SKOS Richtlinien Revision 2005


Studienarbeit, 2005

21 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung
1.1 Was ist die SKOS?

2 Begriffe und Abkürzungen

3 Diskussion vor den Änderungen
3.1 Zusammenfassung: Kritikpunkte an den alten Richtlinien
3.2 Gerfin
3.2.1 Untersuchung der Höhe des Grundbedarfs
3.2.2 Untersuchung der Äquivalenzskala
3.2.3 Untersuchung der Anreizwirkung
3.3 Medienberichte

4 Die Änderungen in den neuen Richtlinien
4.1 Hauptziele der Teilrevision
4.2 Die Revisionspunkte
Einkommensfreibetrag statt Erwerbsunkostenpauschale
Integrationszulage statt Grundbedarf
Neue Höhe des Grundbedarfs und soziales Existenzminimum
Aufruf zur Schaffung von Integrationsmassnahmen
Sanktionen und Missbrauchsbekämpfung

5 Diskussion der Änderungen
5.1 Zusammenfassung: Kritik an den neuen Richtlinien
5.2 Stellungnahmen und Kritik an zu den neuen Richtlinien

6 Exemplarische Budgetbeispiele
6.1 Fazit

7 Abschliessende Überlegungen

Anhang A: Quellenverzeichnis

Anhang B: Falltypen

Anhang B.a: Erläuterungen zu den Tabellen

Anhang B.b: Falltyp „Einkommen“

Anhang B.c: Falltyp „Engagiert“

Anhang B.d: Falltyp „kein Integrationsangebot“

Anhang B.e: Falltyp „nicht Engagiert“

1 Einleitung

„Dass die wenigen Profiteure herhalten müssen, um das ganze Sozialwesen zu diskreditieren, ist unerträglich.“ (Balz, Hosang in: Beobachter Nr. 4 2005)

Genau so scheint es jedoch zu geschehen. Im Vorfeld der Revision wurde das Thema „Sozialhilfe“ verschiedentlich in den Medien kontrovers diskutiert. Die Vorstellungen über eine oft als notwendig erachtete Reform in der Sozialhilfe gehen weit auseinander.

Die Vorliegende Arbeit soll die im Vorfeld der Änderungen stattgefundenen Diskussionen und Untersuchungen über die Probleme der Schweizerischen Sozialhilfe darlegen sowie die aus diesen Erkenntnissen resultierenden Massnahmen aufzeigen, welche in den Revidierten SKOS-Richtlinien umgesetzt wurden. Zur kritischen Beurteilung der einzelnen Änderungen tragen Stellungnahmen aus den Medien bei.

Meine Fragen sind:

- Wo liegen die Kritikpunkte der alten SKOS-Richtlinien?
- Welches sind die Änderungen der SKOS-Richtlinien 2005 verglichen mit der Ausgabe von 2000?
- Welches sind die Angestrebten Wirkungen der Änderungen, was gibt es für Argumente für und gegen die Änderungen?
- Was für konkrete Auswirkungen haben die Änderungen für Bezüger von Sozialhilfe?

Im ersten Teil meiner Arbeit möchte ich die SKOS als Institution mit Ihren Zielen und Aufgaben kurz vorstellen sowie oft benutzte Begriffe rund um das Thema erläutern. Im Hauptteil werde ich Bezug nehmen auf Literatur, welche das Schweizerische Sozialhilfesystem vor der Revision der Richtlinien kritisch beleuchtet hat und mit diesen Erkenntnissen den Reformbedarf aufgedeckt und eine Diskussion provoziert hat. Weiter werde ich die wichtigen Änderungen der neuen Richtlinien sowie auch kritische Stimmen dazu vorstellen. Abschliessend möchte ich anhand von Fallbeispielen Exemplarisch aufzeigen, welche konkreten Auswirkungen die Änderungen für Bezüger von Sozialhilfe haben können.

Mein Interesse an diesem Thema gründet in meinem Praktikum auf dem Sozialdienst der Gemeinde Hilterfingen im Kanton Bern. Ich gewann während der Praktikumszeit einen Einblick in das Schweizerische Sozialwesen und insbesondere in das System der Sozialhilfe. Da im Sozialhilfegesetz des Kantons Bern die SKOS-Richtlinien für alle Sozialdienste als Verbindlich gelten, waren sie für meine Arbeit ein tägliches Hilfs- und Arbeitsmittel. Aus eigenen Erfahrungen mit Klienten habe ich gewisse kritische Punkte der alten Richtlinien erlebt und bin gespannt, welche Antworten die SKOS in der Revidierten Ausgabe präsentiert.

1.1 Was ist die SKOS?

SKOS heisst „ S chweizerische Ko nferenz für S ozialhilfe“.

Die SKOS gibt Richtlinien heraus mit den folgenden Eigenschaften:

- „Die Richtlinien sind Empfehlungen zuhanden der Sozialhilfeorgane des Bundes, der Kantone, der Gemeinden, sowie der Organisationen der privaten Sozialhilfe.“
- „Die Richtlinien sind an sich nur Empfehlungen, doch dienen sie als Referenz für die Rechtsprechung.“
- „Verbindlich werden die Richtlinien erst durch die kantonale Gesetzgebung, die kommunale Rechtsetzung und die Rechtsprechung.“
- „Die Richtlinien gelten für alle längerfristig unterstützten Personen (inkl. anerkannte Flüchtlinge), die in Privathaushaltungen leben und die fähig sind, den damit verbundenen Verpflichtungen nachzukommen.“
- „Die Richtlinien werden laufend aktualisiert und ergänzt um den Anforderungen der Sozialtätigen zu entsprechen und neueste sozialpolitische Entwicklungen zu berücksichtigen.“ (Webseite der SKOS [1])

„Als Fachverband lebt die SKOS von den Erfahrungen und der aktiven Mitarbeit der in der Sozialhilfe Tätigen. Behördenmitglieder von Gemeinden und Städten bilden aus diesem Grund einen wichtigen Teil der Mitglieder der SKOS. Aber auch Professionelle aus allen Bereichen des Sozialen (professionalisierte Sozialdienste, öffentliche Verwaltung, Hilfswerke und private Sozialhilfeorganisationen) bringen ihre Standpunkte und Praxiserfahrungen in der SKOS zum Ausdruck.“

„Ende 2003 zählte die SKOS 1'217 Mitglieder. Gegen 850 Gemeinden und Städte sind in der SKOS vertreten, dazu kommen um die 60 regionale Sozialdienste, über 200 Organisationen der privaten Sozialhilfe sowie alle Kantone, einige Bundesämter und das Fürstentum Liechtenstein.“ (Webseite der SKOS [1])

2 Begriffe und Abkürzungen

- GB1 = Grundbedarf 1
- GB2 = Grundbedarf 2
- Unter dem absoluten Existenzminimum versteht man die Ermöglichung einer menschenwürdigen Existenz. Darin enthalten sind Wohnungsmiete, die medizinische Grundversorgung (Krankenkassenprämie und andere med. Kosten) sowie den Grundbedarf 1 bei maximaler Kürzung.
- Die Materielle Grundsicherung als nächste Stufe beinhaltet die ungekürzte Pauschale für den Lebensbedarf. Berechnet wird die Höhe dieser Pauschale nach einem fix definierten Warenkorb, dem so genannten Grundbedarf 1.
- Das soziale Existenzminimum enthält neben der materiellen Grundsicherung zusätzliche Mittel, um die soziale Integration in die Gesellschaft zu gewährleisten. Diese zusätzlichen Mittel sind im Grundbedarf 2 enthalten.

3 Diskussion vor den Änderungen

In den letzten Jahren kam die Sozialhilfe verschiedentlich aufgrund der hohen Kosten welche sie verursacht einerseits in die Presse, auf der anderen Seite gab es auch Stimmen welche sich über schlechten Bedingungen für Sozialhilfebezüger beklagten. Im folgenden Abschnitt möchte ich darlegen, wie es überhaupt zu einer Änderung der Richtlinien kam, welche Argumente in der Diskussion um die Zukunft der Sozialhilfe den Anlass zur Revision gaben.

Meiner Ansicht nach war die Evaluation von Prof. Gerfin (Gerfin 2004) am Einflussreichsten bezüglich der Ausgestaltung der neuen Richtlinien. Aus diesem Grund werde ich in diesem Teil meiner Arbeit besonders Detailliert auf diesen Bericht eingehen.

3.1 Zusammenfassung: Kritikpunkte an den alten Richtlinien

- Der Grundbedarf 1 der SKOS-Richtlinien ist zu hoch. (vgl. Abschnitt 3.2.1)
- Die Orientierung am untersten Einkommensquintil ist für die Sozialhilfe nicht angemessen. (vgl. Abschnitt 3.2.1)
- Aus ökonomischer Sicht verstärkt die traditionelle Sozialhilfe den Anreiz dem Arbeitsmarkt fernzubleiben, weil Sozialhilfe im Vergleich zu Erwerbsarbeit oft zu attraktiv ist. (vgl. Abschnitt 3.2.3 sowie Gerfin 2004: 17)
- Die Bemühung um (mehr) Arbeit lohnt sich nicht, weil das zusätzliche Einkommen zu 100% von der Sozialhilfe wieder abgezogen wird. (vgl. Gerfin 2004: 17)
- Uneinheitliche Anwendung der Richtlinien in den Kantonen führen zu Rechtsungleichheit und Rechtsunsicherheit. (vgl. Abschnitt 3.3)

3.2 Gerfin 2004

Die Evaluation der „alten“ Richtlinien wurde von der SKOS in Auftrag gegeben und von Prof. Dr. Michael Gerfin vom Volkswirtschaftlichen Institut in Bern durchgeführt.

Das Gutachten diskutiert aus Ökonomischer Sicht die Reformmöglichkeiten der Sozialhilfe. Ausgangslage ist, dass die Sozialhilfe zunehmend unter Druck gerät. Steigende Fallzahlen führen zu steigenden Kosten, die Höhe der Leistungen wird in Frage gestellt. Forderungen nach verbesserten Anreizen und erhöhter Kontrolle werden gestellt. (vgl. Gerfin 2004: 3)

Ziele des Gutachtens, welche für diese Arbeit von Interesse sind:

1. „Hauptinteresse ist die Höhe des Grundbedarfs für Einpersonen Haushalte und andererseits die Äquivalenzskala, die bestimmt, wie der Grundbedarf mit zunehmender Haushaltsgrösse steigt.“
2. „Eine umfassende Diskussion der Anreizwirkungen der geltenden Richtlinien (…)“ (Gerfin 2004: 2)

Die wichtigsten, für diese Arbeit relevanten Ergebnisse der Untersuchung sind:

1. Die Richtlinien für den Grundbedarf[1] von Einpersonen Haushalten sind tendenziell zu hoch.
2. Die SKOS Äquivalenzskala, also die Steigung des Grundbedarfs für Haushalte mit mehr als einer Person, ist nicht zu steil.
3. Eine anreizorientierte Reform der Sozialhilfe muss einen Kompromiss zwischen Kosten und Existenzsicherung finden, der politisch und gesellschaftlich akzeptabel ist. (vgl. Gerfin 2004: 2)

3.2.1 Untersuchung der Höhe des Grundbedarfs

Die Frage der Höhe des Existenzminimums kann nicht mit der ökonomischen Theorie beantwortet werden, es sind gesellschaftliche Werturteile notwendig dazu. Die Zusammensetzung der Güter im Grundbedarf 1 wird hier aus diesem Grund nicht analysiert, sondern als gegeben akzeptiert. (vgl. Gerfin 2004: 3)

Der Warenkorb für den Grundbedarf 1 definiert, aus welchen Gütern sich der Grundbedarf zusammensetzt[2]. Untersucht wird hier wie bereits betont nicht die Zusammensetzung des Warenkorbs, sondern der Geldbetrag, welcher für die Beschaffung dessen Güter in der Sozialhilfe ausbezahlt werden.

Eine zentrale Aussage der Evaluation ist, dass der Grundbedarf tendenziell zu hoch ausgemessen sei. Der Autor bedient sich verschiedener Methoden um die Höhe des SKOS Grundbedarfs zu beurteilen, wobei alle Methoden zu ähnlichen Resultaten führen. Ich möchte hier eine Methode herausgreifen und kommentieren: Die empirische Analyse des Grundbedarf 1 Warenkorbs anhand der Daten der „Schweizer Einkommens und Verbrauchserhebung EVE 98“.

Der Autor zieht zum Vergleich 3 verschiedene Gruppen von Einpersonen Haushalten bei: Alle Einpersonen Haushalte (Gruppe 1); Einpersonen Haushalte deren verfügbares Einkommen zu den niedrigsten 20% der Einkommen gehört (unterstes Einkommensquintil) (Gruppe 2), sowie Einpersonen Haushalte derer Verfügbares Einkommen zu den niedrigsten 10% der Einkommen gehört (unterstes Einkommensdezil) (Gruppe 3). Es geht dabei darum zu untersuchen, wie viel diese Haushalte für den Warenkorb des Grundbedarf 1 ausgeben und diesen Wert mit dem SKOS Grundbedarf 1 und der Summe von Grundbedarf 1 und Grundbedarf 2 zu vergleichen. Resultat des Vergleichs ist, dass sich die Richtlinien durchschnittlich am untersten Quintil der Einkommen orientieren und dass Sozialhilfebeziehende verglichen mit dem untersten Einkommensdezil allein mit dem Grundbedarf 1 rund 7% mehr finanzielle Mittel zur Verfügung haben. Erweitert man die Analyse um den Grundbedarf 2, dann ändert sich nichts am qualitativen Ergebnis. Der SKOS Grundbedarf übertrifft dann das unterste Einkommensdezil um rund 11%. (vgl. Gerfin 2004: 6ff)

[...]


[1] Hier sind mit Grundbedarf einerseits der Grundbedarf 1 sowie auch die Summe von Grundbedarf 1 und Grundbedarf 2 gemeint.

[2] Warenkorb für den Grundbedarf 1 vgl. Gerfin 2004: 6

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
SKOS Richtlinien Revision 2005
Hochschule
Berner Fachhochschule  (HSA Bern)
Veranstaltung
Schweizerisches Sozialwesen
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V40726
ISBN (eBook)
9783638391733
Dateigröße
642 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Vergleich alte und neue SKOS Richtlinien (2000/2003 mit 2005). Kritiksammlung an alten Richtlinien, Gegenüberstellung mit neuen Richtlinien, Kritik an neuen Richtlinien, grobes Aufzeigen der Auswirkungen der Änderungen für Sozialhilfebeziehende.
Schlagworte
SKOS, Richtlinien, Revision, Schweizerisches, Sozialwesen
Arbeit zitieren
Philipp Jordi (Autor:in), 2005, SKOS Richtlinien Revision 2005, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40726

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: SKOS Richtlinien Revision 2005



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden