Mythen spielen, wie in dieser Hausarbeit deutlich werden soll, für die Literatur seit jeher eine wichtige Rolle und sind daher auch für die phantastische Kinder- und Jugendliteratur von Bedeutung.
Dies kann man z.B. auch einem Band der Reihe „Praxis Lesen“ entnehmen, in dem intertextuelle Bezüge und mythisches Denken als wichtige Merkmale der phantastischen Kinder- und Jugendliteratur aufgeführt werden. Um die intertextuellen Bezüge herzustellen, schöpfen die Autoren aus einem Fundus, der neben Märchen und „kanonisch gewordener Phantastik“ unter anderem auch mythische Elemente enthält, z.B. „Drachen, […] Halb-Mensch-halb-Tier-Wesen, Hexen, […] und Riesen“.
Diese Arbeit wird sich mit genau diesem oft genutzten Mittel, dem Aufgreifen und Abwandeln mythischer Elemente, beschäftigen und diese Thematik stellvertretend für viele andere Werke am konkreten Beispiel von Rowlings „Harry Potter und der Stein der Weisen“ erarbeiten. Dabei wird deutlich werden, dass Rowling erstaunlich viele mythische Namen, Fabelwesen und Erzählmotive verarbeitet hat.
„Harry Potter“ bietet sich für diese genauere Betrachtung an, da es zurzeit wohl kaum ein anderes aktuelles Werk der phantastischen Kinder- und Jugendliteratur gibt, das derart breitflächig, besonders auch im deutschsprachigen Raum, rezipiert wird.
Inhaltsverzeichnis
1. Was haben Mythen mit phantastischer Kinder- und Jugendliteratur zu tun?
2. Was versteht man unter Mythen?
3. Wie der Mythos in die Literatur kam
4. Mythische Elemente in Rowlings „Harry Potter und der Stein der Weisen“
4.1 Einleitung
4.2 Die mythische Grundstruktur
4.2.1 Moderne Deutung der mythischen Heldenerzählung
4.2.2 Kampf des Guten gegen das Böse
4.2.3 Mythische Grundfragen
4.3 Auftauchen mythischer Elemente und Figuren
4.3.1 Magie
4.3.2 Lord Voldemort
4.3.3 Fluffy
4.3.4 Zentauren
4.3.5 Einhorn
4.3.6 Professor Quirrell
4.3.7 Drache
4.3.8 Der Riese Hagrid
5. Namen mythischen Ursprungs in „Harry Potter und der Stein der Weisen“
5.1 Minerva McGonagall
5.2 Argus Filch
5.3 Circe
6. Wirkung der mythischen Elemente
7. Literaturverzeichnis
1. Was haben Mythen mit phantastischer Kinder- und Jugendliteratur zu tun?
Mythen spielen, wie in dieser Hausarbeit deutlich werden soll, für die Literatur seit jeher eine wichtige Rolle und sind daher auch für die phantastische Kinder- und Jugendliteratur von Bedeutung.
Dies kann man z.B. auch einem Band der Reihe „Praxis Lesen“ entnehmen, in dem intertextuelle Bezüge und mythisches Denken als wichtige Merkmale der phantastischen Kinder- und Jugendliteratur aufgeführt werden.[1] Um die intertextuellen Bezüge herzustellen, schöpfen die Autoren aus einem Fundus, der neben Märchen und „kanonisch gewordener Phantastik“ unter anderem auch mythische Elemente enthält, z.B. „Drachen, […] Halb-Mensch-halb-Tier-Wesen, Hexen, […] und Riesen“.[2]
Diese Arbeit wird sich mit genau diesem oft genutzten Mittel, dem Aufgreifen und Abwandeln mythischer Elemente, beschäftigen und diese Thematik stellvertretend für viele andere Werke am konkreten Beispiel von Rowlings „Harry Potter und der Stein der Weisen“[3] erarbeiten. Dabei wird deutlich werden, dass Rowling erstaunlich viele mythische Namen, Fabelwesen und Erzählmotive verarbeitet hat.
„Harry Potter“ bietet sich für diese genauere Betrachtung an, da es zurzeit wohl kaum ein anderes aktuelles Werk der phantastischen Kinder- und Jugendliteratur gibt, das derart breitflächig, besonders auch im deutschsprachigen Raum, rezipiert wird.
2. Was versteht man unter Mythen?
Auch in der heutigen Zeit sind Götter- und Heldensagen, oder zumindest viele von ihren Gestalten und Geschichten, noch vielfach gegenwärtig. Mythische Figuren und andere Elemente aus der Mythologie begegnen uns nicht nur in der Literatur und in darstellender und bildender Kunst; mythische Vorstellungen prägen sogar unsere Umgangssprache.[4]
Das Wort „Mythos“ stammt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet „Wort“, „Rede“, „Erzählung“, „Geschichte“. Es bezeichnet „die bildhafte Erzählung eines Volkes über wunderbare Ereignisse und Begebenheiten“,[5] die „vom Ursprung allen Seins, vom Sinn des Lebens, [„von der Stellung des Menschen in der Welt“[6]], vom Werden und vom Vergehen“[7] erzählen. Oft beschäftigt er sich auch mit dem ewigen Widerstreit zwischen Gut und Böse. Fast alle Völker der Vergangenheit und der Gegenwart erzähl(t)en sich Mythen,[8] um Antworten auf die Grundfragen des Daseins zu finden. „Der Mythos unterhält und befriedigt [somit] Neugier und Wissensdurst, er interpretiert den Sinn der Dinge und hilft, diese einzuordnen. Er beseitigt Ungewissheit und Angst.“[9]
Mythisches Denken beeinflusste und prägte die Gedankenwelt und die gesamte Kultur des Menschen[10] und übt daher auch heute noch eine große Faszination auf uns aus; Mythen sind „überzeitlich[…] und zeitlos[…]“[11] und vielfach noch heute lebendig.
Der beste Beweis dafür, dass mythisches Denken selbst in den Köpfen der modernen westlichen Gesellschaften noch verwurzelt ist, ist, dass auch wir uns selbst heute noch neue Mythen schaffen. Ein Beispiel dafür ist der Film-Zyklus „Star Wars“.[12]
3. Wie der Mythos in die Literatur kam
Gottfried Wurst sagt, Mythen sind „die Triebfeder […] für den Stoff, aus dem unsere Träume sind“. Er sieht darin „den Succus aller Märchen und Geschichten“ und ist sich sicher: „Altbekannte Bausteine antiker Mythologie“ sind „die Elemente, aus denen die Stories gemacht sind.“[13]
Er scheint nicht ganz unrecht zu haben, denn der Grundgedanke, Elemente aus Mythen und Märchen aufzugreifen, ist alles andere als eine neue Idee; im Gegenteil: Auf bewährte mythische Elemente und Motive erneut zurückzugreifen und sie mit eigenen Deutungen anzureichern ist schon seit langer Zeit sehr beliebt. Dies hat einen ganz einfachen Grund: So wie Mythen die Menschheit immer schon beschäftigt haben, tun sie dies auch weiterhin, weil mit dem Rückgriff auf bekannte mythische Elemente das alte Grundbedürfnis des Menschen, die Grundfragen des Daseins und den Sinn der Dinge verstehen zu wollen, angesprochen wird.
Hat ein Autor in die Handlung mythologische Figuren, Erzählmotive und Symbole eingearbeitet, die aus der literarischen Überlieferung stammen, heißt das jedoch nicht, dass er „abgeschrieben“ hat: Motive und Elemente aus Mythen sind „nicht Erfindungen einzelner Menschen, sondern werden seit Jahrhunderten von Generationen zu Generationen weitergegeben.“[14] Sie sind uns durch die Werke antiker Dichter lediglich überliefert worden. Werden antike Mythen neu aufbereitet und abgewandelt, muss daher vielmehr von einer Art Intertextualität gesprochen werden; unsere Aufmerksamkeit wird bekanntermaßen geweckt durch etwas schon Bekanntes, das allerdings neue Aspekte enthält. Durch dieses Aufgreifen und Anreichern der Mythen mit neuen Deutungen werden diese immer wieder erneuert: „Die überlieferte, allgemein gültige, „zeitlose“ Botschaft und die Wahrnehmung eines Autors, der mit den Augen seiner Zeit sieht, fließen zusammen.“[15]
Mit der Intertextualität kann jedoch auch ein Qualitätsproblem verbunden sein, da der Rückgriff auf bewährte Elemente leicht zu einer Stereotypie führen kann.[16] Andererseits lässt er aber auch „dort, wo ein originelles Temperament die überlieferten Muster variiert, das Produkt umso eindringlicher erscheinen.“[17]
Stereotypie hin oder her; aufgrund der Tatsache, dass „das Bedürfnis [des Menschen] nach dem Mythos ungestillt ist“,[18] wird es mit Sicherheit weiterhin Autoren geben, die auch in Zukunft auf die bewährten mythischen Elemente zurückgreifen werden. Mythisches Denken scheint in unseren Köpfen so fest verwurzelt zu sein, dass es einfach nicht mehr wegzudenken ist. Dies ist wohl auch der Grund, warum Bestandteile von Mythen zu Erzählmotiven in der Literatur wurden, und warum die alten, bekannte Elemente und Motive immer wieder gerne aufgegriffen und wieder belebt werden.
[...]
[1] Jörg Knobloch: Vorbemerkungen. Fantastische Kinder- und Jugendliteratur. In: Praxis Lesen: z.B. Fantastische Geschichten. Alice, Krabat, Matilda, Harry Potter u.a. Hg. v. Jörg Knobloch. Lichtenau: AOL, 2002. S.6-8.
[2] „Harry Potter“ in der Schule. Didaktische Annäherungen an ein Phänomen. Hg. v. Jörg Knobloch. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr, 2001. S.25.
[3] Joanne K. Rowling: Harry Potter und der Stein der Weisen. Hamburg: Carlsen, 1998. (Dieser Titel ist im Folgenden sowohl im Text als auch in den Fußnoten als „Harry Potter“ abgekürzt.)
[4] Wir täglich Wörter mythischen Ursprungs, ohne uns dessen überhaupt bewusst zu sein. (z.B. „becircen“, „Achillessehne“, „Ödipus-Komplex“, „Sirene“, „Dämon“, u.v.a) siehe Gerhard J. Bellinger: Lexikon der Mythologie. 3100 Stichwörter zu den Mythen aller Völker. Augsburg: Bechtermünz Verlag, 1997. S.488ff.
[5] Bellinger: Lexikon der Mythologie, S.328f.
[6] Bellinger: Lexikon der Mythologie, S.5.
[7] Gottfried Wurst: Harry Potter. Eine heilsame Aufregung. In: „Alohomora!“. Ergebnisse des ersten Wiener Harry-Potter-Symposiums. Hg. v. Heidi Lexe. Wien: Edition Präsens, 2002 (Kinder- und Jugendliteraturforschung in Österreich; 2). S. 97-108. Zitat S.100.
[8] Bellinger: Lexikon der Mythologie, S.5.
[9] Bellinger: Lexikon der Mythologie, S.7.
[10] Jörg Knobloch: Die Zauberwelt der Joanne K. Rowling. Hintergründe und Facts zu „Harry Potter“. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr, 2000. S.85f.
[11] Bellinger: Lexikon der Mythologie, S.7.
[12] Wurst: Harry Potter. Eine heilsame Aufregung, S.100.
[13] Wurst: Harry Potter. Eine heilsame Aufregung, S.100f.
[14] Barbara Maria Zollner: Mentor Interpretationshilfe zu J.K.Rowling „Harry Potter and the Philosopher’s Stone“. München: Mentor, 2002. S.50.
[15] Zollner: Mentor, S.50.
[16] Knobloch: Vorbemerkungen, S.7.
[17] Knobloch: Vorbemerkungen, S.7.
[18] Franz Fühmann: Das mythische Element in der Literatur. In: F. F., Erfahrungen und Widersprüche. Versuche über Literatur. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1976 (st 338), S.217. Zitiert nach: Haas, Gerhard: Phantastik und die Rückseite des Mondes. Erscheinungsweise, Formen und Funktionen Phantastischer Literatur. In: Mythen, Mächte und Magie. Harry Potter oder die Frage nach dem Woher und Wohin in der phantastischen Kinder- und Jugendliteratur. Hg. v. Fährmann, Willi, Michael Schlagheck u. Vera Steinkamp. Mülheim: Katholische Akademie Die Wolfsburg, 2001 (Spurensuche; 12). S.7-35. Zitat S.33.
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