Im Zuge der Reaktorkatastrophe von Fukushima beschloss die schwarz-gelbe Regierung unter Kanzlerin Merkel im Juni 2011 kurzerhand den zweiten und endgültigen Ausstieg aus der Nutzung von Kernenergie in der deutschen Geschichte. Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass diese Entscheidung keineswegs die Norm ist. Viele Länder beharren weiterhin auf der Nutzung der Kernenergie als wichtige Energiequelle und Wirtschaftsfaktor. Deutschlands Nachbar Frankreich ist hier auf den ersten Blick keine Ausnahme. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass durchaus seit mehreren Jahrzehnten in Frankreich politische Bestrebungen zu einem Atomausstieg bestehen, welche jedoch bislang keine signifikanten Erfolge erzielen konnten. Eine vergleichende Betrachtung der Atompolitik beider Länder verspricht Erkenntnisse über die Ursachen dieser divergierenden Erfolge von Bestrebungen zum Ausstieg zu liefern. Abschließende Frage dieser Arbeit soll dahingehend sein, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sich in den politischen Bestrebungen zum Atomausstieg in Deutschland und Frankreich feststellen lassen und wie sich darüber hinaus diese Unterschiede erklären lassen. Oder zugespitzter formuliert: Wieso kam es in Deutschland nach Fukushima unmittelbar zum Atomausstieg und in Frankreich nicht?
Das von Peter Bachrach und Morton Baratz in ihrem Werk »Macht und Armut« geschaffene Nicht-Entscheidungs-Modell liefert hierzu einen möglichen Erklärungsansatz. Es baut auf der Annahme auf, dass Akteure, die eine Aufrechterhaltung der bestehenden Politik anstreben, sogenannte Nicht-Entscheidungen einsetzen, um potenziell gefährliche Bestrebungen und Änderungsvorschläge zu unterbinden. Diese Nicht-Entscheidungen äußern sich in vier Hürden, welche ein politisches Vorhaben überwinden muss, um als autoritative Entscheidung und Output des politischen Systems die jeweilige Wirkung zu entfalten.
Die Arbeit skizziert zunächst hierzu das Nicht-Entscheidungs- beziehungsweise Hürdenmodell. Darauf aufbauend wird im empirisch-analytischen Teil der Arbeit zunächst auf die Entwicklung des Atomausstiegs in Deutschland eingegangen, anschließend erfolgt die Betrachtung Frankreichs in Hinblick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Atompolitik beider Länder. Den Abschluss bildet ein resümierendes Fazit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Modell der Nicht-Entscheidungen nach Bachrach und Baratz
- Grundannahmen und praktische Probleme
- Hürden im politischen Prozess
- Atomausstieg in Deutschland
- Atomkonsens und Laufzeitverlängerung
- Post-Fukushima: Ausstieg vom Ausstieg vom Ausstieg
- Atomausstieg in Frankreich
- Klare Entscheidung für Atomkraft und Stagnation
- Kurswechsel nach Fukushima?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den Atomausstieg in Deutschland und Frankreich im Vergleich. Sie untersucht die Gründe für die unterschiedlichen Erfolge von politischen Bestrebungen zum Ausstieg aus der Kernenergienutzung. Die Arbeit befasst sich insbesondere mit der Frage, warum es in Deutschland nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima unmittelbar zum Atomausstieg kam, während dies in Frankreich nicht der Fall war. Das Nicht-Entscheidungsmodell von Bachrach und Baratz wird als ein möglicher Erklärungsansatz für diese Divergenz genutzt.
- Atomausstieg in Deutschland und Frankreich
- Nicht-Entscheidungsmodell von Bachrach und Baratz
- Politische Hürden im Entscheidungsprozess
- Einfluss der Reaktorkatastrophe von Fukushima
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Atompolitik beider Länder
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Thematik des Atomausstiegs in Deutschland und Frankreich im Kontext der Reaktorkatastrophe von Fukushima vor. Sie beleuchtet die divergierenden Entwicklungen in beiden Ländern und führt das Nicht-Entscheidungsmodell von Bachrach und Baratz als möglichen Erklärungsansatz ein.
- Modell der Nicht-Entscheidungen nach Bachrach und Baratz: Dieses Kapitel beschreibt das Nicht-Entscheidungsmodell und die darin enthaltenen Hürden im politischen Prozess. Es analysiert die Grundannahmen des Modells und geht auf praktische Probleme bei der empirischen Identifizierung von Nicht-Entscheidungen ein.
- Atomausstieg in Deutschland: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entwicklung des Atomausstiegs in Deutschland, beginnend mit dem Atomkonsens und der Laufzeitverlängerung bis hin zum Ausstieg nach der Katastrophe von Fukushima. Es analysiert die politischen Prozesse und Entscheidungsprozesse in Deutschland.
- Atomausstieg in Frankreich: Dieses Kapitel beleuchtet die Atompolitik in Frankreich und untersucht die Gründe für die bisherige Stagnation im Atomausstieg. Es setzt die Ergebnisse mit der Situation in Deutschland in Beziehung und analysiert Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Atompolitik beider Länder.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themen Atomausstieg, Nicht-Entscheidungsmodell, politische Hürden, Atompolitik, Vergleichende Politikforschung, Deutschland, Frankreich und Fukushima.
- Citation du texte
- Tim Mandel (Auteur), 2014, Au contraire? Fortschritt und Hürden im Ausstieg aus der Kernenergienutzung in Deutschland und Frankreich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412882