Seit der Uraufführung im Jahre 1882 ragt der Parsifal aus Wagners Werk heraus durch die kompromisslose Kritik, die emphatisch vorgetragene Zustimmung wie auch Ablehnung und durch die vielfältigsten Interpretationsansätze. Die endgültige Kernaussage bleibt die Frage der Erlösung. Nietzsche spottete „Irgendwer will bei ihm immer erlöst sein: bald ein Männlein, bald ein Fräulein - dies ist sein Problem.“ Aber Wagner fühlte auch, dass die Menschheit nicht in Übereinstimmung mit der Natur lebte, im Ring lässt er die Nornen von Wotans Verletzung der Weltesche berichten mit dem aussichtslosen Schluss: „In langer Zeiten Lauf zehrte die Wunde den Wald.“ Und so trug er seiner eigenen hausgemachten Kunstreligion auf, den Menschen ihre und der Welt Erlösungsbedürftigkeit vor Augen zu führen.
Wagner sah Erlösung als das Glück des Lebens jenseits der herrschenden Gesetzeswelten, aber auch als „die sakralisierte Form eines ästhetisch gewendeten Revolutionsbegriffs“, denn er hatte das Scheitern der Bürgerlichen Revolution 1848/49 nicht vergessen. Und oft ist die Erlösung einzelner oder einer Gemeinschaft mit dem Opfer eines der Protagonisten verknüpft. Die moralisch neue Lebensordnung, die weder Kirche noch Staat schaffen können, ist nach Wagners Ansicht nur durch die Kunst zu erreichen.
Der Frage: Erlösung wessen? Wodurch oder durch wen? werde ich in dieser Arbeit nachgehen, und zwar aus heutiger Sicht, wobei ich intensiv die Figur der Kundry betrachte. Beispielhaft verwende ich dafür die Inszenierung von Sandra Leupold am Staatstheater Mainz, welche am 12.9.2008 Premiere hatte. Die folgenden vier Kapitel dienen dem Zweck, sich über die verwendeten Begriffe zu verständigen, damit eine gemeinsame Grundlage im Verstehen erreicht wird, aber auch um die notwendigen Abgrenzungen vornehmen zu können. Der Inhalt des Musikdramas wird als bekannt vorausgesetzt.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Hauptteil
- Allgemeine theologische Überlegungen
- Die nichtchristlichen Erlösungsreligionen
- Das Heil im Christentum
- Sünde und Sühne
- Über die „,weibliche\" Sünde
- Das Bühnenweihfestspiel
- Die Entstehung des Werkes und intellektuelles Umfeld
- Die Figur der Kundry
- Kundry in der musikalischen Darstellung
- Die Inszenierung von Sandra Leupold am Staatstheater Mainz, Premiere am 12.9.2008
- Bühnenästhetik
- Szenischer Ablauf
- Allgemeine theologische Überlegungen
- Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Thema der Erlösung im Werk Richard Wagners, insbesondere im Kontext des Bühnenweihfestspiels „Parsifal“. Sie untersucht die vielfältigen Bedeutungen des Begriffs „Erlösung“ bei Wagner und setzt ihn in Bezug zu unterschiedlichen religiösen und philosophischen Ansätzen, sowohl christlich als auch nichtchristlich. Die Arbeit analysiert die Rolle der Figur der Kundry als Verkörperung der Erlösungsbedürftigkeit und beleuchtet die Inszenierung des „Parsifal“ von Sandra Leupold am Staatstheater Mainz als exemplarisches Beispiel für die Interpretation des Themas.
- Erlösungskonzepte in verschiedenen Religionen
- Die Rolle der Figur der Kundry im „Parsifal“
- Wagners Konzept der Erlösung im Kontext seiner Zeit
- Die Inszenierung des „Parsifal“ von Sandra Leupold
- Das Verhältnis von Kunst und Religion bei Wagner
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung, die den „Parsifal“ als ein Werk mit komplexen und vielschichtigen Interpretationsmöglichkeiten darstellt. Es werden die unterschiedlichen Perspektiven auf den „Parsifal“ im Kontext des 20. Jahrhunderts beleuchtet, wobei die christlichen Inhalte des Werkes im Vordergrund stehen.
Im Hauptteil wird zunächst ein Überblick über verschiedene Erlösungsreligionen gegeben, um die verschiedenen Bedeutungen des Begriffs „Erlösung“ im Kontext der Arbeit zu beleuchten. Anschließend wird das Christentum als die zentrale Bezugsgrundlage für Wagners Werk betrachtet. Es werden die Begriffe „Sünde“ und „Sühne“ sowie die Rolle der Gnade Gottes im Erlösungsgeschehen behandelt.
Im dritten Kapitel wird der „Parsifal“ als Bühnenweihfestspiel näher betrachtet. Die Entstehung des Werkes, die Figur der Kundry und ihre Darstellung in der Musik werden analysiert.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Inszenierung von Sandra Leupold am Staatstheater Mainz. Die Bühnenästhetik und der szenische Ablauf der Inszenierung werden beschrieben und in Beziehung zu den zuvor behandelten theologischen und musikalischen Aspekten des „Parsifal“ gesetzt.
Schlüsselwörter
Erlösung, Richard Wagner, Parsifal, Kundry, Christentum, Nichtchristliche Erlösungsreligionen, Bühnenweihfestspiel, Inszenierung, Sandra Leupold, Staatstheater Mainz, Kunst, Religion, Theologische Überlegungen, Musikdramen.
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- Dr. Lore Gewehr (Autor), 2010, Die Erlösung in Wagners "Parsifal", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/417922