Die Bedeutung der Bibelübersetzung im ersten Teil der Faust-Tragödie


Dossier / Travail, 2004

21 Pages, Note: 1


Extrait


Inhalt

1. Einleitung
1.1. Fragestellung
1.2. Forschungsstand
1.3. Aufbau der Arbeit

2. Die Vorgeschichte der Logosszene
2.1. Die Wette zwischen Mephistopheles und dem Herren
2.2. Das Leiden des Dr. Faust

3. Die Übersetzungen des Johannesevangeliums und ihre Bedeutung
3.1. „Sinn“ – „Kraft“ – „That“
3.2. Die Bedeutung der Übersetzung

4. Der Pakt zwischen Faust und Mephistopheles

5. Schlussbemerkungen

6. Literaturbasis
6.1. Literaturgrundlage
6.2. Sekundärliteratur

1. Einleitung

1.1. Fragestellung

Die gleichnamige Hauptfigur in Johann Wolfgang von Goethes Tragödie „Faust“ ist ein bereits recht betagter Mann, dessen Lebensziel das Erlangen eines allumfassenden Wissens ist. Dennoch zweifelt er am menschlichen Erkenntnisvermögen, da er trotz seines hohen Alters keinen endgültigen Aufschluss über den Sinn des Seins finden konnte. Aus diesem Grund versucht er auf allen ihm sinnvoll erscheinenden Wegen, zu einer allumfassenden Erkenntnis zu gelangen. Er hat sich mit verschiedenen Wissenschaften auseinander gesetzt und ist bereit, sich auch mit übernatürlichen Phänomenen zu befassen, wenn diese ihm nur Antworten geben. Bei all seinen Versuchen, sein Ziel zu erreichen, versteift er sich jedoch auf das Wissen, dass er Büchern entnehmen kann.

Mit dem, was seine Bücher enthalten, gibt sich aber nicht ohne weiteres zufrieden, sondern hat eine eigene Meinung dazu. So verhält es sich selbst mit der Bibel. Faust besitzt ein Exemplar der Luther-Bibel, aber als er in seinem Erkenntnisdrang hofft, im Johannesevangelium Antworten auf seine Fragen zu finden, stellt er fest, dass die Übersetzung Luthers seinen Ansprüchen nicht genügt. Er wagt sich an eine eigene Übertragung.

Welche Bedeutung diese Bibelübersetzung allerdings für das Zustandekommen des Paktes (den Faust infolge seines Übersetzungsversuchs mit der Teufelsfigur Mephistopheles eingeht) und damit für das Gesamtdrama hat, ist damit noch nicht geklärt. Mit dieser Frage soll sich die folgende Hausarbeit auseinandersetzen.

1.2. Forschungsstand

Die Auseinandersetzung mit der Übersetzungsszene im ersten Teil von Goethes Faust-Tragödie gestaltet sich recht schwierig. Viele Forscher, die sich mit diesem Werk beschäftigen, gehen sowohl intensiv auf die Vorgeschichte der sogenannten Logosszene als auch auf den sich anschließenden Teufelspakt zwischen Faust und Mephistopheles ein, erwähnen jedoch nur knapp, dass Faust eine eigene Bibelübersetzung wagt und erläutern kaum die möglichen Gründe, die den Gelehrten dazu bewogen haben könnten. So verhält es sich z. B. bei G. Kaiser[1], H.J. Schrimpf[2] oder auch bei H. Hamm[3]. Selbst die „Erläuterungen zu Johann Wolfgang von Goethe Faust Teil I“ von G. Eversberg[4] erwähnen kaum die Bedeutung der Übersetzungsversuche Fausts.

Eine mögliche Erklärung für diese Tatsache liefert E.M. Wilkinson[5]. Sie erachtet die Übersetzungsszene im Faust I für unverständlich und findet es wichtig, dass zum Verständnis der Logosszene zunächst einmal historische Prätexte herangezogen werden. Diese sollen es ermöglichen, den durch kulturelle Traditionen geprägten sprachlichen Akt in Goethes Werk zu verstehen. Dabei ist aber zu beachten, dass jede Übersetzung des Bibel-Originals in eine andere Sprache bereits eine Form der Interpretation darstellt[6].

Dennoch gibt es auch Autoren, die sich intensiver mit der Logosszene auseinander setzen, so. z.B. P. Brandes[7] und L.-M. Linder[8], auf deren Ausführungen sich diese Arbeit im Wesentlichen stützen wird. Brandes skizziert die verschiedenen Übersetzungsversuche Fausts, ihren möglichen Entstehungskontext sowie ihre Funktion im Hinblick auf den Fortgang des Dramas. Linder geht ebenfalls auf die „Vorgeschichte“ ein, die Fausts Drang, sich mit der Bibel zu befassen, auslöst. Er betrachtet außerdem den „Prolog im Himmel“ als „transzendenten Rahmen“ für die irdischen Vorgänge[9] und erläutert deren Bedeutung für das Gesamtdrama.

1.3. Aufbau der Arbeit

Zum allgemeinen Verständnis der Logosszene ist es zunächst einmal notwendig, die überirdischen und irdischen Hintergründe zu skizzieren, die Fausts Handeln beeinflussen. Dies wird im Kapitel zwei unter den Überschriften „Die Wette zwischen Mephistopheles und dem Herren“ und „Das Leiden des Dr. Faust“ geschehen. Fausts daraus resultierende Übersetzungsversuche des Johannesevangeliums und deren Bedeutung werden im Anschluss daran im dritten Kapitel behandelt. Da Fausts Übertragungsexperiment von zentraler Bedeutung für das Zustandekommen des Paktes zwischen ihm und Mephistopheles ist, soll auch dieser in einem eigenen Kapitel untersucht werden, bevor in den Schlussbemerkungen im Kapitel fünf der Versuch einer Einordnung des bisherigen Geschehens in das Gesamtdrama unternommen wird.

2. Die Vorgeschichte der Logosszene

2.1. Die Wette zwischen Mephistopheles und dem Herren

Im „Prolog im Himmel“, einer der drei Hinführungen zum eigentlichen Faust-Drama, treffen der allwissende himmlische Herrscher und eine Teufelsfigur namens Mephistopheles aufeinander. Das Thema des Dramas wird präsentiert. Außerdem kommt es zur Vorstellung der beiden Hauptakteure Mephistopheles und Faust. Damit bildet der Prolog einen transzendenten Rahmen für die irdischen Vorgänge[10].

Der himmlische Schöpfer, „Herr“ genannt, tritt als mittelalterlicher Herrscher auf[11]. Die Erzengel Raphael, Gabriel und Michael verherrlichen vor dem himmlischen Hofstaat seine Taten. Der göttliche Widersacher Mephistopheles ist ebenfalls anwesend. Er spielt die Rolle des Schalks und kritisiert die so hochgelobte Schöpfung. Er hält vor allem die Menschen für misslungen, weil der Herr ihnen zwar die Vernunft gegeben hat, diese sie aber nicht zu gebrauchen wissen bzw. nur missbrauchen.

Von Sonn- und Welten weiß ich nichts zu sagen,

Ich sehe nur wie sich die Menschen plagen

Der kleine Gott der Welt bleibt stets vom gleichen Schlag,

Und ist wunderlich als wie am ersten Tag.

Ein wenig besser würd’ er leben,

Hätt’st du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;

Er nennt’s Vernunft und braucht’s allein,

Nur thierischer als jedes Thier zu sein.

Er scheint mir, mit Verlaub von Ew. Gnaden,

Wie eine der langbeinigen Cicaden

Die immer fliegt und fliegend springt

Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt;

Und läg’ er nur noch immer in dem Grase!

In jeden Quark begräbt er seine Nase.[12]

Der Herr versucht daraufhin, seine Schöpfung zu verteidigen. Er nennt als Beispiel dafür, dass sie gelungen sei, Faust, seinen Knecht[13], den er nicht auf Grund traditioneller theologischer Tugenden oder wegen seines philosophischen Ethos für gut befindet, sondern wegen seines steten, rastlosen Strebens, auch wenn dieses inhaltlich unbestimmt ist und er deshalb Irrtümern verfallen kann[14].

Dennoch verhöhnt Mephistopheles das rastlose Streben dieses „Thoren“[15] und bietet dem Herren eine Wette an. Er meint, er könne Faust von dessen Streben abbringen und ihn damit zum Abfall von Gott bewegen[16]. Der Herr geht nicht direkt auf dieses Wettangebot ein. Aber er lässt Mephistopheles die Möglichkeit offen, Faust von seinem Streben abzubringen und ihn zu Trägheit und Ruhe zu verleiten. Diese Wette bleibt für den Herren risikolos, da er allmächtig ist und er deshalb deren Ausgang bereits vorher kennt[17]. Außerdem hält er seine Schöpfung für vollkommen, auch wenn der Mensch „irrt“, solange er „strebt“[18].

[...]


[1] Kaiser, Gerhard, Ist der Mensch zu retten? Vision und Kritik der Moderne in Goethes „Faust“, Freiburg 1994.

[2] Schrimpf, Hans Joachim, Johann Wolfgang Goethe: Faust, in: Müller-Michaels, Harro (Hg.), Deutsche Dramen. Interpretationen zu Werken von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Bd. 1: Von Lessing bis Grillparzer, 3. Aufl. Weinheim 1994, S. 88-127.

[3] Hamm, Heinz, Goethes „Faust“. Werkgeschichte und Textanalyse, Berlin 1978.

[4] Eversberg, Gerd, Erläuterungen zu Johann Wolfgang von Goethe Faust Teil I (Königs Erläuterungen und Materialien Bd. 21) 8. Aufl. Hollfeld 1996.

[5] Wilkinson, Elisabeth, Faust in der Logosszene – Willkürlicher Übersetzer oder geschulter Exeget?, in: Lange, Victor, Roloff, Hans-Gert (Hg.), Akten des 4. Internationalen Germanistenkongresses in Princeton 1970, Reihe A, Bd.1, Frankfurt/ M. 1971, S. 115-124.

[6] Görner, Rüdiger, Vom Wort zur Tat in Goethes „Faust“ – Paradigmenwechsel oder Metamorphose?, in: Goethe Jahrbuch 106 (1989), S. 119-132.

[7] Brandes, Peter, Goethes Faust : Poetik der Gabe und Selbstreflexion der Dichtung, Paderborn 2003.

[8] Linder, Luz-Maria, Goethes Bibelrezeption. Hermeneutische Reflexion, fiktionale Darstellung, historisch-kritische Bearbeitung, Frankfurt/ M. 1998.

[9] Ebenda, S. 151f.

[10] Ebenda.

[11] Eversberg, wie Anm. 4, S. 95.

[12] Vers 279-292.

[13] Vers 299.

[14] Linder, wie Anm. 9, S.151.

[15] Vers 301.

[16] Eversberg, wie Anm. 4, S.95f.

[17] Linder, wie Anm. 9, S. 152.

[18] Vers 317.

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Die Bedeutung der Bibelübersetzung im ersten Teil der Faust-Tragödie
Université
University of Kassel
Note
1
Auteur
Année
2004
Pages
21
N° de catalogue
V39011
ISBN (ebook)
9783638379151
ISBN (Livre)
9783638778848
Taille d'un fichier
477 KB
Langue
allemand
Mots clés
Bedeutung, Bibelübersetzung, Teil, Faust-Tragödie
Citation du texte
Doreen Fricke (Auteur), 2004, Die Bedeutung der Bibelübersetzung im ersten Teil der Faust-Tragödie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39011

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