Scham. Menschen und Gefühle in der sozial-psychiatrischen Arbeit


Studienarbeit, 2015

22 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2.Scham - Menschen und Gefühle in der sozial psychiatrischen Arbeit
2.1 Begegnung mit dem Thema Scham
2.2 Was sind Schamgefühle?
2.3 Was sind Schuldgefühle?
2.4 Formen von Scham
2.5 Zeichen von Scham
2.6 Abwehrmechanismen

3. Umgang mit Schamgefühlen in der sozial psychiatrischen Arbeit
3.1. Scham hat auch immer eine positive Funktion
3.2 Was können wir in unserer Arbeit konkret tun?

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

6. Anhang

1. Einleitung

Kain Statue Henri Vidal, franz. Bildhauer, 1864-1918

Scham ist ein starkes und äußerst unangenehmes Gefühl, das jeder Mensch kennt und wohl keiner gerne spüren will.

Es wird oft unterschätzt und hat bei weitem mehr als nur mit Sexualität oder Intimität zu tun. In dem Kontext ist es den meisten Menschen wohl geläufig. In der allgemeinen Kranken-und Altenpflege begegnet uns Pflegenden das The- ma Scham und der Umgang mit Schamgefühlen allerdings sichtbar häufiger und bewusster. Das mag zum Teil sicher daran liegen, dass immer mehr Literatur wie u.a. das Buch Scham und

Würde in der Pflege von Immenschuh und Marks auf dem Markt erscheint und an der Tat- sache, dass die Medien, ob einiger der Missstände aufmerksamer werden und mehr aus dem Pflegealltag sowie den Zuständen und Behandlungen in Pflegeheimen oder Kranken- häusern berichten.

Wie bewusst gehen wir nun mit dem Thema Scham und Schamgefühle in der ambulanten psychiatrischen Pflege um? Woran mag es liegen, dass das Thema so wenig Thema ist? Ist es überhaupt ein Thema? Müssen wir uns damit beschäftigen? Auf keinen Fall zu viel oder zu tief über Gefühle reden - werden wir unseren Patienten so wirklich gerecht? Ist es schon Therapie oder geht es nicht zumindest in die Richtung, wenn verdrängte Gefühle zur Sprache kommen? Liegt es somit dann außerhalb unseres Aufgaben- und Zuständigkeitsbereiches oder unserer Fachkompetenz?

Prof. Dr. Sachse1 bringt es in seinem Buch für mich sehr deutlich auf den Punkt und entspricht damit auch meiner Einstellung.

„Es ist wichtig, noch einmal deutlich zu machen, dass nicht nur Psychotherapeuten durch lange Psychotherapien bei Klienten mit Persönlichkeitsstörungen Veränderungen bewirken können. Jeder professionelle Interaktionspartner kann durch gezielte, konstruktive Interventionen Veränderungen vorbereiten, einleiten, bewirken und kann auch gezielt negative Entwicklungen verhindern!“(Sachse, 2010, S. 47)

Das gewählte Thema begegnet mir sowohl in meinem eigenen Leben, als auch in der ambulanten psychosozialen Pflege. Meiner Erfahrung nach hat jeder Mensch früher oder später damit zu tun. Nur ist es nicht jedem bewusst.

Bei intensiver Betrachtungsweise bestimmter Situationen oder Gefühlslagen zeigt sich häufig, dass Schuld- oder Schamgefühle vorhanden sind und unter Umständen schon lange das Leben schädigend begleitet haben. Die Erkenntnis, wie sehr diese beiden Affekte auf unser Leben einwirken und wie viel Erleichterung das Loslassen bringt, hat sich in meinem eigenen Prozess und in vielen Gesprächen mit Menschen, die ich begleitet habe, gezeigt. Wie wichtig Vertrauen bzw. eine tragfähige Beziehung ist, um sich diesen Themen zu öffnen, muss ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen.

Aus meiner Erfahrung heraus leben sehr viele Menschen über Jahrzehnte mit Schuld- oder Schamgefühlen, weil sie niemanden haben, der ihnen bei der Be- oder Verarbeitung sowie der Reflexion2 hilft. Manchmal, platzt es dann bei der erst besten Gelegenheit aus dem Patienten3 heraus. Dann ist es da, will gesehen und verarbeitet werden, dieses Schamgefühl, welches wir so gerne mit aller Kraft vermeiden wollen.

Gerade Situationen, die sehr schambesetzt sind, werden oft weit ins Unterbewusstsein verdrängt. Zu groß sind die unangenehmen Gefühle, die damit zusammenhängen, dennoch wirken sie im Menschen.

Die negative Bewertung von Schuld- und Schamgefühlen führt zu Schädigung von Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Sie nehmen Lebensfreude, blockieren das Handeln, mindern den Antrieb, führen zu gesundheitlichen Störungen oder verursachen somatische Symptome. Es folgt häufig Verleugnung, Rückzug, Isolation und führt demnach zu gestörten zwischenmenschlichen Beziehungen.

„Bei zahlreichen psychischen Störungen spielen Schamkonflikte eine primäre Rolle.

Umgekehrt löst die Realisierung von krankheitswertigen psychischen Symptomen sekundär ebenfalls häufig Scham aus, zum Beispiel mit dem Ziel, die Symptome vor sich und anderen zu verbergen. Dies gilt zum Beispiel für Borderline - Patienten, die Selbstverletzungen, Essstörungen oder Impulsdurchbrüche oft sehr schamhaft erleben. Auch körperliche Erkrankungen, wie zum Beispiel Hauterkrankungen, Krebs und die Begleiterscheinungen einer Chemotherapie, AIDS oder eine beginnende Demenz können von massiven Schamerlebnissen begleitet werden.“ (Hilgers, 13.05.2015)

Als Pflegefachkräfte werden wir in der Begegnung mit psychisch kranken Menschen automa- tisch auch mit unseren eigenen Schuld- und Schamgefühlen konfrontiert und somit aufgefor- dert, uns damit auseinanderzusetzen, da Schamgefühle sozusagen ansteckend wirken kön- nen.

„Die Scham eines Patienten zwingt den Therapeuten, sich, mit seinen eigenen Gefühlen des Versagens, der Minderwertigkeit und der Inkompetenz zu konfrontieren.“ (Tiedemann 2013, S.122)

Auch wenn hier von einem Therapeuten die Rede ist, betrifft es uns als Pflegefachkräfte gleichermaßen: Denn im Grunde sind wir Pflegetherapeuten 4 . Dazu an dieser Stelle eine Definition des Begriffes Therapie:

„Herkunft aus dem Griechischen Therapeutos: "Der Wagengefährte / Weggefährte".

Therapie: Stammwort ist griech. theràpon "Diener; Gefährte". Die Bezeichnung für "Kranken-Heilbehandlung" wurde im 18. Jh. als medizinischer Terminus aus gleichbed. griech. therapeia (eigentlich "das Dienen, Dienst; Pflege") entlehnt.“ (Therapiedschungel, 13.05.2015).

2. Scham- Menschen und Gefühle in der sozial psychiatrischen Arbeit

2.1 Begegnung mit dem Thema Scham

Die Entwicklung eines Lebens jeden Menschen ist geprägt von verschiedenen Erfahrungen, die einhergehen mit Prägungen, Konditionierungen aus allen Bereichen. In Bezug auf Scham insbesondere aufgrund der Kultur, Religion, Erziehung, Ausbildung und Umwelt Daraus folgen häufig negative und destruktive Glaubensmuster, die krank machen und z.B. zu Depressionen führen können. Resignation, Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit, Isolation können die Folge sein. Genau aus diesen alten Ü berzeugungen entstehen Gefühle mit denen es sich zu beschäftigen gilt. Denn wenn wir uns den Gefühlen widmen, können wir positiv auf das Verhalten einwirken. Genau das wollen wir erreichen, um ein eigenständiges Leben ohne Klinikaufenthalte zu ermöglichen. Solange das destruktive, oft selbstschädigen de Verhalten jedoch von bewussten oder unbewussten Gefühlen gesteuert wird, ist ein eigenverantwortliches Leben mitunter schwer zu erreichen.

„Ein realisierbarer Weg dorthin - der "Königsweg", meine ich - führt über eine vermehrte Beachtung von Gefühlen, oder genauer: von Wechselwirkungen zwischen Fühlen, Denken und Verhalten, wie sie nicht nur in allen psychischen Störungen, sondern auch im gewöhnlichen Leben und Erleben allgegenwärtig sind.“ (Ciompi, 1.5.2015)

Um deutlich zu machen wie nahe Denken, Gefühle und Verhalten zusammenstehen, möchte ich hier den Begriff Affektlogik einbringen.

„Eine Theorie über das Zusammenwirken von Emotion, Kognition und Aktion, (…).

Die zentrale These, die ich vertrete, besagt, dass Gefühle, Emotionen, Affekte - wir werden auf definitorische Fragen zurückkommen - mit allem Denken und Verhalten untrennbar ver- bunden sind und dieses dabei viel tiefer beeinflussen, als uns gemeinhin bewusst ist.“ (Ciompi 2003, ebd.)

Unter diesem Aspekt begegnen wir dem Thema in der psychosozialen Arbeit mit unseren Patienten. Wichtig zu wissen ist, dass es sich in der Regel nur vordergründig um Life Events 5 wie Verlust des Arbeitsplatzes, Trennung, Scheidung oder Tod handelt - um nur einige zu nennen -, die die Patienten belasten. Die Gefühle die sich uns da oft zeigen, z.B. Zorn, Hass und Ärger, werden als sogenannte Deckaffekte 6 bezeichnet, darunter findet sich unter anderem dann häufig die Scham.

In folgendem Auszug aus dem Vortrag von Professor Ciompi7 wird deutlich das auch die Arbeit in der Sozialpsychiatrie auf eine Verbesserung des Selbstwertgefühles unserer Patienten hinzuarbeiten und hinzielen sollte:

„Es ist wenig üblich, sozialpsychiatrische Aktivitäten explizit unter dem Gesichtspunkt von verletzten Selbstwertgefühlen und Scham zu betrachten. Indes werden die Wirkungen von Scham und verletzten Selbstwertefühlen nach wie vor generell unterschätzt (…). Positive Selbstwertgefühle stellen einen zentralen Indikator der psychischen Gesundheit dar. Fast alle psychischen Störungen gehen mit pathologischen Veränderungen des Selbstwertgefühls einher, meist im Sinn einer Erniedrigung in Form von Depressivität und Scham, seltener - wie etwa in maniformen Zuständen - im Sinn einer pathologischen Erhöhung. Die Wiederherstellung eines ausgeglichenen Selbstwertgefühls ist deshalb ein zentrales Ziel einer jeden Psychotherapie sowohl im engen wie auch im weitesten Sinn. In diesem Referat möchte ich zeigen, dass letztlich auch die ganze Sozialpsychiatrie auf eine Verbesserung der Selbstwertgefühle oder genauer auf eine Minderung von Gefühlen der Scham und Demütigung durch soziale Stigmatisierung, Ausgrenzung und Entwertung hinzielt. Diesem Ziel dienen nicht nur alle Bemühungen um soziale Wiedereingliederung und Rehabilitation, nicht zuletzt auch unter den neuen Stich- und Modeworten des Empowerment und der Resilienz, sondern ebenfalls die seit den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts überall in Gang gekommene Schaffung von gemeindenahen sozialpsychiatrischen Diensten zur ambulanten oder Teilzeitbetreuung von Patienten, die früher entweder jahre- bis jahr- zehntelang in geschlossenen psychiatrischen Großkliniken weitab von der Gesellschaft dahinsiechten oder aber unbetreut verwahrlosten.“ (Ciompi, ebd.)

Zur Verdeutlichung der Dynamik in diesem Prozess, hier die schemenhafte Darstellung einer Scham-Wut Spirale:

Ciompi, 07.05.2015

„Hauptindikator einer guten psychischen Gesundheit ist, wie gesagt, ein ausgeglichenes

Selbstwertgefühl (waagrechte Linie in Abb. 1). Eine traumatische Demütigung oder Kränkung führt in der Regel zu reduzierten Selbstwertgefühlen mit Depressivität, Scham und Angst vor neuen Verletzungen, die indes in der Folge nicht selten verdrängt werden (...).

Wichtig ist indessen, dass solche Zyklen keineswegs immer endlos weiterlaufen müssen, sondern unter günstigen Umständen an jeder Stelle unterbrochen werden können (…).

Die Frage ist, was solche Scham-Wut-Spiralen mit der Psychiatrie im Allgemeinen und mit der Sozialpsychiatrie im Besondern zu tun haben. Zwar entstehen psychische Störungen auch aus ganz anderen Gründen, so zum Beispiel aufgrund von genetischen Einflüssen. Indes werden schwere Demütigungen und Kränkungen etwa in Form von Vergewaltigungen, sexuellem Missbrauch, Folter und anderen Traumata nach neueren Untersuchungen in der Vorgeschichte von schweren Angst- und Suchterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen, Depressionen und namentlich auch von schizophrenen Psychosen zunehmend häufig nachgewiesen.6 Auch Kränkungen durch soziale Ausgrenzung und Stigmatisierung von psychisch Kranken sind, trotz Fortschritten gerade auch dank der modernen Sozialpsychiatrie, in unserer Gesellschaft noch keineswegs überwunden. In der Tat ist der ganze sozialpsychiatrische Ansatz, wie schon eingangs erwähnt, darauf ausgerichtet, die Entwicklung von Scham-Wut-Spiralen der geschilderten Art entweder zu verhüten oder doch möglichst frühzeitig zu unterbrechen. Die Schaffung einer ganzen Palette von gemeindenahen Alternativen zur früher fast automatischen Dauerhospitalisation von psychisch schwerer Kranken, darunter Tageskliniken und -stätten zur Akut- oder Langzeitbehandlung, ambulante oder halbambulante Kriseninterventionsstationen, Rehabilitationszentren, patientenbetriebene Firmen, Wohnheime, betreute Einzel- oder Gruppenwohnungen und andere gemeindenahe Einrichtungen, ist hervorragend dazu geeignet, angeschlagene Selbstwertgefühle zu stärken, Schamgefühle bei Patienten und Angehörigen zu mindern und, kurz zusammengefasst, psychisch Kranken einen gewissen sozialen Status zu verleihen, der die Möglichkeit der Entwicklung von verhängnisvollen Scham-Wut-Zyklen zumindest eindämmt . “ (Ciompi, ebd.)

Ciompi beendet seine o.g. Ausführungen mit dem Satz:

„Als Schlussfolgerung ergibt sich, dass gemeindenahe sozialpsychiatrische Ansätze und Einrichtungen gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Selbstwert- und Scham-Wut- Problematik höchst sinnvoll sind.“ (ebd.)

Dieser Aussage kann ich mich auf Grund meiner Erfahrungen in der psychosozialen Arbeit nur anschließen. Ciompi verdeutlicht durch diesen Satz für mich die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit dem Thema Scham - gerade auch in Hinblick auf die professionelle Beziehungsgestaltung in der ambulanten psychiatrischen Pflege.

„ Die Kunst ist der Schamhaftigkeitähnlich. Sie kann die Dinge nicht direkt aussprechen. “ Albert Camus

2.2 Was sind Schamgefühle?

Scham ist ein äußerst unangenehmes Gefühl, das keiner gerne spürt, der sich nicht schon irgendwie mit diesem Thema auseinander gesetzt hat. Entsprechend groß sind auch die Ängste sowie die Abwehrreaktionen, die damit zusammenhängen und auf die ich an anderer Stelle noch eingehen werde.

Begleitend zu diesem Gefühl zeigen sich oft verschiedene vegetative Symptome wie z.B. Erröten, Schwitzen und Herzrasen. Als Verhaltensweisen können unter anderem Blickvermeidung und Abwenden des Gesichtes auftreten.

„Der etymologische Ursprung des Wortes Scham ist nicht endgültig geklärt. Etliche Autoren

(1) sehen ihn im althochdeutschen scama, das seinerseits auf die indogermanische Wurzel kâm bzw. kêm = verbergen, verhüllen, verdecken zurückzuführen ist. Das vorangestellte "s" ist dabei als verkürztes Reflexivpronomen zu erkennen, sodass Scham folglich sich verbergen heißt. Auf die gleiche Wurzel geht das englische skin = Haut zurück. Die Haut ist eine Hülle, die den darunterliegenden Rest des Körpers verbirgt. Sobald wir an die Schamesröte denken, wird der Sinn-zusammenhang zwischen den Begriffen offenbar.“ (http://www.seele-und-gesundheit.de/psycho/scham.html#1, 29.04.2015).

„Scham, die (…) durch das Bewusstsein, (besonders in moralischer Hinsicht) versagt zu haben, durch das Gefühl, sich eine Blöße gegeben zu haben, ausgelöste quälende Empfindung.“ (Duden, 29.04.2015)

Eine meines Erachtens einleuchtende Definition ist folgende:

„Der Raum, der das Selbst vorher durch den Wunsch nach Anerkennung mit dem anderen verbunden hat, bricht im Schamerleben augenblicklich zusammen; Scham wirft ein >>Flut- licht<< auf das Individuum (Lynd 1958). Scham und die aus ihr meist resultierenden Selbst- verachtung sind als Gefühle zu verstehen, die durch den Bruch in einer Beziehung, einem <<schamausgelösten Riss in meinem Universum<<( Schore 1994, S.208), nämlich der Anerkennungsbeziehung zum anderen gekennzeichnet sind.“ (Tiedemann 2013, S.40f.)

„Der Emotionsforscher Ekman (1993) hat den Vorschlag gemacht, Emotionen als „Familien“ anzusehen; eine Metapher, die nützlich erscheint, Emotionen zu differenzieren. Die Emotionen einer „Familie“ teilen besondere Charakteristika, die sozusagen das Thema dieser Emotion darstellen und die sie von anderen Familien unterscheiden. Es gibt eine ganze Reihe von Affekten, die man zur „Schamfamilie“ zählen kann: Verlegenheit, Befangenheit, Schüchternheit, Peinlichkeit, Kränkung, Gefühle der Minderwertigkeit oder des Gedemütigtseins. Oft ist den betroffenen Personen gar nicht bewusst, dass es sich bei diesen Gefühlen um Varianten der Schamemotion handelt.“ (Tiedemann, 10.05.2015).

„Schamgefühle haben großen Einfluss auf die Steuerung des Verhaltens. Ursächlich hängen sie mit dem psychologischen Grundkonflikt zusammen. Somit sind sie mit den Bedürfnissen nach Selbstbestimmung und Zugehörigkeit sowie dem Selbstwertempfinden vernetzt. Verdrängte Scham-gefühle können ganze Biographien nachhaltig belasten.“ (http://www.seele-und-gesundheit.de/psycho/scham.html#1, 29.04.2015) Dr. Jens Tiedemann zitiert im dritten Teil seiner Doktorarbeit Leibig8:

„Scham ist keine Krankheit. Sie ist Teil der menschlichen Erlebnisfähigkeit, die bei Überschreiten eines bestimmten Ausmaßes Krankheitscharakter annehmen kann bzw. größeren Anteil an der Krankheitssymptomatik hat. Da ein wichtiger Aspekt der Scham die Beziehungsregulierung ist, können wir von Krankheitswertigkeit des Schamaffekts am ehesten dann sprechen, wenn diese beziehungsregulierende Funktion nach außen wie auch nach innen unterbrochen ist.“ ( Tiedemann, 10.05.2015)

Wir alle habe sicher Erinnerungen an Schambesetze Situationen, die noch heute in uns eine Schamreaktion auslösen, wenn wir daran denken.

In der Abgrenzung zu Schuldgefühlen, die sich eher dann einstellen, wenn etwas getan/oder nicht getan wurde, also mit einer Handlung einhergehen, so finden Schamgefühle eher einen Zusammenhang mit dem SO SEIN.

[...]


1 Sachse, Rainer Prof. Dr., *1948, Leiter des Instituts für Psychologische Psychotherapie in Bochum.

2 Reflexion = Vertiefung in einem Gedankengang, Betrachtung (Duden, S. 838)

3 Werden Personenbezeichnungen aus Gründen der Einfachheit in der männlichen Form verwendet, so schließt dies die weibliche Form mit ein.

4 Zitat H. Thoelen, Unterricht ibs, 23.04.2015

5 „Life event: (n). Lebensereignis. Für das Individuum bedeutsames, in seiner Lebensstruktur eingreifendes - ungünstiges oder günstiges - Ereignis.“ (Peters 2007, S. 323)

5 „Unreife Abwehrformen sind alle schamabwehrenden Deckaffekte (Wurmser, 1993, S. 305). D.h., Schamgefüh- le werden überdeckt durch andere Gefühle, die weniger unlustvoll empfunden werden.“ (Heinzmann ,26.04.2015)

6 Ciompi Luc, Prof. Dr. med. emeritus, Dr. honoris causa der Universität Lausanne. Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vormals ärztlicher Direktor der sozialpsychiatrischen Universitätsklinik Bern / Schweiz. Begründer des Konzepts der Affektlogik zu den Wechselwirkungen zwischen Fühlen und Denken sowie der therapeutischen Wohngemeinschaft Soteria Bern.

8 Bernd Leibig, *1949, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalytiker

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Scham. Menschen und Gefühle in der sozial-psychiatrischen Arbeit
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2015
Seiten
22
Katalognummer
V412402
ISBN (eBook)
9783668644533
ISBN (Buch)
9783668644540
Dateigröße
756 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Scham Schuld Gefühle ambulante psychiatrische Pflege
Arbeit zitieren
Ulrike Flügge (Autor:in), 2015, Scham. Menschen und Gefühle in der sozial-psychiatrischen Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412402

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