Die "Außenpolitik" des Rudolf von Habsburg


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. „Außenpolitik“ im Mittelalter
2.1 Das angebliche Fehlen von „Außenpolitik“ im Mittelalter
2.2 Neuere Forschungsansätze

3. „Außenpolitische“ Maßnahmen Rudolfs von Habsburg
3.1 Die Heiratsverhandlungen mit Eduard I. von England
3.2 Rudolfs Politik im Arelat

4. Zusammenfassung und Bewertung

5. Quellen- und Literaturnachweise

1. Einleitung

Beziehungen zwischen modernen (National-)Staaten werden heute als Außenpolitik verstanden. Doch dieser in der Gegenwart als selbstverständlich gebrauchte Begriff ist eine neuzeitliche Schöpfung. Wie sah es etwa im Spätmittelalter aus? Kann auch in der Epoche Rudolfs von Habsburg, die hier behandelt wird, von „Außenpolitik“ gesprochen werden? Und wenn ja, wie sah sie aus? Natürlich bestanden auch im Mittelalter Beziehungen zwischen den benachbarten Herrschern und Territorien, doch Nationalstaaten gab es noch nicht. Wie wurde also damals auswärtige Politik betrieben?

Die vorliegende Arbeit soll am Beispiel der Herrschaft Rudolfs von Habsburg eine Antwort bieten. Nach seiner Wahl zum deutschen König 1273 konzentrierte sich der erste Habsburger auf dem Thron erst einmal auf die Sicherung seiner Macht im Reich. Doch nachdem seine Position halbwegs gefestigt schien, ging sein Blick auch über die Territorialgrenzen hinaus. Es soll geklärt werden, ob die Beziehungen, die Rudolf zu den Nachbarländern unterhielt, überhaupt als „Außenpolitik“ bezeichnet werden können.

Am Anfang steht deshalb ein Überblick, wie aus heutiger Sicht auswärtige Politik im Spätmittelalter aufgefasst wird. Gerade in den letzten Jahren hat sich die Forschung mehr und mehr mit diesem Thema befasst und versucht, Kennzeichen und mögliche Gemeinsamkeiten mit „moderner“ Außenpolitik herauszuarbeiten. Die Erkenntnis hat sich durchgesetzt, dass bei der Behandlung dieses Themas in der Vergangenheit Fehler begangen und fälschlicherweise oft ein Nichtvorhandensein von „Außenpolitik“ im Mittelalter angenommen wurde. Herrscher im Mittelalter standen natürlich vor anderen Problemen als heutige Politiker. Beziehungen zwischen mittelalterlichen Herrschern liefen aber nicht nur, wie es heute oft den Anschein hat, auf der kriegerischen Ebene ab.

Daran anschließend soll die „Außenpolitik“ Rudolfs anhand von Beispielen vorgestellt werden. Heiratspläne gehörten im Mittelalter zur gängigen Praxis. Auch Rudolf versuchte auf diese Weise – was später ein Kennzeichen der habsburgischen Dynastie werden sollte – sein Gebiet zu sichern und zu vergrößern. Die Verhandlungen mit Eduard I. von England über die Vermählung von Rudolfs Sohn Hartmann mit der englischen Prinzessin Johanna machen dies deutlich – auch wenn letztendlich diese Heiratspläne scheiterten.

Daneben wird ein Blick auf Rudolfs Politik im Arelat geworfen. In dem „königsfernen“ Gebiet kam es immer wieder zu militärischen Konflikten zwischen Rudolf und den örtlichen Herrschern. Zudem stand Burgund im Einflussbereich der französischen Krone. Hier kam es also zu Berührungspunkten mit einer weiteren europäischen Großmacht neben England.

Den Abschluss bildet eine Bewertung, ob Rudolfs Politik von Erfolg gekrönt war. Moraw bezeichnete in einem Aufsatz den ersten Habsburger etwas provokant als „kleinen König“[1]. Ist das auf seine Politik gegenüber den anderen Herrschern zutreffend? Zudem wird betrachtet, ob Rudolfs Handeln gegenüber den Nachbarn schon Kennzeichen moderner Außenpolitik aufwies.

2. „Außenpolitik“ im Mittelalter

2.1 Das angebliche Fehlen von „Außenpolitik“ im Mittelalter

Der Versuch, den Begriff Außenpolitik auf Entwicklungen im Mittelalter anzuwenden, ist mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Die Grundlagen, die moderne Staaten besitzen, sind natürlich gänzlich verschieden zu mittelalterlichen Herrschaftsgebieten. In der Vergangenheit wurde es deshalb häufig vermieden, überhaupt von „Außenpolitik“ im Mittelalter zu sprechen, um einer Gefahr des Anachronismus zu entgehen. Selbst in den zeitgenössischen Quellen taucht an keiner Stelle ein für Außenpolitik verwendbarer Begriff auf. Auch in älteren Biographien zu Herrschern des Mittelalters fehlen Kapitelüberschriften wie beispielsweise „Die Außenpolitik Rudolfs von Habsburg“.[2] Der Terminus selbst wurde – wie bei Moraw – nur in Anführungszeichen gebraucht.[3] Das Vorhandensein von Außenpolitik im Mittelalter wurde, so Dieter Berg, von Historikern bestritten und in Frage gestellt.[4] Walther beschreibt in der Forschung ein „Primat der Innenpolitik“.[5]

Für diesen Sachverhalt lassen sich mehrere Gründe anführen. Zum einen gab es im Mittelalter noch keine Nationalstaaten moderner Prägung, die Außenpolitik im heutigen Sinn betreiben konnten. Feste Territorialgrenzen fehlten also. Doch wird in der modernen Politikwissenschaft Staatlichkeit als wichtigste Voraussetzung für Außenpolitik angesehen.[6] Für Walther „setzte Außenpolitik Souveränität voraus, um wirklich Politik nach außen zu sein“.[7] Ein Blick auf politische Karten des Mittelalters zeigt aber oftmals eine Art „Flickenteppich“ an Territorien, anstatt eines großen, zusammenhängenden Gebietes. „Außenminister“ waren damals nicht bekannt, ebenso wenig spezielle „Ressorts“, die sich mit auswärtiger Politik befassten. Strayer schrieb: „In einem Europa ohne feste Grenzen war der Begriff ,auswärtige Angelegenheiten’ bedeutungslos.“[8]

Zum anderen sahen viele Forscher im römischen Imperium das einzig verbindliche Bezugssystem zwischen den einzelnen christlichen Reichen. Die Betrachtung einer besonderen Außenpolitik zwischen den einzelnen Teilgebieten des Imperiums war damit nach ihrer Meinung unnötig.[9]

Hier wird deutlich, worin die Probleme in der Bestimmung von Außenpolitik im Mittelalter lagen. Historiker versuchten also, moderne Kennzeichen von Außenpolitik, wie sie heute verstanden wird, auch auf das Mittelalter zu übertragen. Da dieser moderne Zugang an das Thema nicht gelang, wurde oft auf ein Nichtvorhandensein geschlossen.[10]

2.2 Neuere Forschungsansätze

Mittlerweile hat sich jedoch die Erkenntnis durchgesetzt, dass dies zu Unrecht geschah. Warum kann auch im Mittelalter von Außenpolitik gesprochen werden? Der Weg, sich mit einer modernen Betrachtungsweise dem Thema zu nähern, führt wie schon gesehen in eine Sackgasse. Wer sich mit dem Thema befasst, muss sich von den modernen Begriffen lösen. Moderne Außenpolitik ist nicht gleich mittelalterliche Außenpolitik. Natürlich fehlt die Staatlichkeit als wichtigste Grundlage. Doch gab es anstelle moderner Nationalstaaten Herrschaftsräume, die auch Beziehungen untereinander unterhielten, und durchaus als politische Systeme betrachtet werden können.[11] Berg führt zudem an, dass im Mittelalter im Prinzip jeder „Große“ eines Reiches Politik mit anderen Herrschern betreiben konnte. Entscheidend dafür war, wie viel Macht dieser „Große“ besaß. Es gab also kein Monopol, wie es heute die Staatsoberhäupter besitzen.[12]

Sabine Wefers beschreibt Außenpolitik als „das gemeinsame Handeln der Reichsangehörigen im Namen von König und Reich zur Interessenwahrung oder zur Abwendung einer Gefahr für das Ganze“[13]. Berg stellt die These auf, dass aufgrund des wachsenden Bewusstseins von „innen“ und „außen“ bei den Herrschern, auswärtige Beziehungen im Mittelalter auf jeden Fall feststellbar sind. Diese konzentrierten sich vornehmlich auf die direkten Nachbarn. Kontakte zu weit entfernten Ländern und Reichen waren verständlicherweise selten. Dabei ist natürlich die damalige Infrastruktur und technische Entwicklung nicht außer acht zu lassen. Briefe brauchten oft Wochen oder Monate, um ihren Adressaten zu erreichen. Persönliche Treffen gab es selten.

[...]


[1] Peter Moraw: Rudolf von Habsburg: Der „kleine König“ im europäischen Vergleich, in: Egon Boshof / Franz-Reiner Erkens: Rudolf von Habsburg 1273 – 1291., S. 185 – 208.

[2] Vgl. Oswald Redlich: Rudolf von Habsburg, Das deutsche Reich nach dem Untergang des alten Kaisertums, Aalen 1965, Neudruck der Ausgabe Innsbruck 1903.

[3] Peter Moraw (Hg.): “Bündnissysteme“ und „Außenpolitik“ im späteren Mittelalter, Beiheft 5, Zeitschrift für historische Forschung, Berlin 1988.

[4] Vgl. Dieter Berg: Deutschland und seine Nachbarn 1200 – 1500, München 1997, S. 1.

[5] Helmut G. Walther: Einleitung, in: Peter Moraw (Hg.): “Bündnissysteme“ und „Außenpolitik“ im späteren Mittelalter, Beiheft 5, Zeitschrift für historische Forschung, Berlin 1988, S. 9.

[6] Wichard Woyke: Handwörterbuch Internationale Politik, Bonn 82000, S. 1.

[7] Walther, S. 9.

[8] Joseph R. Strayer: Die mittelalterlichen Grundlagen des modernen Staates, Köln (u.a.) 1970, S. 25.

[9] Ebd.

[10] Martin Kintzinger: Auswärtige Politik und internationale Beziehungen im mittelalterlichen Westeuropa. Einführung zur Konzeption, in: Dieter Berg. / Martin Kintzinger / Pierre Monnet (Hg.): Auswärtige Politik und internationale Beziehungen im Mittelalter, S. 16.

[11] Vgl. Sabine Wefers: Versuch über die „Außenpolitik“ des spätmittelalterlichen Reiches, in: ZHF 22, 1995, S. 296.

[12] Vgl. Berg: Deutschland und seine Nachbarn 1200 – 1500, S. 2.

[13] Vgl., Wefers: Versuch über die „Außenpolitik“ des spätmittelalterlichen Reiches, S. 299.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die "Außenpolitik" des Rudolf von Habsburg
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
23
Katalognummer
V40175
ISBN (eBook)
9783638387538
ISBN (Buch)
9783640203444
Dateigröße
441 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Außenpolitik, Rudolf, Habsburg
Arbeit zitieren
Manuel Praest (Autor:in), 2003, Die "Außenpolitik" des Rudolf von Habsburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40175

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