Von der Sehnsucht zur Sucht - Alkoholmissbrauch bei jungen Aussiedlern


Term Paper, 2005

13 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Situationsanalyse der Aussiedler
2.1 Erwartungen
2.2 Enttäuschungen
2.3 Bewältigungsstrategie

3 Kultureller Umgang mit Alkohol
3.1 Alkoholkonsum im Herkunftsland
3.2 Alkoholkonsum in Deutschland

4 Soziokulturelle Aspekte des Alkoholkonsums
4.1 Kulturkonflikt
4.2 Integrationsschwierigkeiten
4.3 Sprachprobleme
4.4 Diskriminierungserfahrungen

5 Schlussbemerkung

6 Quellen

1 Einleitung

In meiner Hausarbeit möchte ich mich mit dem Alkoholkonsum und –missbrauch der russischen (Spät)aussiedlerInnen beschäftigen. Dabei beziehe ich mich besonders auf die Jugendlichen und jungen Erwachsenen dieser Gruppe. Unter Beachtung der soziokulturellen Aspekte versuche ich mögliche Ursachen für den Alkoholmissbrauch zu benennen und auf sie einzugehen. Hierbei möchte ich auf keinen Fall russische Aussiedler stigmatisieren und die in meiner Hausarbeit genannten möglichen Ursachen nicht pauschalisieren. Es gibt viele verschiedene und individuelle Faktoren, sowohl bei russischen Aussiedlern als auch bei einheimischen Bürgern für Alkoholmissbrauch. Deshalb werde ich mich nur mit den gesellschaftlichen sowie den sozialen Aspekten beschäftigen, um so mögliche Ursachen in diesem Zusammenhang festzuhalten.

Um meine Ausarbeitung nicht zu umfangreich zu gestalten, werde ich mich lediglich auf die möglichen Ursachen des Alkoholmissbrauchs von jungen Aussiedlern in Deutschland fokussieren. Die verschiedene Präventionsansätze sowie -methoden werde ich deshalb bewusst weglassen - auch wenn sie in diesem Kontext nicht unbedingt unwichtig erscheinen - um mich mehr in den Ursachenkomplex meines Themas vertiefen zu können. Um die möglichen Ursachen für Alkoholmissbrauch zu verstehen, möchte ich erst auf die Situation dieser Zielgruppe eingehen.

2 Situationsanalyse der Aussiedler

Der Drogenmissbrauch, besonders der Alkoholmissbrauch, bei SpätaussiedIerInnen aus der GUS entwickelte sich in letzter Zeit besorgniserregend. Wie brisant die Problematik ist, zeigt die hohe Zahl von 26 Drogentoten aus dieser Bevölkerungsgruppe von insgesamt 221 Drogenopfern allein in Bayern von Januar bis Oktober 2001. Dies ist ein Anteil von knapp zwölf Prozent, obwohl diese Gruppe lediglich drei Prozent der Bevölkerung ausmacht.[1]

Genaue Zahlen zum Ausmaß von Alkoholkonsum oder –missbrach bei (Spät)aussiedleInnen gibt es nicht, da Aussiedler in dem Moment ihrer Einreise zu Deutschen erklärt werden und in Statistiken nicht mehr gesondert geführt werden. Das Bundesministerium für Gesundheit geht jedoch davon aus, dass unter den ca. 2,5 Mio. seit 1998 zugewanderten AussiedlerInnen mit 75.000 bis 125.000 behandlungsbedürftigen Suchtmittelabhängigen zu rechnen ist. Dabei bleiben der erhöhte Risikofaktor aufgrund der besonderen Belastungen durch die Migration und die hier vorgefundenen Lebensbedingungen unberücksichtigt.[2] Doch welche Arten von Belastungen sind hierbei gemeint und was führt zu diesen Belastungen?

2.1 Erwartungen

Die meisten Aussiedler kamen und kommen mit großen Erwartungen nach Deutschland und hoffen, als anerkannte gleichberechtigte Bürger eine neue Existenz aufbauen zu können. Viele haben sich ein idealisiertes, von der Wirklichkeit abweichendes Bild über Deutschland aufgebaut. Informationen, die sie über die Bundesrepublik erhalten, sind zumeist wenig fundiert und oft vom Wunschdenken geprägt. Viele kannten die Bundesrepublik nur vom Hörensagen, ihre Informationsquellen waren Verwandte und Bekannte in Deutschland, die nur Positives und durch eine "rosarote Brille" gefärbt berichten. Eine wachsende Anzahl Aussiedler weiß aber inzwischen, dass sie in ein Land "zurückkehren", das ihnen fremd ist.[3]

2.2 Enttäuschungen

Die Freude bei der Ankunft in den Aufnahmeheimen weicht schnell einer Ernüchterung. Die Aussiedler trafen und treffen auf eine Gesellschaft, die sich in

- den sprachlichen Ausgangsbedingungen,
- der Ausbildung und des beruflichen Werdeganges,
- in den religiösen und kulturellen Vorstellungen und
- den Wertorientierungen

von ihren Herkunftsländern unterscheidet.

Viele Aussiedler werden enttäuscht, wenn ihre eigenen Wunschvorstellungen von ihrer neuen Heimat auf die Wirklichkeit treffen. Sie treffen auf eine verfremdete Kultur, in der scheinbar alles vorhanden ist, jedoch zu weit um erreicht zu werden. Das Leistungsniveau ist zu hoch um sich problemlos in das Arbeitsleben einzugliedern. Die erhoffte Familienzusammenführung wird durch verwalterische Abläufe gebremst. Die rechtlichen Bedingungen sind nicht transparent genug und durch die mangelnden Sprachkenntnisse fühlen sich die Aussiedler schnell verloren. Sie kommen in Aussiedlerheime statt zu ihren Familien. Ihr Kontaktnetz ist gerissen. Darüber hinaus treffen sie auf eine „unechte“ Akzeptanz der deutschen Bevölkerung. Sie werden nicht als die Deutschen angesehen, sondern als Russen.[4]

Der Umstand, dass sie bei den Einheimischen nicht als Deutsche anerkannt werden, und dass ihre Aufnahme in der Gesellschaft selten positiv aufgenommen wird, wird von den Aussiedlern als besonders schmerzhaft und belastend empfunden. Die bestehenden Sprachprobleme belasten das Verhältnis zusätzlich und behindern die Eingliederung.[5]

Die Vorstellungen in ein Märchenland zu kommen, in dem sich jeder seine Wünsche erfüllen kann, werden schnell von der Realität korrigiert. „Das Nicht-erwartet-Werden in der neuen Heimat, das Überflüssigsein, die Nutzlosigkeit für die Gesellschaft und die Orientierungslosigkeit in ihr“[6] bereiten den Aussiedlern große Schwierigkeiten und es entstehen oft schwere Identitätskrisen für sie.

Dabei sollte nicht übersehen werden, dass es sich bei den Kindern der Aussiedler nicht selten um die so genannten ‚mitgenommenen’ Kinder von Aussiedlern handelt, “die in einem kritischen Entwicklungsalter die Migration mitmachten, obgleich sie lieber im Heimatland geblieben wären“.[7]

2.3 Bewältigungsstrategie

Alkoholtrinken wird häufig als Bewältigungsstrategie eingesetzt.[8] Alkohol dient dann nicht länger nur als Genussmittel, sondern nimmt eine zentrale Position als allgemeiner Konflikt- und Spannungslöser ein. Alkohol wird konsumiert um zwischen den Anforderungen der Gesellschaft auf der einen Seite und denen der Familie auf der anderen Seite nicht aufgerieben zu werden. In diesen Fällen kann der Alkoholkonsum zum Verdrängen der Wirklichkeit dienen. Er wird als Mittel eingesetzt um Konflikte zu lösen und um Frustrationen auszuhalten.

[...]


[1] vgl. http://www.infodienst.bzga.de/migration/

[2] vgl. Bundesministerium für Gesundheit, 2002: S. 10

[3] vgl. www.russlanddeutschegeschichte.de

[4] vgl. Kotzian, 1990: S. 21

[5] vgl. www.russlanddeutschegeschichte.de

[6] zit. aus: Kotzian, 1990: S. 18

[7] Zit.: Czycholl, 1997: S. 25

[8] vgl. Stimmer, 2000: S. 19

Excerpt out of 13 pages

Details

Title
Von der Sehnsucht zur Sucht - Alkoholmissbrauch bei jungen Aussiedlern
College
Protestant University of Applied Sciences Ludwigsburg
Grade
1,7
Author
Year
2005
Pages
13
Catalog Number
V41761
ISBN (eBook)
9783638399630
File size
553 KB
Language
German
Keywords
Sehnsucht, Sucht, Alkoholmissbrauch, Aussiedlern
Quote paper
Karl-Heinz Konnerth (Author), 2005, Von der Sehnsucht zur Sucht - Alkoholmissbrauch bei jungen Aussiedlern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41761

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