Während meines Praktikums beim Sozialpsychiatrischen Dienst kam ich erstmals mit psychisch kranken Elternteilen in Kontakt. Besonders gut erinnere ich mich heute noch an eine depressive Mutter, die in einer Wohngemeinschaft für psychisch Kranke betreut wurde. Sie ließ sich damals von ihrem Ehemann, der mit den drei jugendlichen Kindern zusammen lebte, scheiden. Eines Tages brachte die Mutter ihre zwölf jährige Tochter mit zum Gruppentreffen. Die Tochter fiel dadurch auf, dass sie kaum sprach und durch ihre Köperhaltung starkes Unbehagen signalisierte. Ihr Verhalten war Anlass zu meiner Überlegung, wie es wäre eine psychisch kranke Mutter zu haben. Als ich mich in ihre Lage versetzte fragte ich mich, ob ihr Verhalten in erster Linie durch Angst, Scham, Verwirrung, Schüchternheit oder Langeweile verursacht war. Bei diesem Gedanken wurde mir bewusst, dass ich die Situation der Kinder von psychisch kranken Elternteilen bisher kaum wahrgenommen hatte. Ich fragte mich, wie viele Kinder mit einem psychisch kranken Elternteil aufwachsen und was das für die betroffenen Kinder bedeutet. Deshalb ist das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit auf die Situation der Kinder mit psychisch kranken Elternteilen im Raum Coburg bezogen.
Die Relevanz der Themenstellung „die Situation der Kinder von psychisch kranken Eltern“ wird u.a. im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie deutlich. Remschmidt schreibt, dass rund 33% der Kinder, die sich in stationärer kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlung befinden, einen psychisch kranken Elternteil haben und rund 12% einen psychotischen Elternteil.
Derartige Veröffentlichungen werfen die Vermutung auf psychische Erkrankungen, insbesondere Psychosen, würden von Generation zu Generation weitergeben. Zum Beginn der Arbeit wird deshalb anhand eines Erklärungsmodells für Psychosen untersucht, wodurch der Ausbruch einer Psychose bedingt ist und in welcher Weise die Wahrscheinlichkeit an einer Psychose zu erkranken durch die Genetik festgelegt ist. Insbesondere rückt die Frage ins Forschungsinteresse, ob eine gestörte Eltern-Kind-Beziehung einen Einfluss auf den Ausbruch einer Psychose hat.
Dabei ist die Situation der Kinder, die mit psychisch kranken Elternteilen leben, erst neuerdings vermehrt Bestandteil der Fachdiskussion von Sozialpsychiatrie und Jugendhilfe.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theorie der psychotischen Krankheitsbilder
- Erklärungsmodell für Psychosen anhand des Vulnerabilitätskonzepts
- Biologische Vulnerabilität
- Stress
- Exkurs zur Bedeutung des Einflusses einer gestörten Eltern-Kind-Beziehung
- Auswirkung einer psychotischen Erkrankung
- Auswirkungen auf die finanzielle Lebenslage
- Auswirkungen auf die Partnerschaft
- Auswirkungen auf die Familie
- Auswirkungen auf die Erziehung
- Zusammenfassung
- Erklärungsmodell für Psychosen anhand des Vulnerabilitätskonzepts
- Situation der Kinder von psychisch kranken Eltern
- Probleme von Kindern mit psychisch kranken Eltern
- Probleme mit unmittelbaren Zusammenhang zur Erkrankung
- Probleme mit mittelbaren Zusammenhang zur Erkrankung
- Einflussfaktoren auf die Situation der Kinder
- Vorstellung der Begriffe High Risk und Resilence
- High Risk
- Resilence
- Einordnung der Faktoren
- High Risk und Resilence Faktoren in der Person des Kindes
- High Risk und Resilence Faktoren im Familiensystem
- High Risk und Resilence Faktoren ausgehend von der Familie im Allgemeinen
- High Risk und Resilence Faktoren ausgehend vom erkrankten Elternteil
- High Risk und Resilence Faktoren ausgehend vom gesunden Elternteil
- High Risk und Resilence Faktoren ausgehend von der Partnerschaft der Eltern
- High Risk und Resilence Faktoren außerhalb der Familie aber in der unmittelbaren Lebenswelt des Kindes
- High Risk und Resilence Faktoren im Sozialraum des Kindes
- High Risk und Resilence Faktoren im Gesellschaftssystem
- High Risk und Resilence Faktoren und das Konzept der Vulnerabilität bei Kindern
- Zusammenfassung
- Vorstellung der Begriffe High Risk und Resilence
- Vorgehensweisen bei den Befragungen zur Situation der Kinder mit psychisch kranken Elternteilen im Coburger Raum
- Befragung von Krankenkassen
- Schilderung der Vorgehensweise
- Begründung des Vorgehens
- Darstellung der Methode
- Darstellung des methodischen Vorgehens
- Ziel der Befragung
- Befragung von Fachkräften
- Schilderung der Vorgehensweise
- Begründung des Vorgehens
- Darstellung der Methode
- Darstellung des methodischen Vorgehens
- Ziel der Befragung
- Befragung von Krankenkassen
- Kinder psychisch Kranker im Coburger Raum
- Epidemiologie psychisch kranker Eltern und deren Kinder im Coburger Raum
- Schätzung für die Stadt und dem Landkreis Coburg aufgrund bundesweiter Daten
- Darstellung von statistischen Daten
- Bedeutung der Daten für die Stadt und den Landkreis Coburg
- Ergebnisse der Krankenkassenbefragung
- Definition der Begriffe
- Epidemiologie psychisch kranker Eltern
- Darstellung der Ergebnisse
- Interpretation
- Diagnosenverteilung
- Darstellung der Ergebnisse
- Interpretation
- Ergebnisse der Befragung von Fachkräften
- Definition von psychischen Erkrankungen durch Fachkräfte
- Darstellung der Ergebnisse
- Interpretation
- Epidemiologie von psychisch kranken Eltern und deren Diagnosen
- Darstellung der Ergebnisse
- Interpretation
- Definition von psychischen Erkrankungen durch Fachkräfte
- Abgleichende Diskussion der Ergebnisse
- Schätzung für die Stadt und dem Landkreis Coburg aufgrund bundesweiter Daten
- Wahrnehmung der Situation von psychisch kranken Eltern durch Fachkräfte
- Darstellung der Ergebnisse
- Erziehungssituationen in Familien mit psychisch kranken Elternteilen
- Problemlagen
- Interpretation
- Darstellung der Ergebnisse
- Wahrnehmung der Situation von Kindern mit psychisch kranken Eltern durch Fachkräfte
- Darstellung der Ergebnisse
- Probleme in der Lebenswelt von Kindern mit psychisch kranken Eltern
- Informationsstand der Kinder über die psychische Erkrankung der Eltern
- Interpretation
- Lebenssituation der Kinder
- Informationsstand der Kinder
- Darstellung der Ergebnisse
- Wahrnehmung der Bewältigungsstrategien von Kindern mit psychisch kranken Eltern durch die Fachkräfte
- Darstellung der Ergebnisse
- Bewältigungsverhalten von Kindern mit psychisch kranken Eltern
- Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern mit psychisch kranken Eltern
- Bei kleinen Kindern bis zum Vorschulalter
- Bei Schulkindern und Jugendlichen
- Interpretation
- Diskussion der Entwicklungschance des Kindes
- Darstellung der Ergebnisse
- Zusammenhang zwischen der Behandlungsbereitschaft der psychisch kranken Eltern und der Verhaltensauffälligkeit der Kinder
- Darstellung der Ergebnisse
- Interpretation
- Bedarfswahrnehmungen bezüglich ambulanter Hilfen für Kinder mit psychisch kranken Elternteilen durch Fachkräfte
- Diskussion des Hilfebedarfs von Kindern psychisch Kranker in der Literatur
- Bedarfswahrnehmungen der befragten Fachkräfte
- Darstellung der Ergebnisse
- Interpretation
- Epidemiologie psychisch kranker Eltern und deren Kinder im Coburger Raum
- Die Auswirkungen der Erkrankung auf die Kinder und deren Familien
- Die Bedeutung der Eltern-Kind-Beziehung
- Die Faktoren, die die Situation der Kinder beeinflussen (High Risk und Resilence Faktoren)
- Die Wahrnehmung der Situation von psychisch kranken Eltern und deren Kindern durch Fachkräfte
- Der Bedarf an ambulanter Hilfe für Kinder mit psychisch kranken Eltern
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Situation von Kindern mit psychisch kranken Eltern im Coburger Raum. Sie untersucht die Auswirkungen der Erkrankung auf die Kinder und deren Familien sowie die Herausforderungen, die sich für Fachkräfte in der Betreuung dieser Familien ergeben.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer theoretischen Einordnung des Themas, indem sie das Vulnerabilitätskonzept erläutert und die Auswirkungen einer psychotischen Erkrankung auf verschiedene Lebensbereiche beleuchtet. Anschließend widmet sie sich der Situation von Kindern mit psychisch kranken Eltern, analysiert die Probleme, die diese Kinder erleben, und untersucht die Einflussfaktoren, die ihre Lebenswelt prägen. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Methoden der Datenerhebung beschrieben, die sowohl Befragungen von Krankenkassen als auch von Fachkräften umfassen. Schließlich werden die Ergebnisse der Untersuchung präsentiert und interpretiert, wobei die Wahrnehmung der Situation von psychisch kranken Eltern und deren Kindern durch Fachkräfte im Vordergrund steht.
Schlüsselwörter
Psychische Erkrankung, Eltern-Kind-Beziehung, Vulnerabilität, High Risk, Resilence, Familienhilfe, Fachkräfte, Coburger Raum.
- Probleme von Kindern mit psychisch kranken Eltern
- Quote paper
- Heike Grießhammer (Author), 2005, Die Situation von Kindern mit psychisch kranken Eltern im Coburger Raum, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39165