Leseprobe
Gliederung
1. Einleitung
2. Begfriffsanalyse der Agglomeration in der Ökonomik
3. Ursachen und Zusammenhänge industrieller Agglomeration
3.1 Übersicht
3.2 Prüfung auf Agglomeration mit Hilfe mikroökonomischer Daten von Duranton und Overman
3.3 Ursachenforschung industrieller Agglomeration von Ellison, Glaeser und Kerr.
3.4 Neue ökonomische Geographie
3.5 Untersuchung auf Agglomeration in Deutschland
4. Vergleich der Theorien und Fazit
5. Abbildungsverzeichnis
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Meine Seminararbeit beschäftigt sich mit dem Thema der industriellen Agglomeration und welche Faktoren sie verursachen beziehungsweise wie stark der Einfluss jener ist.
Dieses Thema ist besonders in der modernen Ökonomie ein brisantes Thema, da sich im Zeitalter der Globalisierung neue Muster und Dynamiken in wirtschaftlichen Teilgebieten herausbilden. Der Schwierigkeit, statistisch signifikante Zusammenhänge zu erarbeiten, wird sich in den vorgelegten Arbeiten von Duranton und Overman1 beziehungsweise Ellison, Glaeser und Kerr2 angenommen.
Mehr denn je, scheint die Analyse wirtschaftlicher Ballungsdynamiken in einer globalisierten Welt von Bedeutung - ein umfassendes Verständnis über die Prozesse herrscht in der allgemeinen Ökonomik nicht. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein für industrielle Ballung und welche entgegen gerichteten Dynamiken können auftreten?
All jene Fragen adäquat zu beantworten, würde mit Sicherheit den Rahmen dieser Arbeit sprengen, weswegen sich hier inhaltlich hauptsächlich auf die gegebenen Arbeiten von Duranton und Overman beziehungsweise Ellison, Glaeser und Kerr konzentriert wird.
Um die Leitfrage meiner Seminararbeit zu beantworten, werden die aufgeführten Theorien Marshall’s analysiert und auf verschiedenen Ebenen verwendet um mögliche Zusammenhänge darzustellen. Zudem wird untersucht, inwieweit Agglomeration auf verschiedenen räumlichen Ebenen zu beobachten ist.
Welche Faktoren beeinflussen industrielle Agglomeration wie stark? Im weiteren Verlauf analysiere ich diese Frage genauer, wobei zusätzlich die Neue Ökonomische Geographie als alternative Theorie herangezogen wird ,um die dargestellten Zusammenhänge , sofern möglich, miteinander zu vergleichen.
Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, die Ergebnisse dieser Arbeit von Duranton und Overman beziehungsweise Ellison, Glaeser und Kerr in ihrem Kontext nachzuvollziehen, einzuordnen, sowie nachvollziehbar darzustellen.
Darüber hinaus sollen die Methoden und Schlussfolgerungen der Autoren kritisch hinterfragt und verglichen werden um eine knappe Übersicht zu erarbeiten, die die momentane wirtschaftswissenschaftliche Forschung bei einem Thema leistet, das schwer zu fassen ist - die Dynamik und Intensität von Agglomerationen.
2. Begfriffsanalyse der Agglomeration in der Ökonomik
„Unter Agglomeration versteht man die räumliche Konzentration ökonomischer Aktivitäten“ oder auch „Zusammenballung ökonomischer Aktivitäten“.3 Die gegenteilige Entwicklung, eine Zerstreuung, wird als Dispersion bezeichnet.4 Es ist hinzuzufügen, dass der Begriff Agglomeration nicht nur auf verschiedenen räumlichen Ebenen, sondern auch auf der sachlichen Ebene betrachtet werden kann indem die Aktivitäten zwischen Unternehmen beziehungsweise ganzen Industrien analysiert werden.
Die Komplexität des Begriffs ermöglicht eine ökonomische wie nicht-ökonomische Analyse, wobei sich in dieser Arbeit ausschließlich auf ökonomische Analysen konzentriert werden soll, also auf die Frage nach Effizienz und Distribution.5
3. Ursachen und Zusammenhänge industrieller Agglomeration
3.1 Übersicht
Es werden zunächst die Untersuchungen von Duranton und Overman beziehungsweise Ellison, Glaeser und Kerr im Detail betrachtet wobei der Umgang mit den Daten, die Methodik sowie empirischen Ergebnisse separat dargestellt werden. Im Anschluss werden alternative Studien beschrieben um einen groben Vergleich zu ermöglichen.6
3.2 Prüfung auf Agglomeration mit Hilfe mikroökonomischer Daten von Duranton und Overman
In diesem Fall werden (kontinuierliche) Distanzen als Grundlage für die Prüfung auf statistische Signifikanz genutzt.
In dieser Analyse wird sich ebenso mit der quantitativen und qualitativen Messung der Agglomeration beschäftigt, jedoch um die Betrachtung, welche Rolle die Größe eines Unternehmens spielt, ergänzt. Kern der Untersuchung ist, ob und wie deutlich Agglomeration auf verschiedenen räumlichen Ebenen auftritt.
Es wird im Verlauf zwischen industrieller Agglomeration und einer Ansammlung der Industrie unterschieden, die von einer ungleich verteilten Industrie zu unterscheiden ist und fälschlicherweise in alten Studien als Maß der Agglomeration genutzt wird. In einer nicht geballten Industrie erscheint das Verteilungsmuster der Unternehmen zufällig.
Die hier verwendeten Daten werden aus Gründen der Komplexität als aggregierte Werte dargestellt, was jedoch zu einem Informationsverlust führt. Die Daten beziehen sich auf die Produktion in Großbritannien im Jahre 1996 exklusive Irland.
Die Bedingungen für den Umgang mit Daten in dieser Studie sind die Vergleichbarkeit der Werte über die verschiedenen Industrien hinweg, die Beachtung der allgemeinen Tendenz zu Agglomerieren und die Beachtung des Grades an industrieller Konzentration, die Verwendung möglichst präziser Daten (ohne Verzerrung), sowie die Prüfung auf statistische Signifikanz. Aufgrund des aufwendigeren Vorgehens ist der Grad an Agglomeration im Vergleich zum EG-Index sehr unterschiedlich. Für die vierstellige Industrie wurde eine Agglomeration von 94% anstatt 52% gemessen. 7
Eine präzise und aktuelle Zuordnung der Postleitzahlen war nicht für alle Messungen möglich weshalb etwa 15% der Daten aussortiert wurden, effektiv wurden 176.106 Unternehmen mit in den Datenblock aufgenommen.
Aufgrund der Tatsache, dass sich Unternehmen mit mehr Mitarbeitern in Großbritannien vorzüglich in der Nähe der Küste ansiedeln, weshalb mehrere Versuche durchgeführt werden, die die Unternehmensgröße ignorieren oder nur die größten Unternehmen betrachtet (mindestens 90% Anteil an Gesamtbeschäftigung).
Der Kerndichteschätzer verwendet die euklidische Distanz (Luftlinie) um die Dichte der bilateralen Entfernung zu messen. Es ist anzumerken, dass der verwendete euklidische Abstand zur Messung der Entfernung nur eine Schätzung der tatsächlichen Distanz darstellt. Damit ergibt sich die Schätzfunktion der Dichte.
Um die zweite Bedingung zu erfüllen, muss die allgemeine Agglomeration der Produktion sowie der rechtliche Rahmen in Großbritannien mit in die Analyse einfließen. Ist dies der Fall, können Konfidenzintervalle gebildet werden.
Um das lokale Konfidenzintervall zu bestimmen, werden alle Distanzen zwischen 0 und dem Median (180 km) verwendet. Das untere 5% Intervall zeigt Konzentration und Agglomeration, wohingegen das obere 5% Intervall Dispersion zeigt. Jene Entwicklungen sind eindeutig sofern die Kerndichteschätzung in den beschriebenen Intervallen liegt.
Um globale Aussagen zu treffen, werden globale Konfidenzintervalle bestimmt, die eine Aussage über das gesamte Agglomerationsmuster einer Industrie liefern.
Liegt der Wert der Kerndichte über dem oberen Intervall, so lässt sich auf globale Lokalisation beziehungsweise Konzentration schließen.
Es ist auffällig, dass auch in einer Entfernung zwischen 100 und 140 km noch Agglomerationen auftreten, dort scheinen Überschneidungen zwischen den Industrien aufzutreten.
Die Ergebnisse für die vierstellige Industrie liefern einen Anteil von 52%, die industrielle Agglomeration aufweisen und 24% verzeichnen eine Zerstreuung, weitere 24% unterscheiden sich nicht von einer zufälligen Verteilung. Der EG-Index liefert hier zum Beispiel einen Wert zwischen 75 und 95% für industrielle Agglomeration. Betrachtet man die lokale Zerstreuung, so lässt sich kaum eine Abweichung mit wachsender Entfernung feststellen, wohingegen die globale Zerstreuung mit wachsender Entfernung marginal aber eindeutig zunimmt.
Grafik 1:
Da der Fokus in dieser Analyse auf dem Anteil des Produktionssektors liegt der lokalisiert ist, wird jener Anteil mit dem Anteil produzierender Arbeiter einer lokalisierten Industrie verglichen. Schließlich kann unter Anwendung der empirischen Ergebnisse behauptet werden, dass lokalisierte Sektoren einen intensiveren internen Austausch von Arbeitskräfte vorweisen. Insgesamt lässt sich sagen, dass größere Sektoren weniger stark konzentriert sind.
Beachtet man zudem die Größe eines Unternehmens, lässt sich trotz aggregierter Daten analysieren, dass wenn die kleinsten Unternehmen in der Analyse vernachlässigt werden, nur noch 43% der Betriebe eine globale Konzentration aufweisen (vierstellige Industrie).
Grafik 2:
Um das Verhalten großer Unternehmen besser zu untersuchen, erscheint es interessant, Betriebe mit gewichteter Beschäftigung zu analysieren. So weisen nur noch 43% globale Lokalisation auf, jedoch erscheinen die Entwicklungen hier deutlicher.
Erweitert man die Untersuchungen um Industrien auf fünfstelliger Ebene, zeigt sich eine Lokalisation von 45% und Dispersion von 31%. Es sollte erwähnt werden, dass Muster innerhalb und zwischen den Industrien bei den in der Systematik untergeordneten Industrien häufig noch deutlicher auftreten. Zudem erlaubt der Blick auf vielstellige Industrien neue, sonst verborgene Muster aufzuzeigen.
Die Lokalisation des dreistelligen Sektors betreffen, lässt sich ein höherer Anteil an Lokalisation als im Grundversuch feststellen (58 anstatt 29%). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass auf mittlerer Distanz die Lokalisation eher auf sektoraler Ebene auftritt.
Bei der Beachtung der Lokalisation innerhalb des dreistelligen Sektors, weist ein Anteil von 48% der vierstelligen Industrie Lokalisation auf.
Bei 317 beobachteten Paaren der vierstelligen Industrie, die gleichzeitig Teil desselben dreistelligen Sektors sind, lässt sich ein Anteil von 56% feststellen, der eine sogenannte Kolokalisation aufzeigt.
Jeder Test dieser Studie erfüllt fünf Bedingungen: i) Vergleichbarkeit zwischen den Industrien, ii) Beachtung der ungleichen Verteilung der Gesamtproduktion, (iii) Beachtung der industriellen Konzentration, iv) keine Verzerrung durch Aggregation und v) Statistische Signifikanz. Frühere Studien erfüllen maximal drei der fünf Bedingungen.
Auffällig ist, dass die Betriebsgröße eine größere Rolle spielt als zuvor angenommen.
Schließlich scheinen Maßstab und Umfang der Lokalisation in den neuen Ergebnissen stark gewachsen zu sein.8
3.3 Ursachenforschung industrieller Agglomeration von Ellison, Glaeser und Kerr.
Kern der Untersuchungen sind die drei Theorien Marshall’s, die versuchen die Agglomeration bestimmter Industrien zu erklären, da die allgemein beobachteten Entwicklungen sich nicht allein auf externe Einflüsse zurückführen lassen. Die Ökonomik hat in der heutigen Zeit, aufgrund umfangreicher wirtschaftswissenschaftlichen Datenbanken, eine empirische Grundlage um zuverlässigere Aussagen über bestimmte Zusammenhänge zu erhalten.
Der Hintergrund dieser Konzentrationen ist maßgeblich die Reduzierung der Transportkosten. Marshall beschreibt dabei genauer drei verschiedene Kostenarten, nämlich die Bewegung von Gütern und Arbeit, die Nähe zu Zulieferern und Kunden und die Konzentration intellektuell relevanter Unternehmen.
Zunächst werden Indizes für den Grad der Agglomeration zwischen zwei Unternehmen bestimmt, der sogenannte EG-Index ist ein diskretes Maß. Dazu wird sich der Daten aus der Herstellung eines produzierenden Unternehmens bedient.
Im weiteren Verlauf wird auf die Theorien Marshall’s zurückgeblickt und analysiert ob eine Konzentration beziehungsweise Agglomeration, der Reduzierung der Kosten willens, vorliegt und welche Theorie hauptverantwortlich für die Entwicklung ist, beziehungsweise in welchem Zusammenhang sie zum Einfluss natürlicher Dynamiken steht.
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1.Duranton, Gilles; Overman, Henry G.: Testing for Localization Using Micro-Geographic Data. Review of Economic Studies 72, 1077-1106. 2005
2.Ellison, Glenn; Glaeser, Edward L.; Kerr, William R.: What Causes Industry Agglomeration? Evidence from Coagglomeration Patterns. American Economic Review 100, 1195-1213.Juni 2010
3.Roos, Michael: Ökonomische Agglomerationstheorien. Die Neue Ökonomische Geographie im Kontext. Auflage Köln: Josef Eul Verlag, 2002, S. 9
4.vgl. ders., S. 10
5.vgl. ders. S.46
6.vgl. Duranton, Gilles; Overman, Henry G.: Testing for Localization Using Micro-Geographic Data. Review of Economic Studies 72, 1077-1106. 2005
7.Klassifikation einer Industrie, wobei die erste Stelle für die kleinstmögliche Unterteilung der Industrie steht und mit steigender Anzahl an betrachteten Stellen sich der größtmöglichen Unterteilung nähert.
8 vgl. Ellison, Glenn; Glaeser, Edward L.; Kerr, William R.: What Causes Industry Agglomeration? Evidence from Coagglomeration Patterns. American Economic Review 100, 1195-1213.Juni 2010, S. 1195 - 1213