Buchanalyse von Guenther Feustels "Ein Indio darf den Tag nicht verschlafen"

Dritte Welt im Kinder- und Jugendbuch


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: keine Benotung


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I Hintergrundinformationen
I.1. Lānderinformation Bolivien
I.2. Straβenkinder und Kinderarbeit in Bolivien

II.1 Buchanalyse
II.1.1 Inhaltsübersicht
II.1.2. Realismus
II.1.3. Ursachen
II.1.3. Zukunftsperspektiven
II.2 Stilanalyse
II.2.1 Äußere Aufmachung
II.2.2 Strucktur/ Aufbau des Buches
II.2.3 Sprache

III. Didaktischer Kommentar
III.1 Bedeutung des Themas “Dritte Welt” in der Grundschule
III.2 Ziele
III.3 Eignung des analysierten Buches für die Grundschule

Schlußbemerkungen

Literaturverzeichnis

Einleitung

In der folgenden Hausarbeit möchte ich das Buch “Ein Indio darf den Tag nicht verschlafen” von Günther Feustel vorstellen und seinen Gebrauch für den Literaturunterricht in der Grundschule diskutieren.

Das Buch beinhaltet eine realistische Geschichte, die in Bolivien spielt, und gehört der Gattung der problemorientierten Kinder- und Jugendliteratur an. Ich habe das Thema “Dritte Welt/Straßenkinder” gewählt, da ich vor einigen Jahren ein Auslandsjahr in Guatemala verbracht habe und dort oft mit Straßenkindern und arbeitenden Kindern konfrontiert wurde. Deshalb liegt es mir sehr am Herzen, in meinem zukünftigen Job mit den mir anvertrauten Kindern meine Erfahrungen zu teilen und sie dabei nicht nur auf die oft trostlose Realität in der Dritten Welt aufmerksam zu machen, sondern ihnen auch zu zeigen, wieviel Schönheit diese Länder und fremden Kulturen haben und mit welch kleinen Dingen die Menschen dort glücklich sein können.

Ich möchte Mich in dieser Hausarbeit mit der Frage auseinandersetzen, ob es sinnvoll ist, die recht behüteten und deutschen Grundschulkinder mit der Realität vieler lateinamerikanischer Kinder zu konfrontieren. Bei meinen ersten Überlegungen über das Thema dieser Hausarbeit habe ich von verschiedenen Personen den Kommentar gehört: “Thema Dritte Welt in der Grundschule? Ist das nicht ein bisschen früh und zu hart für die Kinder?” Ich bin nicht dieser Ansicht. In der Dritten Welt müssen 100 Millionen Kinder (oder auch mehr)[1] schwer arbeiten – kann man da unseren Kindern nicht zumindest die Information darüber zumuten? Möglicherweise haben viele Kinder auch schon Dokumentationen – die vielleicht hauptsächlich für Erwachsene gedacht waren – im Fernsehen gesehen und müssen allein einen Weg finden, die Informationen zu verarbeiten. Aufgrund der multimedialen Informationsflut, die heutzutage auf die Kinder einströmt, wird es immer wichtiger, viele Themen früher – aber kindgerecht aufzuarbeiten. Ein Thema davon ist “Dritte Welt”.

Im ersten Teil der Hausarbeit werde ich einige Informationen über das Land Bolivien und vor allem über die Situation der Kinder herausarbeiten. Daraufhin folgt die Buchanalyse, wobei ich den enthaltenen Sachteil des Buches nicht behandeln werde, weil es den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Ein didaktischer Kommentar zur Verwendung des Buches im Unterricht und Überlegungen zum Thema “Dritte Welt in der Grundschule” schließen die Arbeit ab.

I Hintergrundinformationen

I.1. Lānderinformation Bolivien

Bolvien ist ein Andenland im Herzen Südamerikas, dessen Hochgebirge im westlichen Teil des Landes sich von Norden nach Süden erstreckt. In der Cordillera Real erreichen die Anden mit über 6000m ihre gröβten Höhen. Neben dem Altiplano (Hochland), das etwa 800 km lang und 130 km breit ist, gibt es auch eine stark bewaldete Region im östlichen Bergland, die Yungas, sowie das im Osten gelegene Tiefland (Llanos). Die groβen Höhenunterschiede bedingen in den verschiedenen Teilen des Landes ein unterschiedliches Klima. Im Altiplano und im Tiefland ist das Klima feuchtheiβ bis trocken, wāhrend es in den höher gelegenen Regionen kalt und trocken ist.

In Bolivien existierte schon sehr früh (zwischen 600 und 1200 n.Chr.) eine hoch entwickelte Kultur, welche spāter durch die Ausdehnung des Inkareichs abgelöst wurde. 1938 eroberten die Spanier das Hochland und plünderten den Reichtum an Bodenschātzen für das Mutterland aus.

Anfang des 19. Jahrhunderts begann der Widerstand gegen die Kolonialmacht, was 1925 zur Unabhāngigkeit des Landes führte. Der legendāre Revolotionsführer Simon Bolivar gab dem Land seinen Namen und auch seine erste Verfassung. In den folgenden Jahrzehnten wurde Bolivien durch eine Reihe von Militārdiktaturen regiert und bis heute ist die politische Lage im Lande instabil.[2] Neuste Konflikte und Unruhen sind im Oktober 2003 durch den geplanten Bau einer Gasleitung nach Chile entstanden. Wirschtschaftsfachleute befürchten, dass der Export von Erdgas in die USA wegen der hohen Kosten nur geringe Ertrāge für das Land abwerfern wird. Hinzu kommen historische Ressentiments gegenüber Chile, da Bolivien beim sogenannten Salpeter-Krieg im 18. Jahrhundert eine Provinz am Pazifik an Chile verloren hat, und bis heute keinen Zugang zum Meer hat.[3]

Die Amtssprachen Boliviens sind Spanisch und die Indiosprachen Aymara und Ketschua, was drauf zurückzuführen ist, dass Bolivien das Land mit dem gröβten Anteil indianischer Bevölkerung in Südamerika ist.[4] Lebensweise, Sprache, Architektur und Kleidung der einheimischen Bevölkerung entspricht in vielen Elementen der Tradition ihrer Vorfahren, die sich mit einigen spanischen Bräuchen mischen. Die bunten Kleider sind den Anforderungen des Lebens in den Höhen der Berge angepasst. Feiertage und religiöse Feste werden mit Tānzen, Feiern und Musik von Volksmusikern begangen.

Bolivien ist zwar reich an Bodenschātzen, ist aber dennoch eins der am wenigsten entwickelten Lānder Südamerikas. Durch die Erschöpfung der Minen und den Preisverfall an den Weltmārkten erlitt der Bergabau, wichtigster Devisenbringer Boliviens, einen Einbruch. Etwa die Hālfte der erwerbstātigen Bevölkerund des Landes ist in der Lanwirtschaft beschāftigt und hat über Jahrhunderte kaum Verānderungen in seiner Agrarkultur erfahren.[5]

Die Stadt Potosí, in der die Geschichte hauptsächlich spielt, hat heute etwa 40 000 Einwohner und macht einen armseligen, verkommenen Eindruck. Es ist nur noch wenig vom Glanz vergangener Zeiten übrig geblieben, denn Potosí war vor etwa 400 Jahren die größte und prächtigste Stadt Amerikas. Sie liegt zwar in 4000 km Höhe und war schwer zugänglich, doch liegt sie am Fuße des Cerro Rico (“reicher Berg”), in dem eine reiche Silbermine enttdeckt worden war. Die spanischen Eroberer ließen die Indios unter menschenunwürdigen Bedingungen in dem Berg arbeiten bis die Mine schließlich versiegte. 6-8 Millionen zur Minenarbeit verurteilte Indios[6] verloren ihr Leben im Cerro Rico und erzeugten so den Reichtum der flämischen, genuesischen und deutschen Bankiers, Gläubiger der spanischen Krone.[7] Noch heute wird der Berg weiterhin ausgebeutet, denn es wurden Zinnvorkommen festgestellt und viele Indios und deren Kinder arbeiten dort noch immer unter Bedingungen, die kaum besser sind als einst.

Der Anteil der Armen in Bolivien betrāgt laut terre des hommes 70,5%, wobei das Pro-Kopf-Einkommen bei knapp 1000 Euro jāhrlich liegt. Im Jahr 2000 waren etwa 21% der Frauen und 8% der Mānner Analphabeten. Seit die Wirtschaft 1985 einer neoliberalen Schocktherapie unterworfen wurde, hat die Zahl der Armen zugenommen. Massenentlassungen, Senkung der Reallöhne und Abbau von Sozialleistungen waren die Folge einer Hyperinflation, woraufhin sich viele Arbeitslose im illegalen Kleinhandel, Schmuggel und der Erzausbeute auf eigene Rechnung betātigen und die Familien ihre Kinder mitunter für Geld weggeben. Die Frauen- und Kinderarbeit hat zugenommen. Laut terre des hommes sind derzeit mehr als 800.000 Minderjāhrige erwerbstātig.[8]

I.2. Straβenkinder und Kinderarbeit in Bolivien

Mangels einer weltweit anerkannten Definition des Begriffes ‘Straβenkind’ hat sich in der internationalen Diskussion die Unterscheidung in ‘Kinder der Straβe’ (‘niños de la calle’) und ‘Kinder auf der Staβe’ (‘niños en la calle’) etabliert, welche sich auf die sozialen Bezüge und auf die Tātigkeiten der Kinder auf der Straβe bezieht. ‘Niños en la calle’ suchen die Straβe nur zum Arbeiten auf, sie haben noch regelmāβigen Kontakt zu den Eltern und schlafen nur gelegentlich auf der Straβe, wenn der Arbeitsplatz zu weit vom Wohnort entfernt ist. Die ‘niños de la calle’ leben sich selbst überlassen auf der Straβe und haben nur selten Kontakt mit dem Elternhaus.[9]

Die Entscheidung für ein Leben auf der Straβe hāngt zumeist mit den familiāren Bedingungen zusammen. Etwa 60% der Bolivianer leben unter den extremen Bedingungen im Altiplano, dessen Böden nur zu einem kleinen Teil landwirtschaftlich nutzbar sind. 80% der Arbeiter und Bauern in diesen Gebieten leben in Abhāngigkeit von Groβgrundbesitzern.[10] In der Hoffnung, in der Stadt Arbeit und ein besseres Leben zu finden, verlassen viele Menschen ihre Heimatdörfer. Doch in der Stadt ist der tāgliche Kampf ums Überleben unerbittlich und zwingt viele Familien, ihre Kinder auf die Straβe zu schicken um den Verdienst der Familie zu sichern. Kinder und Frauen werden von vielen Arbeitgebern gern beschāftigt, da sie billiger und gefügiger sind als die Mānner. Die zunehmende Kinderarbeit geht allerdings einher mit der Abnahme legaler Erwerbsstellen für Erwachsene und damit langfristig mit zunehmender Armut.[11]

Die Verānderungen in der Rollenverteilung in der Familie führt oft dazu, dass die in ihrer Ehre gekrānkten Ehemānner Trost im Akohol und Bestātigung ihrer Mānnlichkeit bei anderen Frauen suchen. Viele Mānner verlassen ihre Frauen und Kinder in dieser derart ausweglosen Situation und die meisten Frauen suchen sich in ihrer Not einen neuen Partner. Viele Erwachsene können die Spannungen im tāglichen Kampf ums Überleben nicht ertragen und lassen ihre Agressionen am Partner und an den Kindern aus. Gewalt und sexueller Miβbrauch in der Familie treibt viele Kinder auf die Straβe, wo sie die Erfahrung machen, dass sie nicht auf ihre Eltern angewiesen sind.[12]

[...]


[1] Bruning, Reinhard/Sommer, Birgit: Kinderarbeit, terre des hommes, Osnabrück 1990, S.9.

[2] www.soskinderdoerfer.de

[3] www.thd.de – Zur aktuellen Situation in Bolivien

[4] www.oneworldweb.de/thd/reportage/laederberichte_pdf/bolivien.pdf

[5] www.soskinderdoerfer.de

[6] Gunhild Niggestich: Potosí einst und jetzt. In: Feustel, Günther: Ein Indio darf den Tag nicht verschlaften, Klett Lesehefte, Stuttgart 1983, S.60f.

[7] www.uni-kassel.de/fb10/frieden/regionen/Bolivien/galeano.html

[8] www.oneworldweb.de/thd/reportage/laederberichte_pdf/bolivien.pdf

[9] Koch, Helmut/ Kupsch, Torsten: Dritte Welt im Kinder- und Jugendbuch, Seminar-Skript Münster 2001, S.33.

[10] Schimmel, Kerstin: Straβenkinder in Bolivien, Europāischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main 1994, S30.

[11] Pollmann, Uwe: Zum Beispiel Kinderarbeit, Lamuv Verlag, Bornheim Merten, 1988, S.21.

[12] Koch, S.35f.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Buchanalyse von Guenther Feustels "Ein Indio darf den Tag nicht verschlafen"
Untertitel
Dritte Welt im Kinder- und Jugendbuch
Hochschule
Westfälische Wilhelms-Universität Münster  (Institut für deutsche Sprache, Literatur und ihre Didaktik)
Veranstaltung
Problemorientierte Kinder- und Jugendliteratur
Note
keine Benotung
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V38861
ISBN (eBook)
9783638378116
ISBN (Buch)
9783638860703
Dateigröße
547 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Buchanalyse, Guenther, Feustels, Indio, Problemorientierte, Kinder-, Jugendliteratur
Arbeit zitieren
Dorothee Ahlrichs (Autor:in), 2004, Buchanalyse von Guenther Feustels "Ein Indio darf den Tag nicht verschlafen", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38861

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