Nach Leon Carl Brown ist der Orient die am stärksten durch externe Akteure durchdrungene Region der Welt. Zweifelsohne zählen die USA zu den wichtigsten auswärtigen Mächten, seit Ende des Ost-West-Konfliktes sind sie sogar die wichtigste Macht. Insofern ist die Politik der USA ein entscheidender Faktor für die Zukunft dieser Region. Mehr noch: Angesichts der geostrategischen, weltwirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung des ‚Orients’ ist hier die U.S.- Regionalpolitik gleichzeitig eine entscheidende Determinante für die Weltpolitik. Umgekehrt ist die Region eine ausgesprochen amerikanische Interessensphäre: Heute fließen rund 25% aller bilateralen Hilfsleistungen an arabische und muslimische Länder im Orient, und mit Israel und Ägypten liegen die beiden
größten Empfänger amerikanischer Auslandshilfe in der Region. Vor diesem Hintergrund ist die Analyse der Interessenlage der USA in der Region interessant. Ziel dieser Arbeit ist, die handlungsleitenden Interessen der USA und die damit verbundenen Ordnungsvorstellungen im „Erweiterten Orient“ seit 1990 zu untersuchen. Dabei sind drei Fragen grundlegend: Was sind regionale U.S.- Basisinteressen? Falls sich diese seit Ende des Ost-West-Konfliktes verändert haben, wie haben sie sich geändert? Was sind die Gründe für den Wandel? Dazu wird im Abschnitt 2.1 zunächst das regionale Interessenbündel vor Ende des Ost-West-Konfliktes betrachtet. Dies soll als Ausgangspunkt dienen, um etwaige Veränderungen der Interessenlage in den 90er Jahren (Abschnitt 2.2) und nach den Anschlägen des 11.September 2001 (Abschnitt 2.3) messen zu können. Es ist anzumerken, dass die gewählte Methode von „Interessen im ‚Erweiterten Orient’“ zu sprechen, durchaus als problematisch anzusehen ist. Selbstredend gibt es kein ‚Interesse’ für die gesamte Region, sondern vielmehr Nuancierungen bezüglich der zahlreichen Subregionen des ‚Orients’. Vor dem Hintergrund der enormen regionalen Komplexität scheint es jedoch viel versprechend, eine analytische Vereinfachung vorzunehmen: Es sollen die Schlüsselinteressen der USA untersucht werden, welche durch die regionalen Verflechtungen und spill-over Effekte mehr oder weniger für die gesamte Region als handlungsleitend anzusehen sind. Eine regionale Differenzierung wird in dieser Analyse daher nur selektiv in evidenten Beispielfällen erfolgen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Handlungsleitende Interessen seit 1990: Kontinuität oder Wandel?
- Interessenlage während des Ost-West-Konfliktes
- Die 90er Jahre
- Gleiches Spiel – neue Spieler
- Der Friedensprozess in Nahost
- Zwischenbilanz der 90er Jahre
- Post September 2001
- Global-strategische Neuausrichtung
- Erweiterung der Interessentroika im „Erweiterten Orient“
- Ergebnis
- Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die handlungsleitenden Interessen der USA im „Erweiterten Orient“ seit 1990 und untersucht, ob diese in den letzten Jahrzehnten Kontinuität aufweisen oder sich gewandelt haben. Die Arbeit zielt darauf ab, die Basisinteressen der USA in der Region zu identifizieren und die Veränderungen dieser Interessen im Kontext des Ost-West-Konfliktes, der 1990er Jahre und der Ereignisse nach dem 11. September 2001 zu untersuchen.
- Die „heilige Dreifaltigkeit“ der Interessen der USA im „Erweiterten Orient“ während des Ost-West-Konfliktes: Eindämmung des sowjetischen Einflusses, Sicherung des Zugangs zu den Energieressourcen und Stabilisierung Israels.
- Der Einfluss einschneidender Ereignisse in den 1990er Jahren auf die Interessenperzeption der USA in der Region, wie z.B. die Golfkrise, der Friedensprozess in Nahost und die Auflösung der Sowjetunion.
- Die Neuausrichtung der US-amerikanischen Interessen nach dem 11. September 2001, die Erweiterung der Interessentroika und die wachsende Bedeutung von Terrorismus und „rogue states“ für die regionale Politik der USA.
- Die Herausforderungen der komplexen regionalen Verflechtungen und spill-over Effekte für die Analyse der US-amerikanischen Interessen im „Erweiterten Orient“.
- Die Rolle Israels als strategisches Gut der USA in der Region und die Bedeutung des amerikanischen Engagements für die israelische Sicherheit.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den „Erweiterten Orient“ als eine Region mit großer geostrategischer, weltwirtschaftlicher und kultureller Bedeutung beschreibt. Sie stellt die USA als zentrale auswärtige Macht in der Region dar und betont die Bedeutung der US-amerikanischen Regionalpolitik für die Weltpolitik. Im Folgenden werden die handlungsleitenden Interessen der USA im „Erweiterten Orient“ seit 1990 beleuchtet.
Kapitel 2.1 analysiert die Interessenlage der USA während des Ost-West-Konfliktes, die durch die „heilige Dreifaltigkeit“ von Israel, Öl und Antikommunismus geprägt war. Die Arbeit erläutert die strategische Bedeutung des Nahen Ostens für die USA in dieser Zeit und die zentrale Rolle Israels als strategisches Gut. Sie beleuchtet die historischen Wurzeln der engen Beziehung zwischen den USA und Israel sowie die Bedeutung der amerikanischen Sicherheitsgarantien für die israelische Staatlichkeit.
Kapitel 2.2 widmet sich den 1990er Jahren und untersucht den Einfluss einschneidender Ereignisse auf die Interessenperzeption der USA im „Erweiterten Orient“. Die Arbeit thematisiert die Golfkrise und die damit verbundene Strategie des „Dual Containment“, die Auflösung der Sowjetunion und die Herausforderungen der Postsowjetischen Staaten für die US-amerikanische Interessenpolitik in der Region sowie den Friedensprozess in Nahost.
Kapitel 2.3 analysiert die US-amerikanische Interessenlage nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 und beleuchtet die globale strategische Neuausrichtung der USA in Reaktion auf die neuen Sicherheitsbedrohungen. Die Arbeit diskutiert die Erweiterung der Interessentroika im „Erweiterten Orient“ und die wachsende Bedeutung von Terrorismus und „rogue states“ für die US-amerikanische Politik in der Region.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Interessen der USA im „Erweiterten Orient“, den Veränderungen dieser Interessen seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes, der „heiligen Dreifaltigkeit“ der US-amerikanischen Interessen, der Rolle von Israel als strategischem Gut, dem Einfluss von Terrorismus und „rogue states“ auf die US-amerikanische Interessenpolitik, der geostrategischen Bedeutung der Region, den Energieträgern, dem Friedensprozess in Nahost, der „Dual Containment“-Strategie und den Herausforderungen der regionalen Verflechtungen.
- Arbeit zitieren
- Christian Fröhlich (Autor:in), 2005, Interessen der USA im "Erweiterten Orient" seit 1990: Kontinuität oder Wandel?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38944