Strategische Chancen für das Logistik-Unternehmen "Hermes Europe" durch den Klimaschutz


Travail d'étude, 2018

21 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Hermes Europe im Logistik-Wettbewerb
2.1 Hermes Europe GmbH
2.2 Wettbewerbsanalyse Logistik

3 SWOT-Analyse in Bezug auf Klimaschutz
3.1 Klimaschutz in Logistikunternehmen
3.2 Interne Analyse von Stärken und Schwächen
3.3 Stakeholder
3.4 Externe Analyse von Chancen und Gefahren
3.5 Zusammenfassende SWOT-Analyse

4 Zusammenfassung
4.1 Ergebnis
4.2 Handlungsempfehlungen

5 Literatur
5.1 Bücher und Artikel in Sammelbänden
5.2 Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften
5.3 Zeitungsartikel sowie Internetquellen
5.4 Sonstiges

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: CR-Strategie (noch unveröffentlicht; persönliche Mitteilung Hermes-Mitarbeiter, 29.12.2017)

Abb. 2: Ziel, Termin und Status Quo im Nachhaltigkeitsbericht 2015 (Hermes Europe 2016, 9)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zusammenfassende SWOT-Analyse, eigene Darstellung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die negativen Folgen von Emissionen auf die Umwelt werden auch von Logistikexperten anerkannt und in ihren (Lehr-)Büchern berücksichtigt (vgl. Schönsleben 2016, 150ff.; Meyer 2012, 264f.). So schreibt Schönsleben (2016, V), dass er den Aspekt der „Nachhaltigkeit in Supply Chains, mit der Messung der Umweltleistung in ihrer Integration mit der Messung der ökonomischen Leistung“ verstärkt in sein Lehrbuch zu Logistikmanagement eingebracht habe (vgl. ebd., 149-162). Ähnliches findet sich bei Wegner und Wegner (2017, V; 271-280). Da die Logistikbranche vor allem auch mit dem Transport von Gütern auf Straßen, Gleisen, Lüften und Wasser zu tun hat, steht sie hier in besonderer Verantwortung für die „Umweltverträglichkeit des Verkehrssystems“ (Eisele 2012, 96), da hier endliche Ressourcen beansprucht und externe Kosten zu Lasten der Bevölkerung und Natur verursacht werden (vgl. Eisenkopf 2012, 619).

Wie aber lässt sich das komplexe Management in der Logistik mit Klimaschutzzielen intern vereinbaren? Welche Chancen und Risiken (vgl. Sektor übergreifend: Groth und Brunsmeier 2015, 111-115) haben Logistikunternehmen, wenn sie in Zeiten globalen Wettbewerbs Maßnahmen zum Klimaschutz einleiten?

Diese beiden Fragen sollen am Beispiel von Hermes Europe, einer hundertprozentigen Tochterfirma der Otto Group analysiert werden. Hermes wurde zum einen ausgewählt, da das Unternehmen in der Literatur seltener behandelt worden ist als der Konkurrent DHL (vgl. zu DHL: Herold und Lee 2017, 601-621; Colsman 2016, 108f.; Hufschlag und Pütz 2013, 217-224; Heiserich et al. 2011, 316-319; Hufschlag 2010, 29-33; Gerdemann 2010, 20-22, Vahrenkamp 2005, 156ff.). Zum anderen hat sich die Otto Group – zu der Hermes gehört – als besonders nachhaltiges Unternehmen profiliert (vgl. Merck und Fleischer 2013, 115-132) bzw. ist entsprechend gewürdigt worden (vgl. Müthing 2015, 120f.; Koch 2007, 87-100; Methelmann 2001, 1-32).

Die obigen Fragen werden anhand des Bereichs der Kurier-, Express- und Paketdienste (vgl. dazu den Aufsatz von Kille 2012) untersucht, da dieser zum einen als Paketdienstleister gegründet wurde und zweitens, weil dieser Bereich aufgrund der überwiegenden Business-to-Consumer- (B2C)-Orientierung und angesichts von 640 Millionen Paketversendungen im Jahre 2016 allein von Hermes (Hermes Europe 2017c[URL]) für die Öffentlichkeit am sichtbarsten ist.

Dabei wird als Methode die SWOT-Analyse angewandt, mit der die Stärken und Schwächen der internen Organisation eines Unternehmens (interne Analyse) und die Chancen und Risiken in Auseinandersetzung des Unternehmens mit den Stakeholdergruppen (externe Analyse) untersucht wird (vgl. Mahammadzadeh 2012, 167f.).

Die Analyse gliedert sich wie folgt: In Kapitel 2 wird das Unternehmen Hermes Europe kurz vorgestellt und seine Wettbewerbssituation dargelegt. Die anschließende SWOT-Analyse beginnt mit einer kurzen Darlegung der Besonderheiten des Klimaschutzes für Logistikunternehmen, bevor dann zunächst die interne Analyse, also die Untersuchung der Stärken und Schwächen von Hermes Europe bei der Integration von Klimaschutzmaßnahmen in das praktische Management des Unternehmens erfolgt. Anschließend erfolgt die externe Analyse der Chancen und Risiken im Spiegel der Forderungen der Stakeholder. In Kapitel 3.5 werden die Ergebnisse der SWOT-Analyse in einer Tabelle zusammengetragen, bevor diese – verbunden mit Handlungsempfehlungen im Fazit des Kapitels 4 – zusammengefasst werden.

2 Hermes Europe im Logistik-Wettbewerb

2.1 Hermes Europe GmbH

Die Hermes Europe GmbH, hundertprozentige Tochter der Otto Group mit Sitz in Hamburg (vgl. Hermes Europe 2017a [URL]), wurde 2009 als Dach der Marke Hermes gegründet (vgl. Hermes 2012b, 105). Hermes besteht als Paketdienst-Service jedoch bereits seit 1972 (vgl. Schneider 2012[URL]; Otto 2012[URL]). Sie ist ein Verbund spezialisierter Unternehmensgesellschaften, der alle Servicebereiche in der Logistik anbietet: Sourcing (Lieferantenmanagement), Produktqualitätsprüfung, Transportlogistik (See und Flüsse; Straßen, Luft und Schiene), Fulfillment (Lagerung, Kundenbetreuung), 2-Mann-Handling (Lieferung und Montage von Geräten), Online-Shop Management und Paketversand (vgl. Hermes Europe 2017a[URL]). Insgesamt beschäftigt das Unternehmen heute 12.618 Mitarbeiter, davon 8.500 in Deutschland (vgl. ebd.). Hinzu kommen 13.000 Zusteller von beauftragten Sub-Unternehmern (Hermes 2012a, 18f.). Der Umsatz lag 2012 bei 1,8 Milliarden Euro, 2015 bei 2.46 Milliarden Euro und 2016 bei 2,64 Milliarden Euro (vgl. Schneider 2012[URL]; Hermes Europe 2017a[URL]). Das Unternehmen ist an Gesellschaften in Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich und Russland beteiligt (vgl. Hermes Europe 2017b[URL]) und ist in weiteren Staaten wie Belgien, Luxemburg, Spanien und Portugal präsent (vgl. Hermes Europe 2017c[URL]).

2.2 Wettbewerbsanalyse Logistik

Schon Kilic (2012, 267) hat dem Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP)-Markt hohe Wachstumsraten vorgesagt und diese dem wachsenden privaten Online-Handel zugeschrieben. Seien im Internet bis dato vorzugsweise Medien (Bücher, DVDs und CDs) gekauft worden, würden inzwischen auch Bekleidungs- und Elektronikartikel bestellt (vgl. ebd.). Inzwischen sind 59 % der innerdeutschen und 48 % der internationalen Paketversände im B2C-Sektor tätig (vgl. BIEK 2017, 18f.).

Der Trend wird durch die Serviceangebote der Händler, Waren, die nicht passen oder nicht gefallen, kostenfrei zurücksenden zu können, verstärkt. Profiteure dieser Entwicklung seien Dienstleister für Privatkunden, wie DHL oder Hermes (Kilic 2012, 267). Laut BIEK (2017, 6-11) wurden 2016 3,16 Milliarden Pakete in Deutschland verschickt, was zu einem Gesamtumsatz der Branche von 18,5 Milliarden Euro führte, 1,1 Milliarden Euro mehr als 2015. Der Paketmarkt generierte etwa 55 % dieses Umsatzes. Insgesamt arbeiten 219.400 Menschen in der KEP-Branche, 10.000 mehr als im Vorjahr, indirekt und sekundär weitere 231.200 Menschen (vgl. ebd, 7, 29). 2015 verteilte sich der Markt der transportierten Pakete laut Statista (2017[URL]) wie folgt: DHL: 49 %, DPD: 16%, Hermes: 14 %, UPS: 13 % und GLS: 8 %. DPD ist Marktführer im Business-to-Business- (B2B)-Bereich (DVZ vom 2. Mai 2014; vgl. auch Kilic 2012, 265, der zusätzlich FedEx und TNT als Konkurrenten aufführt).

3 SWOT-Analyse in Bezug auf Klimaschutz

3.1 Klimaschutz in Logistikunternehmen

3 Milliarden Pakete im Jahr zu transportieren bedeutet 105 Millionen Pakete pro Tag von A nach B zu bringen – für den Privatkunden in der Regel über die Straße bis zur Haustür (51 % aller Lieferungen; vgl. Peiseler et al. 2017, 15).[1] Das bedeutet eine Zunahme des LKW- und Zustellerverkehrs (vgl. TÜV-Rheinland/wik consult 2014, 31f.), was u.a. die Emissionen steigen lässt: Laut Eisenkopf (2012, 619) hätte sich zwar durch EU-Regelungen der Ausstoss von Schadstoffen durch LKW verringert, der Anteil des Verkehrs an den CO2-Emissionen liege jedoch bei 25% (90 % davon Straßenverkehr). Laut Stabenau (2012, 168) wird sich die Logistik daher zukünftig mit der Aufgabe befassen müssen, wie sie zu weniger Umweltschäden durch den Transport von Gütern beitragen kann. Dieses erfordere ein Logistikmanagementsystem, das alle Bereiche des Unternehmens erfassen müsse, dessen Ausgestaltung jedoch erst ansatzweise ausgearbeitet sei. Laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers (PWC) (vgl. Peiseler et al. 2017, 20) würden aktuell von den ursprünglich 39 in Deutschland vorhandenen City-Logistik[2] -Projekten, die sowohl ökologisch wie ökonomisch die Innenstädte attraktiver machen sollen (vgl. dEisele 2012, 96, 98), nur noch acht fortgeführt. Grund sei die fehlende Rentabilität, aber auch das mangelnde Vertrauen zwischen den am Projekt beteiligten Unternehmen (vgl. ebd., 98; Peiseler et al. 2017, 20). Ein weiteres Problem ist, dass die Integration und Koordination der vielen Pakete „aus franchiserechtlichen Gründen besonders schwierig [ist, Anm. d. Verf.], da hier Zuladungsverbote und einheitliche Corporate Identity durch den Franchisegeber festgeschrieben sind.“ (Eisele 2012, 98) Zudem werde eine Kooperation durch den starken Wettbewerb in der KEP-Branche erschwert (vgl. ebd., vgl. zum Wettbewerbsdruck: Hermes Europe 2015, 2).

Sowohl der BIEK als auch die KEP-Unternehmen sprechen in ihren Studien und Broschüren bzw. auf ihren Homepages und Newsrooms aktiv das Thema Nachhaltigkeit an und stellen ihre neuesten Projekte vor (vgl. Bogdanski 2017, 2015; TÜV Rheinland/wik consult 2014, 75ff.; Gerdemann 2010, 20-22; Hufschlag und Puetz. 2013, 217-224; Hufschlag 2010, 29–33; Hermes Europe 2017d, 2015, 2013). Nach einer Analyse von Mahammadzadeh (2012, 172f.) hat unter anderem die Logistikbranche eine positive Haltung zu ihren Stärken und den Chancen im Klimaschutz. Er weist zugleich darauf hin, dass durch Outsourcing entlang der Logistikprozesse Risiken auf die Subunternehmen abgewälzt werden können (vgl. ebd.), was gerade im Paketdienst durch die beauftragten Paketzusteller auch bei Hermes passiert (s.u.).

In der folgenden Analyse der entsprechenden Projekte bei Hermes Europe wird diskutiert werden, inwieweit Schritte zu einer nachhaltigen, klimaneutralen Organisation der (Transport-)Dienstleistungen ernsthaft unternommen werden und somit an der Lösung der oben angedeuteten ökologischen Probleme gearbeitet wird.

3.2 Interne Analyse von Stärken und Schwächen

Als Tochterunternehmen der Otto Group, die sich bereits seit längerem der Nachhaltig- keit verpflichtet sieht (vgl. Hermes Europe 2015, 2; Otto Group 2015 [URL]), hat Hermes Europe unternehmensstrategisch gesehen eine gute Voraussetzung, seinerseits Belange der Nachhaltigkeit in ihre Unternehmensführung zu integrieren. Bereits 1994 hat Hermes ein CO2-Controlling eingeführt (vgl. Otto Group 2015[URL]). Allerdings existiert es erst seit 2013 eine transparente Berichterstattung zu der Thematik nach der Global Reporting Initiative (GRI). Der Nachhaltigkeitsbericht 2015 ist der erste Bericht, der alle Hermes-Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette berücksichtigt (vgl. Hermes Europe 2015, 2).[3]

Die neue, noch nicht veröffentlichte Corporate Responsibility (CR)-Strategie von Hermes besteht aus fünf Säulen: Sustainability (Klimaschutz, 50 % weniger CO2 bis 2020), Sustainability (Urban Blue 4.0, Emissionsfreie Zustellung in Innenstädten), Social Responsibility (Faire und attraktive Arbeitsbedingungen), Corporate Citizenship (Gesellschaftliches Engagement fördern und leben) und Stakeholdermanagement (aktiver Partner bei der Gestaltung einer nachhaltigen Logistik; vgl. persönliche Mitteilung eines Hermes-Mitarbeiters; Abb. 1 im Anhang). Neben dem Klimaschutz ist „Urban Blue 4.0“ für dieses Kapitel und das Stakeholdermanagement für das folgende Kapitel interessant.

„Urban Blue 4.0“ hat laut der persönlichen Mitteilung eines Hermes-Mitarbeiters das Ziel, eine emissionsfreie Zustellung in allen 80 deutschen Großstädten bis 2025 umzusetzen (vgl. dazu weniger detailliert: Otto Group 2017, 72). Die Umsetzung erfolgt demnach durch die Integration von 1.500 E-Fahrzeugen in das gesamte logistische Netz der Hermes Group. Seit 2017 testet Hermes im Bereich des sog. „Feeder-Verkehrs“ in Stuttgart den Fuso Canter E-Cell von Daimler (vgl. Bogdanski 2017, 40). Auch in Berlin-Brandenburg fährt Hermes im Rahmen des „Schaufensterprojekts Elektromobilität“ mit 20 Vito E-CELL (Hermes Europe 2015, 21) und in Hamburg wird an einer Erhöhung der Ladekapazitäten bei der LKW-Flotte gearbeitet (Bogdanski 2017, 59). Für 2018 plant das Unternehmen – so die persönliche Mitteilung eines Hermes-Mitarbeiters - bundesweit insgesamt über 50 E-(Vorserien)Fahrzeuge zu testen und ab 2019 die ersten Serienfahrzeuge einzusetzen. Damit soll sukzessive die gesamte Fahrzeugflotte auf emissionsarme bzw. -freie Antriebe umgestellt werden (Otto Group 2017, 72). Der größte Erfolg ist, dass in London seit 2014 alle Zustellungen per E-Mobil erfolgen (vgl. Hermes Europe 2015, 12; 22f.). Das Problem bei der E-Mobilität sind v.a. die hohen Investitionskosten für Ladestationen (vgl. Bogdanski 2017, 59).[4]

Zu den weiteren Projekten zur Umsetzung von Urban Blue 4.0 gehören „die Nutzung von Paketshops als städtische Micro-Hubs und (…) [der] Einsatz von Elektro-Lastenrädern sowie von Paketrobotern“ (Otto Group 2017, 72). Als erstes Unternehmen überhaupt testet Hermes derzeit eine Zustellung durch Roboter einer estnischen Firma, der zwischen dem Paketshop und dem Kunden in einem maximalen Umkreis von 2-3 Kilometern „unterwegs“ ist und von den Kunden per Link auf dem Smartphone gesteuert werden kann (vgl. Bogdanski 2017, 80f.).[5] Für den Bereich des Paketversands unteterhält die Hermes Logistik Gruppe Deutschland GmbH (HLGD) insgesamt „sechs Hauptumschlagbasen (HUB) und 57 Niederlassungen“ (Hermes Europea 2015, 5) sowie 14.000 Paket-Shops deutschland- und 36.000 europaweit (vgl. Hermes Europe 2015, 5; 9). Dieser Ausbau von dezentralen Orten der Paketannahme ist deshalb klimapolitisch relevant, da dort die Kunden zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem ÖPNV und daher klimaschonender ihre Pakete abholen können.[6] Ein anderes, aktuell von allen KEP-Unternehmen erforschtes Konzept, sind sog. Mikro-Depots, die für die Auslieferung der Pakete auf der letzten Meile aufgestellt werden. Vorteil hier ist, dass diese dann zu Fuß oder per Lastrad emissionsfrei zu den Kunden gebracht werden können (vgl. Bogdanski 2017, 63). 2016 begann Hermes in Hamburg mit einem Pilotprojekt, bei dem Paketshops zu Mikrodepots werden, von denen aus die Zusteller bei Lastenrad die Pakete zu den Kunden bringen (vgl. ebd., 77).

Im Allgemeinen erfolgt die Zustellung bis zum Kunden außerhalb dieser Pilotprojekte über beauftragte Unternehmen. Damit wird – wie oben bereits angedeutet – die Frage einer klimaschutzorientierten Zustellung in der Praxis teilweise outgesourct. In Abb. 2 (s. Anhang) wird u.a. das Handlungsfeld Klima & Umwelt mit dem Status Quo des Jahres 2015 wiedergegeben: Erst 19 % der eigenen LKW-Flotte erfüllt die Euro-6-Standards (vgl. Hermes Europe 2015, 9), was nicht nur wenig ist, sondern zugleich bedeutet, dass jene der beauftragten Unternehmen hier nicht erfasst werden. Auch bei den CO2-Reduktionen ist noch Spielraum nach oben, aber insbesondere in der Distributionslogistik gibt es einige Fortschritte. So wurde das für 2020 anvisierte Ziel einer 30-prozentigen Reduzierung der CO2-Emissionen bereits 2015 zu fast zwei Drittel erfüllt (vgl. ebd.). Ebenfalls erfolgreich ist es, die Fahrten dadurch zu reduzieren, dass die Quote der Erstzustellung fast einen Wert von 100 % erreicht, denn eine hohe Zahl von Zweitlieferungen bedeutet für ein und dasselbe Produkt mehrere Fahrten. Hermes lag nach eigenen Angaben bei einer Quote von 94 % Erstzustellung (vgl. ebd.).

3.3 Stakeholder

Laut Müthing sind drei wesentliche Stakeholdergruppen für Unternehmen relevant: 1) Kunden, Zulieferer und Geschäftspartner, mit denen der betriebswirtschaftliche Alltag bestritten wird; 2) NGOs, Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände, die einerseits die Öffentlichkeit repräsentieren, zum anderen Interessen von Arbeitnehmer und -gebern oder Branchen vertreten und 3) die Regierung bzw. die Legislative, die auf kommunaler, Landes- und Bundesebene gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen und verwalten (vgl. Müthing (2015, 116[7] ) . In seiner CR-Strategie (s. Abb. 1 im Anhang) hat Hermes Europe dem Stakeholdermanagement einen hohen Stellenwert beigemessen.

3.4 Externe Analyse von Chancen und Gefahren

Ein Unternehmen wie die Hermes Europe GmbH muss mit den verschiedensten Interessen interagieren: die Kunden sind – wie etwa Peiseler et al. herausgefunden haben – wenig geneigt, für das Paket, das sie bestellt haben, Unannehmlichkeiten, wie etwa das Selbstabholen in Paket-Shops oder die Anfahrt zu Packstationen auf sich zu nehmen (Peiseler et al. 2017, 9; 16). Auch innovative Zuliefermethoden z.B. über Drohnen oder Roboter werden eher skeptisch betrachtet (vgl. ebd., 19). Oft kollidiert also der grundsätzlich vorhandene Umweltgedanke der Kunden mit deren Bequemlichkeit. Darauf reagieren dann die Paketdienste, indem sie kostenlose Rücksendungen anbieten, aber sich damit – im wahrsten Sinne des Wortes – doppelte Arbeit aufhalsen und die Umwelt zusätzlich belasten. Das bedeutet in diesem Fall, dass eine emissionsfreie Zustellung für umweltbewusste Kunden ein Auftragsargument sein kann und damit für die Unternehmen eine Chance darstellt, während eine aus ökologischen Gründen nicht mehr kostenfreie Rücksendung für viele Kunden ein Ärgernis darstellt und damit eine Gefahr für das Unternehmen wäre. Auch die Einführung der Roboter, die Hermes in Hamburg testet, könnte, sofern sie nicht angenommen werden, von einer Chance zu einem potenziellen Risiko werden.

Besonders wichtig ist für Hermes auch die Zusammenarbeit mit Kommunen, etwa beim Projekt „Urban Blue 4.0“, oder mit Bundesländern, z.B. beim „Schaufensterprojekt Elektromobilität“ in Berlin und Brandenburg. Auch hier können jedoch Auflagen, fehlende Projektfinanzen oder unzureichende Projektlaufzeiten die projizierten Chancen in Risiken verwandeln. Die Politik sollte ökologische Innovationen fördern und schädliche Maßnahmen bestrafen (vgl. Bogdanski 2017, 107). Aus der Sicht von Kommunen sollten sich jedoch konkurrierende Unternehmen, z.B. bei gemeinsamen Micro-Hubs, einigen, damit kommunale Projekte nicht wie bei vielen City-Logistik-Projekten scheitern (vgl. Peiseler et al. 2017, 20).

Und schließlich sind NGOs, insbesondere Umwelt- und Verbraucherschutzverbände, oder alternative Verkehrsclubs angesichts der Emissionen häufig kritisch gegenüber den Logistikunternehmen eingestellt und können für deren schlechtes Image sorgen.

Insofern ist es für ein Unternehmen sinnvoll, seine Stakeholder zu befragen, mit ihnen in Dialog zu treten und mit potenziell kritischen NGOs zusammenzuarbeiten. Genau dies propagiert Hermes in ihrer aktuellen CR-Strategie in ihrer Säule Stakeholdermanagement mit dem Claim „Aktiver Partner bei der Gestaltung einer nachhaltigen Logistik“. Die wesentlichen Stakeholder werden über unterschiedliche Kanäle – „von Befragungen über Veranstaltungen über Workshops und politischen Initiativen bis hin zur klassischen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ (Hermes Europe 2017f[URL]) – mit dem Ziel angesprochen, dadurch „Risiken wie Chancen frühzeitig zu identifizieren und gemeinsam Kräfte zu bündeln bzw. Synergien zu nutzen“ (ebd.). So hat Hermes 136 Stakeholder u.a. über Nachhaltigkeit befragt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass diese sich wünschen, dass CO2-Emissionen im Transport und Verkehr reduziert, die Mitarbeiter von Hermes und der Beschäftigten von Lieferanten und Subunternehmen angemessen entlohnt werden, dass es eine Produkttransparenz gebe, die Nachhaltigkeit in der Unternehmenskultur verankert ist und das Unternehmen Impulse für Nachhaltigkeit in der gesamten Branche setzen solle (vgl. ebd.). Damit hat Hermes seine CR-Strategie vollauf bestätigt erhalten, aber hat nun das Risiko zu tragen, diese Erwartungen auch einhalten zu müssen (vgl. ebd.).

Bei der Zusammenarbeit mit NGOs hat Hermes mit dem NABU einen der großen Umweltverbände als Partner gefunden – dies sowohl für die biologisch-ökologische Aspekte bei der Standortsuche und -erschließung, als auch für ökologische Projekte, die nicht direkt mit dem Arbeitsumfeld von Hermes zu tun haben (vgl. Hermes Europe 2017e[URL] und damit „nur“ dem Umweltimage von Hermes dienen.

3.5 Zusammenfassende SWOT-Analyse

Die Analyse der Internen und Externen Analyse gibt zusammengefasst folgendes Bild bezüglich der Stärken und Schwächen von Hermes Europe bzw. der Chancen und Gefahren beim Klimaschutz.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Zusammenfassende SWOT-Analyse, eigene Darstellung

4 Zusammenfassung

4.1 Ergebnis

Der Gedanke, dass Unternehmen sich aktiv für den Klimaschutz einsetzen müssen, ist in der KEP-Branche angekommen. Die Schäden, die der Transport der Güter verursacht, sind immens und beeinträchtigen die Lebensqualität der Bürger, seien sie Kunden, Unternehmer, Arbeitnehmer oder Zusteller. Insofern ist es kein Zufall, dass in den regelmäßig von dem Branchenverband BIEK initiierten Studien (vgl. Bogdanski 2017, 2015) der Aspekt des Klimaschutzes eine herausgehobene Rolle spielt. Gleiches gilt auch für die Logistikwissenschaft (vgl. Schönsleben 2016, 149-162; Wegner und Wegner 2017, 271-280). Am Beispiel von Hermes wurde gezeigt, wie dieses Engagement in Unternehmen praktisch aussieht und welche Risiken darin bestehen. Dabei wurde festgestellt, dass es einer systematischen, ganzheitlichen Sichtweise im Management bedarf, um die komplexen Zusammenhänge zwischen Betriebswirtschaft und Umwelt zu begreifen und in klima-freundliches Wirtschaften umzusetzen. In den letzten fünf Jahren hat Hermes sich eine solche systematisch-ganzheitliche Sichtweise angeeignet und dabei nicht nur auf alle Unternehmensteile, sondern auch auf Vertragspartner und Paketzustellungsunternehmen ausgedehnt (z.B. Zertifizierungen und externe Auditierungen, Nachhaltigkeitsberichterstattung). Besonders das Projekt „Urban Blue 4.0“, das Teil der neuen CR ist, ist ambitioniert und innovativ. Es kann auch als Beispiel für das Studienergebnis von Mahammadzadeh (2012, 172f.) gelten, dass die Logistikbranche eine positive Haltung zu ihren Stärken und Chancen im Klimaschutz habe.

Auf der anderen Seite sind Kunden und z.T. Lieferanten im Zweifel eher bequem als umweltorientiert, sodass im Wettbewerb klimaschädliche Serviceaktionen wie etwa kostenlose Rücksendungsmöglichkeiten von Waren die Konzepte emissionsfreier Zustellungen erschweren können. Das gilt auch für die noch vorhandene Skepsis von Kunden gegenüber innovativen Zustellungsmethoden wie solche mit Drohnen oder Robotern. Der Kostendruck im Wettbewerb kann zudem strukturell (aufgrund des daraus resultierenden Outsourcings der Zustellung) die flächendeckende Einführung von klimafreundlicheren Konzepten erschweren (vgl. Eisele 2012, 99) oder auch die Bereitschaft zu den notwendigen hohen Investitionen in einigen klimafreundlichen Logistikkonzepten beeinträchtigen.

4.2 Handlungsempfehlungen

Hermes sollte sein ambitioniertes CR-Konzept umsetzen und dafür sorgen, dass das Ziel ihres Stakeholdermanagements tatsächlich Realität werden kann. Notwendig ist dafür, in der Öffentlichkeit wie in der Branche einen Wettbewerb klimafreundlicher Logistik-Konzepte zu befördern – so wie es die Studien von Bogdanski (2017, 2015) oder Peiseler et al. (2017) andeuten. Unterstützt werden müssen diese Anstrengungen durch eine Klimapolitik von Bund, Länder und Gemeinden, die konsequent klimafreundliche Produkte und Dienstleistungen fördert und klimaschädliche sanktioniert – ob das über Steuerpolitik, Subventionen oder freiwillige Vereinbarungen der Logistikbranche geschieht, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist, dass alle Stakeholder die von Hermes (und ihren Konkurrenten) angestrebten Zielmarken (verbands)politisch und konsumerisch aktiv unterstützen. Nur so kann die Hoffnung und der Befund von Bodganski (2015, 3), dass es eine „[g, Anm. d. Verf.]roße Zielkohärenz der Stakeholder in der Stadtlogistik“ gebe, auch umgesetzt werden.

5 Literatur

5.1 Bücher und Artikel in Sammelbänden

Colsman, Bernhard. 2016. Nachhaltigkeitscontrolling: Strategien, Ziele, Umsetzung. Wiesbaden: Springer Gabler.

[...]


[1] Die Alternative sind die Paketshops (20 %) oder die Packstation (19%) (vgl. Peiseler et al. 2017, 15; 17).

[2] Vgl. dazu ausführlich den Eintrag „Citylogistik“ im Gabler Lexikon Logistik: Eisele 2012.

[3] Der an dieser Stelle des Nachhaltigkeitsberichts (Hermes Europe 2015, 2) für Sommer 2017 angekündigte Nachhaltigkeitsbericht ist bisher nicht realisiert worden und kann daher an dieser Stelle nicht analysiert werden.

[4] Vgl. dazu auch Bogdanski (2017, 36ff.), der betont, dass Elektromobilität nur dann ökologischer als Dieselfahrzeuge sei, wenn Ökostrom genutzt werde. Zudem sei mit den derzeit auf dem Markt befindlichen Elektro-Lastern nur solche „mit einem Ladevolumen ab 12 m3 und einer Nutzlast ab 1.000 kg“ in der Lage, branchenüblicher Dieselfahrzeuge vollständig zu ersetzen (ebd., 58).

[5] Der Vorteil ist hier, dass die Zustellung auch abends möglich ist. Als Nachteil ist anzuführen, dass der Kunde anwesend sein muss und der Roboter unhandlich ist und ein hohes Gewicht aufweist (vgl. Bogdanski 2017, 81).

[6] Weniger klimagünstig wäre natürlich, wenn sie dies mit dem PKW erledigt werden würde.

[7] Sie bezieht sich dabei auf den theoretischen Ansatz in dem Buch von Freeman (1984).

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Strategische Chancen für das Logistik-Unternehmen "Hermes Europe" durch den Klimaschutz
Note
1,3
Auteur
Année
2018
Pages
21
N° de catalogue
V415407
ISBN (ebook)
9783668655034
ISBN (Livre)
9783668655041
Taille d'un fichier
680 KB
Langue
allemand
Mots clés
Hermes, Logistik, Klimaschutz, Strategisches Management, Umweltschutz, SWOT-Analyse, Corporate Responsibility, Sustainability, Nachhaltigkeit, Stakeholder, DHL, Hermes Europe, Hermes Germany, Distribution, CO2, Paketdienst, DPD, UPS, Otto Group, Carbon Footprint, Transport, Versand, Logistikunternehmen, Logistikbranche, Strategie, Logistics, Carrier, CR-Strategie, Klimaziele, Paketversand, Güterverkehr, KEP-Dienst, Umwelt
Citation du texte
Stephan Borgmann (Auteur), 2018, Strategische Chancen für das Logistik-Unternehmen "Hermes Europe" durch den Klimaschutz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/415407

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