Rückstellungskriterien im Vergleich - HGB versus IFRS


Trabajo Escrito, 2005

16 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Rückstellungen nach HGB
2.1 Begriff der Rückstellung im Jahresabschluss
2.2 Aus welchem Grund sind Rückstellungen zu bilanzieren?
2.3 Welche Rückstellungen sind bilanzierungsfähig?
2.4 Rückstellungskriterien nach HGB
2.4.1 Außenverpflichtung
2.4.2 Rechtliche Vollentstehung bzw. wirtschaftliche Verursachung
2.4.3 Hinreichende Konkretisierung
2.4.4 Unkompensierte Last

3. Rückstellungen nach IFRS
3.1 Begriff der Rückstellung im Jahresabschluss
3.2 Rückstellungskriterien nach IFRS
3.2.1 Gegenwärtigkeit einer Verpflichtung
3.2.2 Ereignis der Vergangenheit
3.2.3 Wahrscheinlicher Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen
3.2.4 Verlässliche Schätzung der Verpflichtung
3.2.5 Praktische Unentziehbarkeit
3.2.6 Verpflichtung gegenüber Dritten

4. Zusammenfassung und Ergebnis

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Eine zentrale Aufgabe jeder Rechnungslegung ist die am Bilanzstichtag bestehenden Lasten und die damit verbundenen künftigen Ausgaben abzubilden. Bei den Verbindlichkeiten ist die Passivierung meist zweifelsfrei zu bewerkstelligen. Problematisch sind hingegen die Grenzfälle. Hier sollen die Rückstellungskriterien möglichst trennscharf und den Zwecken des Jahresabschlusses entsprechend die passivierungspflichtigen Sachverhalte definieren. Die Rückstellungsbedingungen des HGB und der IFRS unterscheiden sich hierbei recht deutlich. Aus diesem Anlass werden in der vorliegenden Hausarbeit die Passivierungskriterien nach Handelsrecht sowie nach internationalem Verständnis analysiert.

Dem Schrifttum zufolge sind die Kriterien der Rückstellungen grundsätzlich dem Ansatz nach geprägt. Insofern konzentriert sich der Autor ausschließlich auf die in der Fachliteratur erwähnten Passivierungskriterien. Bevor der Verfasser jeweils ausführlich auf die Bilanzierungsbedingungen nach beiden Rechnungslegungsstandards eingeht, wird der Begriff der Rückstellungen zum einem nach deutschem, zum anderen nach angelsächsischem Verständnis, kurz dargestellt. Für eine optimale Abgrenzung der handelsrechtlichen Rückstellungskriterien werden zudem im Vorfeld die statische und dynamische Bilanzauffassung sowie die verschiedenen Rückstellungsarten verdeutlicht.

Abschließend werden die wichtigsten Aspekte der im Hauptteil erörterten Rückstellungskriterien zusammengefasst. Eine Stellungnahme zu den Rückstellungsbe­dingungen beider Rechnungslegungsstandards rundet die Hausarbeit ab.

2. Rückstellungen nach HGB

2.1 Begriff der Rückstellung im Jahresabschluss

Im HGB wird der Passivposten Rückstellung nicht definiert. Coenenberg versteht Rück­stellungen als „Passivposten, die solche Wertminderungen der Berichtsperiode als Auf­wand zurechnen, die durch zukünftige Handlungen (…) bedingt werden und deshalb be­züglich ihres Eintretens oder ihrer Höhe nach nicht völlig, aber dennoch ausreichend si­cher sind.“[1][2]

2.2 Aus welchem Grund sind Rückstellungen zu bilanzieren?

Ist eine Rückstellung zu bilden, spielt zunächst einmal die Zielsetzung, die man mit der Bilanz verfolgt, eine entscheidende Rolle.[3] Folgt man der statischen Konzeption, welche die Aufgabe hat, Vermögen und Schulden zu einem Stichtag richtig darzustellen, können nur solche Rückstellungen bilanziert werden, die gegenüber Dritten bestehen. Unter dynamischen Gesichtspunkten zählt vielmehr die periodengerechte Erfolgsermittlung. Diese Interpretation schließt einerseits die auch aus der statischen Auffassung ableitbaren Rückstellungen für ungewissen Verbindlichkeiten ein; denn deren Bildung dient neben dem korrekten Schuldenausweis zugleich der richtigen Periodenabgrenzung der Aufwendungen. Die dynamische Interpretation schließt überdies auch reine Aufwandsrückstellungen ein. Diese führen nicht zu Verbindlichkeiten gegenüber Dritten, sondern betreffen innerbetriebliche Vorsorgemaßnahmen.[4]

2.3 Welche Rückstellungen sind bilanzierungsfähig?

§ 249 HGB zählt erschöpfend den Kreis der handelsrechtlich zulässigen Rückstellungen abschließend (Rückstellungsarten) auf.[5] Danach ergibt sich folgendes Schaubild:

Passivierungsfähigkeit von Rückstellungen nach HGB

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg, Jahresabschluß und Jahresabschlußa­nalyse, 2000, S. 346.

In der Handelsbilanz unterliegen sämtliche Rückstellungen, die aufgrund einer Verpflich­tung einem Dritten gegenüber bestehen, einer Passivierungspflicht. Somit wurde der sta­tischen Bilanztheorie in hohem Maße durch den Gesetzgeber Rechnung getragen.[6] Ne­ben diesen Rückstellungen enthält § 249 HGB aber auch die durch ein Passivierungswahlrecht gekennzeichneten Aufwandsrückstellungen, die der dynamischen Bilanzauffassung entsprechen.[7] Es werden in § 249 HGB drei Arten von Auf­wandsrückstellungen unterschieden, nämlich Rückstellungen für Instandhaltungsmaß­nahmen, Rückstellungen für ihrer Eigenart nach genau umschriebene Aufwendungen sowie Rückstellungen für Abraum­beseitigung.[8] Die Vorschriften des § 249 HGB sind für alle Kaufleute verbindlich. Für andere als in diesem Paragraphen genannte Zwecke dürfen keine Rückstellungen gebildet werden.[9]

2.4 Rückstellungskriterien nach HGB

§ 5 (1) EStG schreibt das Maßgeblichkeitsprinzip vor.[10] Die Handelsbilanz ist somit für die Steuerbilanz maßgeblich. Demnach gelten, da im Steuergesetz bis auf wenige Ausnah­men keine Rückstellungsbestimmungen enthalten sind, grundsätzlich die in § 249 HGB enthaltenen Vorschriften über die Bilanzierung von Rückstellungen auch für die Steuerbi­lanz.[11] In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung haben sich jedoch verschiedene Objekti­vierungskriterien für wirtschaftliche Lasten herausgebildet, um zu verhindern, dass der Kaufmann nach eigenem Gutdünken lediglich subjektiv empfundene Belastungen in der Bilanz passiviert. Diese sind nach Wehrheim:[12]

- Außenverpflichtung,
- Rechtliche Vollentstehung bzw. wirtschaftliche Verursachung,
- Hinreichende Konkretisierung und
- Unkompensierte Last.

Damit entspricht der steuerrechtliche Rückstellungsbegriff weitestgehend dem handels­rechtlichen. Folglich sind für Coenenberg „grundsätzlich alle Rückstellungen, die nach HGB rückstellungspflichtig sind, auch in der Steuerbilanz zu passivieren, wenn kein kon­kretes Verbot greift.“[13][14]

2.4.1 Außenverpflichtung

Eine Außenverpflichtung ist entweder durch eine privatrechtliche, eine öffentlich-rechtliche oder aber eine rechtlich nicht einklagbare, rein wirtschaftliche Verpflichtung gegeben. Diese Verpflichtung hat jedoch gegenüber Dritten und nicht etwa gegenüber dem Kauf­mann selbst zu bestehen.[15]

Rückstellungen sind folglich passivierungsfähig, wenn eine privatrechtliche Ver­pflichtung gegeben ist. Als Beispiel sei hier die Pensionsrückstellung erwähnt, die ein Unternehmen gemäß § 266 HGB bilden muss, sofern es eine Pensionszusage an seine Mitarbeiter abgibt.[16] Das Kriterium der privatrechtlichen Außenverpflichtung be­steht hier gegenüber den Pensionären, die durch ihre Betriebszugehörigkeit einen Aus­zahlungsanspruch erworben haben.[17]

Darüber hinaus sind Rückstellungen zu passivieren, wenn eine öffentlich-rechtliche Ver­pflichtung gegeben ist, die hinreichend konkretisiert ist und an deren Verletzung Sanktio­nen gebunden sind. Als Beispiel sei hier die öffentlich-rechtliche Verpflichtung eines Sä­gewerks genannt, seine Emissionswerte für einen Spänetrockner zu verringern. Das Krite­rium der Verpflichtung besteht hier etwa gegenüber einer Stadt, die ein bestimmtes Han­deln innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorschreibt. Auch ist das Kriterium der sankti­onsbewehrten Verpflichtung gegeben, da die Stadt die Einstellung der betrieblichen Tätig­keit des Sägewerks veranlassen kann.[18]

Passivierungspflichtig sind aufgrund der Verpflichtung gegenüber Dritten aber auch sol­che Rückstellungen, bei denen zwar kein rechtlicher, sondern lediglich ein faktischer Leistungszwang besteht, also wenn sich der Kaufmann „der Leistung aus wirtschaftlichen Gründen nicht entziehen kann“.[19] Beharrt ein Großabnehmer nach Ablauf der Gewährleis­tungsfrist auf Garantieleistungen, ist es ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft, solchem Ver­langen nachzugeben.[20]

Eine Abweichung von dem zu erfüllenden Kriterium der Außenverpflichtung stellen grund­sätzlich die der dynamischen Bilanzauffassung zugehörigen Innenverpflichtungen dar.[21] Bei Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder bei Rückstellungen für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, besteht handelsrechtlich gemäß § 249 (1) S. 2 Nr. 1 HGB eine Passivierungspflicht, ohne dass hier eine Verpflichtung Dritten gegenüber steht.[22] Coenenberg führt aus, „dass sich der Gesetzgeber nicht auf einen engen Rückstel­lungsbegriff festlegte, sondern sowohl die statische als auch die dynamische Rückstellungsbegründung als berechtigt anerkennt.“[23] Es ist aber festzuhalten, dass für Auf­wandsrückstellungen bis auf die obigen Ausnahmen ein Passivierungswahlrecht besteht, was dem Maßgeblichkeitsgrundsatz entsprechend in der Steuerbilanz zu einem Passivie­rungsverbot führt.[24]

2.4.2 Rechtliche Vollentstehung bzw. wirtschaftliche Verursachung

Der BFH tendiert dazu, den Zeitpunkt der Passivierung anhand des Tatbestands der Ver­pflichtung zu beurteilen. Eine Verbindlichkeit ist mit der Erfüllung aller Tatbestands­merkmale rechtlich voll entstanden und zu diesem Zeitpunkt zu passivieren. Sie ist damit unabhängig vom Zeitpunkt ihrer wirtschaftlichen Verursachung bilanziell auszuweisen.[25] Auch für Wehrheim und Renz bedeutet rechtliche Vollentstehung, „dass die Verpflichtung gegenüber einem Dritten am Bilanzstichtag rechtlich entstanden ist.“[26] Verbindlichkeiten müssen passiviert werden, wenn sie rechtlich voll wirksam entstanden sind. Da der An­spruch in seiner Höhe i. d. R. ungewiss ist, ist die Bildung einer Rückstellung notwendig.

Eine wirtschaftliche Verursachung liegt nach BFH-Rechtsprechung immer dann vor, „wenn der Tatbestand, dessen Rechtsfolge die Verbindlichkeit ist, am Bilanzstichtag im Wesent­lichen verwirklicht ist“, z. B. Kosten der Jahresabschlussprüfung.[27] Die wirtschaftliche Verur­sachung beruht auf dem Zusammenhang künftiger Ausgaben mit bereits realisierten Erträgen. Sie setzt voraus, dass der Tatbestand, an den das Gesetz das Entstehen der Verpflichtung knüpft, im Wesentlichen im abgelaufenen Geschäftsjahr verwirklicht wurde und die Ereignisse, die zum Entstehen der Verpflichtung führen, wirtschaftlich dem abge­laufenen Wirtschaftsjahr zuzuordnen sind. Die verkörperten Verbindlichkeiten bilden einen künftigen Aufwendungsüberschuss. Liegt die wirtschaftliche Verursachung allerdings vor der rechtlichen Entstehung, so ist bereits gemäß BFH-Urteil vom 28.04.1971 der frühere der beiden Zeitpunkte maßgebend. Im Regelfall liegt die wirtschaftliche Verursachung zeitlich vor der rechtlichen Vollentstehung. Liegen weder rechtliche Vollentstehung noch wirtschaftliche Verursachung vor, darf keine Rückstellung gebildet werden.[28]

[...]


[1] Coenenberg, Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, 2000, S. 343.

[2] Eine Abgrenzung zu den Bilanzpositionen Sonderposten mit Rücklageanteil, Verbindlichkeiten, Rücklagen sowie passive Rechnungsabgrenzungsposten soll in diesem Zusammenhang nicht erfolgen, um den Umfang der Hausarbeit in einem übersichtlichen Rahmen zu halten.

[3] Vgl. dazu: Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, 1997, S. 515 ff.

[4] Vgl. dazu: Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2002, S. 935.

[5] Vgl. dazu: Verlag Neue Wirtschafts-Briefe (Hrsg.), § 249 Handelsgesetzbuch, 2005, S.51.

[6] Vgl. dazu: Kapitel 2.2 zur Definition der Verbindlichkeitsrückstellung in dieser Hausarbeit.

[7] Vgl. dazu: Kapitel 2.2 zur Definition der Aufwandsrückstellung in dieser Hausarbeit.

[8] Vgl. dazu: Kapitel 2.4.1 zur detaillierten Definition der passivierungsfähigen Rückstellungen. In diesem Zusammenhang wird auch verdeutlicht, welche Aufwandsrückstellungen passivierungspflichtig sind.

[9] Vgl. dazu: Verlag Neue Wirtschafts-Briefe (Hrsg.), § 249 Handelsgesetzbuch, 2005, S.51.

[10] Vgl. dazu: Verlag Neue Wirtschafts-Briefe (Hrsg.), § 5 Einkommensteuergesetz, 2002, S.215.

[11] Vgl. dazu: Krag/Mölls, Rechnungslegung, 2001, S. 89.

[12] Vgl. dazu: Wehrheim/Renz, Die Steuerbilanz, 2003, S. 113.

[13] Coenenberg, Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, 2000, S. 347.

[14] So dürfen beispielsweise seit dem 01.01.1997 keine Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften mehr gebildet werden.

[15] Vgl. dazu: Wehrheim/Renz, Die Steuerbilanz, 2001, S. 114; vgl. dazu auch: Moxter, Bilanzrechtsprechung, 1999, hier S. 83 f. und vgl. dazu: R 31c (2) Nr. 1 EStR, 2001.

[16] Vgl. dazu: Verlag Neue Wirtschafts-Briefe (Hrsg.), § 249 Handelsgesetzbuch, 2005, S.59.

[17] Die genauen Bedingungen, wann ein Anspruch auf eine betriebliche Pension besteht, sind vertragsabhängig und werden hier nicht näher erörtert, um das Beispiel nicht unnötig zu verkomplizieren.

[18] Vgl. dazu: BFH-Urteil vom 27.06.2001, BFHE 196, S. 218.

[19] Vgl. dazu: BGH-Urteil vom 28.01.1991 – II ZR 20/90, BB 1991. S. 507.

[20] Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2002, S. 934.

[21] Vgl. dazu: Kapitel 2.2 zur Definition der Innenverpflichtung in dieser Hausarbeit.

[22] Vgl. dazu: Verlag Neue Wirtschafts-Briefe (Hrsg.), § 249 Handelsgesetzbuch, 2005, S.51.

[23] Coenenberg, Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, 2000, S. 343.

[24] Vgl. dazu: Wehrheim/Renz, Die Steuerbilanz, 2003, S. 114.

[25] Vgl. dazu: BFH Urteil vom 27.06.2001, BFHE 196, S. 220.

[26] Wehrheim/Renz, Die Steuerbilanz, 2003, S. 115.

[27] BFH-Urteil vom 19.08.2002, BFHE 199, S. 563.

[28] Vgl. dazu: Wehrheim/Renz, Die Steuerbilanz, 2003, S. 115.

Final del extracto de 16 páginas

Detalles

Título
Rückstellungskriterien im Vergleich - HGB versus IFRS
Universidad
University of Applied Sciences Bremen
Curso
Bilanzlehre und -politik
Calificación
1,3
Autor
Año
2005
Páginas
16
No. de catálogo
V41306
ISBN (Ebook)
9783638395922
Tamaño de fichero
569 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Rückstellungskriterien, Vergleich, IFRS, Bilanzlehre
Citar trabajo
Diplom-Betriebswirt (FH) Christoph Geißler (Autor), 2005, Rückstellungskriterien im Vergleich - HGB versus IFRS, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41306

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