Kaum eine Verfassung hat in der Geschichte eine derartige Wirkung entfaltet wie die spartanische. Den Römern diente sie zur Legitimation der Elitenherrschaft ihrer Republik. Die französischen Aufklärer inspirierte sie zur Idee der Gewaltenteilung. Die junge marxistische Bewegung fand in ihr das Idealbild einer nicht-kapitalistischen Wirtschaftsordnung und den Antidemokraten des 20. Jh. diente sie dazu den totalen Staat und Rassenideologien zu propagieren.1 All diese Interpretatione n beruhen auf einzelnen Aspekten, die willkürlich aus dem Gesamtzusammenhang der spartanischen Ordnung gerissen wurden. Sie alle an den historischen Tatsachen zu messen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Dennoch entspringen alle Auslegungen der Verfa ssung Spartas, so unterschiedlich sie auch sein mögen, ein und demselben Phänomen, der Mythologisierung Spartas schon durch die Griechen. Wäre Sparta nicht schon unter Zeitgenossen zur Legende geworden, hätte es kaum eine derartige Wirkung in künftigen Zeiten entfalten können. Nicht zuletzt Aristoteles Ausführung in der „Politik“ haben zu dieser Legendenbildung beigetragen. Dies scheint Grund genug die aristotelische Schilderung kritisch zu hinterfragen. Entspricht sie der Realität, oder wurde sie modifiziert um das Modell der Mischverfassung mittels eines scheinbar empirischen Vorbilds schmackhaft zu machen? Die Auffassung des Aristoteles zu Sparta ist nur bruchstückhaft in der „Politik“ überliefert. Sie ist nicht beschreibend sondern durchgehend wertend und setzt die Kenntnis des spartanischen Kosmos voraus. Insofern kann sie auch nicht an den Fakten sondern nur an ihren Schlüssen gemessen werden. Dementsprechend gestaltet sich auch die Gliederung dieser Arbeit. Einem einleitenden Überblick über die Vorraussetzungen der griechischen Staatstheorie schließt sich eine Untersuchung der spartanischen Verfassung in Form der vier wichtigsten Magistraturen an. Hiefür werden zunächst deren Funktionen im spartanischen Verfassungsgefüge aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Anschließend erfolgt eine Gegenüberstellung der heutigen Erkenntnisse über deren Wirkungsweise mit denen in der „Politik“. 1 Vgl. Baltrusch, Ernst: Sparta: Geschichte, Gesellschaft, Kultur, München 1998, S.116ff.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Hauptteil
- 1. Aristoteles empirisch-komparative Methodik und ihre Vorraussetzungen
- 2. Setzung des Zeitrahmens
- 3. Die spartanischen Magistraturen
- 3.1 Das Ephorat
- 3.2 Das Königtum
- 3.3 Die Gerusie
- 3.4 Die Volksversammlung
- 4. Das Ineinanderwirken der Organe
- III. Fazit
- IV. Literatur- und Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Verfassung Spartas aus der Sicht des Aristoteles und setzt sich zum Ziel, eine kritische Analyse der aristotelischen Darstellung vorzunehmen. Dabei werden die Vorraussetzungen der griechischen Staatstheorie sowie die Funktionen der wichtigsten spartanischen Magistraturen beleuchtet. Die Arbeit untersucht, ob die aristotelische Schilderung der spartanischen Verfassung der Realität entspricht oder ob sie modifiziert wurde, um das Modell der Mischverfassung zu propagieren.
- Die empirisch-komparative Methodik des Aristoteles
- Die Funktion der wichtigsten spartanischen Magistraturen (Ephorat, Königtum, Gerusie, Volksversammlung)
- Die Legendenbildung um Sparta und deren Auswirkungen
- Die Frage, ob die aristotelische Darstellung der spartanischen Verfassung der Realität entspricht
- Die Rolle der spartanischen Verfassung in der Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und beleuchtet die vielfältigen Interpretationen der spartanischen Verfassung in der Geschichte. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Legendenbildung um Sparta und der Rolle des Aristoteles in diesem Prozess.
Im Hauptteil werden zunächst die Vorraussetzungen der griechischen Staatstheorie und die empirisch-komparative Methodik des Aristoteles behandelt. Anschließend wird die spartanische Verfassung aus der Sicht des Aristoteles untersucht, wobei die vier wichtigsten Magistraturen – Ephorat, Königtum, Gerusie und Volksversammlung – im Detail analysiert werden.
Schlüsselwörter
Sparta, Aristoteles, Verfassung, griechische Staatstheorie, Magistraturen, Ephorat, Königtum, Gerusie, Volksversammlung, Legendenbildung, Mischverfassung, empirisch-komparative Methodik.
- Arbeit zitieren
- Jan Trützschler (Autor:in), 2005, Die Verfassung Spartas bei Aristoteles: Eine Quellenkritik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39273