Ursachen des Spanischen Erbfolgekrieges und Alternativen zu dessen Vermeidung. Eine Studie unter besonderer Berücksichtigung genealogischer Aspekte


Trabajo de Seminario, 2002

19 Páginas, Calificación: 2+


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die spanische Frage vor 1697
2.1 Konkurrenz aus Bayern

3. Letzte Bemühungen für den Frieden
3.1 Die Teilungsverträge
3.2 Das entscheidende Testament Karls II

4. Alternativkonzepte
4.1 Genealogische Möglichkeiten

5. Fazit

6. Bibliographie

1. Einleitung

Als im November 1700 der Enkel Ludwigs XIV., Philipp von Anjou, zum spanischen König erklärt wurde, sollte dies der Auslöser für einen dreizehn Jahre dauernden europäischen Großkonflikt sein, der als Spanischer Erbfolgekrieg in die Geschichte einging.

Durch das Testament des spanischen Habsburger-Königs Karl II., der kinderlos am 01.11.1700 starb, wurde seinem Schwager Ludwig die Entscheidung überlassen, ob dessen Enkel oder der zweite Sohn von Karls österreichischem Schwager Kaiser Leopold I., Erzherzog Karl aus der jüngeren Habsburger Linie, den vakanten Madrider Thron besteigen sollte.

In kontroversen Unterredungen mit seinen Beratern rang sich Ludwig schließlich zur Annahme des letzten Willens Karls zugunsten seines Enkels Philipp durch, was der Kaiser aufgrund der zu befürchtenden Supermacht Frankreich-Spanien weder tolerieren, noch akzeptieren konnte und worauf er 1701 mit dem Einmarsch Eugen von Savoyens in Italien den Krieg begann und in der Haager Allianz Verbündete gewann.

Nach langwierigem, verlustreichem und wechselvollem Kriegsgeschehen standen am Ende der Regierungszeit Ludwigs XIV. die Frieden von Utrecht 1713 und Rastatt 1714, die den Spanischen Erbfolgekrieg beendeten und Philipp von Anjou als Philipp V. bestätigten. Ludwig hatte nicht nur seinen Rivalen Leopold überlebt, sondern auch sein wichtigstes Kriegsziel erreicht, allerdings zu einem immens hohen Preis - einem Frankreich, das den Tod des Sonnenkönigs 1715 nicht besiegt, jedoch ökonomisch am Boden erlebte.

Die Frage, ob der kriegsmüde Monarch Ludwig diesen seinen letzten großen Konflikt hätte vermeiden können oder ob die Eskalation des Erbstreits zur militärischen Auseinandersetzung unabwendbar geworden war, beschäftigt und fasziniert die historische Forschung schon seit langem. Zudem ist die spanische Frage während der gesamten eigenständigen Regierungszeit des „Sonnenkönigs“ Problem und Leitfaden seiner Außenpolitik gewesen, was ihr eine Dimension verleiht, die es mehr als reizvoll macht, sie mit einer friedensbewahrenden theoretischen Lösung zu beantworten. Das Ziel dieser Hausarbeit ist es deshalb zum einen, die tieferliegenden Ursachen des Erbfolgekrieges darzulegen und zum anderen, eigene Konzepte zur Themenstellung zu entwickeln, wobei der Schwerpunkt auf genealogischen Möglichkeiten liegen soll.

Um dieses Vorhaben zu erreichen, werde ich zunächst die Grundproblematik vor 1697 analysieren, sodann die Zeitspanne bis Kriegsausbruch besprechen und anschließend vor allem erbrechtliche Eventualitäten erörtern, um im Fazit alle realistischen Alternativmodelle konzentriert wiederzugeben bzw. endgültig die Unvermeidbarkeit dieses Konflikts zu konstatieren.

2. Die spanische Frage vor 1697

Der Frieden von Rijswijk, der 1697 den Pfälzischen Erbfolgekrieg beendete, sollte nicht nur eine wichtige Zäsur in der europäischen Geschichte, sondern für die beteiligten Großmächte Frankreich, Spanien, Österreich, die Generalstaaten der Niederlande, England sowie das kleine Savoyen auch der Beginn einer unerwünscht kurzen Atempause vor dem wohl bedeutendsten internationalen Konflikt im Zeitalter Ludwigs XIV. bedeuten. In den folgenden drei Jahren waren nahezu alle außenpolitischen Überlegungen dieser Staaten von dem Gedanken geleitet, die Nachfolge Karls II. von Spanien friedlich zu regeln – und sie scheiterten dennoch.

Hier drängt sich natürlich die Frage nach dem Warum auf. Wie konnte es schon knapp zwei Jahre später, im Februar 1699, zu einer Situation kommen, von der William Roosen stellvertretend für die heute herrschende Forschungsmeinung fast fatalistisch meint: „War was inevitable. No human being could stop relations between the major powers from deteriorating into war. It was only a question of when they would start fighting.”[1] ?

Die Problematik hatte eine so lange Vorgeschichte, dass man in die Zeit des Regierungsantritts Ludwigs XIV. zurückgehen muss, um sie ausreichend zu erklären.

1660, ein Jahr vor dem Tod Kardinal Mazarins und dem Beginn der persönlichen Regentschaft des Bourbonen[2], heiratete der junge König die älteste spanische Infantin Maria Theresia – eine Hochzeit, welche wohl die letzte diplomatische Meisterleistung Mazarins war und den 1659 abgeschlossenen Pyrenäenfrieden zwischen Frankreich und dem Spanien Philipps IV. besiegelte. Dieser stimmte dem Kontrakt aufgrund der alten Erbfeindschaft nur widerwillig zu und legte größten Wert darauf, dass seine Tochter im Ehevertrag ihre vollständigen Sukzessionsrechte auf den spanischen Thron abgab. Die gleiche Bedingung musste auch ihre jüngere Schwester Margarete Theresia erfüllen, als diese 1666 Kaiser Leopold I. heiratete – eine exakte Wiederholung der Geschichte, denn schon Philipps Vater Philipp III. arrangierte, dass seine beiden Töchter den angehenden französischen König bzw. den zukünftigen habsburgischen Kaiser ehelichten[3].

Durch einen Kunstgriff der Pariser Diplomatie allerdings gelang es Ludwig Maria Theresias Erbrechte zumindest vertraglich offen zu lassen[4], so dass er schon 1665 nach dem Tode Phillips IV. Ansprüche hätte geltend machen können, wenn diesem kein Sohn mehr geblieben wäre. Zum Glück für die spanischen Habsburger wurde jedoch 1661 mit Karl ein direkter Thronfolger geboren, so dass die spanische Frage vorerst vertagt worden war.

Ludwig nutzte den Wechsel auf dem Thron des Nachbarlandes, um seinen Barrieregedanken ganz charakteristisch durch eine konfrontativ-kriegerische Machtpolitik zu verfolgen. Der Rhein sollte die natürliche Ostgrenze Frankreichs bilden und insbesondere die Spanischen Niederlande im Nordosten sah der Monarch ob ihrer geographischen Nähe zu Paris und ihrer strategischen Bedeutung als Gefahr, die es zu beseitigen galt. Seinen Einmarsch in dieses Gebiet – der Beginn des Devolutionskrieges 1667/68 – begründete er mit angeblichen Rechtsansprüchen seiner Frau, die diese nach dem Tod ihres Vaters haben würde[5].

Für unseren Kontext ist dieser Konflikt deshalb so interessant, weil Ludwig schon erhebliche Regionen des südlichen Teils der Niederlande besetzt hatte, als im Januar 1668 ein Geheimvertrag zwischen Frankreich und Österreich geschlossen wurde, der eine Teilung der spanischen Monarchie für den Fall, dass Karl II. kinderlos sterben würde, beinhaltete.

Die Besetzung war mit Sicherheit ein Druckmittel in den Verhandlungen, so dass laut Vertrag der französische König die gesamten Spanischen Niederlande, Neapel-Sizilien, Navarra, Burgund und die Philippinen erhalten sollte, während der Kaiser Spanien, Westindien, Sardinien und Mailand zugesprochen bekam[6].

Auch wenn dieses Geheimabkommen später von Wiener Seite nicht mehr in ernsthafte Erwägung gezogen wurde und das Zustandekommen für den Habsburger sicherlich mitbedingt war durch den kurz zuvor erfahrenen Schock des Todes seines ersten Sohns Ferdinand Wenzel[7], kündigte es doch von einer prinzipiellen Bereitschaft zum Dialog zwischen Ludwig und Leopold. Eine Bereitschaft, die auch von Seiten des Kaisers Teilungskompromisse signalisierte – Hoffnung für eine diplomatische Lösung der spanischen Frage?

2.1 Konkurrenz aus Bayern

Fünf Jahre später, 1673, verstarb Leopolds Frau Margarete Theresia und hinterließ ihm nur eine Tochter, Marie Antonie. Zwar sollte der Herrscher noch zweimal heiraten und die Nachkommen aus diesen Ehen würden als Cousins Karls II. erbberechtigt sein, doch Marie Antonie hatte als Nichte des spanischen Königs die größten Ansprüche, weshalb sie schon im zarten Alter von fünf Spielball im internationalen Heiratspoker wurde.

Leopold schwebte 1674 zur Untermauerung seiner spanischen Ambitionen eine spätere Hochzeit zwischen ihr und dem damals dreizehnjährigen Karl vor, eine Verbindung von Onkel und Nichte, die in der europäischen Heiratspolitik nicht unüblich war – schon Karls Vater Philipp IV. hatte 1649 in zweiter Ehe seine Nichte Maria Anna von Habsburg zur Frau genommen, eine Schwester Leopolds, so dass dieser 1666 mit Karls Schwester und Maria Annas Tochter Margarete Theresia selbst seine eigene Nichte ehelichte.

Die Hochzeit zwischen Marie Antonie und Karl galt für beide habsburgischen Höfe bis 1678 als ideale Lösung, dann jedoch wurde den Spaniern angesichts der neunjährigen Tochter Leopolds die Zeit zu knapp, da die Monarchie noch ohne Nachfolger war, der König sich bekanntermaßen in schwächlicher Konstitution befand und zudem eine französisch-spanische Heirat zur traditionellen Besiegelung des Friedens von Nimwegen als Abschluss des Holländischen Krieges arrangiert werden musste[8].

So kam es, dass 1679 Ludwigs Nichte Marie-Louise von Orléans, Tochter seines Bruders Philipp I. von Orléans und Henrietta von England, Karl II. heiratete, allerdings nach zehn Jahren kinderlos verstarb. Der spanische König nahm sich daraufhin 1690 in zweiter Ehe eine entferntere Verwandte zur Frau, Maria Anna von Pfalz-Neuburg, Tochter des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von Neuburg und Elisabeth Amalie von Hessen-Darmstadt – eine Ehe, dies sei vorweggenommen, die bis zu seinem Tod 1700 ebenfalls kinderlos blieb.

[...]


[1] Vgl. Roosen, William, The origins of the War of the Spanish Succession, S. 167, in: Black, Jeremy, The origins of war in early modern Europe, Edinburgh 1987, S. 151 – 175.

[2] Getreu dem französischen Grundsatz „Der König ist tot, es lebe der König!“ wurde Ludwig direkt nach dem Ableben seines Vaters Ludwig XIII. zu Beginn des Jahres 1643 als noch nicht einmal Fünfjähriger offiziell neuer Monarch. Die absolute Macht konnte er nach Erreichen der Volljährigkeit 1651 und Krönung 1654 allerdings erst 1661 nach dem Tod Kardinal Mazarins ausüben. Vgl. dazu: Malettke, Klaus, Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Politik und Leistung (= Persönlichkeit und Geschichte, Band 143/144/145), Göttingen, Zürich 1994, S. 40 – 58.

[3] Heirat Ludwigs XIII. mit Anna von Spanien 1615, Heirat Ferdinands III. mit Maria Anna von Spanien 1631

[4] Der französische Staatssekretär Lionne bestand darauf, dass in der Fassung der Heiratsartikel zwischen Ludwig XIV. und der Schwester des noch ungeborenen Karl II. ein Passus eingebaut wurde, dessen geschickte Formulierung Frankreich alle Rechte offen lassen sollte: „Die effektive Zahlung der vorgenannten 500 000 Goldtaler zu den nachgenannten Terminen (...) vorausgesetzt, erklärt sich die durchlauchtigste Infantin für abgefunden (...).“ Sein Verhandlungspartner, der spanische Vertreter Don Pedro Coloma starb jedoch noch vor Vollzug der Hochzeit, konnte dementsprechend die Dringlichkeit des Zahlungstermins der Mitgift nicht genügend anmahnen, so dass diese nicht fristgerecht getilgt wurde. Nach seinem Selbstverständnis bekam Ludwig so einen Erbanspruch. Vgl. Dickmann, Fritz, Renaissance , Glaubenskämpfe, Absolutismus (= Geschichte in Quellen, Band 3), München 1966, S. 505.

[5] Ausführlich in: Malettke 1994, S. 126 – 127.

[6] Vgl. dazu: Braubach, Max, Versailles und Wien von Ludwig XIV. bis Kaunitz. Die Vorstadien der diplomatischen Revolution im 18. Jahrhundert (= Bonner Historische Forschungen 2), Bonn 1952, S. 9 –12 und Schryver, Reginald de, Max II. Emanuel von Bayern und das spanische Erbe: die europäischen Ambitionen des Hauses Wittelsbach 1665-1715 (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 156), Mainz 1996, S. 5 – 7. Allerdings ist bei letzterem auf Seite 5 eine Berichtigung zu machen: Der ansonsten ausgezeichnete de Schryver lässt Ludwigs Frau Maria Theresia für die Begründung des Devolutionskrieges vor 1668 sterben, obwohl sie sich zu diesem Zeitpunkt noch bester Gesundheit erfreute und erst 1683 verschied (Anmerkung des Verfassers).

[7] Diese nicht unerhebliche Tatsache merkt Reginald de Schryver an. In: de Schryver 1996, S. 5.

[8] Ebenda, S. 7 – 9.

Final del extracto de 19 páginas

Detalles

Título
Ursachen des Spanischen Erbfolgekrieges und Alternativen zu dessen Vermeidung. Eine Studie unter besonderer Berücksichtigung genealogischer Aspekte
Universidad
University of Marburg
Curso
Proseminar: Das Zeitalter Ludwigs XIV.
Calificación
2+
Autor
Año
2002
Páginas
19
No. de catálogo
V40660
ISBN (Ebook)
9783638391252
Tamaño de fichero
499 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Ursachen, Spanischen, Erbfolgekrieges, Alternativen, Vermeidung, Eine, Studie, Berücksichtigung, Aspekte, Proseminar, Zeitalter, Ludwigs
Citar trabajo
Tobias Bänsch (Autor), 2002, Ursachen des Spanischen Erbfolgekrieges und Alternativen zu dessen Vermeidung. Eine Studie unter besonderer Berücksichtigung genealogischer Aspekte, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40660

Comentarios

  • No hay comentarios todavía.
Leer eBook
Título: Ursachen des Spanischen Erbfolgekrieges und Alternativen zu dessen Vermeidung. Eine Studie unter besonderer Berücksichtigung genealogischer Aspekte



Cargar textos

Sus trabajos académicos / tesis:

- Publicación como eBook y libro impreso
- Honorarios altos para las ventas
- Totalmente gratuito y con ISBN
- Le llevará solo 5 minutos
- Cada trabajo encuentra lectores

Así es como funciona