Zum Einfluss der Psychoanalyse auf die Literatur der Moderne am Beispiel von Schnitzlers "Leutnant Gustl"


Hausarbeit, 2017

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historische Gegebenheiten
2.1 Literaturwissenschaft und Psychoanalyse
2.2 Zum Verhältnis von Sigmund Freud und Arthur Schnitzler

3. Untersuchung der Novelle Leutnant Gustl
3.1 Inhaltsangabe Leutnant Gustl
3.2 Schnitzler: Der Innere Monolog
3.3 Freud: Das Ich, Es und Über-Ich
3.4 Das Ich, Es und Über-Ich des Leutnant Gustl

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

Primärtexte

Sekundärtexte

Internetquellen

1. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich im Rahmen des Seminares Erzählprosa der literarischen Moderne mit dem Verhältnis von Arthur Schnitzler und Sigmund Freud, sowie der Frage, ob eine Verbindung zwischen ihren Werken zu erkennen ist. Schnitzler, 1862 geboren, und der 1856 geborene Freud lebten beide zur gleichen Zeit in Wien. Entstammten sie zwar unterschiedlichen sozialen Schichten, erlangten sie doch beide eine medizinische Ausbildung. Freuds Werk Die Traumdeutung, das 1900 erschien, erregte viel Aufmerksamkeit und legte den Grundstein für die von ihm begründete Psychoanalyse.1 Ebenfalls im Jahre 1900 erschien die von Schnitzler geschriebene Novelle Leutnant Gustl, die sich durch einen neuen Erzählmodus, den inneren Monolog, von anderen zeitgenössischen Erzählungen unterschied. Es kann somit leicht angenommen werden, dass zumindest Arthur Schnitzler in seinen Werken vom Wirken Freuds beeinflusst worden sein könnte.

In dieser Arbeit soll Schnitzlers Werk Leutnant Gustl unter Berücksichtigung der freudschen Psychoanalyse untersucht werden, um mögliche Parallelen aufzuzeigen, sowie die Bedeutung des von Schnitzler gewählten inneren Monologs zu verdeutlichen. Da eine detaillierte Zusammenfassung der freudschen Psychoanalyse die Möglichkeiten dieser Hausarbeit übersteigen würde, werde ich mich nur auf Hauptaspekte beziehen können, die für Schnitzlers Werk eine Rolle spielen.

2. Historische Gegebenheiten

2.1 Literaturwissenschaft und Psychoanalyse

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert ist eine Psychologisierung der Literatur bzw. eine Literarisierung der Psychiatrie zu verzeichnen, die miteinander wechselwirken; beide Disziplinen teilen das Interesse an der Psychopathologie.2 Freud schreibt dazu in einem Brief an Schnitzler, die liteƌaƌisĐhe ModeƌŶe uŶd die PsyĐhoaŶalyse seieŶ ǀeƌďuŶdeŶ duƌĐh „die ŶäŵliĐheŶ VoƌaussetzuŶgeŶ, IŶteƌesseŶ uŶd EƌgeďŶisse“, „das Ergriffensein von der Wahrheit des Unbewußten, von der Triebnatur des MeŶsĐheŶ“ uŶd durch die „)eƌsetzuŶg deƌ kultuƌell-konventionellen SiĐheƌheiteŶ“.3

Bei der Überprüfung, was in literarischen Texten als Indikator für die Verarbeitung psychoanalytischen Wissens gelten kann, wird generell zwischen zuverlässigen und unzuverlässigen Indikatoren unterschieden.4 Passend für die Novelle Leutnant Gustl erscheinen dabei zwei uŶzuǀeƌlässige IŶdikatoƌeŶ: „MaŶifestatioŶeŶ des UŶďeǁußteŶ uŶd ŶiĐht [ďeǁußtseiŶsfähige psyĐhisĐhe Pƌozesse]“, soǁie „[pathologisĐhe Konfliktmuster] und BefiŶdliĐhkeiteŶ“, wie sich im Folgenden zeigen wird.5 6 Zwar können schlüssige Belege für die Verarbeitung psychoanalytischen Wissens nur durch zuverlässige Indikatoren gegeben werden, jedoch bieten textexterne Indikatoren wie biographische Zeugnisse etc. einen guten Anhaltspunkt.7 Bezüglich der Untersuchung von Schnitzlers Leutnant Gustl soll daher die Beziehung zwischen Sigmund Freud und Arthur Schnitzler näher beleuchtet werden, um einen biographischen Indikator für die literarische Verarbeitung psychoanalytischen Wissens zu finden.

2.2 Zum Verhältnis von Sigmund Freud und Arthur Schnitzler

Arthur Schnitzler und Sigmund Freud verfügten über nahezu gleiche medizinische Voraussetzungen im Bereich der Psychiatrie. Schnitzler war einige Jahre nach Freud Sekundararzt des Psychiaters Theodor Meynert und rezensierte in der Fachzeitschrift seines Vaters einige Schriften Freuds. Von Freuds Werk Die Traumdeutung inspiriert, führte Schnitzler über Jahre hinweg ein Traumtagebuch und demonstrierte außerdem die Wirkung von Hypnose auf seine Patienten vor geladenem Publikum. Dennoch gab es in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts keinen persönlichen Kontakt zwischen Freud und Schnitzler, obgleich sie doch gegenseitig ihre Schriften studierten.8 Freud schreibt 1906 an Schnitzler, eƌ sei siĐh seit ǀieleŶ JahƌeŶ deƌ „ǁeitƌeiĐhenden Übereinstimmung bewußt, die zwischen [Schnitzler] und [s]einen Auffassungen mancher psyĐhologisĐheƌ uŶd eƌotisĐheƌ Pƌoďleŵe ďesteht“.9 1922 schreibt Freud in einem freundlichen Brief zu Schnitzlers 60. Geburtstag weiter, er habe sich mit der Frage gequält, warum er in all den Jahren nie das Gespräch ŵit SĐhŶitzleƌ gesuĐht haďe, uŶd die AŶtǁoƌt sei „[Eƌ] haďe [ihŶ] geŵiedeŶ aus eiŶeƌ Aƌt ǀoŶ DoppelgäŶgeƌsĐheu“.10 Außerdem habe er den Eindruck, Schnitzler wisse all das durch Intuition, was er selbst in mühseliger Arbeit an anderen Menschen aufgedeckt habe.11 Korrekt scheint diese Aussage jedoch eigentlich nicht zu sein, da Freud doch wusste, dass Schnitzlers Wissen nicht bloßer Intuition und Selbstwahrnehmung entstammte, waren sie doch beide durch die gleiche Wiener medizinische Schule gegangen. Sie beide hatten den Fokus ihrer medizinischen Ausbildung auf das Gebiet der Psychiatrie gelegt und Freud war bekannt, dass Schnitzler sogar zu diesem Thema Texte publizierte. Auch Freud selbst hatte sein Wissen nicht Ŷuƌ aus „ŵühseligeƌ Aƌďeit aŶ aŶdeƌeŶ MeŶsĐheŶ“, soŶdeƌŶ auĐh aus iŶteŶsiǀeƌ SelďstďeoďaĐhtuŶg gewonnen. 12 Zu einem ersten persönlichen Kontakt zwischen Freud und Schnitzler kam es erst in der 1920er Jahren, doch auch daraufhin entwickelte sich kein engeres Verhältnis zwischen beiden.13

3. Untersuchung der Novelle Leutnant Gustl

3.1 Inhaltsangabe Leutnant Gustl

Die Novelle Leutnant Gustl handelt von ebendiesem jungen Offizier, der nach dem langweilenden Besuch eines Oratoriums in einen Streit mit dem Bäckermeister gerät. Dieser beleidigt Gustl bei der Garderobe mit deŶ WoƌteŶ „duŵŵeƌ Buď“ uŶd kƌäŶkt ihŶ iŶ seiŶeŵ Offizieƌsstolz, iŶdeŵ er seinen Säbel festhält und sogar droht, ihn zu zerbrechen und an Gustls Vorgesetzten zu schicken.14 Diesen Vorfall überdenkend läuft Gustl durch die nächtlichen Wiener Straßen und sucht nach einer Möglichkeit, diese Demütigung nicht auf sich sitzen zu lassen. Sich mit dem Bäckermeister zu duellieren, wie er es für den nächsten Tag mit einem Rechtsanwalt plant, ist nicht möglich, da diesem der militärische Rang fehlt, und Gustl ihm außerdem körperlich unterlegen wäre. Den Vorfall sofort selbst seinem Vorgesetzten zu melden, würde mit einer Quittierung seines Dienstes enden. Es scheint ihm letztlich der einzige Ausweg zu sein, sich selbst zu töten, um so der öffentlichen Demütigung zu entgehen und seinen Stolz wiederherzustellen.15 Nach einem Nickerchen auf einer Parkbank und einem kurzen Besuch in der Kirche, beschließt Gustl, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Zuvor will er nur noch etwas im Kaffeehaus trinken. Dort erfährt er jedoch vom Kellner, dass der Bäckermeister in der Nacht einen tödlichen Herzinfarkt erlitten habe.

[...]


1 Vgl. http://gutenberg.spiegel.de/autor/sigmund-freud-182 (aufgerufen am 08.03.2017)

2 Vgl. Lorenz (2007), S. 121.

3 Anz / Pfohlmann (2006), S. 24.

4 Vgl. ebd., S. 24f.

5 Unter dem ersten Indikator seien Dinge wie Nacht- und Tagträume, individuelle Wahn- oder kollektive Phantasiegebilde, Fehlleistungen oder Symptombildungen verstanden, unter dem zweiten Angstneurosen, Hysterie u.Ä. (vgl. Anz / Pfohlmann (2006), S. 25.).

6 Anz / Pfohlmann (2006), S. 25.

7 Vgl. ebd., S. 25.

8 Vgl. Lorenz (2007), S. 124f.

9 Ebd., S. 125.

10 Ebd., S. 125.

11 Vgl. ebd., S. 106.

12 Vgl. Anz / Pfohlmann (2006), S. 23.

13 Vgl. Lorenz (2007), S. 125.

14 Vgl. Schnitzler (1961), S. 343.

15 Vgl. ebd., S. 345-347.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Zum Einfluss der Psychoanalyse auf die Literatur der Moderne am Beispiel von Schnitzlers "Leutnant Gustl"
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Germanistik)
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
13
Katalognummer
V413697
ISBN (eBook)
9783668645677
ISBN (Buch)
9783668645684
Dateigröße
691 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluss, psychoanalyse, literatur, moderne, beispiel, schnitzlers, leutnant, gustl
Arbeit zitieren
Wiebke Theis (Autor:in), 2017, Zum Einfluss der Psychoanalyse auf die Literatur der Moderne am Beispiel von Schnitzlers "Leutnant Gustl", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/413697

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