Die Chancenungleichheiten von hochqualifizierten Migranten am Arbeitsmarkt

Eine kritische Analyse


Tesis (Bachelor), 2016

75 Páginas


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhangsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Ziel der Arbeit
1.2. Aufbau der Arbeit

2. Theorie und aktueller Forschungsstand
2.1. Überblick und Datenerfassung der Migrantensituation
2.2. Theorie der sozialen Identität
2.3. Der ethnisch geteilte Arbeitsmarkt
2.4. Die Diskriminierungstheorie von Becker
2.4.1. Der Forschungsstand von Diskriminierung am Arbeitsplatz
2.5. Die Akkulturationstheorie von Berry

3. Empirischer Teil: Das Interview
3.1. Beschreibung der Datenbasis
3.2. Aufbau des Interviews
3.3. Auswahl der Befragten
3.4. Auswertungsverfahren

4. Analyse und Befunde der Felduntersuchung
4.1. Ressentiments in der Schul- und Studiumszeit
4.2. Erhöhter Leistungsdrang aufgrund Diskriminierung und Stereotypisierung
4.3. Diskriminierung im Bewerbungsprozess
4.4. Geringeres Selbstbewusstsein und Selbstzweifel
4.5. Identitätskrise

5. Zusammenfassung und Prognose

Anhang

Quellenverzeichnis

Abstrakt

Das Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die Ungleichheiten von hochqualifizierten Migranten am Arbeitsmarkt zu schaffen. Anhand der aktuellen Forschungsstände in Verbindung mit den Theorien von Tajfel und Turner, Oswald bzw. Bonacich, Becker sowie Berry werden Ungleichheiten in Form von einem ethnisch geteilten Arbeitsmarkt, Diskriminierungsprozessen sowie herkunftsbezogenen Stresssituationen, dem sogenannten Akkulturationsstress, aufgezeigt. Diese Ungleichheiten schränken die Akademiker mit Migrationshintergrund im Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt massiv ein und beeinträchtigen sie in ihrem täglichen Handeln, sowohl im Alltag als auch am Arbeitsplatz. Insbesondere durch Ablehnungserfahrungen seitens des deutschen Umfelds (Gesellschaft, Arbeitgeber, Kollegen) in Form von Diskriminierungen und Stereotypisierungen werden hochqualifizierte Migranten sowohl im Bewerbungsprozess als auch am Arbeitsplatz stark benachteiligt und ungerecht behandelt. Die berufsbiografischen Erfahrungen und Erlebnisse der hochqualifizierten Migranten in dieser Arbeit zeigen, dass diese Ungleichheiten keine Randerscheinungen darstellen und tatsächlich der Realität entsprechen. Je höher der Bildungsgrad, desto stärker fallen diese Ungleichheiten auf. Die Befragten dieser Arbeit berichten von Situationen, in denen sie fremdenfeindlichen Äußerungen ausgesetzt sind und Ablehnungen durch die Deutschen ohne Migrationshintergrund erleben. Dadurch entwickeln die Migranten verschiedene Stresssymptome und versuchen Strategien zu bilden, um gegen diesen Stress anzukämpfen. Die Migranten fühlen sich unter Druck gesetzt und versuchen u.a. durch einen erhöhten Leistungsdrang Anerkennung zu bekommen. Jedoch berichten die Hochschulabsolventen mit Migrationshintergrund auch von psychischen Konsequenzen in Form eines geringeren Selbstbewusstseins und Minderwertigkeitskomplexen. Das Paradoxe an dieser Situation ist, dass es insbesondere die Migranten betrifft, die sich aktiv an der deutschen Gesellschaft beteiligen, hier geboren und aufgewachsen sind und versuchen, sich anzupassen und integrieren. Zusammenfassend wird deutlich, dass Gleichbehandlung, Gleichberechtigung und (Chancen-) Gleichheit noch immer ein großes Problem in Deutschland darstellen. Hochqualifizierte Migranten wird es erschwert, ihre Potenziale, Qualifikationen und Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

Aus Gründen der vereinfachten Lesbarkeit wird im Nachfolgenden auf die geschlechtsspezifische Unterscheidung verzichtet.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Die Mechanismen des Akkulturationsstresses

Anhangsverzeichnis

Anhang 1: Melek F.

Anhang 2: Ozan A.

Anhang 3: Younes S.

Anhang 4: Erol G.

Anhang 5: Gyle S.

Anhang 6: Emilia H.

Anhang 7: Interview-Leitfaden

1. Einleitung:

„Wenn Integration bedeutet, ein ungerechtes Bildungssystem zu akzeptieren, das zwar nach außen Chancengleichheit suggeriert, in Wirklichkeit aber genau das Gegenteil befördert, weil Arbeiterkinder bei der erstbesten Gelegenheit benachteiligt und aussortiert werden, dann sage ich: Nein Danke!“ (Daimagüler, M. (2011), S. 12)

Mehmet Gürcan Daimagüler, geboren und aufgewachsen im Siegerland in Nordrhein­Westfalen, ist ein Paradebeispiel für die erfolgreiche Integration eines Deutschen mit Migrationshintergrund in die deutsche Gesellschaft. Der heute 48-jährige Jurist und Sohn von türkischen Arbeitsmigranten hat einen beeindruckenden Werdegang hinter sich: Angefangen mit einem Studium der Volkswirtschaftslehre, den Rechtswissenschaften und der Philosophie in Bonn über einen Masterabschluss an der Harvard Universität in den Vereinigten Staaten bis hin zu einer Mitgliedschaft im Bundesvorstand bei der Freien Demokratischen Partei (FDP) und einer Beschäftigung bei der Boston Consulting Group in New York sowie zahlreichen Auszeichnungen u.A. als „Young Global Leader“. Mit dieser Aufzählung könnte man darauf abzielen, dass Daimagüler sich selbst als festes Mitglied und als ein Teil der deutschen Gesellschaft sieht, sich in Deutschland heimisch fühlt und hier auch akzeptiert wird. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Rechtsanwalt erzählt in dem autobiografischen Buch Kein schöner Land in dieser Zeit von seiner Heimatlosigkeit und dem Gefühl, nicht willkommen zu sein. Noch heute werde er im Alltag und im Beruf diskriminiert und müsse sich fremdenfeindliche Bemerkungen anhören. (vgl. Daimagüler, M. (2011), S. 134ff.)

Daimagüler stellte bei einer TV-Debatte zum Thema „Integration“ im WDR am 18.04.2016 die These auf:

„In Deutschland kann man sich so viel integrieren wie man will, man bleibt immer der Fremde“. (vgl. Hart aber Fair, WDR, 19.04.2016)

Mit dieser Aussage beschreibt er das Paradoxe an der erwarteten Integration in die deutsche Gesellschaft: Migranten, die sich bemühen, ein Teil der Gesellschaft zu werden, indem sie einen erfolgreichen schulischen Werdegang absolvieren, einen akademischen Grad erreichen und mehrheitlich sogar den Erfolg eines Bildungsaufsteigers bewerkstelligen, den Erwerb der deutschen Sprache sich zu eigen machen sowie sich mit den deutschen Werten und der deutschen Lebensweise auseinandersetzen und diese auch ausleben und sich durch all diese Attribute versuchen, sich anzupassen, werden von der deutschen Gesellschaft dennoch nicht als vollkommenes Mitglied anerkannt und stets als ein Fremdkörper angesehen.

Einer der wesentlichen Gründe, wieso es zu solch einer Abweisung kommt, ist der, dass Deutschland sich jahrzehntelang der Bezeichnung des Einwanderungslandes widersetzt hat. Integration und Migration waren bis in die 1990er Jahren sowohl auf politischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene keine Angelegenheit, der man Anerkennung gezollt hat. Sie wurden als Diskussionsthemen abgelehnt. Erst langsam seit den 1990er Jahren und vor allem mit dem Beginn der 2000er Jahre stellt sich Deutschland mehr und mehr seiner Verantwortung als Aufnahmeland für Migranten mit einer aktiven Migrations- und Integrationspolitik. Selbst die Bundeskanzlerin Angela Merkel musste sich 2007 in Hinblick auf die Migrationspolitik eingestehen, dass Deutschland das Thema der Integration „auf die lange Bank geschoben hat“. (vgl. BBP 2014)

Der Diskurs hinsichtlich der Migration ist aufgrund der jahrelangen Ablehnung einer Integrationspolitik noch sehr problembehaftet. Die Situation der Migranten ist noch immer mit starken Defiziten behaftet. Aus dem Grund werden Migranten auch noch heute stets mit einem negativen Weltbild assoziiert. Wie eine aktuelle Studie des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) aus dem Jahr 2014 zeigt, wird in der Berichterstattung in den deutschen Medien selten vorurteilslos und neutral über Migranten berichtet, was die Diskrepanz zwischen den Deutschen und Migranten nur umso mehr verstärkt. Migranten werden heutzutage noch immer vorzugsweise mit Arbeitslosigkeit, Ghettos und Kriminalität, einer mangelnden Integration und mit einer schlechten Bildung in Verbindung gesetzt (vgl. DISS 2014). Die gesellschaftliche Eingliederung von Migranten wird u.A. seit Sarrazin (2010) und der gegenwärtigen Flüchtlingskrise sowie dem daraus entstandenen medialen Aufschrei über den schlechten Einfluss der Migranten auf die deutsche Gesellschaft oft an den Pranger gestellt, so dass der Eindruck entsteht, dass die Mehrheit der Migranten jegliche Integrationsprozesse ablehnt und als Folge dieser Verweigerung sich Parallelgesellschaften bilden. Das Resultat ist eine problembehaftete Generalidentität, die sich in allen Bereichen des Lebens in der deutschen Gesellschaft niederschlägt und so die Partizipation der Migranten an der Mehrheitsgesellschaft erschwert. Eine Studie der beim Bundesfamilienministerium angesiedelten Antidiskriminierungsstelle des Bundes von 2015 zeigt, dass Migranten bei der Wohnungssuche rassistisch oder fremdenfeindlich motivierte Ablehnung erfahren müssen und die Vermieter ihnen mit Vorurteilen und Antipathie gegenübertreten (vgl. ADS 2015).

Doch auch auf dem Arbeitsmarkt, der bezüglich der Berufssuche essentiell für einen sicheren Lebensstandard ist und zu einem bestimmten sozialen Status in der Gesellschaft verhilft, werden Migranten mit Ressentiments und Benachteiligungen konfrontiert.

2015 stellte eine Studie der Bertelsmann Stiftung fest, dass 60 % der Betriebe einem Jugendlichen mit Migrationshintergrund noch nie einen Ausbildungsplatz zur Verfügung gestellt haben. Oft besteht aus Sicht des Arbeitgebers die Angst, dass Migranten bestimmten Leistungsanforderungen nicht gerecht werden können und dass bisherige Geschäftsbeziehungen darunter leiden würden, da sie dem Kundenstamm ein falsches Bild über das Unternehmen geben. Diese Sichtweise taucht meistens bei den kleinen- und mittelständischen Unternehmen auf (vgl. Bertelsmann Stiftung 2015, S.22ff.)

Zahlreiche Studien wie die Studie Bildung, Milieu und Migration der Heinrich Heine Universität Düsseldorf und die Studie der deutschen Stiftung für Integration und Migration haben bereits belegt, dass die Erwerbsquote von jugendlichen Migranten selbst bei dem gleichen Bildungsgrad deutlich geringer ausfällt als im Vergleich zu den einheimischen Deutschen. Hinzu kommt, dass die Bildungsquote bei Jugendlichen mit einem Migrationshintergrund, die als gering qualifiziert klassifiziert werden (keine Ausbildung und kein Abitur) bis zu 50 % höher einzustufen ist, als die der Deutschen ohne Migrationshintergrund (vgl. Liebig, T./Widmaier 2009). Die Migrations situation in Deutschland ist somit prekär.

Besonders erwähnenswert ist jedoch im Hinblick auf die Diskriminierung und die strukturelle Einschränkung die Lage der hochqualifizierten Migranten. Die Ungleichheiten werden vor allem zwischen hochqualifizierten Bürgern mit Migrationshintergrund und solchen ohne Migrationshintergrund deutlich. Im Vergleich zu anderen OECD-Ländern sind diese Unterschiede stark ausgeprägt und weisen deutlicher eine Spanne bezüglich der beruflichen Chancen auf. Die vielzähligen empirischen Befunde, wie z.B. die OECD- Studie zur Arbeitsmarktintegration aus dem Jahre 2009 (vgl. OECD 2009) wirken der von dem französischen Soziologen Pierre Bordieu begründeten Theorie des Bildungskapitals insofern entgegen, als dass hochqualifizierte Migranten sich mehr Ressourcen angeeignet haben, gerade dadurch jedoch die Ansätze der Diskriminierungsprozesse und Ablehnungserfahrungen mehr an Bedeutung gewinnen als Gründe für Ungleichheit. Das Beispiel von Daimagüler stellt keinen Einzelfall dar. Viele hochqualifizierte Migranten, die sich von dem negativ konnotierten Bild eines Migranten lösen konnten und entgegen all er Vorurteile es geschafft haben, sowohl in ihrer Bildungslaufbahn als auch auf ihrem beruflichen Werdegang Karriere zu machen, werden dennoch häufig mit Ablehnungen sowie Stereotypisierungen konfrontiert.

In der Migrationsforschung wird schon lange darüber geforscht, dass gering qualifizierten Migranten der Mangel an Humankapital zum Verhängnis wird und dass sie aus diesem Grund unterschiedlichen Benachteiligungen und Chancenungleichheiten begegnen. Hochqualifizierte Migranten bzw. Hochschulabsolventen mit Migrationshintergrund stellen demgegenüber eine Forschungslücke dar, da ihnen kein Mangel an Humankapital zugeschrieben werden kann. Dies könnte einer der Gründe dafür sein, wieso hochqualifizierte Migranten in den Medien kaum stattfinden und ihre Bildungserfolge nicht honoriert werden. Entgegen dem diskreditierenden Bild von Migranten, das oben beschrieben wurde, gehört dieser Anteil von Migranten zu denen, die einen Universitätsabschluss haben, ihre Steuern zahlen, sich gesetzeskonform verhalten und so versuchen, sich einen gefestigten und angesehenen Stand in der Gesellschaft zu sichern. Daher ist es besonders verwunderlich, dass auch Hochqualifizierte auf dem Arbeitsmarkt mit vielerlei Problemen und Ungleichheiten zu kämpfen haben, was bis heute jedoch kein gut untersuchtes Forschungsfeld darstellt. Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Arbeit mit den Ungleichheiten, mit denen hochqualifizierte Migranten konfrontiert werden.

1.1. Ziel der Arbeit

Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist die Erstellung eines Überblicks darüber, welchen Hindernissen und Einschränkungen die Hochschulabsolventen mit Migrationshintergrund am deutschen Arbeitsmarkt gegenübertreten müssen und wieso es somit zu Chancenungleichheiten kommt. Das Forschungsinteresse bezieht sich einerseits auf die Frage, mit welchen Benachteiligungen hochqualifizierte Migranten am Arbeitsmarkt/ im Job konfrontiert werden und auf welche Art und Weise sie dadurch beeinträchtigt werden,; andererseits zielt das Forschungsinteresse auch auf die Diskriminierungsprozesse ab, durch die sich die hochqualifizierten Migranten in ihrer beruflichen Karriere eingeschränkt fühlen. Zudem soll erforscht werden, wieso es insbesondere bei Hochschulabsolventen mit Migrationshintergrund zu bestimmten herkunftsbezogenen Stresssituationen (sog. Akkulturationsstress) kommt.

Um diese Forschungsfragen näher untersuchen zu können, wird zum einen auf den aktuellen Forschungsstand Bezug genommen und zum anderen werden in Form der Auswertung von biographischen Interviews berufsbiographische Erfahrungen von Akademikern mit Migrationshintergrund einer genaueren Betrachtung unterzogen.

1.2. Aufbau der Arbeit

Am Anfang der Arbeit steht ein kurzer Überblick über die allgemeine Situation von Migranten. Es wird gezeigt, wie es aktuell um die schulische und universitäre Situation der Migranten bestellt ist und es wird dazu ein Vergleich mit Deutschen ohne Migrationshintergrund gezogen. Zudem wird eine Datensammlung in Bezug auf die Stellung von Migranten am Arbeitsmarkt wiedergegeben und es wird der aktuelle Forschungsstand bezüglich Diskriminierungen und Stereotypisierungen von Migranten näher erläutert. Darauf werden die drei Schlüsselbegriffe der Arbeit „Menschen mit Migrationshintergrund“, „Diskriminierung“ sowie „Akkulturation“ genauer erklärt. Den Hintergrund für den theoretischen Teil bilden die Ansätze von Henri Tajfel und John C. Turner („Theorie der sozialen Identität“) und Ingrid Oswald bzw. Edna Bonacich („ethnisch geteilte Arbeitsmärkte). Zudem befasst sich die Ausarbeitung genauer mit der Diskriminierungstheorie von Gary S. Becker und dem aktuellen Forschungsstand bezüglich der Diskriminierung von Migranten am deutschen Arbeitsmarkt. Den letzten theoretischen Ansatz bildet die Akkulturationsstresstheorie von John W. Berry, die essentiell für die Forschung bezüglich der Benachteiligung von hochqualifizierten Migranten ist. Sie dient als Grundlage dazu, herkunftsbezogene Stresssituationen definieren zu können und macht deutlich, wie die Akademiker mit Migrationshintergrund mit diesem Druck und Stress umgehen. Danach folgt eine Beschreibung der in dieser Arbeit durchgeführten empirischen Forschung. Die Forschungsmethode, der Aufbau der Interviews, die Merkmale der teilnehmenden hochqualifizierten Migranten sowie das Bewertungsschema werden vorgestellt. In diesem empirischen Teil werden die verschiedenen Ergebnisse präsentiert und mit den Ansätzen des theoretischen Teils verknüpft. Die Ergebnisse sollen auf Ungleichheiten zwischen Arbeitnehmern mit und ohne Migrationshintergrund aufmerksam machen. Abschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst und es wird eine Prognose bezüglich der zukünftigen Situation der Migranten und Verbesserungsvorschläge gegeben.

2. Theorie und aktueller Forschungsstand

2.1. Überblick und Datenerfassung der Situation von Migranten

In Deutschland gelten 16,4 Millionen der insgesamt 80,9 Millionen Einwohner als Zugewanderte oder Deutsche, deren Eltern aus dem Ausland stammen. Somit haben 20,3 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund. Ein Drittel von allen Personen mit Migrationshintergrund ist in Deutschland geboren. Demnach sollte es von zunehmender Wichtigkeit sein, was dieser doch erhebliche Anteil der Gesellschaft beruflich leistet. In dieser Arbeit werden weitestgehend die Migranten der zweiten sowie dritten (Migranten-)Generation erforscht, die eine hohe Qualifikation vorweisen können, in Deutschland geboren bzw. den deutschen Bildungsweg gegangen sind. In erster Linie sind sie also die Kinder sowie die Kindeskinder von den „Gastarbeitern“, die in den 1960er sowie 1970er Jahren nach Deutschland gekommen sind. Da in dieser Studie Akademiker mit Migrationshintergrund erforscht werden, wird zuerst über die aktuelle Situation dieser Gruppe berichtet: Der Anteil an Migranten bei den Akademikern betrug 2015 8 Prozent. Gemessen an den schulischen Abschlüssen und Leistungen der Migranten anhand der Mikrozensus-Studie des Statistischen Bundesamtes (Destatis) kann man feststellen, dass das Bildungsniveau hinsichtlich der Bürger mit einem Migrationshintergrund immer weiter ansteigt. Bei den Männern mit Migrationshintergrund liegt der Anteil bei 38,5 Prozent und bei den Frauen sogar 45,5 Prozent, die 2012 die Hochschulberechtigung erlangt haben. Im Vergleich zu den Deutschen (jeweils 43 Prozent und 50,6 Prozent) liegen die Migranten fast gleichauf. Bei den Frauen mit Migrationshintergrund im Alter von 20 bis 29 Jahren haben 45,5 Prozent das Abitur bzw. einen Fachhochschulabschluss, bei den Männern mit Migrationshintergrund liegt dieser Anteil bei 38,5 Prozent. In der Altersspanne zwischen 30 und 39 Jahren zeigt sich zwischen den Geschlechtern eine geringere Differenz, hier weisen die Frauen mit Migrationshintergrund einen Anteil von 36,5 Prozent auf, während die Männer mit Migrationshintergrund über einen Anteil über 32,1 Prozent verfügen.

Somit gibt es, entgegen den Projektionen der Medien, in denen Migranten größtenteils nur mit mit einem geringeren Bildungsniveau in Zusammenhang gebracht werden, doch einen großen Anteil von Migranten, die sich der Bildungsmisere entziehen konnten. Da die Eltern (die vermehrt bildungsschwache erste Generation) dieser Migranten größtenteils aus Arbeiterfamilien kommen, werden die Migranten demzufolge auch als „Bildungsaufsteiger“ betitelt.

Im Hochschulsegment ist die Bedeutsamkeit der Aussagen limitiert, da hier in Deudietschland geborenen Migranten als Deutsche ohne Migrationshintergrund erfasst werden, d. h. sobald sie die deutsche Staatsbürgerschaft übernommen haben, werden sie in den Statistiken nicht mehr aufgelistet. Um jedoch Unterschiede ziehen zu können, wird zwischen „Bildungsinländern“ sowie „Bildungsausländern“ differenziert. Die Destatis definiert die beiden Gruppen wie folgt: Die ausländischen Bürger, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben, aber nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, werden als „Bildungsinländer“ bezeichnet. Die ausländischen Bürger, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben haben, werden als „Bildungsausländer“ beschrieben. (vgl. Destatis 2014)

Von den insgesamt 2.698.910 Studierenden im Wintersemester 2014/2015 sind 85.711 „Bildungsinländer“ und 321.569 „Bildungsausländer“. Deutschland weist im Vergleich zu anderen EU-Ländern geringe Studiengebühren auf, wodurch ein Studium in Deutschland bei Ausländern sehr beliebt ist. Zudem ermöglicht die europäische Union, sich frei zwischen den Ländern zu bewegen. Diese Faktoren und die zuvor erwähnte Auffassung der Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft können Gründe für die Spanne sein, dass Bildungsausländer eine weitaus höhere Menge aufweisen. 30,3 Prozent aller derzeitigen Bachelorabsolventen sind Studenten mit einem Migrationshintergrund, bei den Masterabsolventen liegt der Anteil bei 38 Prozent. Ingesamt haben 12,1 Prozent der Migranten bereits einen universitären Abschluss. Die türkischstämmigen Migranten bilden den größten Anteil mit 26,5 Prozent in der Kategorie der „Bildungsinländer“, danach kommen weit abgeschlagen die kroatischen Staatsbürger mit 5,8 Prozent, die Italiener mit 5,4 Prozent, die Griechen mit 5,1 Prozent und die Russen mit 4,2 Prozent (vgl. Destatis 2015).

Dieser Stand der Daten ist für den weiteren Verlauf der Arbeit wichtig, da vor allem türkischstämmige Migranten von Diskriminierungsprozessen betroffen sind. Das Sozio- oekonomische Panel (SOEP) hat herausgefunden, dass 18 Prozent der Migranten mit einem türkischen Migrationshintergrund mit ungleichen Behandlungen konfrontiert werden, während es bei den Migranten insgesamt nur bei 8 Prozent liegt.

Die Arbeitslosenquote bei den Akademikern beträgt 12,5 Prozent (bei der Vergleichsgruppe der deutsche Akademiker beträgt diese nur 4,4 Prozent), die somit deutlich macht, dass Migranten häufiger von einer Erwerbslosigkeit betroffen sind. Bei den 20- bis 29-Jährigen sieht die Verteilung so aus, dass 90 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund einen Arbeitsplatz haben, während bei den Hochqualifizierten mit Migrationshintergrund lediglich 81 Prozent über eine Arbeitsstelle verfügen. Zu diesem Ergebnis kam die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bereits 2008 in ihrer Studie Bildung auf einen Blick (vgl. OECD 2008). Dieser Umstand zielt darauf ab, dass strukturelle Rahmenbedingungen viele Migranten dabei hindern, den Weg einer erfolgreichen Karrierelaufbahn einzuschlagen.

Die Anzahl der Studierenden steigt stetig an und immer mehr hochqualifizierte Migranten drängen auf den Arbeitsmarkt. Doch viele von ihnen werden bezüglich ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch Ablehnungserfahrungen und Stereotypisierungen ungleich behandelt. Die Kompetenzen und Fähigkeiten der Migranten werden als entscheidenden Faktor ignoriert, denn oftmals müssen sich Migranten vor allem aufgrund ihrer Herkunft diesen Benachteiligungen unterziehen. Die Lage der Migranten im Alltag sowie auf dem Arbeitsmarkt wurde bereits durch viele Studien auf eine fehlende Akzeptanz zurückgeführt. So zeigt die Friedrich-Ebert-Stiftung (vgl. die Daten der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) in ALLBUS 2007), dass bei der Frage, ob die Migranten „eine Bereicherung für die Kultur in Deutschland“ darstellen, dass einheimische Deutsche des Öfteren eine bestimmte negative Haltung einschlagen. 42 Prozent der Befragten stimmten dieser Aussage nämlich überhaupt nicht zu und machen deutlich, dass das Verhältnis zwischen Deutschen und Migranten angeschlagen ist. Bei den 4.800 befragten Deutschen ohne Migrationshintergrund wurde hinsichtlich der Arbeitsbeziehung zu Migranten eine fremdenfeindliche Haltung festgestellt. Ein Drittel aller Befragten bestätigten mit der Aussage, dass „wenn Arbeitsplätze knapp werden, man Ausländer wieder in ihre Heimat schicken sollte“, dass deutsche Arbeitnehmer Migranten noch immer nicht als ebenbürtig ansehen und sich höher gestellt fühlen. Daraus abgeleitet ist es nicht überraschend, dass knapp die Hälfte der Arbeitnehmer ohne Migrationshintergrund sich auf keiner kollegialen Beziehungsebene mit den Migranten befinden und auch keinen Kontakt aufbauen möchten. 57 Prozent beschreiben auch im privaten Alltag in der Nachbarschaft keine Freundschaften zu Migranten.

Mit dieser Studie wird bestätigt, dass Vorurteile für Migranten keine Randerscheinungen darstellen, sondern sie aktiv im Berufsleben daran hindert, sich durchsetzen zu können. Diese Vorurteile beschreiben die politischen Folgen einer nicht klaren Ausländerpolitik, dem verspätetem Geständnis einer Einwanderungsgesellschaft oder auch einer falsch angesetzten Integrationspolitik. Diese Gründe spielen mitunter eine Rolle, dass Migranten mit Ressentiments konfrontiert werden.

Beim Umgang mit Akademikern mit Migrationshintergrund wird vernachlässigt, dass Migranten öfters ein viel höheres Risikobewusstsein mitbringen, mehr Leistungsbereitschaft zeigen, in Problemsituationen differenzierter vorgehen und die deutsche Gesellschaft aus anderen Blickwinkeln sehen. Diese und verschiedene andere kulturelle Kompetenzen hat Kowalski 2008 in einer Studie über türkischstämmige Studenten und Akademiker in Deutschland herausgefunden (vgl. S.Kowalski 2008).

Faire Zugangschancen auf dem Arbeitsmarkt werden davon getrübt, dass Migranten Zurückweisungen aufgrund ihrer Herkunft z.B. im Bewerbungsprozess, bei der Vergütung, bei Weiterbildungsmaßnahmen oder bei Aufstiegsmöglichkeiten erleiden und sich dadurch Unsicherheiten und Bedenken über die eigenen Qualifizierungen breit machen. So arbeiten nach einer Untersuchung im Jahre 2012 des Index zur Integration und Migration in Europa (Migrant Integration Policy Index; MIPEX) 14,2 Prozent der hochqualifizierten „Bildungsinländer“ und sogar 32,2 Prozent der hochqualifizierten „Bildungsausländer“ in Deutschland auf Stellen, die weit unter ihren Qualifizierungen und Fähigkeiten liegen. Das Paradoxe an dieser Situation ist, dass Deutschland und seine Unternehmen es sich eigentlich nicht erlauben können aufgrund des demografischen Wandels, auf Fachkräfte zu verzichten, da man sowohl auf internationaler Ebene im Vergleich zu anderen OECD- Ländern als auch aus ökonomischer Sicht ungenügend abschneidet (vgl. OECD 2008).

2014 bestätigte eine Studie des Forschungsbereichs des „Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration“ (SVR) dass Diskriminierungsprozesse noch immer den Zugang zum Arbeitsmarkt einschränken. Jeder vierte Akademiker mit Migrationshintergrund hat sich demnach bei Bewerbungen diskriminiert gefühlt. Unbewusste Assoziationen, die Annahme einer geringeren Leistungsbereitschaft sowie die Zuschreibung negativer Attribute benachteiligen deutlich die hochqualifizierten Migranten (vgl. SVR 2014). Dabei tauchen diskriminierende Verhaltensweisen bei kleinen Unternehmen (weniger als sechs Mitarbeiter) bis zu sechsmal häufiger auf.

Es entsteht ein herkunftsbezogenes Stressempfinden (Akkulturationsstress). Um diesem Akkulturationsstress entgegen zu wirken, müssen die Migranten sich selbst, ihre Umgebung und die deutsche Mehrheitsgesellschaft (welche die Vorbehalte praktiziert) davon überzeugen, dass an ihnen durch Ablehnung und „Schubladendenken“ widerrechtlich gehandelt wird, d. h. sie müssen selbst Faktoren und Verfahren bilden, um gegen diese negativen Erfahrungen anzukämpfen. Diskriminierungsprozesse und fehlende Akzeptanz am deutschen Arbeitsmarkt bilden die Grundlage des Akkulturationsstresses. Bevor ich auf die theoretischen Ansätze bezüglich einer Chancenungleichheit von Migranten am deutschen Arbeitsmarkt eingehe, sollen die für diese Arbeit essentiellen Begriffe „Mensch mit Migrationshintergrund“, „Diskriminierung“ sowie „Akkulturation“ definiert werden.

Mensch mit Migrationshintergrund:

Um die Menschen mit Migrationshintergrund genauer zu beschreiben, wird hier die Definition des statistischen Bundesamtes (Destatis) zugrunde gelegt, laut der, zu den Menschen mit Migrationshintergrund, „alle Ausländer und eingebürgerte ehemalige Ausländer, alle nach 1949 als Deutsche [...] Zugewanderte, sowie alle in Deutschland als Deutsche Geborene mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil“ angehören (Destatis 2014, S. 2ff.).

Ein Migrationshintergrund lässt sich nur durch die Eigenschaften der Eltern definieren. Somit haben die Kinder von Ausländern oder eines ausländischen Elternteils einen Migrationshintergrund. Diese werden als Deutsche mit Migrationshintergrund (mit einer deutschen Staatsbürgerschaft) bezeichnet, sofern sie in Deutschland geboren sind.

Dazu gibt es noch Zuwanderer und die Ausländer, die in Deutschland geboren sind. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen ist, dass die erste Gruppe der Zuwanderer ihren Migrationshintergrund nicht weitergeben kann, während die zweite Gruppe der Ausländer ihren Migrationshintergrund an ihre Kinder übertragen können. Diese zweite Gruppe stellt mehrheitlich die heutige Migrantengeneration dar.

Einen besonderen Fall stellen die Deutschen dar, die nicht zugewandert sind, d. h. hier geboren sind und somit auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, jedoch überwiegend bzw. in gleichem Maße auch die ethnische Integration erfahren haben und dadurch auch andere Wertvorstellungen haben und auch eine „nicht-deutsche“ Kultur leben. Diese werden zu Forschungszwecken nicht mit einem Migrationshintergrund verbunden und fallen somit aus Statistiken raus, obwohl sie die heutige dritte Generation der Migranten darstellen, weshalb man die hier getroffenen Aussagen stets mit einem Vorbehalt betrachten sollte.

Mit dem Status eines Migrationshintergrundes werden somit drei Arten von Menschen in Deutschland in Verbindung gebracht: Die Menschen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, die nicht in Deutschland geboren sind und deren Muttersprache nicht deutsch ist.

Diskriminierung:

Um den Begriff Diskriminierung zu erklären, wird die Definition der schwedischen Soziologin Helena Flam verwendet (vgl. Flam 2007, S. 9ff.).

Nach Flam entsteht eine Form der Diskriminierung durch das bekannte „Schubladendenken“. Derjenige, der die Diskriminierung durchführt, verbindet den

Menschen mit negativen Charaktereigenschaften und schreibt ihn einer bestimmten Gruppe von Menschen zu. Eine diskriminierende Erfahrung führt zur Einengung des Bewegungsspielraums, indem sich Menschen definieren können (vgl. Flam 2007, S. 9). Eine negative Diskriminierung zeigt sich insbesondere bei einer missachtenden Akzeptanz eines Menschen aufgrund seiner „Wesenseigenheiten“. Die Merkmale einer negativen Diskriminierung sind, dass der Diskriminierende als ein minderwertiges bzw. einem selbst untergestelltes Lebewesen wahrgenommen wird. Ihm werden negativ konnotierte Charakteristika zugewiesen, mit der er in seiner natürlichen, öffentlichen Umgebung eingeschränkt wird bzw. dadurch sein Zugang zur Gesellschaft erschwert wird (vgl. Flam 2007, S. 9f.).

Bei der Form der rassistischen Diskriminierung geht Flam auf die Ansätze von Hall (2000) ein. Die rassistische Diskriminierung verfolgt eine einseitige Aufteilung der „Rassen“, wobei die eigene Herkunft eine prävalente Rolle einnimmt. Diese Spaltung von Menschen führt zu einer hierarchischen Anordnung von „Rassen“. Die Hierarchie wird von denen angeführt, die eine dominante Position in der Gesellschaft haben. Der Fokus bei der rassistischen Diskriminierung liegt in erster Linie auf dem äußerlichen Erscheinungsbild, durch die die Separation vorangetrieben wird (z. B. Hautton) (vgl. Flam 2007, S. 10). In dieser Studie geht es um die Form der Diskriminierung, durch die Menschen aufgrund ihrer ausländischen Herkunft im Alltag sowie im Beruf benachteiligt und geringschätzig behandelt werden.

Zusammenfassend kann man bei der Begriffserklärung der Diskriminierung den Fokus auf eine Gruppe von Menschen legen, die mit gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Beeinträchtigungen konfrontiert werden.

Akkulturation:

Die bewährte Definition von „Akkulturation“ ist die von Redfield, Linton und Herskovits aus dem Jahre 1936, die wie folgt lautet:

„Akkulturation umfasst alle jene Erscheinungen, die aus dem kontinuierlichen direkten Kontakt von Gruppen oder Individuen aus unterschiedlichen Kulturen und den daraus folgenden Veränderungen der ursprünglichen Kulturmuster einer oder beider Gruppen entstehen“ (zit. nach Thomas 2003, S. 518)

Der Begriff der Akkulturation wird verwendet, wenn Menschen in ein Land umsiedeln und dadurch in Verbindung mit der fremden Kultur des Landes treten. Der Versuch des Migranten, sich in die neue, noch unbekannte Kultur anzupassen, mündet in einer „psychischen Akkulturation“ (vgl. Silbereisen et al. 1999, S. 303f.) Die Akkulturation geht mit dem Begriff „Kultur“ einher. Die „Kultur“ definiert die kollektive Lebensgestaltung einer Gruppe von Menschen. Zur Unterscheidung dieser zahlreichen Gruppen und deren Lebensstile sind die sog. Akkulturationsprozesse vonnöten. Das Verhältnis eines Migranten zu der Mehrheitsgesellschaft, d. h. welchen Bezug er zu der neuen Kultur hat (integriert er sich oder lehnt er die Kultur ab), stellt die Basis des Akkulturationsprozesses dar (vgl. Silbereisen et al. 1999, S. 303f.) Durch das Zusammenführen der Herkunftskultur und der Aufnahmekultur kann eine neue Eingliederungskultur gebildet werden. Ein Akkulturationsprozess, der ohne einen erkennbaren Zusammenhang gebildet wird, führt zu Stresssituationen. Dieser Stress wird auch „akkulturativer Stress“ genannt (vgl. Stubbe 2005, S. 7).

Die Migranten, die sich akkulturieren, können zum einen vollkommen von der Aufnahmegesellschaft akzeptiert werden oder zum anderen kann ihre Partizipation auch komplett verweigert werden. Die Einwohner durchleben viele unterschiedliche, einprägsame Erlebnisse, wodurch sowohl Glücksmomente (in Form von Akzeptanzerfahrungen) als auch Stresssituationen geweckt werden.

2.2. Die Theorie der sozialen Identität

Die Theorie der sozialen Identität wurde im Jahre 1979 bzw. 1986 von Henri Tajfel und John C. Turner u.d.T. The social identity theory of intergroup behavior zum ersten Mal formuliert. Das primäre Forschungsfeld war hierbei die genauere Betrachtung von Intergruppenprozessen. Die soziale Identitätstheorie wird dabei in vier Prozesse aufgegliedert.

(1) Bei der sozialen Kategorisierung handelt es sich um die Anpassung an die gesellschaftliche Umgebung. Die Menschen versuchen hier, ihre vielseitige Umgebung in Kategorien aufzuteilen (vgl. Tajfel 1982, S. 101ff.).

Die soziale Identität bildet sich daraus, dass der Mensch sich einer Gruppe („Ingroups“) hingibt, in der er aufgenommen wird und somit als Teil eines Ganzen akzeptiert und wahrgenommen wird. Er kennzeichnet sich mit der Gruppe aus und hebt sich folglich von anderen Gruppen („Outgroups“) ab. Die gewählte Gruppe weicht durch einen bestimmten (einzigartigen) Faktor von allen anderen Gruppen ab und dadurch werden die Gruppen jeweils auseinandergehalten. Diese Faktoren können sich in verschiedene Attribute widerspiegeln: Gemeinsames Interesse an einer bestimmten Beschäftigung (Politik, Kultur, Sport), man lebt dieselbe Religion aus oder teilt dieselbe Nationalität (vgl. Maehle 2012, S. 34 ff.)

(2) Die zweite Kategorie zeigt den Selbstfindungsprozess eines Individuums. Hier wird deutlich, mit welchen Absichten sich das Individuum der Gruppe hingibt. Es kommt darauf an, wie er die Gruppe persönlich wertet und welchen emotionalen Bezug er zu dieser Gruppe aufbaut. Sie wird deshalb als „quasi-ideologische Dimension von Einstellungen, Werten und Überzeugungen“ (Tajfel 1982, S. 9) bezeichnet. Diese Faktoren stellen den Rahmen der sozialen Identität eines Einzelnen dar (vgl. Tajfel 1982, S. 104). Für die Bildung dieser sozialen Identität wurden die beiden Faktoren „soziale Mobilität“ und „soziale Veränderung“ gebildet.

Die soziale Mobilität ermöglicht dem Individuum, dass er frei in seinem Handlungsspielraum ist und somit ohne jegliche Probleme von der einen Gruppe zur anderen Gruppe wechseln kann. Im Bezug auf hochqualifizierte Migranten ist damit gemeint, dass Migranten mit größerer Leistungsbereitschaft und Durchsetzungskraft oft von der eher niedrig gestellten sozio-okönomischen Schicht den Aufstieg in die höhere Klasse schaffen.

Die soziale Veränderung stellt das komplette Gegenteil dar. Hier ist ein Übergang zu einer anderen Gruppe ausgeschlossen. Dies spielt bei den hochqualifizierten Migranten eine erhebliche Rolle, da sie trotz eines höheren Integrationswillen von der Mehrheitsgesellschaft abgelehnt werden und die Mehrheitsgesellschaft sie nicht aufnimmt.

(3) Mit der Unterscheidung zwischen „Ingroups“ und „Outgroups“ folgen die Vergleichsprozesse. Der Mensch strebt eine Beurteilung seiner eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften an. Die Beurteilung ist jedoch nur auf Grund der Bildung von Vergleichsprozessen möglich (vgl. Tajfel 1982, S. 104).

Nur mit diesen Vergleichsprozessen ist es möglich, die Stärken der eigenen „Ingroup“ hervorzuheben. Der Nachteil hier ist jedoch, dass anhand der Vergleichsprozesse auch die Schwächen der eigenen Gruppe deutlich gemacht werden. Als Folge dieser Gegenüberstellung, um sich den Schwächen zu entziehen, werden diskriminierende Verhaltenszüge, Stereotypisierungen und eine allgemeine Abneigung gegenüber den „Outgroups“ gebildet. Das Resultat ist die soziale Identität aus den Differenzen der eigenen Gruppe und den außenstehenden Gruppen (vgl. Tajfel 1982, S. 105).

(4) Mit der sozialen Distinktheit werden sowohl die positiven als auch die negativen Eigenschaften der eigenen Gruppe jeweils abgewogen. Ist die Auffassung da, dass die positiven Eigenschaften der eigenen Gruppe überwiegen und die negativen Eigenschaften somit an Wert verlieren, dann stärkt es Menschen letztlich in dem Glauben, ein festes Mitglied der Gruppe zu sein. Eine Mehrheit von negativen Eigenschaften führt jedoch dazu, dass der Mensch die Gruppe verlassen möchte und sich einen Platz in einer anderen Gruppe sucht, damit seine soziale Identität erhalten bleibt (vgl. Tajfel 1982, S. 107ff.). Im Falle der hochqualifizierten Migranten würde dieser Zustand aufkommen, wenn die Migranten sich gegen das negative Weltbild widersetzen, höheren Arbeitswillen aufzeigen und eine höhere Leistungsbereitschaft zeigen. Sie möchten Erfolge in ihrer Berufslaufbahn einheimsen, um der Mehrheitsgesellschaft zu zeigen, dass sie im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen mit den Deutschen mithalten können und gleichgestellt sind.

Die soziale Identitätstheorie ist wichtig, um zu verstehen, dass Migranten trotz zahlreicher Partizipationsversuche nicht schaffen, von der Mehrheitsgesellschaft gleichgestellt zu werden. Migranten mit Ablehnungserfahrungen ziehen sich zurück und suchen nur noch den Kontakt in ethnischen Netzwerken.

2.3. Der ethnisch geteilte Arbeitsmarkt:

Ingrid Oswald (2007) behandelt die Bereiche der Ethnisierung von Arbeitsmärkten, der ethnisch geteilten Arbeitsmärkte und der ethnischen Unterschichtung. In dieser Ausarbeitung liegt der Fokus auf dem ethnisch geteilten Arbeitsmarkt.

Das Konzept des „ethnisch geteilten Arbeitsmarkts“ basiert auf der „split labour market“- Theorie von Edna Bonacich (1972). Ihre Theorie gibt wichtige Anhaltspunkte über die Möglichkeiten der Mehrheitsgesellschaft wieder. Es werden drei verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Mehrheitsgesellschaft ihre dominante Stellung am Arbeitsmarkt beibehalten kann. Hauptsächlich geht es hier um die Wettbewerbskonflikte, die aufgrund der Partizipationsversuche der Migranten entstehen und wodurch die Deutschen gewisse Ablehnungsmechanismen entwickeln. Die Deutschen setzen diese Mechanismen im Zuge der arbeitswilligen Migranten ein, um ihnen den Zugang zu gewünschten Positionen zu verwehren. Es besteht aus ihrer Sicht nämlich die Gefahr, dass sie den Status der Mehrheitsgesellschaft und somit ihre autoritäre Position am Arbeitsmarkt verlieren (vgl. Oswald 2007, S. 116). Die erste Möglichkeit ist die negative Ideologisierung mit Bezug auf die Ethnie (Rassismus, Vorurteile). Als zweitens wird die Bildung von Verhaltensmustern aufgezeigt, die die Migranten in ihrer Teilhabe am Arbeitsmarkt bewusst einschränken (offene und verdeckte Diskriminierung). Zum Schluss folgt die vorsätzliche Einengung des Handlungsspielraums von Migranten aufgrund gewisser Institutionen (Gesetze mit segregierender Wirkung) (vgl. Oswald 2007, S. 116).

Diese Möglichkeiten sind Gründe, weshalb es zu einer Spaltung zwischen den Bürgern der Mehrheitsgesellschaft und den Migranten kommt. Diese Gesellschaftsaufteilung wird auch „ethnischer Antagonismus“ genannt (vgl. Oswald 2007, S. 116).

Die Folge hieraus ist die Besetzung von Migranten in niedrig qualifizierten Arbeitsstellen.

Die Fähigkeiten und Kompetenzen der Arbeitnehmer werden nicht als entscheidendes Einstellungskriterium herangezogen, sondern bloß die ethnische Zugehörigkeit. Die Herkunft entscheidet also über die Partizipation der Migranten am Arbeitsmarkt. Die bereits über mehrere Jahre hinweg mehrfach belegten Konsequenzen daraus sind eine geringere Entlohnung, eine Ausgrenzung von bestimmten Arbeitspositionen (z. B. Führungspositionen) oder Erschwernisse, um an höher qualifizierte Stellen zu gelangen.

Je größer der Handlungsspielraum der Einheimischen wird, um die Migranten an der Teilhabe am Arbeitsmarkt zu hemmen, desto geringer fällt die Chance der Migranten aus, um mit den Deutschen in Konkurrenz zu treten. Oswald beschreibt diesen Zustand als ein Leben „außerhalb der Sozialstruktur“ bezüglich der Partizipation an der Mehrheitsgesellschaft, wodurch der Integrationsrahmen umso mehr erschwert wird (vgl. Oswald 2007, S. 117).

Ein wesentlicher Einflussfaktor für diese benachteiligte Stellung und mitunter auch einer der größten Verantwortlichen für den ethnisch geteilten Arbeitsmarkt sind die sog. Gate Keeper. Diese „Gate Keeper“ finden sich in verschiedenen Institutionen wieder bzw. sind sogar in Form einer Institution tätig (u. a. Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Bundesagentur für Arbeit) (vgl. Flam 2007, S. 147ff.).

Um die Verhaltenseigenschaften der Arbeitgeber zu charakterisieren, wird ein sog. „Discrimination Testing“ durchgeführt, bei dem sich jeweils zwei Bewerber auf die selbe Stellenanzeige bewerben. Der einzige Unterschied zwischen den zwei Bewerbern ist die Nationalität (bzw. der Migrationshintergrund). Sowohl der schulische als auch der berufliche Werdegang und die Qualifikationen sind bei beiden Bewerbern gleich. Eine an diese Methodik angelehnte Studie von Norbert Gestring hat im Jahr 2006 bei einer Befragung mit Geschäftsführern bzw. Recruitern herausgefunden, dass im Bewerbungsprozess mehrheitlich zu Lasten von Migranten, insbesondere von türkischstämmigen Migranten, Entscheidungen getroffen wurden (vgl. Gestring et al (2006), S. 162f.). Das Außergewöhnliche hieran war, dass selbst Menschen in einer Führungsposition, die mit einem höheren Bildungsniveau ausgestattet sind, sich mit Stereotypisierungen und diskriminierenden Verhaltenszügen gegen die Migranten gestellt haben. Den Migranten wurde unterstellt, dass sie kein großes Engagement hinsichtlich

Weiterbildungsmöglichkeiten zeigen, einen hohen Grad an Unzuverlässigkeit mit sich bringen und unmotiviert gegenüber der Arbeit und ihren Tätigkeiten eingestellt sind. Vor allem türkischstämmige Männern traf der Vorwurf eines „machohaften Auftretens“ und vermeintlich fehlendender Kompetenzen hinsichtlich der Teamarbeit. Zudem würde es den männlichen Bewerbern an „professioneller Demut“ fehlen (vgl. OECD 2009). Da wirkt es dann auch weniger überraschend, dass sich laut der Bertelsmann Stiftung (2010) 58 Prozent der türkischstämmigen und 49 Prozent der osteuropäischen (mehrheitlich Balkan) Migranten bereits im Arbeitsbereich benachteiligt gefühlt haben.

Seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) 2006 kann es zu juristischen Konsequenzen kommen, wenn ersichtlich wird, dass die Arbeitgeber vorsätzlich diskriminierend im Bewerbungsverfahren oder allgemein am Arbeitsplatz vorgehen. Aus dem Grund ist es schwer, gewisse Situationen von Arbeitgebern aufzuzeigen, in denen sie diskriminierend und fremdenfeindlich gehandelt haben. Die Motive sind meistens zu schwach ausgeprägt, um sie nachvollziehen zu können. Zu groß ist die Angst davon, dass sich das auf ihren Ruf und das Image des Arbeitgebers negativ auswirken würde (vgl. Pager und Shephard 2008, S. 187ff.) Auch die OECD hat schon zahlreiche Ergebnisse vorgelegt, um die Spaltung entlang der Ethnie und die ungleiche Behandlung von Migranten am Arbeitsmarkt aufzuzeigen (vgl. OECD 2009, S. 9). 2011 konnte das Statistische Bundesamt (Destatis) feststellen, dass bei arbeitslosen Akademikern der Anteil von den Migranten mit einem akademischen Abschluss doppelt so hoch war wie bei deutschen arbeitslosen Akademikern (66 Prozent zu 34 Prozent). Auch dies ist ein Ausdruck dafür, dass man nicht nur den Mangel an kulturellem Kapital (so finden etwa Constant und Massey (2005) systematische Differenzen in der Allokation von Arbeitsplätzen zwischen Migranten und Deutschen, da die Migranten ihr Humankapital nicht auf hohe Positionen übertragen können) für die ungleichen Chancenverhältnisse der Migranten verantwortlich machen kann, sondern dass auch strukturelle Rahmenbedingungen sowie diskriminierende Mechanismen eine zentrale Rolle dabei spielen, wieso es zu Hemmnissen bezüglich der Arbeitsmarktintegration kommt. 2012 haben bei einer Online-Umfrage des MiGAZIN (ein Online-Magazin zu den Themen Integration und Migration) 77 Prozent aller befragten Akademiker mit Migrationshintergrund bejaht, dass es zu Benachteiligungen von „ausländischen“ Gruppen im Bewerbungsprozess kommt und bei der Wahl von Ausbildungsplätzen eingeschränkt werden.

Die „Gate Keeper“ sind in dem Kontext der Hochqualifizierten die Arbeitgeber und Unternehmen, die aufgrund ihrer Spitzenposition die Stellenbesetzung bzw. den Aufstieg von Migranten und somit ihre Mobilität eingrenzen. Sie verhindern letztlich den Migranten den Zugang zu mehr qualifizierten Stellen. Der MIPEX (Migrant Integration Policy Index) stellte 2012 fest, dass 32,2 Prozent der im Ausland geborenen Migranten und 14,2 Prozent der in Deutschland geborenen Migranten in Deutschland auf Arbeitsstellen eingesetzt werden, die unter ihren Qualifikationen liegen. Diese hohen Zahlen sind eindeutige Indizien dafür, dass einheimische Deutsche bei der Stellenbesetzung präferiert werden, ungeachtet davon, dass sie ein geringeres Qualifikationsniveau aufbringen als die Migranten.

Mehrere Studien der letzten Jahre (u. a. Baumert et al. 2003; OECD 2007, 2009) belegen, dass je höher der Bildungsgrad ist, desto auffälliger stoßen die Migranten auf diskriminierende Benachteiligungen von Seiten der Arbeitgeber. Die Migranten mit einer höheren Qualifikation verbuchen laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) (2012) niedrigere Karriereerfolge als Deutsche mit derselben Qualifikation. Die SOEP hat festgestellt, dass 25 Prozent der Deutschen in Managementbereichen oder hohen Positionen arbeiten, bei den Migranten liegt dieser Anteil jedoch nur bei 17 Prozent. Auch hier wird wieder deutlich, dass insbesondere Akademikern mit Migrationshintergrund der Zugang zu einer höheren Stellung erschwert wird. Fertig und Schurer (2007) haben herausgefunden, dass das Entlohnungsniveau von Migranten signifikant unter dem der Deutschen liegt. Die Qualifikation und der Grad an Fähigkeiten spielt dabei keine Rolle. Somit ist es weniger verwunderlich, dass die stärkste Ausprägung bei der Vergütungsdifferenz zwischen den Hochqualifizierten aufzufinden war. Die Unterschiede sind sogar in den letzten Jahren (2008-2011) von 7,7 Prozentpunkten auf das Doppelte angestiegen.

Diese ganzen eklatanten Begünstigungen auf Seiten der Einheimischen lösen bei Migranten ein gewisses Stresspotenzial aus. Die Herkunft ist sicherlich nur ein Grund von Vielen und nicht der einzige Faktor, weshalb die Migranten trotz Überanstrengungen nicht auf dieselbe Stufe wie die deutschen Akademiker gestellt werden. Es frustriert die Migranten, dass sie trotz gut ausgebildeter Fähigkeiten und Kompetenzen mit einem herkunftsbezogenen Stressempfinden zu kämpfen haben. Das Futureorg Institut für angewandte Zukunfts- und Organisationsforschung hat 2008 herausgefunden, dass 38 Prozent der hochqualifizierten Hochschulabsolventen darüber nachdenken, Deutschland zu verlassen. Die ablehnende Haltung der Mehrheitsgesellschaft und die strukturelle Benachteiligung sind ausschlaggebende Punkte, dem Land den Rücken zu kehren (vgl. Aydin, Y. 2013). Viele Migranten finden keinen Ausweg. Auch wenn sie ihre gewünschte Arbeitsposition erlangen und sich in ihrer Arbeitsweise entfalten können, führen die Ablehnungserfolge von Kollegen und den Vorgesetzten zu einer inneren Unruhe, wodurch sich Migranten zurückziehen und auch deshalb den Job wechseln und viel mehr zu ethnischen Unternehmen wechseln oder sich selbstständig machen. Als Fazit kann man somit festhalten, dass die Migranten am Arbeitsmarkt nicht gleichgestellt werden mit den deutschen Akademikern.

2.4. Die Diskriminierungstheorie von Becker

Gary S. Becker war 1971 einer der ersten Ökonomen, die soziologische Themen, wie rassistische Diskriminierung, mit ökonomischen Analysen verbunden und erforscht haben.

Die Forschungsergebnisse aus seinem Werk The economics of discrimination (1971) stellen mittlerweile einen Grundriss für sämtliche Diskriminierungstheorien dar. Diskriminierung ist laut Becker definiert als eine Situation, in der ein Unternehmer gewillt ist, Einbußen zu erleiden, um eine Geschäftstransaktion oder einen Vertrag mit jemandem nicht einzugehen, dessen Charakterzüge bzw. dessen Wesensart sich von seinen bekannten Mustern unterscheiden. Er beschreibt es als „if an individual has a „taste for discrimination“ he must act as if he were willing to pay something, either directly or in the form of a reduced income, to be associated with some persons instead of others“ (Becker 1971, S. 14). Diese erwähnten „tastes“ sind persönliche Präferenzen, die Individuen als Entscheidungskriterien anführen. Die „tastes“ sind also Attribute, die man nicht mit Geld messen kann und die folglich wesentliche Faktoren sind, weshalb es zu einer ethnischen Unterscheidung kommt, und die das Verhalten eines Individuums am Arbeitsmarkt beeinflussen bzw. prägen (vgl. Becker 1971, S. 15). Im Kontext dieser Ausarbeitung werden zwei Arbeitnehmer unabhängig von ihren qualifizierten Kompetenzen unterschiedlich behandelt. Becker schließt durch seine progressiven Theorien, basiert auf den Diskrepanzen zwischen der Migrantengruppe und den Einheimischen, auf die Diskriminierung am Arbeitsplatz und den ethnisch geteilten Arbeitsmarkt. Es werden drei Diskriminierungstheorien gebildet, die in den jeweiligen Bereichen zeigen, weshalb es zu einer Benachteiligung aufgrund der „tastes“ kommen kann. Diese Bereiche wurden in Arbeitgeberdiskriminierung, Arbeitnehmerdiskriminierung und Kundendiskriminierung aufgeteilt.

Bei der Arbeitgeberdiskriminierung werden die Arbeitnehmer aufgrund ihres Migrationshintergrundes hinsichtlich ihrer Beförderungsmöglichkeiten oder durch eine geringere Entlohnung eingeschränkt. Die Arbeitgeber wollen sich ein Arbeitsumfeld schaffen, das frei von Migranten ist. Es soll also eine soziale und physische Distanz geschaffen werden, denn „the discrimination by an individual against a particular group […] depends on the social and physical distance between them […]. (Becker 1971, S. 16). Hier ist es besonders hervorzuheben, dass man von dem ökonomischen Ansatz der Gewinnmaximierung hin zur Nutzenmaximierung rübergeht. Der Ansatz hierbei ist, dass der diskriminierende Arbeitgeber den Preis eines Migranten für höher einstuft als der eigentliche Wert bzw. Preis, den man für einen neuen Arbeitnehmer bezahlen würde (vgl. Becker 1971, S. 15f.). Aus dem Grund wird eine Einstellung des Migranten abgelehnt. Der Arbeitgeber trifft seine Wahl ohne Berücksichtigung der Qualifikation, sondern zieht seine eigene persönliche (ablehnende) Haltung vor. Die Differenz zwischen der Kosten- und Nutzenmaximierung wird hier als „tax wedge“ bezeichnet (vgl. Becker 1971, S. 15f.). Wenn es jedoch trotz allem zu einer Einstellung des Migranten kommt, wird dieser „nicht gewollte“ Kontakt mit dem Migranten dadurch kompensiert, dass der Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund mit einer geringeren Entlohnung vergütet wird. Man kann feststellen, dass je höher die Abneigung eines Arbeitgebers bezüglich einer Minderheit ist, umso stärker fallen die Diskriminierungsprozesse dementsprechend auch aus. Diese diskriminierenden Verhaltenszüge sind somit nicht nur nachteilig für den Arbeitgeber, sondern auch für den Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund. Für den Migranten ist es vom Nachteil, da es mehr Konkurrenzdruck auf den Arbeitsstellen gibt, die die Migranten besetzen wollen und er, wie zuvor bereits geschildert, auf Positionen zurückgreifen muss, die unter seinen Fähigkeiten liegen. Die Arbeitgeber, die keine Diskriminierung ausüben, generieren eine höhere Rendite, da der sog. „tax wedge“ hier nicht auftaucht. Diese Unternehmen zeigen sich im Zeitablauf erfolgreicher, da sie die Fähigkeiten als Hauptkriterium einstufen und somit jemanden einstellen, der produktiver ist (vgl. Becker 1971, S. 16ff.).

[...]

Final del extracto de 75 páginas

Detalles

Título
Die Chancenungleichheiten von hochqualifizierten Migranten am Arbeitsmarkt
Subtítulo
Eine kritische Analyse
Universidad
University of Siegen
Autor
Año
2016
Páginas
75
No. de catálogo
V415972
ISBN (Ebook)
9783668667723
ISBN (Libro)
9783668667730
Tamaño de fichero
617 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
chancenungleichheiten, migranten, arbeitsmarkt, eine, analyse
Citar trabajo
Volkan Turan (Autor), 2016, Die Chancenungleichheiten von hochqualifizierten Migranten am Arbeitsmarkt, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/415972

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