Die christlichen Minderheiten im osmanischen Reich


Studienarbeit, 2001

23 Seiten, Note: Gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Das Osmanische Reich im 14. und 15. Jahrhundert
Die Entstehung
Der Staat und die Gesellschaft
Die Eroberungen in Europa

Die christlichen Minderheiten in Kleinasien
Armenien
Die rechtliche Stellung

Die Christen in den eroberten Gebieten
Griechen
Bulgaren
Serben
Albaner

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Einleitung

Das Osmanische Reich war über 600 Jahre lang ein Vielvölkerstaat, der sich über drei Kontinente erstreckte und der verschiedenste Völker und Religionen vereinigte. Juden, Christen und Moslems lebten ohne schwerwiegende religiöse Konflikte zusammen, was aus heutiger Sicht kaum vorstellbar ist. Vor allem auf dem Balkan und im Nahen Osten lebten die Konfessionen in einem friedlichen Miteinander, wo heute religiöse und politische Konflikte das Leben der Menschen bestimmen.

Dies war der ausschlaggebende Grund, warum ich mich entschlossen habe, „die Christen im Osmanischen Reich des Spätmittelalters“ zum Thema meiner Proseminararbeit zu machen, da es mir aus heutiger Sicht schwerverständlich erschien, wie das Zusammenleben verschiedener Konfessionen möglich war.

Ein weiterer Grund für die Wahl dieses Themas war der offensichtliche Unterschied zwischen dem christlichen Abendland und dem Osmanischen Reich, denn während im Osmanischen Reich die Herrscher versuchten im Namen der religiösen Toleranz und eines friedlichen Zusammenlebens Religionskonflikte zu vermeiden und die jüdische und christliche Religion in das Reich integrierten, herrschten in Europa religiöse Intoleranz gegenüber Andersdenkenden vor.

Meine Arbeit wird sich mit den Anfängen des Osmanischen Reiches befassen und die Situation der Christen innerhalb dieses Reiches beleuchten. Ich werde nicht nur versuchen die Eroberungen der Osmanischen Herrscher in Europa und Asien im Spätmittelalter zu behandeln, sondern auch die politischen, gesellschaftlichen und religiösen Konsequenzen der Osmanenherrschaft auf die christliche Bevölkerung einbeziehen.

Das Osmanische Reich im 14. und 15. Jahrhundert

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das Byzantinische Reich im 13. Jahrhundert

Die Teilung des Römischen Imperiums in ein oströmisches und ein weströmisches Reich 395 n. Chr. war das Geburtsjahr des Byzantinischen Reiches und die von Kaiser Konstantin 330 n. Chr. ausgebaute Hauptstadt Konstantinopel wurde zum Mittelpunkt des byzantinischen Imperiums. Im 6. Jahrhundert hatte es unter Kaiser Justinian seine größte Ausdehnung, und umfasste Italien, den Balkan, Kleinasien, die Levante, Ägypten, die nordafrikanische Küste und Südspanien, die Eroberungen im Westen gingen unter seinen Nachfolgern wieder verloren. Nach dem Zusammenbruch des Weströmischen Reiches 476 n. Chr. betrachtete sich das Byzantinische Reich als einziger legitimer Rechtsnachfolger des Römischen Imperiums.

Schon unter Kaiser Konstantin war die christliche Religion ein wichtiger Faktor im Römischen Reich geworden, doch erst durch die Anerkennung des Christentums als Staatsreligion unter Kaiser Theodosius 380 wurde die Durchdringung aller Lebensbereiche durch die christliche Lebensführung möglich. Die Religion wurde ein bestimmender Faktor in der byzantinischen Politik, durch die Verlagerung der Interessen und durch den Einflussverlust des Weströmischen Reiches distanzierten sich die weströmische und oströmische Kirche von einander, was im Schisma von 1054 gipfelte.

Außenpolitisch musste sich das Reich nach der Reichsteilung mit Überfällen der Perser, Hunnen, Germanen, Goten und Awaren auseinandersetzen, doch die Reichsgrenzen konnten verteidigt werden und Kaiser Justinian schaffte es im 6. Jahrhundert sogar kurzfristig das Römische Reich in seiner alten Größe wiederherzustellen. Doch unter seinen Nachfolgern ging Italien an die Langobarden verloren, der Balkan wurde von den Awaren und Slawen erobert. Die Levante fiel im 7. Jahrhundert an die Araber, Spanien wurde von den Westgoten zurückerobert.

Der Höhepunkt der byzantinischen Macht konnte unter der Makedonischen Dynastie erreicht werden, die vom 9. bis ins 11. Jahrhunderte das Reich regierten, sowie Kreta, Zypern, den Osten Kleinasiens und Bulgarien ins Reich eingegliedert konnten. Mitte des 11. Jahrhunderts drangen mohammedanische Seldschuken, Angehörige der Turkstämme, in Kleinasien ein und errichteten im 12. und 13. Jahrhundert das Sultanat Rum, das Anatolien beherrschte. Es sollte ein Sultanat nach dem Vorbild von Bagdad entstehen, doch da die große Anzahl der in diesem Gebiet lebenden Christen zu einer Verschmelzung von christlichen und islamischen Traditionen führte, entstand eine Sozialstruktur, die sich deutlich von der anderer islamischer Staaten unterschied. Es bildete in weiterer Folge die Grundlage für das Regierungs- und Sozialsystem der Osmanen.

Das Christentum des Ostens wurde nicht islamisiert, bis heute haben sich christliche Gemeinden im Länderdreieck Türkei, Irak und Syrien erhalten können, denn die Glaubensfreiheit im Osmanischen Reich wurde von den islamischen Herrschern nicht eingeschränkt,[1] um Religionskonflikte im Inneren des Vielvölkerstaates zu verhindern.

Die Entstehung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Das Byzantinische Reich im 14. Jahrhundert

Im 13. Jahrhundert wurde das Seldschukenreich von den Mongolen bedroht. Das Reich zerfiel in kleinere Fürstentümer, die zwar weiterhin unter der Oberherrschaft der Rum – Seldschuken standen, doch ihre Gebiete weitestgehend selbstständig regieren konnten. Diese Fürstentümer hatten sich vor allem auf die Bekämpfung der noch im Westen Anatoliens vorhandenen Byzantiner verlagert, eine führende Rolle in diesen Auseinandersetzungen mit den byzantinischen Adeligen übernahm das nordwestanatolische Fürstentum der Osmanen.

Osman I. Ghasi übernahm 1288 das Fürstentum seines Vater Ertogrul, das ein kleines, ca. 1.500 km² großes Gebiet am Marmarameer umfasste und bei seinem Tod auf ca. 18.000 km² angewachsen war. Nachdem der letzte Seldschukensultan Alaeddin II. um 1300 ermordet worden war, zerfiel das Seldschukenreich endgültig in kleinere Einheiten und Osman wurde selbstständiger Herrscher in seinem Gebiet.[2] Die ersten außenpolitischen Aktionen Osmans richteten sich gegen die christlichen Gebiete der Byzantiner, in der Schlacht von Kujunhissar, in der Nähe von Nikomedeia, konnten die Byzantiner erstmals erfolgreich geschlagen werden.[3] Damit begann der über ein Jahrhundert dauernde Feldzug zur Eroberung der oströmischen Territorien, der 1453 mit der Einnahme Konstantinopels abgeschlossen wurde.

Osmans Sohn Orhan konnte nach dem Tod seines Vaters 1326 Bursa, die zur Hauptstadt des Reiches wurde, 1331 Nikaia (Iznik) und 1337 Nikomedeia (Izmit) von den Byzantinern erobern. Ausschlaggebenden für diese Eroberungen war die Niederlage der Byzantiner in der Schlacht von Philokrene 1329 gewesen. Im Westen Anatoliens wurden benachbarte Turkstämme unterworfen, die in das entstehende osmanische Staatsgebilde eingegliedert wurden.[4]

Die Eroberungen dienten der territorialen Erweiterung und waren nicht als islamischer Kreuzzug gegen die „ungläubigen“ Christen zu verstehen. Die Osmanen bekämpften mohammedanische Turkstämme und verbündeten sich mit christlichen Burgherrn, Osmanen dienten in den byzantinischen Söldnerheeren. Dies zeigt deutlich, dass sich das Osmanischen Staatsgebilde nicht auf der islamischen Tradition gründete, sondern die Antriebskraft für die Eroberungen in Asien und Europa war die osmanische Weltherrschaftsideologie.

Der Staat und die Gesellschaft

Zu Beginn der Herrschaft von Osman I. war das westliche Anatolien ein in Stammesgesellschaften gegliedertes Gebiet. Durch die territorialen Gewinne Osmans wurden umfassende Änderungen der Gesellschaft notwendig. Die Schaffung eines echten Staatsgebildes wurde mit der Einsetzung von Institutionen organisiert.[5]

Die Bevölkerung bestand zum mehrheitlichen Teil aus Halbnomaden, die sich saisonbedingt der Viehzucht oder dem Kriegshandwerk widmeten und in geringem Maße auch Ackerbau betrieben. Aus Gründen der Versorgung während der Kriegszeit wurde unter Osman I. die städtische und landwirtschaftliche Bevölkerung gefördert, denn diese hielt den Handel aufrecht und gewährleistete die Versorgung sowohl mit Nahrungsmitteln, als auch mit Pferden. Daraus ergab sich die Notwendigkeit ein Berufsheer einzuführen, dessen Soldaten und Heerführer mit Land belehnt wurden, was zur Entstehung einer „feudalen Mittelschicht“ führte.[6]

Osman errichtete nicht nur staatliche Organisationen zur Verwaltung seines Reiches, er erließ auch ein allgemeingültiges Recht, mit dem er das Lehnswesen, das Erbrecht und die „Wehrpflicht“ regelte.[7] Seine Reformen wurden von seinen Nachfolgern weitergeführt. Um 1400 versuchte Bajezid I. eine zentralistische Organisation des Reiches aufzubauen, doch erst unter Mehmed II. (1451 - 1481) konnte eine von Istanbul aus regierte Verwaltung durchgesetzt werden

In den eroberten Gebieten wurden die vorgefundenen Gesellschaftsformen beibehalten, was vor allem den Christen auf dem Balkan und in Ungarn, sowie den schiitischen Moslems zu Gute kam. Die Lebensweise der in Westanatolien lebenden Türken wurde nicht als oberste Maxime im ganzen Reich durchgesetzt, sondern die Gesellschaftsstrukturen blieben, sofern sie nicht der osmanischen Staatsräson widersprachen, unangetastet.[8]

[...]


[1] Vgl. Michael Neumann-Adrian, Christoph K. Neumann, Die Türkei. Ein Land und 9000 Jahre Geschichte, München 1990, 144f.

[2] Vgl. Ferenc Majoros, Bernd Rill, Das Osmanische Reich 1300 – 1922. Die Geschichte einer Großmacht, Augsburg 1999, 93.

[3] Vgl. Ferenc Majoros, Bernd Rill, Das Osmanische Reich 1300 – 1922, 95.

[4] Vgl. Ferenc Majoros, Bernd Rill, Das Osmanische Reich 1300 – 1922, 95.

[5] Vgl. Ferenc Majoros, Bernd Rill, Das Osmanische Reich 1300 – 1922, 96.

[6] Vgl. Ferenc Majoros, Bernd Rill, Das Osmanische Reich 1300 – 1922, 97.

[7] Vgl. Ferenc Majoros, Bernd Rill, Das Osmanische Reich 1300 – 1922, 99.

[8] Vgl. Ferenc Majoros, Bernd Rill, Das Osmanische Reich 1300 – 1922, 47f.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die christlichen Minderheiten im osmanischen Reich
Hochschule
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Note
Gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
23
Katalognummer
V41456
ISBN (eBook)
9783638397124
Dateigröße
583 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Minderheiten, Reich
Arbeit zitieren
Karin Wieser (Autor:in), 2001, Die christlichen Minderheiten im osmanischen Reich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41456

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die christlichen Minderheiten im osmanischen Reich



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden