Aktivierende Arbeitsmarktpolitik: Maßnahmen und Evaluierung


Seminar Paper, 2005

41 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. GRUNDLAGEN AKTIVER ARBEITSMARKTPOLITIK
2.1 GESETZLICHE GRUNDLAGEN
2.2 ZIELSETZUNGEN DER AAMP
2.3 MAßNAHMEN UND INSTRUMENTE

3. MAßNAHMEN UND EVALUATION IN DEUTSCHLAND
3.1 THEORIE DER LOHNSUBVENTION
3.2 EVALUATIONSTHEORIE
3.2.1 ERFOLGSKRITERIUM
3.2.2 EFFEKTIVITÄT DER MAßNAHME
3.2.3 ANALYSE DER NETTO-EFFEKTE
3.3 KOMBILOHNMODELLE
3.3.1 MAINZER MODELL
3.3.2 EVALUATION DES MAINZER MODELLS
3.3.3 SAAR-MODELL
3.3.4 EVALUATION DES SAAR-MODELLS
3.3.5 ZUSAMMENFASSUNG

4. SCHLUSSFOLGERUNG UND AUSBLICK

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG A: ARBEITSMARKT UND MAßNAHMEN DER AAMP

ANHANG B: DATENQUELLE MAINZER MODELL

ANHANG C: FÖRDERDICHTE MAINZER MODELL NACH REGIONEN

ANHANG D: DATENQUELLE SGI-MODELL

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit für AAMP

Abbildung 2: Struktur der Arbeitslosigkeit nach Personengruppen

Abbildung 3: Lohn und Beschäftigung auf einem ungestörten Arbeitsmarkt

Abbildung 4: Wirkung von Sozialhilfe auf den Arbeitsmarkt

Abbildung 5: Förderzahlen Mainzer Modell

Abbildung 6: Anteil der geförderten Arbeitslosen am Mainzer Modell

Abbildung 7: Anteil der geförderten Langzeitarbeitslosen am Mainzer Modell

Abbildung 8: Inanspruchnahme des Mainzer Modell nach Förderart

Abbildung 9: Förderdauern bei Mainzer Modell

Abbildung 10: Zuschussdegression Saar-Modell bei Vollbeschäftigung

Abbildung 11: Förderzahlen des SGI-Modell

Abbildung 12: Zielgruppenerreichung im SGI-Modell

Abbildung 13: Förderdauern bei SGI-Modell

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Recently interest in evaluation has been elevated as many economies with modern welfare states have floundered and as the costs of running welfare states have escalated

[Heckman et al. 1999]

Die Bundesrepublik Deutschland sieht sich, wie viele andere westeuropäische Länder, seit Ende der 70er Jahre mit hoher und persistenter Arbeitslosigkeit kon- frontiert. Nach einem konjunkturell bedingten Rückgang der Arbeitslosigkeit Ende der 90er Jahre, verschärfte sich die Situation erneut mit Beginn des Jahres 2002 und man erreicht mit den aktuell veröffentlichten Arbeitslosenzahlen1 ein absolutes Hoch seit Bestehen der BRD. Lag die Arbeitslosenquote 1979 in Westdeutschland noch unter 3%, so stieg sie über die Jahre hinweg und beläuft sie für West- deutschland (Ostdeutschland) derzeit auf 10,4% (20,7%), so dass sich für Ge- samtdeutschland eine erschreckend hohe Arbeitslosenquote von 12,6% ergibt.2 Da vor allem strukturelle Probleme bestimmend für diese Entwicklung sind, ge- winnt neben weitergehenden Bemühungen der Wirtschafts- und Strukturpolitik auch die aktive Arbeitsmarktpolitik (AAMP) als Mittel zur Bekämpfung der Proble- me auf dem herrschenden Arbeitsmarkt an Bedeutung.

Dabei liegt das Augenmerk auf der AAMP und so ist ihre Attraktivität darauf zu- rückzuführen, dass sie zahlreiche unterschiedliche Anreizstrukturen für die (Re)Integration der Beschäftigungslosen in den Arbeitsmarkt bietet. Durch effektives Matching erfüllt sie Effizienz- und Gerechtigkeitsziele gleichermaßen und ist beispielsweise durch Verringerung des Missverhältnisses zwischen Arbeitsanforderung der offenen Stellen und der Leistungsfähigkeit der Arbeitssuchenden in der Lage Arbeitsstellen zu vermitteln. Darüber hinaus trägt sie durch geeignete Maßnahmen dazu bei, die Fähigkeiten der Teilnehmer zu verbessern und ihnen auf diese Weise bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen.

In Anbetracht der Zielsetzung, die sich hinter AAMP verbirgt, ist es daher nicht verwunderlich, dass die Bundesrepublik Deutschland enorm hohe Ausgaben für die Förderung der Maßnahmen der AAMP ausgibt. Jährlich wird in Deutschland rund ein Prozent der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung für aktive Arbeitsmarkt- politik ausgegeben, die im ursprünglichen Sinne eigentlich Investitionen darstellen sollten.3 Neben diesen Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) kommen zu- sätzliche Aufwendungen seitens der Länder, Kommunen und des Europäischen Sozialfonds (ESF) hinzu, die die Finanzierung der Arbeitsförderung unterstützen. Die hohen Ausgaben und die derzeit gespannte Lage der Haushalte führen jedoch nicht selten zur Diskussion über den Erfolg der Maßnahmen der AAMP. Kritik der AAMP und ihrer zentralen Teile und die Forderung nach ihrer Weiterführung bzw. ihrem Ausbau wechseln sich nicht nur in der Tagespresse, sondern auch in den Fachveröffentlichungen ab.4

Die Budgetrestriktionen öffentlicher Haushalte und die Tatsache, dass trotz enormer Aufwendungen, ein hohes Niveau der Arbeitslosigkeit bisher nicht ver- hindert werden konnte, begründen daher die Notwendigkeit, die arbeitsmarktpoliti- schen Maßnahmen im Hinblick auf die festgelegten Zielsetzungen zu evaluieren.

Die vorliegende Arbeit bietet einen Überblick sowie eine bewertende Analyse über ausgewählte Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Dabei bildet der Bereich der Lohnsubvention den Schwerpunkt der Betrachtung, da insbesondere im Niedriglohnsektor latent vorhandenes, aber von den Arbeitgebern nicht angebotenes Arbeitspotential existiert.

Nach einem kurzen Einblick in die gesetzlichen und institutionellen Grundlagen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, erfolgt eine grobe Übersicht traditioneller und im Rahmen der Hartz-Reform neu eingeführter Maßnahmen (Kapitel 2). Der darauf folgende Abschnitt konzentriert sich auf einen speziellen Maßnahmen- typ, der primär darauf ausgerichtet ist, Beschäftigte im Niedriglohnsektor zu för- dern und zu einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit zu bewegen. Nach einer Einführung in die Evaluationstheorie werden zwei Kombilohnmodelle hinsichtlich ihrer Zielerfüllung evaluiert und eine vergleichende Bilanz gezogen (Kapitel 3). Mit dem letzten Kapitel wird die Arbeit nach einer Zusammenfassung und einem Ausblick über die zukünftige Entwicklung der AAMP abgeschlossen (Kapitel 4).

2. Grundlagen aktiver Arbeitsmarktpolitik

Unter Arbeitsmarktpolitik (AMP) subsumiert man allgemein alle Maßnahmen, mit denen ein Staat auf den Beschäftigungsmarkt Einfluss nehmen kann.5 Dabei ist es wichtig eine Abgrenzung zur Beschäftigungspolitik zu treffen. Im Ge- gensatz zur AMP zielt diese auf eine makroökonomische Beeinflussung der Geld- und Gütermärkte ab und wirkt nur indirekt auf den Arbeitsmarkt ein. Im Rahmen der OECD hat sich die Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Arbeitsmarktpolitik etabliert. Unter passive Maßnahmen zählt man solche Politi- ken, die auf eine finanzielle Kompensation der Einkommenseinbußen bei Arbeits- losigkeit abzielen. Primär sind dies Lohnersatzleistungen in Form von Arbeitslo- sengeld, Arbeitslosen- und Sozialhilfe.6 Im Gegensatz dazu, zielen Maßnahmen der a ktiven Arbeitsmarktpolitik darauf ab, eine (Wieder-)Eingliederung von Arbeits- losen in eine reguläre Beschäftigung zu erreichen.

Einen genaueren Einblick in weitere Zielsetzungen, Maßnahmen und gesetzliche Grundlagen der AAMP werden die folgenden Abschnitten bieten.

2.1 Gesetzliche Grundlagen

Die Institutionalisierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik und die Entwicklung eines entsprechenden arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Instrumentariums erfolgte in Deutschland 1969 mit dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG), an dem sich auch die Bundesländer in starkem Maße orientierten. Neben ausgleichenden Interventionen des Staates wurde damit zusätzlich der Rahmen für eine aktive, selektive und problemorientierte Arbeitsmarktpolitik geschaffen, die sich an Wachstumszielen und dem Strukturwandel orientiert.7

Während das AFG, welches noch unter den Bedingungen der Vollbeschäftigung eingeführt wurde, eine Verbesserung der generellen Funktionsweise des Arbeits- marktes vorsah und einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften verhindern sollte (§§ 1, 2 AFG), verfolgt die seit 1997 neu eingeführte Regelung andere Schwer- punkte.8 Die nun geltende rechtliche Grundlage der AAMP bildet das Sozialge- setzbuch III (SGB III), womit eine stärkere Ausrichtung auf besondere Problem- gruppen (Langzeitarbeitslose, Ältere, Behinderte, Geringqualifizierte etc.) angestrebt wird. Durch Beratung, berufliche Aus- und Weiterbildung oder Teilfinanzierung von Arbeitsplätzen, sollen die angesprochenen Gruppen in eine reguläre Beschäftigung integriert und somit Leistungen zur Einkommenssicherung bei Arbeitslosigkeit reduziert werden.

Neben der Veränderung der Förderungsgrundsätze wurden durch das Inkrafttre- ten des SGB III vor allem auch Flexibilitätsspielräume für die AAMP auf der loka- len Ebene möglich: Die lokalen Arbeitsämter können einen Teil der ihnen zuge- wiesenen Mittel für Ermessungsleistungen selbst konzipieren (frei Förderung nach § 10 SGB III), müssen jedoch im Rahmen von Eingliederungsbilanzen über den Mitteleinsatz und die Wirkung der Förderung Rechenschaft ablegen.9

Angesichts der Veränderungen dieser finanziellen und institutionellen Grundlagen der AAMP in Deutschland entsteht für die Arbeitsmarktpolitik nun mehr Flexibilität. Damit kann sie sich gezielter an den regionalen Gegebenheiten ausrichten, als in der Zeit vor Inkrafttreten der SGB III.

2.2 Zielsetzungen der AAMP

Ziele, Instrumente und das institutionelle Regelwerk der aktiven Arbeitsmarktpolitik sind im SBG III (Arbeitsförderung) festgelegt. Die wichtigsten Zielsetzungen der AAMP leiten sich dabei aus § 7 SGB III ab, aus dem sich eine Dreiteilung ergibt:

- Effizienter Einsatz der Instrumente
- Förderung bestimmter Problemgruppen
- Eingliederung von Arbeitslosen in reguläre Beschäftigung

Die erste Zielsetzung Effizienter Einsatz der Instrumente lässt dich unmittelbar aus den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit folgern (§ 7 SGB).10 Arbeitsmarktpolitik ist dann effektiv und effizient, wenn es ihr gelingt, mit möglichst geringem Mitteleinsatz Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder möglichst schnell zu beenden. Dabei sind als zentrale Nebenbedingungen zu beachten, dass die ge- förderten Beschäftigungsverhältnisse nachhaltig sind, ein ausreichendes, wenn möglich höheres Einkommen gewährleisten und die Chancengleichheit fördern.11

Die Zielsetzung Förderung bestimmter Problemgruppen wurde bereits an anderer Stelle angesprochen. Mit diesem Ziel erfolgt eine besondere Ausrichtung auf benachteiligte Zielgruppen, die den Nachteil eines erschwerten Einstiegs in ein Beschäftigungsverhältnis aufweisen. Insbesondere Langzeitarbeitslosen, Behinderten, Älteren und Geringqualifizierten soll mit dieser Festlegung geholfen werden (§11 Abs. 2 SG III).12 Dabei wird Wert darauf gelegt, die Eigenverantwortlichkeit von Arbeitnehmern in den Vordergrund zu stellen, so dass sich für den Staat lediglich eine subsidiäre Rolle bei der Arbeitsförderung ergibt.

Das letzte Ziel der Eingliederung von Arbeitslosen in reguläre Beschäftigung verfolgt die Aufgabe einer schnellen Besetzung offener Stellen (erster Arbeits- markt), so dass Arbeitslosigkeit möglichst vermieden oder verkürzt wird. Dabei soll die Beschäftigungsfähigkeit des Einzelnen durch Erhalt und Ausbau von Kenntnis- sen und Fähigkeiten beachtet und gefördert werden (Fordern und Fördern13 ). In diesem Zusammenhang ist die Zumutbarkeitsregel zu erwähnen, die mit der Einführung des SGB III verschärft wurde. Mit dieser Regelung können Arbeitslose zur Annahme niedrig entlohnter Arbeitsplätze gezwungen werden. Welcher Ar- beitsplatz dabei zumutbar ist, wird derzeit mit § 121, 3 SGB III geregelt.

2.3 Maßnahmen und Instrumente

Mit den vorangegangenen Kapiteln der Zielsetzungen und der gesetzlichen Grundlagen der AAMP wurden die grundlegenden Elemente erläutert. Dieser Abschnitt des Seminars betrachtet ausgewählte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und grenzt diese in verschiedene Gruppen ab.

Es sei vorangestellt, dass neben den hier vorgestellten Maßnahmen eine Vielzahl anderer Instrumente der AAMP existiert. Repräsentativ werden jedoch nur die wichtigsten Maßnahmen aus den jeweiligen Gruppierungen beschrieben, sodass hier kein Anspruch auf Vollständigkeit besteht.

Schwerpunkt der Betrachtung bildet die Gruppe der Subventionsmodelle, da Maßnahmen dieses Bereichs eine Vielzahl von Teilnehmern umfassen und hierfür jährlich enorm hohe finanzielle Mittel seitens der Bundesagentur für Arbeit und des Europäischen Sozialfonds bereitgestellt werden (vgl. Abb. 1).

Die aktive Arbeitsmarktpolitik in Deutschland bedient sich einer Vielzahl von Instrumenten, die sich in drei Komplexe einteilen lassen:

Der erste Komplex umfasst die Förderung beruflicher Maßnahmen (FbW) und bildet aufgrund der enormen Ausgaben den wichtigsten Bereich der AAMP.14 Die Förderung beruflicher Maßnahmen ist mit Inkrafttreten des SGB III an die Stel- le des Begriffs Förderung und Umschulung getreten15 und unterscheidet seither nicht mehr zwischen Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen. Als Ziele der FbW nennt der § 77 SGB III die Eingliederung von Arbeitslosen und das Abwenden von drohender Arbeitslosigkeit bei beschäftigten Arbeitnehmern. Erreicht werden sollen diese durch die Förderung und Weiterbildung beruflicher Kenntnisse (§ 87 SGB III).16

Maßnahmen im Sinne der FbW umfassen primär die Anpassung der Qualifikation an neue Techniken innerhalb eines erlernten Berufs und die Förderung einer Umschulungsmaßnahme, wenn die Ausübung des erlernten Berufs aus gesundheitlichen oder arbeitsmarktpolitischen Gründen nicht mehr möglich ist.17 Dabei besteht die Förderung aus der Übernahme von Weiterbildungskosten18 und der Gewährleistung von Unterhaltsgeld zur Bestreitung des Lebensunterhaltes. Letzteres wird unter bestimmten Voraussetzungen (§§ 153 ff. SGB III) in Höhe von 60% (67% bei mindestens einem Kind) des letzten Nettoentgeltes gezahlt und entspricht damit ungefähr der Höhe des Arbeitslosengeldes.19

Zum Jahresbeginn 2003 wurde mit der Umsetzung der Hartz-Gesetze eine neue Geschäftspolitik eingeführt, die die Grundlage für die heutige Form der FbW bildet. Die wesentlichen Änderungen betreffen zum einen die Einführung des Bildungs- gutscheins, der die Förderung einer FbW bescheinigt.20 Den Bildungssuchenden obliegt es damit selbst, einen geeigneten Bildungsdienstleister auszuwählen, bei dem sie den Gutschein einlösen können. Zum anderen wurden die Fördervoraus- setzungen verschärft, sodass nur noch Maßnamen mit einer arbeitsamtlich prog- nostizierten Verbleibsquote von 70% der Teilnehmer gewährt werden.

Die zweite Säule bildet die subventionierte Beschäftigung, unter der sich eine Vielzahl von Maßnahmen subsumieren lassen, von denen hier zwei aufgeführt werden. Diese meist gesellschaftlich nützliche Arbeiten folgenden dem Prinzip der Additionalität, d.h. sie würden ohne Subventionen nicht ausgeführt werden.21

- Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM):

ABM (§§ 260-271 SGB IlI) stellen hinsichtlich der Anzahl geförderter Personen sowie der Höhe fiskalischer Kosten das umfangreichste Instrument der sub- ventionierten Beschäftigung dar.22 Danach werden solche Maßnahmen geför- dert, die geeignet sind, die Eingliederungsaussichten der Teilnehmer in regulä- re Verhältnisse zu verbessern. Demnach sollten die ABM-Teilnehmer eine bessere Chance haben, sich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, als ver- gleichbare Arbeitslose, die nicht in den Genuss dieser Förderung kommen.

Im Wesentlichen handelt es sich um Lohnsubventionen an Wirtschaftsunter- nehmen, wenn diese förderungswürdige Arbeitnehmer (insbesondere Lang- zeitarbeitslose) beschäftigen.23 Dabei müssen ABM im öffentlichen Interesse liegen und zusätzlich sein (§ 261 SGB III), d.h. sie würden ohne die Förderung nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden. Diese Rege- lung soll verhindern, dass es zu einer Veränderung regulärer Beschäftigung in privatwirtschaftlichen oder öffentlich-rechtlichen Unternehmen kommt.

Die Zuschüsse liegen im Allgemeinen zwischen 30 und 75 Prozent bezogen auf 80% des tariflichen Arbeitsentgelts für entsprechende ungeförderte Arbeit. Gesetzlich ist demnach grundsätzlich eine Förderung einzelner Erwerbspersonen vorgesehen (Individualprinzip) und nicht eine Förderung von Maßnahmenträgern, obwohl die Mittel an letztere ausgezahlt werden.24

- Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM):

SAM waren vorher unter dem Programm Produktive Arbeitsförderung bekannt, das im Jahre 1993 in den neuen Bundesländern eingeführt wurde und Projekte in den Bereichen der Umweltsanierung, der sozialen Dienste sowie der Ju- gendhilfe fördern sollte (§ 279h AFG). Mit der Einführung der SAM wurde der Aufgabenbereich erweitert, so dass unter diese Maßnahme nun alle Arbeiten zur Verbesserung der Infrastruktur subsumiert werden (§ 273 SGB III).

Ähnlich wie die ABM verfolgen auch die SAM vermehrt in Ostdeutschland explizit strukturpolitische Zielsetzungen, die beispielsweise die Schaffung neuer Arbeitsplätze, eine Arbeitsmarktentlastung sowie eine Verbesserung der Infrastruktur umfassen.25

Allgemein können Arbeitslose und Personen gefördert werden, die von der Ar- beitslosigkeit bedroht sind und die Voraussetzungen für den Anspruch einer Entgeltersatzleistung erfüllen. Teilnahmeberechtigt sind aber auch Personen die vorher an einer der arbeitsmarktpolitischen Maßnahme FbW oder ABM ge- bunden waren (§ 274 SGB III). Für die Förderdauer von drei Jahren26 wird da- bei ein Pauschalbetrag (max. 1075 €) gewährt, der sich aus der Höhe des durchschnittlichen monatlichen Aufwands im Bundesgebiet für die Zahlung der Entgeltersatzleistung ergibt. Dabei darf die 80%-Grenze des Arbeitsentgeltes einer vergleichbaren ungeförderten Tätigkeit, nicht überschritten werden.

Mit der Einführung der Agenda 2010 und den Gesetzen Hartz III / IV existieren die Fördermaßnahmen ABM und SAM in ihrer traditionellen Art nicht mehr. Stattdessen wurden die Elemente beider Instrumente mit Beginn des Jahres 2004 zusammengelegt und werden fortan nur noch unter einer Maßnahme, der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, weitergeführt.

Mit der Neuregelung von ABM Anfang 2004 geht es nicht mehr vorrangig um die direkte Eingliederung in den Arbeitsmarkt, sondern um den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit. Die begrenzten finanziellen Mittel der Bundesagentur für Arbeit werden dabei so eingesetzt, dass möglichst vielen Menschen durch ABM die Teilhabe am Arbeitsleben ermöglicht wird. Seit 2004 zahlen Beschäftigte einer ABM keine Beiträge mehr zur Arbeitslosenversicherung, so dass seither auch kein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entstehen kann.

Zur dritten Säule arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen zählen die Mobilitätshilfen. Dazu gehören Subventionen an den Arbeitnehmer zur Förderung der Mobilität zwecks Aufnahme einer regulären Beschäftigung.27 Derartige Förderungen kön- nen in Form von Überbrückungsgeldern gewährt werden, um entstehende Umkos- ten zur Aufnahme der neuen Beschäftigung abzudecken (§ 53 ff. SGB III).

Zusammenfassend zeigt die nachstehende Abbildung für den Zeitraum 1997 bis 2001 nochmals die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) für die jeweiligen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in Ost- und Westdeutschland:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit für AAMP

Neben diesen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wurden mit der Einführung des Job-AQTIV-Gesetzes zum Jahresbeginn 2002 neue Instrumente der AAMP ein- geführt. Hierzu zählen beispielsweise Maßnahmen wie der Vermittlungsgut- schein, der Existenzgründungszuschuss (Ich-AG) für arbeitslose Existenzgrün- der sowie die Gleitzone (Midi-Jobs), die mit der Umsetzung der Gesetze für mo- derne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz-Gesetze) eingeführt wurden.28

Da zu diesen Instrumenten noch keine endgültigen Evaluationen vorliegen, wer- den sie aus der weiteren Betrachtung dieser Arbeit ausgeschlossen. Für Interes- senten an der Ausgestaltung dieser Maßnahmen und der Beschreibung erster Zwischenergebnisse sei auf die Hartz-Evaluation von Dr. Kaltenborn verwiesen.29

3. Maßnahmen und Evaluation in Deutschland

Im vorangegangenen Abschnitt wurden essentielle Grundlagen sowie ein grober Überblick über durchgeführte Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik vorgestellt. Dieser Abschnitt behandelt ausgewählte Instrumente aus dem Bereich der Lohnsubvention, die darauf ausgerichtet sind, eine bestimmte Zielgruppe von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Sie konzentrieren sich primär auf Arbeitslose mit geringem Verdienstpotenzial, die tendenziell unter den gering qualifizierten Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen vermutet werden. Dieser Personenkreis umfasst im Westen rund zwei Drittel und im Osten etwa die Hälfte aller offiziell registrierten Menschen ohne Job (Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Struktur der Arbeitslosigkeit nach Personengruppen

In den folgenden Abschnitten sollen mögliche Gründe für die vorliegende Situation (Anspruchslohn, Lohnabstandsgebot etc.) identifiziert sowie mögliche Lösungsansätze in Form von Kombilohnmodellen vorgestellt werden.

Kombilohn-Modelle sind staatliche Transfers für Beschäftigte, die an die Aufnah- me oder Ausübung einer bestimmten Tätigkeit gekoppelt sind. Sie sollen motivie- ren, insbesondere im Niedriglohnbereich bislang frei gebliebene bzw. latent vor- handene, jedoch von Arbeitgebern nicht angebotene Stellen zu besetzen.30

[...]


1 Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes beläuft sich die Arbeitslosenzahl im Februar 2005 bei 5,2164 Millionen (www.destatis.de, 17.03.2005).

2 Vgl. Angaben des Statistischen Bundesamtes für Februar 2005 (www.destatis.de, 17.03.2005).

3 Vgl. Konle-Seidl, R., Forschungsbericht, 2005, S.3.

4 Vgl. Blaschke, D./ Plath, H., Beitrag, 2000, S. 463.

5 Vgl. Nohl, A., Enzyklopädie, 2004.

6 Mit der Einführung von Hartz IV am 1.01.2005 wurden die Transferleistungen der Arbeitslosenund Sozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II zusammengeführt.

7 Vgl. Keller, B., Literatur, 1997, S. 347.

8 Vgl. Hujer, R./ Bellmann, L./ Brinkmann, C., Beitrag, 2000, S. 341.

9 Vgl. Franz, W., Literatur, 2002, S. 421.

10 Vgl. Fitzenberger, B./ Hujer, R., Discussion Paper, 2001, S.1 ff.

11 Vgl. Fels, G./ Heinze, R./ Pfarr, H., Thesen, 2000, S. 6 ff.

12 Vgl. Franz, W., Literatur, 2002, S. 421.

13 Das Fordern und Fördern ist ein essentieller Grundsatz des im Jahre 2002 eingeführten Job- AQTIV-Gesetzes. Dieses Gesetz ist eine Novellierung mit der eine Neuausrichtung der aktiven Arbeitsmarktpolitik festgelegt wurde.

14 Vgl. Hujer, R./ Bellmann, L./ Brinkmann, C., Beitrag, 2000, S.341.

15 Fordbildung und Umschulung gemäß AFG im Zeitraum von 1969 bis 1997, danach Förderung beruflicher Maßnahmen gemäß SGB III.

16 Vgl. Hagen, T./ Steiner, V., Wirtschaftsanalyse, 2000, S. 119.

17 Vgl. Fitzenberger, B./ Hujer, R., Discussion Paper, 2001, S.11.

18 Lehrgangs-, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten gemäß § 81 SGB III.

19 Vgl. Franz, W., Literatur, 2002, S. 422.

20 Vgl. Schuldt, K./ Troost, A., Forschungsbericht, 2004, S. 15.

21 Vgl. Fitzenberger, B./ Speckesser, S., Beitrag, 2000, S. 4.

22 Vgl. Hagen, T./ Steiner, V., Wirtschaftsanalyse, 2000, S. 125.

23 Vgl. Franz, W., Literatur, 2002, S.422.

24 Vgl. Hagen, T./ Steiner, V., Wirtschaftsanalyse, 2000, S. 125 ff.

25 Vgl. Text: Ö ffentlich Geförderte Stellen durch das Arbeitsamt (ABM und SAM) auf der Homepage www.instrumentsandeffects.de (10.3.2003).

26 Kann auf vier Jahre verlängert werden, wenn sich dadurch ein anschließendes Dauerarbeitsver- hältnis ergibt/ bei Personen über 55 Jahren ist eine Förderung bis zu fünf Jahren möglich.

27 Vgl. Franz, W., Literatur, 2002, S. 423.

28 Vgl. Überblick im Anhang A.

29 Vgl. Kaltenborn, B./ Knerr, P./ Kurth-Laatsch, S., Beitrag 2004.

30 Vgl. Kaltenborn, B./ Pilz, L., Aufsatz, 2000, S. 155.

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Details

Title
Aktivierende Arbeitsmarktpolitik: Maßnahmen und Evaluierung
College
University of Kaiserslautern
Course
Arbeitsmarktpolitik
Grade
1,3
Author
Year
2005
Pages
41
Catalog Number
V39451
ISBN (eBook)
9783638382120
File size
1549 KB
Language
German
Keywords
Aktivierende, Arbeitsmarktpolitik, Maßnahmen, Evaluierung, Arbeitsmarktpolitik
Quote paper
Diplom-Wirtschaftsingenieur Georg Schumacher (Author), 2005, Aktivierende Arbeitsmarktpolitik: Maßnahmen und Evaluierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39451

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