Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einführung
2 Asset-Liability Management
2.1 Notwendigkeit eines Asset-Liability Managements
2.2 Instrumentarium
2.2.1 Allgemeines
2.2.2 Asset-Liability Management auf der Makro-Ebene
2.3 Haupteinflussgrößen auf die Gestaltung und Durchführung des Asset-Liability Managements
2.3.1 Überblick
2.3.2 Spartenabhängigkeit
2.3.4 Länderabhängigkeit
2.5 Einsatz des Asset-Liability Managements in der Praxis
3 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ansatz des Asset-Liability Managements
Abbildung 2: Simultanes ALM - Analyse der Wechselwirkungen
Abbildung 3: Dimensionen des Asset-Liability Managements
Abbildung 4: Modell des Asset-Liability Managements
1 Einführung
Das Thema Asset-Liability Management (ALM) hat in der Versicherungsbranche seit Beginn der 1990er Jahre enorm an Bedeutung gewonnen, was nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck kommt, dass seit dieser Zeit eine Vielzahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu diesem Thema erschienen ist. Unter ALM wird grundsätzlich eine gesamtheitliche Betrachtung und Abstimmung der Vermögensanlage (=Assets) sowie der Verbindlichkeiten (=Liabilities) verstanden.
In der Literatur lassen sich zahlreiche Definitionen für den Begriff ALM finden, von denen die für das Verständnis dieser Arbeit wichtigsten kurz vorgestellt werden sollen. Allgemein ist ALM zu verstehen als ein Teilsystem einer finanziellen Unternehmenssteuerung mit der Zielsetzung der finanziellen Stabilität sowie der Steigerung der Profitabilität des Unternehmens.[1] Der Begriff des ALM wurde zunächst für den Bankensektor geprägt, erst später wurden die Modelle auch auf die Versicherungsbranche übertragen. ALM bei Versicherungsunternehmen gestaltet sich jedoch ungleich komplexer, da im Gegensatz zu Banken die Risikofaktoren auf der Aktiv- und auf der Passivseite nicht identisch sind.[2] Risiken im Aktivgeschäft können z.B. von der jährlichen Todesrate der Versicherungsnehmer abhängen, wohingegen diese Determinante keinen Einfluss auf die Entwicklung des Passivgeschäfts, d.h. die Kapitalanlagen hat. Im Rahmen dieser Arbeit werden explizit Ansätze und Modelle für ein ALM bei Versicherungsunternehmen vorgestellt; vorrangig betrachtet werden dabei Lebensversicherer Farny unterscheidet fünf Fälle, die mit dem Begriff ALM verbunden werden. Die vorliegende Arbeit bezieht sich vorwiegend auf die beiden folgenden Definitionen:
Asset-Liability Management als integrierte, gesamtunternehmensbezogene Finanzierungspolitik für alle Arten von Mittelherkünften (Kapital, „Liabilities“) bzw. Mittelverwendung (Vermögen, „Assets“);
versicherungstechnisches Asset-Liability Management als integrierte Finanzierungspolitik für die versicherungstechnischen Verpflichtungen und für die diesen entsprechenden Kapitalanlagen.[3]
Durch die vorgenannten Definitionen wird bereits deutlich, dass sich ALM nicht ausschließlich mit der Steuerung der Bilanz befasst (1), sondern gleichzeitig auch auf eine Stromgrößenbetrachtung in Form von Cash Flows abzielt (2). Im Rahmen der Stromgrößenbetrachtung setzen sich die Cash Flows auf der Aktivseite aus Prämieneinnahmen sowie Kapitalerträgen zusammen, sodass beide Einnahmequellen auch zu effektiven Mittelzuflüssen führen. Auf der Passivseite führen jedoch lediglich Versicherungsleistungen bzw. Storni zu Abflüssen, der nicht zahlungswirksame Teil der Aufwände besteht in einer Erhöhung der technischen Rückstellungen.[4]
Die jeweilige Ausgestaltung eines ALM hängt von den konkreten Fragestellungen des Versicherungsunternehmens ab. Die im Folgenden zu erläuternden Modelle können dabei z.B. Antworten auf Fragestellungen der künftigen Ertragsentwicklung, der Ruinwahrscheinlichkeit oder der optimalen Kapitalanlagestrategie geben.[5] Abbildung 1 gibt hierfür einen guten Überblick über den Ansatz eines ALM:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
* rechtliche, gesellschaftliche und natürliche Faktoren
Abbildung 1: Ansatz des Asset-Liability Managements
Quelle: Jost, C. (1995), S. 91
Nach Jost ist Asset-Liability Management demnach „ein Managementansatz, bei dem die Risiken aus dem leistungswirtschaftlichen und dem finanzwirtschaftlichen Bereich unternehmenszielbezogen aufeinander abgestimmt werden“.[6]
Im Rahmen dieser Arbeit sollen nun die wichtigsten Ansätze und Modelle zum Asset-Liability Management erläutert und gewürdigt werden.
2 Asset-Liability Management
2.1 Notwendigkeit eines Asset-Liability Managements
Die Notwendigkeit eines ALM für Versicherungsunternehmen wurde in der Literatur bereits kontrovers diskutiert. Während Befürworter von einem erfolgversprechenden Managementansatz sprechen, halten die Kritiker dagegen, es handle sich lediglich um „alten Wein in neuen Schläuchen“.[7]
Tatsächlich hat es sich seit Gründung von modernen Versicherungsunternehmen im 19. Jahrhundert praktisch als „überlebensnotwendig“ erwiesen, die eingenommenen Prämien im Hinblick auf die später folgenden Versicherungsleistungen angemessen und sicher anzulegen. Sogar der Gesetzgeber hat eine Generalnorm für die Kapitalanlage von Versicherungsunternehmen entwickelt. So heißt es im § 54 Absatz 1 Satz 1 VAG:
„Die Bestände des Deckungsstocks (§ 66) und das übrige gebundene Vermögen eines Versicherungsunternehmens (gebundenes Vermögen) sind unter Berücksichtigung der Art der betriebenen Versicherungsgeschäfte sowie der Unternehmensstruktur so anzulegen, daß möglichst große Sicherheit und Rentabilität bei jederzeitiger Liquidität des Versicherungsunternehmens unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung erreicht wird.“
Seit Beginn der 1990er Jahre sieht sich die Versicherungsbranche jedoch einem veränderten Marktumfeld gegenüber. Zum Einen können zunehmend kritische Kunden Versicherungsprodukte mit klassischen Sparprodukten vergleichen, was mit einer erhöhten Renditeerwartung der Versicherungsnehmer einhergeht. Zudem sind die Kunden häufig zinssensitiver geworden, d.h. dass bei einem deutlichen Anstieg des Marktzinsniveaus mit einem erhöhten Storno vor allem im Lebensversicherungsbereich zu rechnen ist. Zum Anderen hat die Volatilität von Finanzmarktpreisen in den letzten Jahren deutlich zugenommen, ebenso der Trend zu einer verstärkten Kapitalanlage von Versicherungsunternehmen in risikoträchtigere Anlagen wie Aktien und Unternehmensanleihen.[8] Weiterhin ermöglichen neue Anlagemöglichkeiten wie Collars, Swaps oder Optionen seit Beginn der 1980er Jahre verstärkt Rendite zu erzielen, gleichzeitig aber das Risiko abzusichern bzw. zu reduzieren.[9] Zu dem veränderten Markt- bzw. Kundenumfeld kommt schließlich der Druck aufgrund einer Einstufung von Ratingagenturen hinzu.[10] Eine fokussierte Betrachtung der gegenseitigen Beziehungen zwischen Assets und Liabilities wird daher immer wichtiger, sodass ALM immer mehr an Bedeutung gewinnt
Das grundsätzliche Prinzip eines ALM besteht darin, dass ein erhöhtes Maß an Präzision in Bezug auf die Messung der Risiken direkt in einen Wettbewerbsvorteil überführt werden kann. Dies lässt sich sowohl auf die Asset- als auch auf die Liability-Seite zurückführen:
Durch eine verbesserte Messung der Risiken im leitungswirtschaftlichen Bereich kann das Versicherungsunternehmen durch Diversifikation der Risken ein superiores Versicherungsportfolio aufstellen.
Durch eine verbesserte Messung der Risiken im finanzwirtschaftlichen Bereich kann das Versicherungsunternehmen höhere Renditen erzielen.[11]
2.2 Instrumentarium
2.2.1 Allgemeines
Nachdem das Versicherungsunternehmen die Notwendigkeit der Einführung eines ALM-Ansatzes erörtert hat, muss es über die einzusetzenden Instrumente entscheiden. Diese müssen grundsätzlich den situativ bedingten Anforderungen der Versicherung gerecht werden. Es lassen sich jedoch allgemein gültige Anforderungen aufstellen, die sämtliche ALM-Techniken erfüllen sollten. Hierzu gehören z.B.:
die Möglichkeit einer vollständigen Einbeziehung von möglichen Risiken/ Renditen,
die tatsächliche Beobachtbarkeit bzw. Messbarkeit der Variablen,
eine weitgehende Modellunabhängigkeit von den aufgestellten Prämissen sowie
technisches Know-how in Bezug auf die jeweils angewandte ALM-Technik.[12]
Die speziellen ALM-Ansätze lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen. Zunächst kann unterschieden werden zwischen einem ALM auf der Makro- bzw. auf der Mikro-Ebene. Unter einem Makro-ALM wird die strategische Ausrichtung des Versicherungsunternehmens in Bezug auf sein Versicherungsportfolio, seine Kapitalstruktur sowie sein Risikoprofil verstanden; Zielsetzung ist die Maximierung des Shareholder Values. Demgegenüber beziehen sich Ansätze des Mikro-ALM auf Investmentstrategien, die speziell gegen finanzielle Risiken einer gegebenen Liability-Struktur eingesetzt werden. Zielsetzung ist in diesem Fall ein Minimierungsproblem, nämlich die Bestimmung eines auf die Versicherungsverpflichtungen abgestimmten Anlageportfolios zu minimalen Kosten.[13] Ein ALM-Ansatz muss nun die bestehenden Interrelationen zwischen den Assets und den Liabilities auf Makro- wie auf Mikro-Ebene berücksichtigen.
Weiterhin lässt sich das ALM in einen klassischen sowie einen simultanen Ansatz unterteilen. Beim klassischen[14] Ansatz wird die Struktur des versicherungstechnischen Portfolios als Datum gesetzt[15] und die versicherungstechnischen Risiken damit als gegeben betrachtet.[16] Simultanes ALM hingegen ist gekennzeichnet durch eine wechselseitige Betrachtung der Kapitalanlagen sowie der versicherungstechnischen Verpflichtungen.[17] Das VAG erlaubt in diesem Zusammenhang beide Vorgehensweisen. Die Analyse der Wechselwirkungen eines simultanen ALM gibt die folgende Abbildung 2 wider:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Simultanes ALM - Analyse der Wechselwirkungen
Quelle: Junker, M./Schwarz, G. (2000), S. 141
Ein derartiger Ansatz lässt sich nun in verschiedene Partialmodelle aufgliedern, z.B. in ein Partialmodell „Versicherungsprodukte“, „Rechnungslegung/Controlling“ etc.[18]
Zur Veranschaulichung der verschiedenen Dimensionen von ALM dient die folgende Abbildung 3:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Dimensionen des Asset-Liability Managements
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Albrecht, P. (1995), S. 229
[...]
[1] Vgl. Albrecht, P. (1998), S. 99.
[2] Vgl. Jost, C. (1995), S. 83.
[3] Farny, D. (2000), S. 801.
[4] Vgl. Rosskopf, J. (1997), S. 133.
[5] Vgl. Schmidt, T./Oswald, J. (2001), S. 698.
[6] Jost, C. (1995), S. 91.
[7] Vgl. z.B. Jost, C. (1995), S. 79; Köhler, G. (1994), S. 30; Smink, M. (1995), S. 29.
[8] Vgl. Junker, M./Schwarz, G. (2000), S. 413 f.
[9] Vgl. Jost, C. (1995), S. 80 f.
[10] Vgl. Briys, E./de Varenne, F. (2001), S. 133.
[11] Vgl. Lowe, S./Stanard, J. (1997), S. 340.
[12] Vgl. van der Meer, R./Smink, M. (1993), S. 154 f.
[13] Vgl. Smink, M. (1995), S. 232.
[14] Der klassische ALM-Ansatz wird häufig auch als „sequenziell“ oder „sukzessiv“ bezeichnet. Die Begrifflichkeiten sind in diesem Zusammenhang synonym zu verstehen.
[15] Vgl. Rothe, L. (1999), S. 22.
[16] Vgl. Jost, C. (1995), S. 104.
[17] Vgl. Albrecht, P. (1998), S. 99.
[18] Vgl. Junker, M./Schwarz, G. (2000a), S. 1488.