Aus zeitgenössischer Perspektive wird man den Begriffen Arbeit und Armut vermutlich eine grundsätzliche Divergenz bescheinigen. Es ist heute nicht davon ausgehen, dass Personen, die sich in einem Arbeitsverhältnis befinden (zumindest was die industrialisierten Länder dieser Welt anbetrifft) Not und Hunger leiden müssen. In den vorangegangenen Jahrhunderten war dies freilich anders. Diesen Umstand beweist allein die Tatsache, dass es bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts üblich war Arbeiter als Arme zu bezeichnen .
In dieser Arbeit soll der Versuch unternommen werden, das Verhältnis und die Beziehungen von Arbeit und Armut in Deutschland im 19. Jahrhundert aufuzeigen. Im Hinblick auf den zu untersuchenden geographischen Raum treten dabei unweigerlich zwei Phänomene dieser Zeit in den Focus der Untersuchung: der allmählich abklingende Pauperismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und die beginnende Industrialisierung Deutschlands, die ab ca. 1850 ihren Siegeszug antrat. Der zeitliche Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei deutlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In erster Linie soll hier untersucht werden, inwieweit sich Arbeit und Armut in den industrialisierten Produktionsbereichen gegenseitig bedingt haben. Hauptzielgruppe werden dabei im folgenden die Industriearbeiter , im speziellen die Textilarbeiter sein, da diese im Vergleich mit den anderen Industriebranchen ganz besonders von der Armut bedroht waren. Bevor es allerdings darum gehen wird, die Situation der Industriearbeiter zu untersuchen, soll in einem ersten Abschnitt zunächst der Pauperismus und seine Erscheinungsformen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts beleuchtet werden. Ziel ist es eine grundlegende Vorstellung von der Massenarmut und ihren Ursachen zu vermitteln. Erst im Anschluss daran wird sich der Verfasser dem eigentlichen Thema, Arbeit und Armut der Industriearbeiter, zuwenden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Der Pauperismus im 19.Jahrhundert
- 2. Entlohnung und Lohnentwicklung in der Textilindustrie als Indikatoren der Armut
- 2.1. Grundlegende Bemerkungen zur Entlohnung und Lohnentwicklung im industriellen Bereich
- 2.2. Die Löhne in der Textilindustrie
- 2.2.1. Lohndifferenzen aufgrund der Funktion im Betrieb
- 2.2.2. Entlohnungsunterschiede nach Alter und Geschlecht
- 3. Daseinsrisiken von Textilarbeitern
- 4. Lebens- und Existenzbedingungen von Textilarbeitern
- 4.1. Grundlegendes
- 4.2. Wohnverhältnisse
- 4.3. Ernährungssituation
- 5. Betriebliche Sozialpolitik
- 5.1. Vorbemerkungen
- 5.2. Sozialeinrichtungen in der Fabrik
- 5.3. Sozialeinrichtungen im Reproduktionsbereich
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht das Verhältnis von Arbeit und Armut in Deutschland im 19. Jahrhundert, insbesondere im Kontext der beginnenden Industrialisierung. Der Fokus liegt auf den Lebensbedingungen von Textilarbeitern, deren Armut durch niedrige Löhne, mangelnde Arbeitsplatzsicherheit und schwierige Lebensverhältnisse gekennzeichnet war.
- Entwicklung des Pauperismus in Deutschland bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
- Lohnentwicklung und Entlohnungsunterschiede in der Textilindustrie
- Daseinsrisiken und Armutsursachen von Textilarbeitern
- Lebens- und Existenzbedingungen von Textilarbeitern, insbesondere hinsichtlich Wohn- und Ernährungssituation
- Betriebliche Sozialpolitik und deren Effektivität im Kampf gegen die Armut
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Zusammenhang zwischen Arbeit und Armut im 19. Jahrhundert dar und erläutert den Fokus der Arbeit auf die Lebensbedingungen von Textilarbeitern. Das erste Kapitel beleuchtet den Pauperismus in Deutschland bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts und zeigt die Entwicklung von Massenarmut auf. Kapitel zwei analysiert die Lohnentwicklung und Entlohnungsunterschiede in der Textilindustrie und erklärt, warum Textilarbeiter besonders der Armut ausgesetzt waren. Das dritte Kapitel untersucht die Daseinsrisiken von Textilarbeitern und identifiziert die konkreten Ursachen für ihre Armut. Kapitel vier beleuchtet die Lebens- und Existenzbedingungen von Textilarbeitern, insbesondere ihre Wohn- und Ernährungssituation. Das fünfte Kapitel befasst sich mit betrieblicher Sozialpolitik und untersucht, inwieweit diese Maßnahmen die Armut der Arbeiter lindern konnten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Armut, Arbeit, Industrialisierung, Pauperismus, Lohnentwicklung, Lebensbedingungen, Textilindustrie, Daseinsrisiken, soziale Einrichtungen und Betriebliche Sozialpolitik.
- Citation du texte
- Sebastian Knobbe (Auteur), 2003, Soziale und materielle Armut - Arbeit und Armut im 19. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39299