Wie lässt sich diese explosionsartige Entwicklung der vom IWF als advanced economies bezeichneten Staaten Ost- und Südostasiens und vor allem von dessen Großmacht China erklären? Mit der Frage, warum einige Länder wirtschaftlich äußerst erfolgreich sind, während andere nicht aus ihrer Armut herausfinden, beschäftigt sich die Wissenschaft schon seit Längerem. Mit der Jahrtausendwende und der Chance einer makrohistorischen Bilanzierung flammte die entwicklungstheoretische Diskussion erneut auf – es offenbarte sich eine Verlagerung des Mainstreams. Zudem erkannte man, dass nicht allein rein ökonomische Faktoren über Erfolg und Misserfolg entscheiden, sondern ebenso länger andauernde innergesellschaftliche Transformationsprozesse von Bedeutung sind. Erfolgte die wissenschaftliche Betrachtungsweise der globalen Entwicklung in Gestalt der klassischen Weltsystemtheorie zuvor meist aus europäischem Blickwinkel, so mehrten sich die Stimmen, die diese eurozentrische Perspektive kritisierten und Alternativen vorbrachten. Warum eine externalistische Betrachtungsweise – wie sie die globalistische Perspektive darstellt – geeigneter erscheint die Frage nach dem derzeitigen ökonomischen Erfolg in Ost- und Südostasien zu erklären, soll exemplarisch anhand Andre Gunder Franks ReOrient: Global Economy in the Asian Age erläutert werden. Oder kommen Franks Gedanken über ein rein theoretisches Konstrukt nicht hinaus?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: Chinas Wirtschaftsboom – entwicklungstheoretisch erklärbar?
- 2. Warum die einen Staaten reich und die anderen arm sind – vier Erklärungsmodelle
- 2.1. Europas Entwicklung ist überlegen – die klassische eurozentrische Position
- 2.2. Europa hat sich ökonomisch durchgesetzt – die revisionistische eurozentrische Position
- 2.3. Asien, der tatsächliche Dominator des Weltsystems – die asienzentrierte Position
- 2.4. Es existiert ein einziges Weltsystem – die radikal-globalistische Position
- 2.5. Welche entwicklungstheoretische Position gibt Aufschluss über Chinas Erfolg?
- 3. ReOrient: Überarbeitung der Historie
- 3.1. David S. Landes: Wohlstand und Armut der Nationen
- 3.1.1. William McNeills Rezension von Wohlstand und Armut der Nationen
- 3.2. Andre Gunder Frank: ReOrient
- 3.2.1. Der Westen hat die Geschichte verfälscht
- 3.2.2. Warum eine globalistische Perspektive notwendig ist
- 3.2.3. Asien dominiert den weltweiten Handel bis um 1800
- 3.2.4. Asiens Überlegenheit zeigt sich in Produktivitäts- und Bevölkerungswachstum
- 3.2.5. Warum der Westen zwischenzeitlich überlegen war
- 3.2.6. Auf- und Abstieg im Weltsystem stehen stets im Zusammenhang
- 3.3. Europa gewinnt im 19. Jahrhundert an Überlegenheit
- 3.4. Mangelnde Belege und subjektive Beweisführung
- 3.5. Treffen Franks Schlüsse auf Ost- und Südostasien im 20. und 21. Jahrhundert zu?
- 3.1. David S. Landes: Wohlstand und Armut der Nationen
- 4. Fazit: Chinas Entwicklung als logische Konsequenz der Historie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert den rasanten Wirtschaftsaufstieg Ost- und Südostasiens im 21. Jahrhundert, insbesondere Chinas. Sie untersucht, ob dieser Erfolg durch entwicklungstheoretische Ansätze erklärbar ist und welche Positionen dabei am zutreffendsten erscheinen. Die Arbeit stellt verschiedene entwicklungstheoretische Positionen vor, darunter die klassische und revisionistische eurozentrische Perspektive sowie die asienzentrierte und globalistische Position. Im Zentrum der Analyse steht Andre Gunder Franks "ReOrient: Global Economy in the Asian Age", der eine globalistische Sichtweise vertritt. Seine Argumente werden kritisch beleuchtet und hinsichtlich ihrer Relevanz für die aktuelle Situation Ost- und Südostasiens geprüft.
- Entwicklungstheoretische Erklärungsansätze für den asiatischen Wirtschaftsboom
- Kritik an eurozentrischen Perspektiven der globalen Entwicklung
- Die globalistische Perspektive nach Andre Gunder Frank
- Analyse der Rolle Asiens in der Weltgeschichte und seiner Dominanz bis zum 19. Jahrhundert
- Die Frage nach der Nachhaltigkeit des asiatischen Wirtschaftswachstums
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in das Thema ein und stellt den Wirtschaftsboom Ost- und Südostasiens, insbesondere Chinas, als Ausgangspunkt der Untersuchung dar. Es werden die Besonderheiten dieser Entwicklung sowie die Relevanz entwicklungstheoretischer Ansätze für deren Erklärung beleuchtet. Kapitel 2 präsentiert vier verschiedene Positionen innerhalb der entwicklungstheoretischen Diskussion: die klassische und revisionistische eurozentrische Position sowie die asienzentrierte und globalistische Position. Die verschiedenen Perspektiven werden kurz skizziert, um die unterschiedlichen Interpretationen der historischen Entwicklung zu verdeutlichen.
Kapitel 3 analysiert Andre Gunder Franks "ReOrient: Global Economy in the Asian Age" als exemplarisches Werk für die globalistische Position. Es werden Franks Argumente, die die zentrale Rolle Asiens in der Weltgeschichte bis zum 19. Jahrhundert hervorheben, dargestellt und kritisch beleuchtet. Kapitel 4 fasst die zentralen Erkenntnisse der Arbeit zusammen und zieht Schlussfolgerungen hinsichtlich der Erklärung des asiatischen Wirtschaftsbooms im 21. Jahrhundert. Es werden die Stärken und Schwächen der verschiedenen Positionen diskutiert und die Relevanz von Franks globalistischer Sichtweise für die heutige Situation gewürdigt.
Schlüsselwörter
Asiatischer Wirtschaftsboom, Entwicklungstheorie, Globalisierung, Eurozentrismus, Globalistische Perspektive, Andre Gunder Frank, ReOrient, Weltgeschichte, Asiens Dominanz, Wirtschaftswachstum, Ost- und Südostasien, China.
- Citar trabajo
- Gero Birke (Autor), 2005, Zufall oder historische Konsequenz? Entwicklungstheorien für Asiens ökonomischen Erfolg in Andre Gunder Franks "ReOrient", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38898