf
Universidad
University of Applied Sciences Koblenz
Calificación
1,9
Autor
Año
2017
Páginas
14
No. de catálogo
V388447
ISBN (Ebook)
9783668628878
ISBN (Libro)
9783668628885
Tamaño de fichero
531 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Individualisierung, Doppelorientierung, Familie, Beruf, Auswirkungen
Citar trabajo
Sina Eichler (Autor), 2017, Auswirkungen der Individualisierung. Die Doppelorientierung der Frau zu Familie und Beruf, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/388447

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