In dem Hauptseminar „Nationenbildung und Literatur am Beispiel Mexikos“ im Sommersemester 2002 haben wir uns eingehend die Frage gestellt, wie und unter welchen Umständen die Nation „Mexiko“ überhaupt geboren wurde und inwieweit schriftliche, aber auch mündlich überlieferte Literatur, wie zum Beispiel der Guadalupe-Mythos, zu dieser Entwicklung beigetragen hat.
Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielen die Vertreter des „Patriotismo Criollo“. Dadurch, dass die Kreolen in Mexiko während des 16. Jahrhunderts jeglicher politischer und wirtschaftlicher Macht beraubt wurden, entbrannte ein heftiger „Familienstreit“ zwischen ihnen und den Spaniern, was zur Folge hatte, dass die Kreolen ihre spanische Herkunft offen ablehnten und sich statt dessen immer mehr mit den Indios identifizierten. So schufen sie sich nach und nach eine eigene mexikanische Identität, die mit ihren spanischen Wurzeln nichts mehr gemein hatte.
Dabei hatten sie aber mit vielen Problemen zu kämpfen, nicht zuletzt mit dem schlechten Bild, das Europa von den mexikanischen Wilden hatte. Wissenschaftliche Abhandlungen, wie die von Buffon oder de Pauw, verbreiteten in Europa anti-amerikanische Theorien, so dass es sich einige Vertreter des „Patriotismo Criollo“, darunter beispielsweise Francisco Clavijero, zur Aufgabe gemacht hatten, in literarischen Gegendarstellungen diese Theorien zu entkräften. Eben damit werde ich mich in der folgenden Arbeit beschäftigen, indem ich zuerst die europäischen Theorien, vornehmlich die von Buffon und de Pauw vertretenen, vorstellen und schließlich aufzeigen werde, wie Calvijero in seiner „Historia Antigua de México“ die Behauptungen de Pauws Schritt für Schritt widerlegt. Dabei werde ich die Begriffe verwenden, die die Europäer synomym für Indios benutzen, wie zum Beispiel Indianer, Amerikaner, Wilde oder Barbaren. Ein weiterer lexikalischer Hinweis: Unter der „Alten Welt“ versteht man Europa, Asien und Afrika, während Amerika als „Neue Welt“ bezeichnet wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theorien in Europa
- Georges Louis Leclerc de Buffon
- zum Autor
- Natur
- Menschen
- Cornelius de Pauw
- zum Autor
- Natur
- Menschen
- Georges Louis Leclerc de Buffon
- Widerlegung der europäischen Theorien am Beispiel de Pauws
- Natur
- Menschen
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Entstehung des „Patriotismo Criollo“ im 18. Jahrhundert, welches sich durch die Abgrenzung von den spanischen Herrschern und die Identifikation mit den Indigenen Mexikos auszeichnete. Dabei werden die anti-amerikanischen Theorien von europäischen Wissenschaftlern, insbesondere von Georges Louis Leclerc de Buffon und Cornelius de Pauw, beleuchtet. Der Fokus liegt auf der Widerlegung dieser Theorien durch Francisco Javier Clavijero in seiner „Historia Antigua de México“.
- Die Entstehung des „Patriotismo Criollo“ im 18. Jahrhundert in Mexiko.
- Anti-amerikanische Theorien europäischer Wissenschaftler wie Buffon und de Pauw.
- Die Kritik an diesen Theorien durch Francisco Javier Clavijero in seiner „Historia Antigua de México“.
- Die Rolle der indigenen Kultur in der Entwicklung einer mexikanischen Identität.
- Der Einfluss von europäischen Reiseberichten und wissenschaftlichen Abhandlungen auf das Bild von Amerika im 18. Jahrhundert.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Entstehung der mexikanischen Nation und den Einfluss schriftlicher und mündlicher Überlieferungen darauf. Sie beleuchtet die Rolle des „Patriotismo Criollo“ und die Herausforderungen, die die Kreolen aufgrund des negativen europäischen Bildes der Indigenen bewältigen mussten.
Im ersten Kapitel werden die europäischen Theorien von Buffon und de Pauw vorgestellt. Die Autoren argumentieren, dass Amerika ein jüngerer und weniger entwickelter Kontinent mit einer degenerierten Flora und Fauna sowie einer weniger entwickelten menschlichen Population ist.
Das zweite Kapitel analysiert Clavijeros Widerlegung der Theorien de Pauws. Clavijero zeigt auf, dass die Natur Amerikas nicht degeneriert ist, sondern einzigartige Eigenheiten aufweist. Er kritisiert de Pauws wissenschaftliche Methode und die Verwendung von Reiseberichten als Quelle.
Schlüsselwörter
Nationenbildung, „Patriotismo Criollo“, Anti-amerikanische Theorien, Francisco Javier Clavijero, „Historia Antigua de México“, Georges Louis Leclerc de Buffon, Cornelius de Pauw, Indigene Kultur, Mexiko, Amerika, Neue Welt, Europäische Reiseberichte.
- Quote paper
- Julia Mertke (Author), 2002, Die anti-amerikanischen Theorien Europas im 18. Jahrhundert und ihre Widerlegung durch Calvijero am Beispiel de Pauw, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41502