Die allgemeine Institutionalisierung und Professionalisierung der Sozialpädagogik in den 1990er Jahren blieb nicht ohne erkennbare Auswirkungen auf die öffentliche Meinung hinsichtlich der Qualifikationen des pädagogischen Personals.
Handlungskompetenzen und Schlüsselqualifikationen von pädagogisch tätigen Menschen sind in dieser Zeit vor allem im Rahmen der Professionalisierungsdebatte thematisiert worden, die bisher keineswegs als abgeschlossen gelten kann. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Begriff der Professionalität erfolgte mit unterschiedlichsten Intentionen und Herangehensweisen: Einerseits befanden sich die fachlichen Kompetenzen, ihre Vermittlung und somit die Bildung, Ausbildung und Laufbahnen des Personals im Fokus quantitativer Forschung. Die unterschiedlichen Qualifikationsstrukturen des Lehrpersonals wurden unter anderem hinsichtlich der Zugangsqualifikationen untersucht. Darunter wurde primär der Abschluss der Ausbildung verstanden. Eine weitere Differenzierung der Qualifikationen wurde bezüglich der Studiengänge, der studierten Fächer und der abgeschlossenen Berufsausbildungen getroffen. Von anderer Seite her wurden eher qualitativ Handlungskompetenzen untersucht, die nicht allein Folge einer schulischen Ausbildung sein können. Letztlich stand auch die normative Orientierung der Handelnden im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses.
Ethische Erwägungen, theoretisches Fachwissen und praktische Handlungsfähigkeit sind in helfenden Berufen eng miteinander verknüpft. Fachlichkeit - konkreter die Versachlichung und Verberuflichung - und die ethische Orientierung können sich gegenseitig in ungünstiger Weise beeinflussen.
Ziel des vorliegenden Buches ist es, moralphilosophische Ansätze aufzuzeigen, die geeignet sind, die ethische Orientierung ebenso angemessen zu berücksichtigen, wie die in der Ausbildung zum Sozialpädagogen vermittelten Fach- und Methodenkenntnisse. Aber auch die Alltagstauglichkeit in der sozialpädagogischen Praxis stellt ein wesentliches Kriterium dar.
Besonders möchte ich die Ansätze der Diskursethik und der advokatorischen Ethik eingehender betrachten, wobei ich explizit auf ihre Gemeinsamkeiten und Widersprüchlichkeiten eingehe. Beide Theorien befassen sich ursprünglicher als die Pädagogik mit den Themen der normativen Sittlichkeit und der Ethik.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Definitionen und Begrifflichkeiten
- In Pädagogik und Psychologie begründete Handlungskompetenzen des Sozialpädagogen
- Reflexivität
- Reflexivität als Bestandteil der Selbstreferenz
- Selbstreferenz vs. Objektivität
- Die Beobachtung des Beobachters beim Beobachten
- Kommunikative Kompetenz
- Humanistisch begründete Kompetenzen
- Authentizität
- Empathie
- Wertschätzung
- Kritik- und Konfliktfähigkeit
- Mitleid
- Der Mitleidsbegriff bei Thiersch
- Der Mitleidsbegriff bei Nietzsche
- Resümee
- Reflexivität
- Die ethische Grundhaltung - eine Vermittlungsmöglichkeit von sozialpädagogischer Handlungskompetenz?
- Das Problem der Operationalisierbarkeit
- Operationalisierung von Handlungskompetenzen
- Operationalisierung von Grundhaltungen
- Voraussetzungen und Ziele des sozialpädagogischen Handelns
- Ethik als Bestandteil sozialpädagogischer Professionalität
- Zentrale Ziele der modernen Sozialpädagogik
- Zur Relevanz einer ethischen Kasuistik der Sozialpädagogik
- Die Diskursethik
- Ansätze und Ziele der Diskursethik
- Grenzen der Diskursethik in der Sozialpädagogik
- Das Advokatorische der Diskursethik
- Kritik an der Diskursethik
- Der virtuelle Diskursteilnehmer
- Resümee
- Die advokatorische Ethik
- Ansätze und Ziele der advokatorischen Ethik
- Grenzen der advokatorischen Ethik in der Sozialpädagogik
- Kritik an der advokatorischen Ethik
- Resümee
- Das Problem der Operationalisierbarkeit
- Kritische Analyse der Moralphilosophien hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit in der Sozialpädagogik
- Allgemeine Anwendbarkeit von Ethiken in der Sozialpädagogik
- Sozialpädagogische Ethik und Handlungskompetenz
- Resümee
- Die juristische Perspektive
- Einordnung der analysierten Moralphilosophien in einen sozialpädagogisch-praktischen Begründungszusammenhang
- Das Grundgesetz
- Das Kinder- und Jugendhilfegesetz
- Andere relevante Gesetze
- Die Jugendhilfe
- Die Familienpädagogik
- Resümee
- Einordnung der analysierten Moralphilosophien in einen sozialpädagogisch-praktischen Begründungszusammenhang
- Fazit
- Konklusion - von der Ethik zur Handlungsvoraussetzung
- Grenzen der Verwertbarkeit der Erkenntnisse in der Sozialpädagogik
- Zusammenfassung
- Tendenzen, Ausblick und weitergehende Fragestellungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die Eignung von verschiedenen ethischen Konzepten zur Begründung von Handlungskompetenzen in der Sozialpädagogik. Ziel ist es, die Relevanz ethischer Reflexionen für die professionelle Praxis in sozialpädagogischen Arbeitsfeldern zu beleuchten und die Anwendbarkeit verschiedener Moralphilosophien zu untersuchen.
- Handlungskompetenz in der Sozialpädagogik
- Ethische Grundhaltungen und ihre Rolle in der professionellen Praxis
- Anwendbarkeit von verschiedenen ethischen Konzepten (z.B. Diskursethik, advokatorische Ethik)
- Die juristische Perspektive und ihre Bedeutung für die sozialpädagogische Praxis
- Grenzen und Möglichkeiten der ethischen Begründung von Handlungskompetenzen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die zunehmende Bedeutung von Handlungskompetenzen im sozialpädagogischen Bereich und die aktuelle Diskussion um Professionalisierung. Die Kapitel 2 und 3 definieren wichtige Begrifflichkeiten und beschreiben verschiedene Handlungskompetenzen, die in der Pädagogik und Psychologie verankert sind. Kapitel 4 untersucht die Rolle ethischer Grundhaltungen als Vermittlungsmöglichkeit von Handlungskompetenz und analysiert dabei die Diskursethik und die advokatorische Ethik. Kapitel 5 widmet sich einer kritischen Analyse der Anwendbarkeit von Moralphilosophien in der Sozialpädagogik. Schließlich beleuchtet Kapitel 6 die juristische Perspektive und ihre Bedeutung für die sozialpädagogische Praxis.
Schlüsselwörter
Sozialpädagogik, Handlungskompetenz, Ethik, Diskursethik, advokatorische Ethik, Professionalität, Mitleid, Reflexivität, Juristische Perspektive, Grundgesetz, Kinder- und Jugendhilfegesetz
- Quote paper
- Dr. Alexander Nolle (Author), 1998, Die Eignung von Ethiken als Begründung für das kompetente Handeln in sozialpädagogischen Arbeitsfeldern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39606