Um die komplexe und auf den ersten Blick nicht leicht durchschaubare Konfliktsituation auf dem Territorium Jugoslawiens seit den 1990er Jahren auch nur ansatzweise begreifen und angemessen bewerten zu können, ist es immer wieder vorteilhaft und sogar notwendig, einen Blick zurück in die Geschichte zu werfen. Viele der Auseinandersetzungen haben ihre historischen Wurzeln im Zweiten Weltkrieg, im „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“, in den Balkankriegen von 1912/13 oder reichen gar noch weiter in die Vergangenheit, in die Zeit vor dem Zerfall des Osmanischen Reiches. So weit zurück soll der Blick hier jedoch nicht geworfen werden; es ist eine Periode von 15 Jahren im 20. Jahrhundert, die Gegenstand dieser Arbeit sein soll:
Um den Ereignissen im Kosovo, die 1999 im Luftkrieg der Nato gegen (Rest-)Jugoslawien gipfelten, auf den Grund gehen zu können, ist es unumgänglich, sich auch mit dem Zeitraum zwischen 1974 und 1989 zu beschäftigen, in welchem den serbischen Provinzen Vojvodina und Kosovo „das größte Maß an Autonomie, dessen sie sich seit Zerschlagung des Osmanischen Reiches erfreuen konnten“ (Lange 1999: 16), zukam. Neben der chronologischen Darstellung dieser Zeitspanne stellen sich in dieser Arbeit Fragen, denen nachgegangen werden soll: Warum war es Tito wichtig, dem Nachkriegsjugoslawien eine derart föderale Struktur zu geben, und welche Auswirkungen hatte das für Serbien und seine Provinzen? Hat die Verfassungsänderung von 1974, mit der neben erweiterten Rechten für die Republiken auch den beiden Provinzen Kosovo und Vojvodina ein weitgehender Autonomiestatus eingeräumt wurde, dem Nationalismus in die Hände gespielt? Welche Folgen hatte sie auf die weitere Entwicklung Jugoslawiens?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Geschichtlicher Rückblick - Kosovo und Vojvodina nach 1945
- Die Verfassungsänderung von 1974
- Exkurs: Die wirtschaftliche Situation Jugoslawiens
- Die Situation nach Titos Tod: 1980-1989
- Entwicklungen nach 1989
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Geschichte der autonomen Provinzen Kosovo und Vojvodina in Jugoslawien zwischen 1974 und 1990. Sie analysiert den Hintergrund und die Folgen der Verfassungsänderung von 1974, die diesen Provinzen ein hohes Maß an Autonomie einräumte.
- Die Rolle der föderalen Struktur im jugoslawischen Staatssystem nach 1945
- Die Auswirkungen der Autonomie auf Serbien und seine Provinzen
- Die Verbindung zwischen der Verfassungsänderung von 1974 und der Entwicklung des Nationalismus in Jugoslawien
- Die Bedeutung der historischen Kontextualisierung für das Verständnis der Konflikte in Jugoslawien seit den 1990er Jahren
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor und verdeutlicht die Bedeutung der historischen Perspektive für das Verständnis der Konflikte in Jugoslawien.
- Geschichtlicher Rückblick - Kosovo und Vojvodina nach 1945: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung der beiden Provinzen nach dem Zweiten Weltkrieg, die Rolle Titos und die Schwierigkeiten im Umgang mit den nationalen Konfliktpotentialen.
- Die Verfassungsänderung von 1974: Dieses Kapitel analysiert die Verfassungsänderung von 1974, die den beiden Provinzen weitgehende Autonomie gewährte, und diskutiert die damit verbundenen Hoffnungen und Risiken.
- Exkurs: Die wirtschaftliche Situation Jugoslawiens: Dieser Exkurs behandelt die wirtschaftliche Situation Jugoslawiens in den 1970er und 1980er Jahren und deren Bedeutung für die politische Entwicklung.
- Die Situation nach Titos Tod: 1980-1989: Dieses Kapitel schildert die Veränderungen in Jugoslawien nach Titos Tod und beleuchtet die politischen und sozialen Spannungen, die in dieser Zeit entstanden.
- Entwicklungen nach 1989: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Entwicklungen in den beiden Provinzen und in Jugoslawien im Vorfeld des Jugoslawien-Krieges.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen wie den jugoslawischen Föderalismus, Nationalismus, Autonomie, die Verfassungsänderung von 1974, Tito, Kosovo, Vojvodina, Serbien, die Geschichte Jugoslawiens und die Konflikte in den 1990er Jahren. Die Arbeit beleuchtet die engen Verknüpfungen zwischen historischen Ereignissen und politischen Entwicklungen.
- Citation du texte
- Anna Fehmel (Auteur), 2004, Zwischen Autonomie und Nationalismus - Kosovo und Vojvodina 1974-1990, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41509