Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen
3. Aufgaben von Bildungspolitik und Bildungsökonomie
3.1 Bedeutung kindlicher Bildung und Betreuung im Wirtschaftswachstum
3.2 Wirtschaftliche und immaterielle Vorteile des Humankapitales
4. Auswirkungen von frühpädagogischen Einrichtungen auf Kinder
5. Anforderungen an Leitungspersonal
5.1 Anforderungen an die Leitung hinsichtlich der Umsetzung des Bildungsplanes
5.2 Ausbildung von Leitungskräften
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Onlineverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 : Anforderungsprofil an eine Leitung
1. Einleitung
״Auf den Anfang kommt es an“, so eine Bildungsforschung, im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. ״Von Bildung und Erziehung wird es abhängen, ob die heranwachsende Generation den Ansprüchen, Herausforderungen und Belastungen gewachsen ist, mit denen sie konfrontiert werden wird“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2007, S.2) Frühkindliche Betreuung, Erziehung und Förderung ist unlängst kein Gegenstand, den nur die Eltern eines Kindes interessieren. Auch die Wissenschaft, Forschung, Politik und die Wirtschaft erhebt Anspruch auf das Mitwirken im Bereich der Frühpädagogik. Die Bedeutung des ״Formens einer zukünftigen Ge- Seilschaft“ wird immer mehr anerkannt. Der Pisa Schock öffnete das Bewusstsein dafür, dass auch frühkindliche Bildungsprozesse in die Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft mit hinein spielen, (vgl. OECD 2002, s. 56)
Was Bedeutet es, Kinder frühzeitig auf einen Bildungsprozess zu bringen für unsere spätere Gesellschaft? Welchen Nutzen kann die Gesellschaft daraus ziehen? In der vorliegenden Hausarbeit sollen vor allem die wirtschaftlichen Aspekte betrachtet werden. Es stellt sich die Frage, inwiefern die Qualifikation einer Leitung einer Kindertagesstätte, eine bedeutende Rolle in diesem Kontext spielt.
Eine genauere Betrachtung der gesetzlichen Vorgaben des Bildungsauftrages führt zu der Frage, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten eine Leitung benötigt, um diesen in der Kindertagestätte umzusetzen. Auch die Frage, wie Leitungen in Deutschland qualifiziert sind, spielt in diesem Zusammenhang mit hinein.
Welche erwiesenen Effekte hat der Besuch einer frühkindlichen Einrichtung und wie kann dies für die Gesellschaft nutzbar gemacht werden?
In dieser Hausarbeit sollen die Faktoren des gesetzlichen Bildungsauftrages, der Bedeutung frühkindlicher Bildung für die Gesellschaft, Qualifikation von Leitungskräften sowie die Anforderungen die an sie gestellt werden, beleuchtet und in einen Zusammenhang gestellt werden. Auch die Aufgaben der Bildungspolitik und -Ökonomie werden in diesem Kontext betrachtet. Im Fazit wird erläutert, welche Schlüsse sich aus diesen Elementen ziehen lassen.
2. Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen
Der Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen wurde im SGB XIII - Kinder- und Jugendhilfegesetz rechtlich verankert und festgehalten in § 22 Absatz (2). Das Ziel von Kindertageseinrichtungen ist demnach ״die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern“ (Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, § 22) Weiter heißt es in §22 Absatz (3)
״Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Flerkunft berücksichtigen.“ (Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, §22)
Der somit rechtlich verankerte Bildungsauftrag umfasst eine ganzheitliche Entwicklung des Kindes in verschiedenen Bereichen und definiert das klare Ziel, das Kind zu einer gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu entwickeln. Die Träger haben dafür Sorge zu tragen, die Qualität in den Einrichtungen durch den Einsatz von geeigneten Maßnahmen sicher zu stellen. Flier werden in § 22a vor allem die Erstellung einer pädagogi- sehen Konzeption sowie der Einsatz von Qualitätsverfahren genannt (vgl. Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, § 22a) Weitere Spezialisierungen finden sich zum Teil in den jeweiligen Kita-Landesgesetzen. Durch den erweiterten Rechtsanspruch, der zum 01.08.2013 in Kraft getreten ist, haben nicht nur Kinder ab dem dritten Lebensjahr, sondern nun auch Kinder ab dem ersten Lebensjahr einen rechtliChen Anspruch auf einen Platz in einer Tageseinrichtung. Die Kommunen sind damit verpflichtet, den jeweiligen Kindern und deren Eltern einen Kitaplatz zur Verfügung zu stellen, (vgl. Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, § 24)
Der somit erweiterte Anspruch stellt an Kindertageseinrichtungen insgesamt mehrere Ansprüche:
- Kinder zu betreuen, zu bilden und zu erziehen, dies unter Berücksichtigung ihres Alters, ihres Entwicklungsstandes sowie ihrer Flerkunft
- Die Entwicklung der Kinder zu gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu fördern
- Die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes soll unter der Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse gefördert werden
- Vermittlung von Werten und Normen
- Den Bildungsprozess zu dokumentieren
- Die Qualität der Bildung zu sichern
- Sich für die Betreuung unter 3 Jähriger zu öffnen
Neben der Verankerung im Sozialgesetzbuch traten, vor allem in Reaktion auf das schlechte Abschneiden in der PISA Studie, Bildungspläne der einzelnen Bundesländer in Kraft. Obwohl in der PISA Studie 15 Jährige verglichen wurden, kam das Bewusstsein, dass die frühkindliche Bildung in den gesamten Bildungsprozess hineinspielt, auf. (vgl. OECD 2002, s. 56) Durch den Föderalismus sind die formulierten Bildungspläne in ihrer Umsetzung unterschiedlich ausgestaltet. Die Pläne haben jedoch gemein, ״die Absicht, Bildungsprozesse und - angebote in Tageseinrichtungen für Kinder und Tagespflege zu systematisieren und zu optimieren.“ (ebenda, s. 57) Die in diesem Zuge neue, curriculare Ausgestaltung in der Arbeit mit Kindern, greift in die vorherige Freiheit von Trägern und Kinder ein und dient als klare Flandlungsvorgabe. (ebenda, S.57)
3. Aufgaben von Bildungspolitik und Bildungsökonomie
Um sich den Aufgaben von Bildungspolitik und Bildungsökonomie anzunähern, sollten zunächst die Begriffe definiert werden. Bildungspolitik ist ״die Gesamtheit der Entscheidungen, Flandlungen, Flandlungsprogramme und Regelungen, die von öffentlichen oder privaten Organisationen getroffen werden, um die Bedingungen für das Gelingen von Lernprozessen inhaltlich, organisatorisch und ressourcenmäßig zu gestalten.“ (Springer Gabler Verlag, Stichwort Bildungspolitik) Damit beeinflusst die Bildungspol¡- tik durch ihre Gestaltung auch die Bildungschancen eines jeden Kindes. Durch quantitative Forschung, wie beispielsweise der PISA- Studie, auf die bereits im vorherigen Abschnitt eingegangen wurde, werden die aktuellen Bedingungen hinsichtlich Bildungsprozessen von Kindern in Deutschland ermittelt und analysiert. Dies ist Wiederum Ausgangspunkt für die Fachbereiche, um Empfehlungen für Maßnahmen auszusprechen, die die Bildungschancen von Kindern erhöhen. Nach dem PISA-Schock geschah genau dies für den frühkindlichen Bereich (vgl. OECD 2002, s. 56)
Der Begriff Bildungsökonomie ist die ״Beschreibung und Analyse, wie Individuen, Institutionen und die Gesellschaft insgesamt knappe Ressourcen einsetzen, um verschiedene Arten von Bildung zu produzieren, d.h. die EntWicklung von Wissen, Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, von EinStellungen, moralischen Normen, Werten, Orientierungen, von Charakter und geistigem Vermögen über die Zeit v.a. durch formale Institutionen anzuregen und zu fördern, und wie die knappen Ressourcen sowie die Ergebnisse ihrer Nutzung in Bildungsprozessen in Gegenwart und Zukunft zwi- sehen den Menschen und Gruppen innerhalb einer Gesellschaft verteilt werden.“ (Springer Gabler Verlag, Stichwort Bildungsökonomie)
Dies bedeutet, der Bildungsökonomie kommt die Aufgabe der Verteilung knapper Ressourcen zu, um Bildung in der Gesellschaft zu verankern.
Die 3 Grundfunktionen des Bildungswesen sind Integrations- die Allokations- und die Qualifikationsfunktion (vgl. Flepp 2011, s.28f) Vor allem die Qualifikationsfunktion gilt es im Zusammenhang mit der gestellten Forschungsfrage näher zu beleuchten. In den folgenden Abschnitten 3.1 und 3.2 soll nun näher auf den Zusammenhang von frühkindlicher Bildung und Wirtschaftswachstum eingegangen.
3.1 Bedeutung kindlicher Bildung und Betreuung im Wirtschaftswachstum
Investitionen in die frühkindliche Förderung bedeuten mehr Effizienz in Wirtschaft aber auch in der Gerechtigkeit. Dies bedeutet konkret: Erhöhung des Wirtschaftswachs- turns, Erhöhung der Startchancengleichheit und Verringerung des Lohnabstandes von Frauen, (vgl. Anger/Plünnecke 2008, S.4)
Im Jahr 2007 stellte Plünnecke in einer Szenario Rechnung fest, dass durch den stark sinkenden Teil der Bevölkerung in Deutschland, die im erwerbsfähigen Alter zwischen den Jahren 2025 und 2035 sind, das Wirtschaftswachstum stark belastet ist. Geht man von einer gleichbleibenden Fertilitätsrate von 1,4 bei deutschen Frauen aus und auch sonst gleich bleibenden Bedingungen, ist von einer Halbierung der Wachstumsdynamik auszugehen, (vgl. Plünnecke2007, s. 11f) Um dieser Dynamik entgegenzuwirken, sind Reformen in der frühkindlichen Bildung vorzunehmen, (vgl. Anger/Plünnecke 2008, s.5ff) Denn ״Das Wirtschaftswachstum wird unter anderem durch den Bildungsstand der Bevölkerung beeinflusst“ (Anger/Plünnecke 2008, S.9) So kann ein höheres Bildungsniveau der Bevölkerung zu mehr Wirtschaftswachstum führen.
In diesem Zusammenhang zeigt sich auch, dass Kinder aus einem sozial schwachen Milieu geringere Bildungschancen erhalten, (vgl. Pechar 2006, s. 95) Vor allem in Deutschland zeigt sich bereits seit Jahren die Tendenz, dass der familiäre Hintergrund eines Kindes seinen Bildungserfolg maßgeblich beeinflusst, (vgl. Anger/Plünnecke 2008, s. 10f) Es stellte sich heraus, dass der Kindergartenbesuche eines Kindes nachweislich positive Effekte auf das Lernergebnis innerhalb der PISA-Studie bewirkt, (ebenda, s. 11) Je längerein Kind demnach eine Kindertageseinrichtung besuchte, je höher war sein Erfolg beim Erreichen der PISA-Punkte.
Auch die Erwerbstätigkeit von Frauen spielt in das Marktwachstum hinein. Im Jahr 2003 haben in den ersten beiden Lebensjahren der Kinder, 90 Prozent der Frauen Elternzeit genommen, aber nur ca. 4,9 Prozent der Männer, (vgl. Anger/Plünnecke 2007, s. 17) Eine längere Auszeit aus der Berufswelt bedeutet jedoch, dass dem Arbeitsmarkt weniger Humankapital[1] zur Verfügung steht. Auch künftige Nachteile bei der Lohnentwicklung sind die Folge, (ebenda, S.17) So stellt der frühkindliche Besuch einer Kindertagesstätte, eine Verringerung solcher Nachteile für Frauen dar.
Im OECD Bericht wird beschrieben: ״Bemerkenswert ist eine starke Betonung wirtschaftlicher Zusammenhänge sowohl von Seiten der Politik als auch von Seiten der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände auf der Grundlage von Forschungsarbeiten wirtschaftsorientierter Institute. AufWendungen für frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung sollen nicht länger als konsumtive Ausgaben und Belastungsfaktoren der (öffentlichen) Haushalte, sondern als (privatwirtschaftliche und öffentliche) Investitionen verbucht werden. Sie werden als ״Investition in Humankapital“ angesehen.“ (OECD 2002-2004,s. 17)
3.2 Wirtschaftliche und immaterielle Vorteile des Humankapitales
Als Humankapital wird im Allgemeinen folgendes bezeichnet: ״Das auf Ausbildung und Erziehung beruhende Leistungspotenzial der Arbeitskräfte (Arbeitsvermögen). Der Begriff Humankapital erklärt sich aus den zur Ausbildung dieser Fähigkeiten hohen finanziellen Aufwendungen und der damit geschaffenen Ertragskraft.“(Springer Gabler Verlag Stichwort: Humankapital) Das damit erworbene Humankapital bringt demnach mit seiner Ertragskraft wiederum Erträge in die Wirtschaft.
Neben diesen wirtschaftlichen Vorteilen gibt es laut Pechar einen ״erweiterten Begriff von Humankapital“. Denn neben der Leistungsfähigkeit eines Menschen, sollte auch ein weiter gefasstes Humankapital ausdifferenziert werden. Hier geht es um Einsteilungen, Motive und komplexere intellektuelle Fähigkeiten. Dieses sind die zugrunde legenden Fähigkeiten zur Nutzung und Entwicklung der Leistungsfähigkeit, (vgl. Pechar 2006, s.40f)
Hier heraus ergeben sich wirtschaftliche Vorteile für den Menschen, denn sein Einkommen ist höher und das Risiko arbeitslos zu werden, sinkt. Auch Unternehmen und die Gesamtwirtschaft profitieren davon. Die immateriellen Vorteile liegen darin, dass das Individuum zufriedener ist und sich wohler fühlt. Auch die Gesellschaft profitiert daraus, das Individuum bringt sich mehr in die Gemeinschaft ein und die Kriminalitätsrate ist geringer, (ebenda, S.41)
4. Auswirkungen von frühpädagogischen Einrichtungen auf Kinder
Es gibt Untersuchungen die belegen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Förderqualität der Kinder und dem Bildungsniveau des Fachpersonales gibt. Insbesondere eine höher qualifizierte Leitung zeigt in diesem Zusammenhang größere Bildungserfolge für die Kinder, (vgl. Sylvia et al. 2004, s. 4) Auch positive Auswirkungen auf den Bereich des sozial-emotionalen Entwicklungsfeldes sowie der kognitiven Korn- petenzen wurden nachgewiesen (vgl. Blossfeld et al 2012, s. 22f)
So kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass je höher das Qualifikationsniveau der Leitung und der Erzieherinnen, desto größer ist die Qualität der Einrichtung.
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[1] Begriffsklärung Humankapital in Kapitel 3.2