Carl Schmitt in der Kritik


Dossier / Travail, 2005

15 Pages, Note: 2,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Theorien von Carl Schmitt
1.1 Der Begriff des Politischen
1.2 Die Liberalismuskritik
1.3 Die Parlamentarismuskritik

2. Die Theorien von Hermann Heller
2.1 Das Politische bei Hermann Heller

3. Ein Vergleich zwischen Hermann Heller und Carl Schmitt

4. Die Bedeutung der sozialen Homogenität für eine Demokratie in der aktuellen Perspektive

5. Literaturliste

Einleitung

Carl Schmitt und Hermann Heller. Zwei politische Denker deren prägnanteste Werke in der Zeit der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts entstanden. Beide waren Zeitzeugen des Ersten Weltkrieges und haben die krisen- und ereignisgeladenen Jahre der Weimarer Republik, als einer „ Volksherrschaft“ ohne eine wirklich demokratisierte Bevölkerung, miterlebt.

Und doch könnten ihre politischen Ansichten und Meinungen über den Staat und seine Aufgaben, sowie das Volk und die richtige Gesellschaftsform nicht weiter auseinander liegen.

Auf der einen Seite ein überzeugter Demokrat, der sich zwar der Fehler des Systems bewusst ist, aber sich dennoch zu der ihm zugrunde liegenden Ideen bekennt – selbst zu dem Risiko verletzt oder gar getötet zu werden - und auf der anderen ein höchst eloquenter Gegner von Parlamentarismus und liberal-pluralistisch geprägter Demokratien, welche dieser auf das Schärfste angreift und kritisiert.

Diese Arbeit wird sich im ersten Teil mit den staatstheoretischen Überlegungen von Carl Schmitt auseinandersetzen, gefolgt von einer kurzen Darstellung der Thesen Hermann Hellers im zweiten Teil. Der dritte Teil wird einen Vergleich der beiden verschiedenen Theorien zum Inhalt haben.

Abgerundet wird diese Arbeit durch eine, an exemplarischen Argumenten durchgeführte, Diskussion zur Bedeutung der sozialen Homogenität für eine Demokratie in der aktuellen Perspektive.

1. Die Theorien von Carl Schmitt

1.1 Der Begriff des Politischen

Carl Schmitt entwickelte seine Konzeption vom „Begriff des Politischen“ bereits 1925/26 und präsentierte sie zum ersten Mal im Jahre 1927.

Alles menschliche Handeln lässt sich in, durch gegensätzlich Begriffe begrenzte, Kategorien einteilen. So lauten diese im Ökonomischen z.B. „Nützlich“ und „Schädlich“, im Moralischen heißen „die letzten Unterscheidungen Gut und Böse“ und im Ästhetischen „ Schön und Häßlich“[1]. Laut Schmitt lässt sich solch eine Unterscheidung auch für den Bereich des Politischen treffen. So ist alles Politische letztendlich geprägt durch die Differenzierung zwischen „Freund und Feind“[2]. Beyme erwähnt in diesem Zusammenhang, dass das diese scharfe Trennung in einem tieferen, auch theologisch begründeten, Bedürfnis Schmitts nach etwas Totalem in der „orientierungslosen Politik“[3] seiner Zeit begründet lag. Ausführlich geht Schmitt auf den Begriff des Feindes ein. So ist er der „ andere, der Fremde“[4], aber nicht etwa im Sinne eines „inimicus“ – des persönlichen Feindes – sondern der öffentliche, der politische, Feind („hostis“)[5], der sich in Form einer „wenigstens eventuell, d.h. der realen Möglichkeit nach kämpfende Gesamtheit von Menschen“[6] präsentiert, die einer anderen Gemeinschaft gegenübersteht. Unterscheidungsbegriffe anderer Kategorien wie gut/böse, nützlich/hässlich oder schön/hässlich sind auf den Feind nicht zwingend anwendbar, auch wenn ökonomische, moralische oder andersgeartete Verschiedenheiten und Unterschiede durchaus zu Freund/Feingruppierungen innerhalb der Gesellschaft führen können, so die Kontraste zu stark werden. Die Begriffe von „Freund und Feind sind in ihrem konkreten, existenziellen Sinn zu nehmen, nicht als Metaphern oder Symbole, nicht vermischt und abgeschwächt durch ökonomische, moralische und andere Vorstellungen, […]. Sie sind keine normativen und keine »rein geistigen« Gegensätze“[7]. Die souveräne, Entscheidung darüber, wer als Feind angesehen wird, sieht Schmitt bei jener Institution liegen, welche als Produkt der Feinderkennung von Seiten einer dazu fähigen „organisierten politischen Einheit“[8] hervorgegangen ist: der Staat. Bereits in seinem ersten Satz bemerkt Schmitt, dass der „ Begriff des Staates“ den des „Politischen“ – also die Vorstellung von Freund und Feind – voraussetzt[9]. Wie Pannier richtig feststellt, lässt sich aus Schmitts Texten zwar eine sehr detaillierte Vorstellung vom Feindbegriff ableiten, was aber der Freund sein soll, „ kann nur e negativo erschlossen werden“ und wird von Pannier als Individuen und Gruppen, nicht aber Staaten, Imperien oder Völkerschaften, identifiziert.[10]

Die Definition von Feind als potentiell zur Gewalt bereiten Gruppe von Menschen und Feindschaft als „seinsmäßige Negierung eines anderen Seins“[11], bedingt ein weiteres Phänomen welches zwischen gesellschaftlichen Gemeinschaften auftreten kann: der offen ausgetragene Konflikt in Form von Krieg. Schmitt bezeichnet ihn als den „Ernstfall“[12] – ein Ausnahmefall auf den sich vorzubereiten die Grundlage jeglichen staatlichen Handelns bildet.

Die Entscheidung wann und gegen wen Krieg zu führen ist, obliegt nämlich ebenfalls dem Staat, als „wesentliche politische Einheit“. Er allein verfügt über das „ jus belli“ [13] das Recht zur Wahrung seiner Unabhängigkeit, wobei er selber bestimmt was seine Unabhängigkeit ist und inwiefern sie durch den Feind bedroht wird, Krieg zu führen, welches zweierlei beinhaltet: „von Angehörigen des eigenen Volkes Todesbereitschaft und Tötungsbereitschaft zu verlangen, und auf der Feindesseite stehende Menschen zu töten“[14]. Andere Faktoren wie die Chancen auf Sieg im, oder das technische Niveau des, Krieges sind irrelevant solange die politische Einheit bereit ist für seine Unabhängigkeit zu kämpfen.

Schmitt macht dabei sehr deutlich, dass Krieg nur dann gerechtfertigt ist, wenn er der Erhaltung der eignen Existenz dient. „Kein Programm, kein Ideal, keine Norm und keine Zweckhaftigkeit verleiht ein Verfügungsrecht über das physische Leben anderer Menschen“[15].

Die Ermächtigung des Staates beschränkt sich aber nicht nur auf die Determinierung des Feindes außerhalb der Gemeinschaft. Da Schmitt den Staat außerdem in der Pflicht sieht, innerhalb „seines Territoriums eine vollständige Befriedung herbeizuführen, »Ruhe, Sicherheit und Ordnung« herzustellen und dadurch die normale Situation zu schaffen, welche die Voraussetzung dafür ist, daß Rechtsnormen überhaupt gelten können […]“[16] bedeutet dies in kritischen Situation, dass der Staat auch Gruppen von Menschen im Staat selber als Feinde deklarieren und bekämpfen kann, so innerstaatliche Differenzen dazu führen, dass der äußere Feind an Bedeutung verliert und die Spannungen im Inneren die reale Gefahr eines Bürgerkrieges wahrscheinlicher machen. Dieser muss verhindert werden, da in einer solchen Situation keine Rechtsnorm mehr Gültigkeit besitzt und der Staat an sich sowie die Souveränität seiner Entscheidungen in Frage gestellt wird. Ein derartiger Zustand würde der Ordnungsfunktion des Staates zuwiderlaufen und die politische Homogenität der Gemeinschaft, eine Voraussetzung für die Bekämpfung des außerstaatlichen Feindes, gefährden und muss deshalb verhindert werden.

Nach diesen Ausführungen lässt sich also eine weiter Dimension des Politischen – neben der Bestimmung von Freund und Feind – ableiten: Das Politische resultiert nicht nur aus der Annahme von Freund und Feind, es umfasst auch ausdrücklich die Möglichkeit Gegensätze mit Hilfe von Krieg auszutragen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass kein Staat, als Ausübungsorgan des Politischen, ohne Feinde und ohne die Möglichkeit einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit ihnen, existieren kann.

Nur wenn man diesen, Schmitts Begriff des Politischen, als sich durch diesen Doppelcharakter auszeichnendes Produkt zwischenmenschlicher Beziehungen und Xenophobien begreift, wird auch seine höchst kontroverse Behauptung, dass alle politischen „Begriffe, Vorstellungen und Worte einen polemischen Sinn haben verständlich, denn zur Erklärung führt er weiter aus: „sie haben eine konkrete Gegensätzlichkeit im Auge, sind an eine konkrete Situation gebunden, deren letzte Konsequenz eine (in Krieg oder Revolution sich äußernde) Freund-Feindgruppierung ist, und werden zu leeren und gespenstischen Abstraktionen, wenn diese Situation entfällt“[17]. „Eine Welt, in der die Möglichkeit eines solchen Kampfes restlos beseitigt und verschwunden ist, ein endgültig pazifizierter Erdball, wäre eine Welt ohne die Unterscheidung von Freund und Feind und infolgedessen eine Welt ohne Politik“[18].

[...]


[1] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.26

[2] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.26

[3] Beyme, Von, Klaus, 1991: Der Kampf um den Primat der Politik in der Gesellschaft: Carl Schmitt. In: Theorie der Politik im 20. Jahrhundert – Von der Moderne zur Postmoderne. Suhrkamp Verlag. Frankfurt am Main 1991, S.97

[4] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.27

[5] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.29

[6] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.29

[7] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.28

[8] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.30

[9] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.20

[10] Pannier, Jörg,1994/1996: Das Vexierbild des Politischen: Dolf Sternberger als politischer Aristoteliker. Akadamie Verlag GmbH, Berlin 1996, S.86

[11] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.33

[12] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.35

[13] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.45

[14] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.46

[15] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.49

[16] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.46

[17] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.31

[18] Schmitt, Carl,1932:Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrollarien. Duncker & Humblot, Berlin 1963, S.35

Fin de l'extrait de 15 pages

Résumé des informations

Titre
Carl Schmitt in der Kritik
Université
Dresden Technical University
Note
2,7
Auteur
Année
2005
Pages
15
N° de catalogue
V40010
ISBN (ebook)
9783638386395
ISBN (Livre)
9783638917988
Taille d'un fichier
463 KB
Langue
allemand
Annotations
Diese Arbeit wird sich im ersten Teil mit den staatstheoretischen Überlegungen von Carl Schmitt auseinandersetzen, gefolgt von einer kurzen Darstellung der Thesen Hermann Hellers im zweiten Teil. Der dritte Teil wird einen Vergleich der beiden verschiedenen Theorien zum Inhalt haben. Abgerundet wird diese Arbeit durch eine, an exemplarischen Argumenten durchgeführte, Diskussion zur Bedeutung der sozialen Homogenität für eine Demokratie in der aktuellen Perspektive.
Mots clés
Carl, Schmitt, Kritik
Citation du texte
Michael Moschke (Auteur), 2005, Carl Schmitt in der Kritik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40010

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