Die emotionale Wirkung des Kindes auf politischen Wahlplakaten


Dossier / Travail, 2017

20 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Funktion von Wahlplakaten
2.1 Ziel und Funktion von Werbung
2.2 Ziel und Funktion von Wahlplakaten

3. Die emotionale Wirkung von Bildern als Botschaften

4. Das Kind im politischen Wahlplakat
4.1 Die emotionale Funktion von Kinderbildern am Beispiel politischer Wahlplakate des vergangenen Jahrhunderts
4.1.1 Emotionalisierung
4.1.2 Moralisierung
4.1.3 Privatisierung
4.1.4 Entdifferenzierung
4.2 Das Kinderbild der AfD im Wahlkampf der Bundestagswahl 2017

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Wahlen sind ein elementarer Bestandteil einer jeden Demokratie, denn das Volk entscheidet. Es entscheidet über „konkrete Sachfragen“ (Prisching 2002: 11), in direkten Wahlen über Personen, beispielsweise Repräsentanten eines Staates und nicht zuletzt wählt das Volk Parteien (vgl. ebd.). Vor den Wahlen versucht jede Partei die Stimmen der Wähler1 für sich zu gewinnen, welche eine Partei zu ihrem erwünschten Wahlsieg führen sollen. Die Rede ist von einem Wahlkampf. Doch auf welche Art und Weise versuchen die Parteien die Menschen in Wahlkämpfen anzusprechen und welche Mittel nutzen sie dafür? Selbstverständlich sind die Mittel, die Parteien heutzutage zur Informationsverbreitung nutzen, sehr vielfältig. Sie reichen von regionalen Wahlveranstaltungen, über Zeitungsberichte bis hin zu TV-Werbespots. Obwohl sich mit der Online-Kommunikation mittlerweile ein erfolgreicher Kommunikationskanal entwickelt hat, bei dem Parteien jederzeit 62 Millionen Internetnutzer in Deutschland (vgl. Statistisches Bundesamt 2016) erreichen können, möchte ich in dieser Hausarbeit ein ursprüngliches und nach wie vor präsentes Medium politischer Kommunikation untersuchen: Das Wahlplakat.

Das Wahlplakat stellt eine „prototypisch verdichtete Form visueller politischer Kommunikation dar“ (Geise 2011: 21). In ihrer Dissertation über die visuelle Wirkung politischer Kommunikation stellt die Kommunikationswissenschaftlerin Stephanie Geise die These auf, visuelle Informationen „wirk[t]en emotional, nicht sachlich, sie basier[t]en auf einer emotional-assoziativen, nicht auf einer rational-analytischen Argumentationslogik und [seien] damit für einen politischen Diskurs ungeeignet.“ (Geise 2010: 72). Dennoch scheint genau diese unsachliche, emotionale Ebene der Kommunikation im Wahlkampf angestrebt zu werden, um Wähler mit visuellen Botschaften zu überzeugen. Hierbei ist die Vielfalt der Bilder, welche für das Wahlplakat verwendet werden, grenzenlos, und dennoch soll diese Vielfalt auf einen besonderen Akteur auf Wahlplakaten eingegrenzt werden, welcher vor allem in Kriegszeiten einen besonderen Aufschwung erlebt: Dem Kind.

Kinderbilder wurden schon in der Weimarer Republik gezielt verwendet, um die Öffentlichkeit zu beeinflussen und zuletzt auch im Wahlkampf zur Deutschen Bundestagswahl dieses Jahres. Doch was ist der Grund ein Kind als Instrument für politische Überzeugungsstrategien zu nutzen?

Das Ziel dieser Hausarbeit ist es, Geises These über die Untauglichkeit emotionaler Argumentationslogik zu hinterfragen und meine eigene These aufzustellen, dass Kinderbilder aufgrund ihrer emotionalen Botschaft einer politischen Werbestrategie in Aufmerksamkeitserzeugung, Identifikation und Mobilisierung in geeigneter Weise entsprechen. Dazu werde ich entsprechende Wahlplakate des vergangenen Jahrhunderts aufgreifen und ihren beabsichtigten Zweck näher beleuchten bevor ich ein aktuelles Wahlplakat der Partei „Alternative für Deutschland“ auf seine emotionale Wirkung untersuche und einen Zusammenhang zwischen emotionaler Wirkung und Erfolg herstelle.

2. Funktion von Wahlplakaten

Das Plakat ist im Gegensatz zu anderen Arten der Massenkommunikation ein sehr altes Medium (vgl. Müller 2005: 165). Seine Ursprünge liegen im antiken Griechenland, denn schon die alten Griechen verwendeten eine ursprünglichere Form unseres heutigen Plakats, um Ankündigungen für die breite Masse öffentlich zu machen (vgl. ebd.). In unserer heutigen Zeit sorgte vor allem die Industrialisierung und das Voranschreiten des Massenmarkten, des Konsums aber auch der parlamentarischen Demokratie für den Boom des Plakates, sodass es sich zum „unverzichtbaren Mittel der Massenwerbung“ entwickelte (ebd.)

Wenn die Rede von politischen Wahlplakaten bzw. Wahlwerbeplakaten ist, dann muss der Begriff der Werbung als ein Massenmedium berücksichtigt werden. Erst nach einer Definition von Zielen von Werbung kann ein enger Zusammenhang zwischen Funktion von Werbung und Wahlplakaten erschlossen werden.

2.1 Ziel und Funktion von Werbung

Die Werbung erfüllt eine zahlreiche Bandbreite an Funktionen und hat komplexe Verknüpfungen zu Bereichen der Wirtschaft, den Medien, der Politik und Kultur. Damit kann man Werbung als interdisziplinären Bereich mit einem wirtschaftlich bedingten Kommunikationsvorgang definieren (vgl. Sowinski 1983: 15). Werbung ist somit eine spezielle Erscheinungsform der Massenkommunikation, welche „wichtige Informationen und Botschaften über [...] Perspektiven liefert.“ (Kloss 2000: 4). Neben der informativen Überzeugung versucht der Appellierende den Rezipienten vor allem auf die emotionale Weise für sich zu gewinnen. Dabei muss oftmals das Verlangen nach einem Produkt, Zustand oder Gefühl erst entstehen und kann durch Werbung gezielt geschaffen werden. Kloss definiert aus diesem Grund das Ziel der Werbung als „eine absichtliche und zwangsfreie Form der Kommunikation, mit der gezielt versucht wird, Einstellungen von Personen zu beeinflussen“ (Kloss 2000: 5). Dieser absichtliche Einfluss, der Apell, findet meist in Form einer Kombination aus sprachlichen Informationen und bildlicher Darstellung statt, wobei die sprachlichen Informationen in Form von Texten und Slogans erfolgt. Der Rezipient soll eine möglichst positive Sichtweise über das Beworbene erhalten und einen positiven Standpunkt entwickeln. Gleichzeit soll die Überzeugungsabsicht der Werbung versuchen, die Konkurrenz auszuschalten (vgl. Kloss 2000: 60-61).

2.2 Ziel und Funktion von Wahlplakaten

Massenmedien haben in unserer heutigen Gesellschaft eine wichtige Rolle: Sie habe eine informationsübertragende Funktion und sollen jedem Rezipienten helfen, sich eine eigene Meinung, basierend auf den gelieferten Fakten, zu bilden. Bei Wahlplakaten sind Aktualität und Authentizität eine oberste Priorität. Themen mit diesen Eigenschaften können auf der ganzen Welt das Interesse von Menschen wecken und eine Identifikation mit Themen, die auf Wahlplakaten angesprochen werden, hervorrufen. Solche Themen sind häufig Ideologie, soziale Themen, Bildung, Wirtschaft, Arbeit und Zukunft (vgl. Yücel 2010: 692).

Hierbei stellt sich nun die Frage, ob das Plakat im digitalen Zeitalter nicht an seiner Bedeutung als informationsübertragendes Medium verloren hat.

Einer repräsentativen Umfrage von Wahlbeteiligten aus „Gesellschaft für Konsumforschung“ konnte entnommen werden, dass Plakate unter allen Werbemitteln die höchste Beachtung erhielten (vgl. Müller 2005: 167). Menschen sollen dort erreicht werden, wo sie sich aufhalten. „Das ist [heutzutage] natürlich das Internet, aber das ist eben auch die Straße“, wie die Sprecherin der Grünen Hannah König erläutert (vgl. Berliner Zeitung 2017). Auch der CDU-Landesgeschäftsführer Dirk Reitze betont, dass die „Hauptfunktion des klassischen Plakatwahlkampfes [sei], die Bevölkerung und die eigenen Anhänger überhaupt auf den nahenden Wahltermin aufmerksam zu machen.“ (vgl. ebd.). Obwohl soziale Netzwerke für die politische Kommunikation immer mehr an Bedeutung zunehmen, ist es das Wahlplakat, welches „stadtweite Präsenz und gezielt Aufmerksamkeit für [politische] Kernthemen [erzeugt]“, wie auch Diana Buhe, die Sprecherin der Linken, hervorhebt (vgl. ebd.). Die Bedeutung von Plakaten spiegelt sich ebenso in ihrer Finanzierung wieder: Während für die Bundestagswahl 1994 ca. 20% des Wahlkampfbudgets für Plakatierung investiert wurde (vgl. Müller 2005: 167), hat sich über 20 Jahre später im Zeitalter der sozialen Medien die Investition erhöht. Nach eigenen Angaben investieren die Parteien der Bundestagswahl 2017 etwa ein Drittel ihres Budgets in Wahlplakate (vgl. Berliner Zeitung 2017).

Es lässt sich also feststellen, dass Wahlplakate für die politische Kommunikation nach wie vor unabdingbar sind. Ebenso sind die Ziele von Werbung und Wahlplakat sehr eng miteinander verbunden, denn auch ein Wahlplakat versucht neben der informativen Überzeugung den Rezipienten vor allem auf die emotionale Weise für sich zu gewinnen und gleichzeitig die Konkurrenz auszuschalten. Des Weiteren werden Wahlplakate weniger im politischen Alltag, sondern vielmehr in Zeiten des Umbruchs, wie also auch dem Wahlkampf, wenn der Wechsel einer Legislative bezweckt werden soll, verwendet. Genau dann setzen Parteien auf die Präsenz ihrer Wahlplakate in der Öffentlichkeit (vgl. Müller 2005: 167).

Nachdem trotz der Digitalisierung unserer heutigen Informationsübertragung die relevante Bedeutung von Wahlplakaten im politischen Wahlkampf bestätigt werden konnte, kann im Folgenden der Zusammenhang zwischen visuellen Darstellungen und Emotionen untersucht werden, bevor explizit das Bild des Kindes auf seine emotionale Wirkung analysiert wird.

3. Die emotionale Wirkung von Bildern als Botschaften

In der Politik werden Emotionen nicht nur für positive, sondern ebenso für negative Zwecke verwendet (vgl. Hofer 2013: 406). Während positive Emotionen oftmals mit dem Gefühl der Hoffnung, beispielweise der Hoffnung auf eine bessere Zukunft, unterlegt werden, „dient die Furcht als zentrale Emotion für negative Zuspitzungen.“ (ebd.). Bei jeder Wahlkampagne und auf jedem Wahlplakat steht eine ganz bestimmte Botschaft im Mittelpunkt und wird als die zusammengefasste zentrale Aussage der Kampagne angesehen. Diese Botschaft soll ausdrücken, wofür die Partei steht und welche Ziele sie verfolgt (vgl. Gester 2002: 97). Gleichzeitig „greift [...] [sie] Erwartungen und Einstellungen der Bevölkerung auf“ (Radunski 1980: 100). Hierbei ist eine Botschaft selten themenorientiert, sondern trägt vielmehr einen persönlichen Charakter. Gerade aufgrund dieser Eigenschaft können Botschaften ihre emotionale Wirkung entfalten (vgl. Gester 2002: 97).

Eine emotionale Argumentation kann beim Rezipienten sowohl negative als auch positive Gefühle, wie Freude, Wut oder Schuldgefühle wecken (vgl. ebd.: 104). Doch wie können persönliche und emotionale Botschaften vom Empfänger am besten verinnerlicht werden? Kampagnen mit großem Aufmerksamkeitsgrad nutzen gezielt die „emotionale Verkürzung“ (Hofer 2013: 405) ihrer Botschaften auf einschlägige Bilder (vgl. ebd.). Dazu nimmt der Politikwissenschaftler Martin Gester klare Stellung und betont, dass es „ohne Bilder [...] praktisch keine Botschaft [gibt]“ (ebd.: 105). „Die visuelle Wahrnehmung [ist] nun einmal eine unabdingbare Voraussetzung dazu, dass es überhaupt zu einer anschließenden kognitiv­emotionalen Interpretation oder Wirkung des Wahrgenommenen kommt“ (Raab et al. 2004: 140).

Dass Bilder viel intensiver wirken und vom Rezipienten schneller aufgenommen werden als Texte ist nicht zuletzt von Kommunikationswissenschaftlern bestätigt, wie Gester bemerkt. Um diese These nachzuweisen, ist es notwendig sich der Hirnforschung zuzuwenden: Diese konnte nachweisen, dass verbale und visuelle Informationen auf verschiedenen Wegen im Gehirn verarbeitet werden, wobei „[...] visuelle Informationen deutlich schneller verarbeitet werden als verbale“ (Maurer 2010: 54). Des Weiteren werden visuelle Informationen mit emotionalen Urteilen unterlegt, während „[...] verbale mit einer rationalen Art der Urteilsbildung in Verbindung gebracht werden.“ (ebd.: 55).

„Die Erkenntnis, dass Bilder früher, schneller und unmittelbarer wahrgenommen werden als Texte, über ein höheres Aktivierungspotential verfügen, bessere Gedächtnisleistungen erzielen sowie tiefer und emotionaler beeinflussen können führt damit zu einer verstärkten Integration von Visualisierungen in das Feld der politischen Kommunikation.“ (Geise 2011: 22). Bilder haften also im Gedächtnis und es ist ein schwieriger Prozess sie aus dem Gedächtnis zu löschen (vgl. Gester 2002: 105). Während sie im Bruchteil von Sekunden darüber entscheiden, welche Meinung wir uns über eine Partei bilden motivieren sie den Rezipienten ebenfalls dazu sich mit ihnen zu beschäftigen (vgl. ebd.: 106).

Kroeber-Riel definiert für die Umsetzung von Botschaften folgendes: „Reale Objekte bleiben besser in Erinnerung als Bilder davon“ (Gester 2002: 106), ebenfalls „Bilder, die persönliche Betroffenheit auslösen“ (ebd.). Dass das Kind ein perfekt geeigneter Akteur ist, um eine solche persönliche Betroffenheit auszulösen, werden die folgenden Abschnitten näher beleuchten.

4. Das Kind im politischen Wahlplakat

Kinderbilder haben seit jeher vor allem in Zeiten des Krieges eine besondere Rolle: Sie werden sowohl von „Kriegsbefürwortern [als auch von] Kriegsgegnern gleichermaßen eingesetzt um eine öffentliche Meinung zu beeinflussen und politische Unterstützung für die jeweiligen Positionen zu mobilisieren.“ (Müller 2005: 159). Denn „Kaum ein Motiv ist so tabuisiert und zugleich so beliebt wie das Kinderbild; kaum ein Motiv ist so häufig Gegenstand öffentlicher Kontroversen und löst so häufig öffentliche Empörung aus.“ (ebd.: 162). Der Soziologe Grischa Müller berichtet in seiner Dissertation über die bildliche Darstellung von Kindern, dass wohl die Kinderbilder des Ersten Weltkrieges zu der radikalsten Art politischer Manipulation gehören und für Überzeugungsarbeit instrumentalisiert wurden (vgl. ebd.: 161).

Da Kinderbilder auch dort verwendet werden, wo das Kind gar keine Rolle spielt, übernehmen sie im Allgemeinen die Funktion politischer Konflikte (vgl. ebd.: 152).

[...]


1 In dieser Hausarbeit verzichte ich auf die Teilung der Geschlechter bei den Sammelbegriffen aufgrund der besseren Lesbarkeit. Es wird nur die jeweils männliche Bezeichnung verwendet, wobei stets gleichermaßen die Rede von der männlichen und weiblichen Person ist.

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Die emotionale Wirkung des Kindes auf politischen Wahlplakaten
Université
Justus-Liebig-University Giessen  (Institut für Politikwissenschaften)
Cours
Emotionen und Politik
Note
1,7
Auteur
Année
2017
Pages
20
N° de catalogue
V416335
ISBN (ebook)
9783668663176
ISBN (Livre)
9783668663183
Taille d'un fichier
843 KB
Langue
allemand
Mots clés
Emotionen, Wahlplakat, Kind, Werbung, Politik, Propaganda, AfD
Citation du texte
Olesja Yaniv (Auteur), 2017, Die emotionale Wirkung des Kindes auf politischen Wahlplakaten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/416335

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