„Alle diese Menschen, die Ihnen hier begegnen, existieren ja in Wirklichkeit gar nicht mehr. Das sind ja alles nur mehr Schatten. Niemand, der sich in diesen Salons bewegt, gehört zu der wirklichen Welt, in der die geistigen Krisen des Jahrhunderts sich entscheiden“ (II.2, 75, 19- 23).1 So lautet das vernichtende Urteil des Baron Theophil Neuhoff über die alte Wiener Gesellschaft in Hugo von Hofmannthals Lustspiel „Der Schwierige“. Die Figur des Neuhoff selbst legt zusammen mit anderen Vertretern der neueren Zeit ausreichend Zeugnis darüber ab, welchen Werten die neue Gesellschaft folgt. Diese Arbeit geht von der These aus, dass in Hofmannsthals Komödie insgesamt drei Gesellschaftstypen vorgestellt werden: Die sogenannte alte und neue Welt werden als unbrauchbar verworfen, doch die dritte Form wird am Ende als neue Ordnung eingesetzt.
In der Literaturwissenschaft wurden bereits verschiedene Kontroversen um Hofmanntsthals Drama geführt: Handelt es sich um ein Zeitstück oder eine zeitentrückte Komödie? Spielt es noch während oder nach Ende des Zweiten Weltkrieges? Ist die Konversation positiv oder negativ gezeichnet? Die meisten Interpreten konnten feststellen, dass in dieser Komödie „... die alte Welt einer neuen Welt gegenübergestellt wird“2. Sie betonten zuweilen auch das Neue an der Verbindung von Hans Karl Bühl und Helene Altenwyl. Doch fehlt es an einer Analyse der Stärken und Defizite der alten und der neuen Welt, die ihre Untauglichkeit ausmachen. Ebenso muss im Kontrast dazu die Andersartigkeit der neu eingesetzten Ordnung begründet werden. Im Rahmen dieser Arbeit sollen die drei Gesellschaftstypen auf der Basis von Einzelanalysen der ihnen zugerechneten Personen charakterisiert werden. Die Einzelanalysen stützen sich dabei auf Äußerungen der jeweiligen Figur selbst sowie auf Aussagen anderer Personen über diese. Hierbei sollen gegenüber der Gesellschaft konforme wie abweichende Handlungen identifiziert werden. In der Summe, so die Zielstellung, soll sich ein Portrait der jeweiligen Gesellschaft ergeben. Damit wird auch geklärt werden, warum die Komödie am Ende ein drittes Wertesystem bestätigt. Aus dieser Zielsetzung ergibt sich folgende Gliederung:
Im nachfolgenden Abschnitt wird die Handlung des Lustspiels zusammengefasst und die Komödiendefinition auf das entworfene Schema der in Konflikt stehenden Gesellschaftstypen angewendet Das dritte Kapitel beginnt mit den Einzelanalysen exemplarischer Figuren der alten Wiener Gesellschaft. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hofmannsthals „Gesellschaftskomödie“
- Die Handlung als Gegenspiel zweier Welten
- Das Ziel der Komödie
- Die alte Gesellschaft
- Poldo Altenwyl
- Crescence
- Stani
- Hechingen
- Antoinette
- Edine
- Der Untergang der alten Gesellschaft
- Die neue Gesellschaft
- Baron Theophil Neuhoff
- Sekretär Neugebauer
- Neuer Diener Vinzenz
- Der berühmte Mann
- Die Untauglichkeit der neuen Gesellschaft
- Der Entwurf eines neuen Sozialen?
- Hans Karl Graf Bühl
- Helene Altenwyl
- Das neue Soziale in der Verlobung
- Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht Hugo von Hofmannsthals Lustspiel „Der Schwierige“ im Hinblick auf die darin dargestellten drei Gesellschaftstypen: die alte, die neue und eine neue, am Ende entstehende Ordnung. Die Analyse befasst sich mit den Stärken und Schwächen der alten und neuen Gesellschaft und beleuchtet die Entstehung einer neuartigen sozialen Ordnung, die im Kontrast zu den beiden anderen steht. Die Arbeit zielt darauf ab, die Charakteristika der verschiedenen Gesellschaftstypen durch Einzelanalysen der ihnen zugerechneten Figuren zu ergründen und zu zeigen, wie Hofmannsthal in seiner Komödie die Untauglichkeit der alten und neuen Welt aufzeigt und gleichzeitig eine alternative soziale Ordnung etabliert.
- Die Darstellung verschiedener Gesellschaftsmodelle in Hofmannsthals „Der Schwierige“
- Die Kritik an der alten Wiener Gesellschaft
- Die Unzulänglichkeiten der neu entstehenden Gesellschaft
- Die Entstehung eines neuen sozialen Systems
- Der Einfluss von Tradition und Moderne auf das soziale Gefüge
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Arbeit beleuchtet die Handlung von Hofmannsthals Lustspiel „Der Schwierige“ und setzt sie in den Kontext der Gesellschaftskomödie. Das zweite Kapitel widmet sich der Analyse exemplarischer Figuren der alten Wiener Gesellschaft, darunter Crescence Freudenberg, Stani, Adolf Hechingen, Antoinette und Edine Merenberg. Das dritte Kapitel analysiert die Figuren der neuen Gesellschaft: Baron Theophil Neuhoff, Sekretär Neugebauer, der neue Diener Vinzenz und Professor Brücke. Der vierte Teil befasst sich mit der Entstehung einer neuen sozialen Ordnung, die sich durch die Verlobung von Hans Karl Bühl und Helene Altenwyl konstituiert.
Schlüsselwörter
Hofmannsthal, „Der Schwierige“, Gesellschaftskomödie, alte Gesellschaft, neue Gesellschaft, Wiener Gesellschaft, Tradition, Moderne, soziales Gefüge, Einzelanalysen, Figurenanalyse, Konflikt, Ordnung, Verlobung, neue soziale Ordnung.
- Quote paper
- Sarah Weier (Author), 2005, Die Wiederherstellung vernünftiger Zustände - Die drei Gesellschaftsformen in Hofmannsthals Lustspiel 'Der Schwierige', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40075