Employer Branding und Kontrollverlust in Sozialen Medien


Tesis Doctoral / Disertación, 2017

126 Páginas


Extracto


Inhalt

1. Einleitung.
1.1 Zentrale Frage der Arbeit.
1.2 Theoretische und methodische Grundlagen..
a. Marketingmanagement.
b. Personal und Personalmanagement.
1.3 Forschungsstand Employer Branding.
1.4 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit.

2 Diskurs-Grundlage: Definition des Begriffs Employer Branding.
2.1 Was ist Employer Branding?.
2.2 Nutzen und Wirkungsfelder von Employer Branding.
2.3 Strategie und Prozess des Employer Branding.

3 Einflussfaktoren der Gegenwart und Zukunft auf das Employer Branding.
3.1 Employer – als Arbeitgeber Arbeitnehmer finden und binden..
a. Die demografische Ausgangslage in Deutschland..
b. Industrie 4.0 und Produktion 4.0..
3.2 Branding – Beeinflussen von Entscheidungen durch Marken..
a. Zielgruppenkommunikation und der Generationsbegriff.
b. Wertewandel und Individualisierung.
c. Dialogkommunikation und Dialogmarketing – neue Technologien, verändertes Kommunikationsverhalten und die Auswirkungen auf das Marketing.
Fazit

4. Folgen für das Employer Branding.
4.1 Arbeitswelt der Zukunft.
a. Netzwerkökonomie.
b. Flexible Arbeitskonzepte und Änderungen in der Personalpolitik.
4.2 Erfolgreiches Employer Branding - Kontrolle und Kontrollverlust.
a. Controlling im Social Media-Bereich..
b. Controlling im Employer Branding.
c. Verlust der Kontrolle.

5. Lösungsansätze für Employer Branding.
5.1 Dynamisierung der (potenziellen) Mitarbeiter.
5.2 Steuerungs- und Controllingelemente im Employer Branding.
a. Agiles und interaktives Markenmanagement, Employer Branding- und Controlling-Konzepte.
b. Entwurf eines Agilen Employer Branding-Controllingsystems.
c. Mögliche Barrieren bei der Einführung eines Employer Branding-Controllingsystems

6. Zusammenfassung und Schluss.

7. Quellen..

Danke!

Schreiben musste ich diese Arbeit allein, aber an ihrem Gelingen waren jede Menge mir nahstehende Menschen beteiligt, denen ich an dieser Stelle zu Dank verpflichtet bin. Zuallererst muss mein Doktorvater Prof. Dr. Wolfgang Mühl-Benninghaus genannt werden, der mich nicht nur inhaltlich auf den richtigen Pfad geführt hat, sondern immer für mich da war, mich aufgebaut und mir geholfen hat. Das habe ich nie als selbstverständlich gesehen. Vielen Dank! Auch Frau Prof. Dr. Stefanie Dänzler möchte ich danken für ihren Input.

Meiner Familie weiß ich gar nicht genug zu danken: Sie hat mich immer unterstützt und motiviert. Eure Hilfe, die sich nicht nur auf diese Dissertation beschränkt, macht mich unendlich dankbar und glücklich. Meine Kinder und mein Mann haben mir zudem gezeigt, worauf es im Leben ankommt. Ich liebe euch!

Aber auch meinen Freunden darf ich für ein stets offenes Ohr, Kritik, Hilfe und ein paar willkommene Ablenkungen danken – besonders Caroline, mit der ich zur Meisterin der Prokrastination wurde...

1.Einleitung

„Feel good manager“[1] gesucht.

1.1Zentrale Frage der Arbeit

Employer Branding ist die Kunst, eine aussagekräftige und attraktive Arbeitgebermarke zu schaffen und diese an den realen und potentiellen Mitarbeiter zu vermitteln. Das, was Unternehmen eigentlich schon immer tun – sich selbst als attraktiven Arbeitgeber darzustellen, um sich genügend und gute Arbeitskräfte zu sichern – hat nun einen Namen und wird in Wissenschaft und Praxis diskutiert. Im wissenschaftlichen Kontext geht es vor allem um Management- und Strategiekonzepte, im praktischen Bereich vor allem um die Frage, was denn nun einen attraktiven Arbeitgeber ausmache und wie man sich als Unternehmen gute Fach- und Führungskräfte sichern könne. Es gibt jedoch keine allgemein gültige Definition für ein gutes Employer Branding. Unter den Bedingungen von Web 2.0 wird es darüber hinaus immer schwieriger die diesbezüglichen unternehmensseitigen Anstrengungen zu kontrollieren.

So entstand die zentrale Frage dieser Arbeit: Ist es überhaupt noch möglich, denn Erfolg von Employer Branding in sozialen Netzwerken zu kontrollieren? Zu Beginn jedoch die Einordnung der theoretischen und methodischen Grundlagen, die dieser Arbeit zugrunde liegen.

1.2Theoretische und methodische Grundlagen

Employer Branding ist ein neues wissenschaftliches und praktisches Feld, dass sich aus zwei für den langfristigen Wettbewerbsvorteil von Unternehmen sehr bedeutenden Feldern zusammen setzt: Markenmanagement und Personalmanagement - Menschen und Marken, die zwei wertvollsten Elemente von Unternehmen.[2]

a.Marketingmanagement

Der Begriff der Marke ist im Kontext von unterschiedlichen methodischen Ansätzen für die Gestaltung, Etablierung und Führung einer Marke sehr vielseitig.[3] Eine kurze Betrachtung des Markenmanagements allgemein und des Identitätsbasierten Markenmanagements im Speziellen ermöglicht eine Einordnung des relativ neuen Feldes Employer Branding.

„Im Wesentlichen beschäftigt sich das Marketing mit der effizienten und bedürfnisgerechten Gestaltung von Austauschprozessen.“[4]

Die Markengeschichte basiert auf Austauschprozessen, die im Endeffekt seit Menschengeschichte vollzogen wurden: der Austausch von Gütern, bei dem sowohl Käufer als auch Verkäufer ihre Bedürfnisse befriedigen können. Die wirtschaftliche Verwendung von Marken lässt sich bereits vom Altertum über das Mittelalter bis in die Neuzeit verfolgen. Eine Marke hat zunächst als Mittel zur Abgrenzung von Eigentumsrechten und als Herkunftsnachweis gedient. Im Rahmen der Massenproduktion durch die Industrialisierung und dem daraus resultierenden überregionalen Handel hat die Bedeutung der Marke im 19. Jahrhundert allerdings stark zugenommen. In den 1960er und 1970er Jahren wurde das Markenverständnis erstmals aus Sicht der Nachfrager (Käufer) bestimmt, als durch Ausweitung der Produktkapazität der Verkäufer- zu einem Käufermarkt wurde. Der Nachfrager (Käufer) ist heute einem unüberschaubaren Angebot an Waren und Dienstleistungen in den Läden und im Internet ausgesetzt, das heißt, dass heute nicht mehr die Produktkapazität den Engpass bildet, sondern der Absatzbereich. Damit ist ein intensiver Wettbewerb zwischen den Produkt- und Dienstleistungsanbietern entbrannt, indem man sein Produkt oder seine Dienstleistung einem klaren Branding unterziehen muss, um es von denen der Konkurrenz abzuheben. Damit wird deutlich, welch hohen Stellenwert das Marketing zur Kundenakquirierung und –bindung in einem Unternehmen einnimmt.

Eine starke Marke bietet dem Nachfrager Orientierung und Information und strahlt Vertrauen aus. Als Unternehmen bietet eine starke Marke die Möglichkeit, aus der Masse herauszutreten und sich zu anderen Anbietern zu differenzieren.

„Eine starke Marke ist damit ein wichtiger Wettbewerbsvorteil.“[5]

Das Verständnis von Marketing ist von einem absatzpolitischen Instrument mit Fokus auf Werbung, Verkauf bzw. Distribution in den 60er Jahren (instrumentell verkürztes Marketingverständnis) mit Erweiterung um die klassisch, ökonomische Interpretation des Marketings (Marketing als systematischen Entscheidungs- und Gestaltungsprozess mit Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse und Unternehmensziele) in den 70er Jahren, zu einem aktuell modernen, erweiterten Marketingverständnis übergegangen.[6]

In Abbildung 1 ist das Verständnis von Marketing noch einmal schematisch dargestellt. Während im Alten Marketingverständnis das Marketing als ein (Werbe-) Instrument für das Unternehmen noch relativ allein steht, setzt man heute auf starke Unternehmensmarken, die in einer globalen, oft austauschbaren Waren- und Dienstleistungswelt den entscheidenden (Sympathie-) Unterschied machen und als fester Bestandteil des Unternehmens und der Unternehmensstrategie im Mittelpunkt aller Handlungen stehen. Die Marke an sich wurde damit nicht neu erfunden, sie hat aber eine deutliche Neuausrichtung erfahren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Altes und Neues Markenverständnis (Quelle: eigene Darstellung nach Krobath & Schmidt, 2010. S. 32[7] )

Modernes Marketing

„Modernes Marketing „(...) umfasst hiernach jegliche Form eines Austausches zwischen zwei Kontrahenten, bei dem beide Parteien durch den Austauschprozess ihre Bedürfnisse zu befriedigen versuchen.“[8]

Meffert nutzt zur Definition des modernen Marketingbegriffs die Definition der American Marketing Association (AMA) aus dem Jahr 2004:

„Marketing is an organizational function and a set of processes for creating, communicating and delivering value to customers and for managing customer relationships in ways that benefit the organization and its stakeholders.“[9]

Demnach ist Marketing sowohl eine eigene Funktion im Unternehmen (gleichgestellt mit anderen betriebswirtschaftlichen Grundfunktionen wie z. B. Produktion und Finanzierung), sowie ein Leitkonzept der Unternehmensführung, um den Kundennutzen zu erkennen und zu befriedigen - auch durch die Optimierung unternehmensinterner Prozesse. An der Schnittstelle zu aktuellen und potenziellen Kunden beinhaltet das moderne Marketing alle marktgerichteten Prozesse, wie „Konzeption, Durchführung und Kontrolle aller auf die Nachfrager ausgerichteten Marketingaktivitäten“[10]. Modernes Marketing ist zudem beziehungsorientiert: Die Profitabilität eines Kunden ist nicht mehr nur die einzelne Transaktion, sondern vielmehr das zu realisierende Gewinnpotenzial bei einem längerfristigen Beziehungszyklus. Marketingziele, -strategien und –maßnahmen werden dementsprechende differenziert, in welchem Beziehungsstatus sich der Kunde befindet.[11] Modernes Marketing soll außerdem einen Beitrag zum finanziellen Unternehmenserfolg leisten. „Dies hat letztlich zur Folge, dass die Marketingaktivitäten eines Unternehmens an den jeweiligen Unternehmenszielen auszurichten sind und auch die Unternehmensziele maßgeblich durch die Marketingaktivitäten beeinflusst werden können.“[12] Vor allen Dingen ist modernes Marketing stakeholderorientiert. Neben Anbieter und Nachfrager gibt es interne und externe Personengruppen, die von den Aktivitäten des Unternehmens aktuell und in Zukunft betroffen sind (sogenannte Stakeholder). Die Auswirkungen gegenüber diesen Personen sind im modernen Marketing einzubeziehen. Abbildung 2 zeigt mögliche interne und externe Stakeholder eines Unternehmens.

„Die Gestaltung der Beziehungen zu den gesellschaftlichen Anspruchsgruppen des Unternehmens besitzt den Stellenwert eines strategischen Erfolgsfaktors.“[13]

Entscheidungen über das grundsätzliche Verhalten der Unternehmen gegenüber den Stakeholdern kann somit als strategische Entscheidung betrachtet werden und ist auf Unternehmensführungs-Ebene zu verankern.[14]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Stakeholder im Marketing (Quelle: Eigene Darstellung)

Markenmanagement

Der Begriff Markenmanagement bezeichnet das Management der (unternehmensinternen und –externen) Marke. Das Management einer Marke setzt sich, abgeleitet vom klassisch strategischen Management, aus drei Schritten zusammen[15]:

1. Strategisches Management: Situationsanalyse, Festlegung der Markenziele und einer Markenidentität, Markenpositionierung, Markenarchitektur, Markenevolution, Markenbudgetierung
2. Operatives Markenmanagement: Umsetzung mithilfe von Marktgerichteten/ Zielgruppengerichteten Instrumenten
3. Markencontrolling: Interne und Externe Markenerfolgsmessung, Markenbewertung

Identitätsbasiertes Markenmanagement

Um Employer Branding im unternehmerischen Marketingprozess einordnen zu können, muss man zunächst das Konzept des Identitätsbasierten Markenmanagement betrachten.

Beim Konzept des Identitätsbasieren Managements wird die Wahrnehmung der Marke beim Nachfrager, also Käufer (das so genannte Markenimage) um die Perspektive der internen Zielgruppe ergänzt. Die so genannte Markenidentität formt das Selbstbild der Marke innerhalb des Unternehmens und kann so später auch von innen nach außen getragen werden.

Ziel im Identitätsbasierten Markenmanagements ist es zunächst eine starke Markenidentität zu formen und parallel dazu (mit einiger bedingter Verzögerung) ein starkes Markenimage. Auf Seite der Markenidentität bestimmt das Markennutzenversprechen gegenüber der externen Zielgruppe den kaufverhaltensrelevanten Nutzen. Dieses Nutzenversprechen sollte die Markenbedürfnisse der externen Zielgruppe in den so genannten Brand Touch Points treffen. Dem tatsächlichen Markenverhalten der internen Zielgruppe (Produkt- und Serviceleistungen der Marke, Verhalten sämtlicher Mitarbeiter im Kontakt mit Nachfrager und alle weiteren Kontakte des Nachfragers mit der Marke) steht das Markenerlebnis des Nachfragers unmittelbar gegenüber.[16]

Das Selbstbild der internen Zielgruppe weicht nicht selten ab vom Fremdbild der externen Zielgruppe. Ziel von gutem Markenmanagement muss es sein, diese Abweichungen zu eliminieren. Wenn Selbstbild mit dem Fremdbild übereinstimmt, ist eine klare Markenführung möglich. Dazu müssen im Umkehrschluss verschiedene Zielgruppen angesprochen werden.

In Abbildung 3 ist das Konzept des Identitätsbasierten Markenmanagements noch einmal bildlich dargestellt.

Abbildung 3: Grundkonzept der identitätsbasierten Markenführung (Quelle: In Anlehnung an Meffert und Burmann 1996, S. 35)

„Die Markenidentität umfasst diejenigen raum-zeitlich gleichartigen Merkmale der Marke, die aus Sicht der internen Zielgruppen in nachhaltiger Weise den Charakter der Marke prägen.“[17]

Eine Markenidentität setzt sich nach Meffert aus sechs Komponenten zusammen[18]:

- Markenherkunft/ Ursprung/ Historie
- Markenvision/ Entwicklungsrichtung
- Markenkompetenzen/ Können
- Markenwerte/ emotionale Grundüberzeugungen
- Markenpersönlichkeit/ Kommunikationsebene miteinander
- Markenleistungen/ Produkte und Dienstleistungen einer Marke

„Beim Markenimage handelt es sich um ein mehrdimensionales Einstellungskonstrukt, welches das in der Psyche relevanter externer Zielgruppen fest verankerte, verdichtete, wertende Vorstellungsbild von einer Marke wiedergibt.“[19]

Ein Markenimage ergibt sich aus drei Komponenten[20]:

- Markenattribute (Merkmale einer Marke wie Leistung, Werte, Herkunft...)
- Funktionaler Nutzen auf physikalisch-funktioneller Basis
- Symbolischer Nutzen (Marke bringt z.B. Prestige und steht damit symbolhaft für die Befriedigung wichtiger Motive der Nachfrager)

Analog zum allgemeinen Marketingmanagement besteht der Managementprozess der identitätsbasierten Markenführung aus den drei Teilprozessen des strategischen und operativen Markenmanagements sowie dem Markencontrolling (vgl. Abb. 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Managementprozess der identitätsbasierten Markenführung (Quelle: Eigene Darstellung nach Meffert, S. 335)

Employer Branding ist nach Meffert[21] Teil des operativen Markenmanagements und steht neben dem External Branding und dem Internal Branding: Das External Branding bezeichnet hierbei das klassisch nachfrageorientierte Branding der externen Zielgruppen, wobei mithilfe des Markennutzenversprechens die Markenbedürfnisse der externen Zielgruppen befriedigt werden sollen. Ziel des Internal Branding sei hierbei die nach innen gerichtete Markenführung bei der das Markennutzenversprechen bei den Mitarbeitern verankert werden soll. Demgegenüber ist das Employer Branding „mit der Entwicklung sowie internen und externen Umsetzung und Kontrolle des an aktuelle und potentielle Mitarbeiter gerichteten, aus der Markenidentität abgeleiteten Markennutzenversprechens“ befasst[22].

„Während sich Unternehmen mit Employer Branding als attraktive Arbeitgeber positionieren wollen, um potentielle Mitarbeiter zu gewinnen und aktuelle Mitarbeiter zu binden und zu halten, steht beim Internal Branding die Sicherstellung der Umsetzung des gegenüber relevanten externen Zielgruppen abgegebenen Markennutzenversprechens durch Mitarbeiter im Vordergrund.“[23]

Digitalisierung

Seit Ende des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts gibt es eine neue Herausforderung für das Marketing. Neue Fragestellungen für das Marketing entstehen vor allem aus dem rasanten Wachstum sozialer Netzwerke im Internet sowie neuartige Kommunikationsformen wie Twitter, Instragram und Snapchat. „Es bildet sich eine digital-vernetzte Wissensgesellschaft heraus“[24], in der der Konsument nicht mehr passiver Abnehmer, sondern aktiver Mitgestalter von Informationen wird und sich damit eine neue Machtposition innerhalb der Informationsverbreitung erarbeitet. Die Art der Kommunikation hat sich damit grundlegend verändert. Für Unternehmen wird es immer schwieriger, die passenden Botschaften an die entsprechenden Zielgruppen zu senden. Die Kunden suchen sich die Informationen selbst aus den Quellen, denen sie vertrauen – aus der klassischen Push-Kommunikation ist eine Pull-Kommunikation geworden. Details dazu werden in Kapitel 3.2c erläutert.

Im Kommunikationsbereich fördert die zunehmende Digitalisierung eine individuelle Ansprach und eine „schnellere Integration von Konsumenten in Leistungsprozesse.“[25] Sie bringt aber auch aus Unternehmenssicht Probleme, die Masse an Informationen zu steuern, zu moderieren oder gar zu kontrollieren. Es entsteht ein Kontrollverlust, der als Teil der vorliegenden Publikation ebenfalls später erläutert werden soll.

Mit voranschreitender Digitalisierung von Geschäftsprozessen bilden sich zudem komplett neue Branchenstrukturen heraus: Im Verlagswesen beispielsweise erfordern digitale Angebote eine völlig neue Distributionspolitik im Vergleich zu Printprodukten. Hier entstehen Online-Zeitschriften, die dem Leser neben journalistisch aufbereiteten Artikeln auch Bilder und Videos zur Verfügung stellen. Für die Nutzung dieser Internetseiten zahlt der Leser entweder im Abonnement über elektronische Kanäle, oder erklärt sich mit dem Bespielen von (aus seinen Daten generierter) personalisierter Werbung auf den Webseiten einverstanden. Aber auch im Bereich Musik, Fernsehen und Hörfunk sind durch die Digitalisierung neue Produkte entstanden, die neue Distributionskanäle erforderlich machen. Musik kommt nicht mehr nur von Hardware-Quellen wie Schallplatten, Kassetten oder CDs, sondern wird im Netz gestreamt. Dazu bedarf es keiner weiteren Geräte außer dem Handy, das heutzutage jeder bei sich trägt. Dementsprechend müssen sich Musikfirmen und Gerätehersteller neue Möglichkeiten erarbeiten, um mit ihrer Arbeit Gewinne zu erzielen.

„Die zunehmende Verfügbarkeit von digitalen Informationen (...) führt zu grundlegend neuen Wertschöpfungsprozessen (...).“[26]

Fazit

Die klassische Markenführung war bisher vor allem auf Konsumenten ausgerichtet „mit dem Ziel, dem Unternehmen mit seinen Produkten und Dienstleistungen im Wettbewerb mit anderen Anbietern Vorteile zu verschaffen.“[27] Marken gewinnen aber zunehmend an Bedeutung gegenüber anderen Bezugsgruppen innerhalb und außerhalb eines Unternehmens, so genannten Stakeholdern. Die Unternehmen üben Einfluss auf die entsprechenden Stakeholder aus. Die Stakeholder, die wiederum von Umweltfaktoren beeinflusst werden, aber auch umgekehrt auf Unternehmen, indem sich Unternehmen in ihrer Strategie der jeweiligen Zielgruppe anpassen müssen. Der Faktor Digitalisierung stellt das Marketing zusätzlich vor enorme Herausforderungen, da sich dadurch nicht nur neue Wertschöpfungsmodelle ergeben, sondern auch neue Kommunikationsmöglichkeiten.

Es ergeben sich drei zentrale Fragen: Welche Zielgruppe soll das Employer Branding als Teil eines ganzheitlichen, modernen Marketings ansprechen? Durch welche Faktoren wird die Zielgruppe maßgeblich beeinflusst? Und welche Auswirkung hat die Digitalisierung auf die Kommunikation und damit auch direkt auf das Marketing?

Zusammenfassend leiten sich aus diesen drei Fragen drei Faktoren ab, die das Employer Branding der Zukunft stark beeinflussen werden:

a) Zielgruppe
b) Wertewandel und Individualisierung
c) Dialogkommunikation und –marketing, von Push zu Pull

Diese drei Faktoren werden zusammen mit zwei weiteren Faktoren (die sich aus dem Personalmanagement ergeben) als Einflussfaktoren auf das Employer Branding in Kapitel 3 untersucht und bilden die Grundlage für die weitere Diskussion.

b.Personal und Personalmanagement

In fast allen Unternehmen findet sich heute der Leitsatz „Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind der Schlüssel unseres Erfolges“.

Mitarbeiter gelten als bedeutendes Kapital in Unternehmen, da sie für Produktivität, Kundenorientierung und Innovationsfähigkeit entscheidend sind und diese wiederum Voraussetzung für die Wertschaffung in Unternehmen sind. Gerade in der Dienstleistungsbranche und im Verkauf bestimmt die Mitarbeiter-Kundenbeziehung einen großen Teil der Wertschaffung.

Das Gabler Wirtschaftslexikon fasst die Definition von Personal kurz und knapp zusammen:

„Als Personal bezeichnet man die zurLeistungserbringung eingesetzten, bezahlten Mitarbeiter eines Unternehmens.“[28]

Personal ist im Endeffekt eine Folge der Arbeitsteilung: Wenn die Leistung des Unternehmens nicht mehr nur von seinem Inhaber erbracht werden kann, muss er sich dafür Mitarbeiter holen, die ihm helfen. Aus ökonomischer Sicht ist Personal ein Produktionsfaktor, der jedoch durch seine höhere Komplexität als andere Produktionsfaktoren gesonderte Aufmerksamkeit bedarf.[29]

Personalmanagement

„Unter Personalmanagement versteht man die Gesamtheit der mitarbeiterbezogenen Gestaltungs- und Verwaltungsaufgaben im Unternehmen.“[30]

Neben den Bezeichnungen Personalwesen (interdisziplinär), Personalwirtschaftslehre (als Teil der Betriebswirtschaftslehre) und Personalpolitik (eingebettet in die Unternehmenspolitik), Personalökonomie (Beschäftigung mit Personal aus rein ökonomischer Sicht), sowie Human Resource Management (HRM; Personal als Resource und Leistungsträger in Unternehmen) und Human Capital Management (HCM; Messung und Bewertung des betrieblichen Humankapitals), steht die Bezeichnung Personalmanagement für die „aktive Gestaltung aller personalbezogenen Aufgaben (...) und (...) für ein Verständnis der Personalfunktion als Teil des Managements im Unternehmen (...)“[31]

Der Management-Begriff umfasst dabei die Festlegung personalwirtschaftlicher Ziele und die Realisierung, sowie die Kontrolle dieser Ziele.

Um sowohl den Bedürfnissen des Unternehmens, als auch den Bedürfnissen der Mitarbeiter nachzukommen, muss das Personalmanagement untersuchen, unter welchen Bedingungen Personal in arbeitsteiligen Unternehmen eingesetzt wird.

Dabei verfolgt das Personalmanagement vier Zielebenen[32]:

- Wirtschaftliche/ökonomische Ziele: Ziel ist eine hohe Effizienz beim Einsatz des Humankapitals neben anderen Produktionsfaktoren. Dies erfordert eine enorme Planungs- und Umsetzungskompetenz, damit zur optimalen Leistungserbringung das richtige Personal, in richtiger Zahl, mit richtiger Qualifikation, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung steht.
- Nachhaltigkeitsziele: Der Begriff Nachhaltigkeit bezeichnet dabei, dass Herstellung, Vertrieb und Entsorgung nach ökologischen Maßstäben erfolgen. Hier geht es vor allem um langfristige Investitionen in die Ressource Mitarbeiter durch Schaffung von Qualifikationen bzw. Kompetenzen, Identifikation bzw. Motivation und Gesundheit & Wohlbefinden des Mitarbeiters.
- Soziale Ziele: Die Erreichung bestmöglicher Arbeitsumstände (Sicherheit, leistungsgerechte Vergütung, Arbeitsumfeld mitarbeitergerecht/ familienfreundlich, Arbeitsinhalte/-organisation optimieren, soziale Kontaktmöglichkeiten ermöglichen/verbessern, Work-Life-Balance) gilt hierbei als Ziel.
- Individuelle Ziele: Befriedigung der individuellen Ziele eines Mitarbeiters steht ebenfalls im Fokus des Personalmanagements.

Folgende Aufgaben hat das Personalmanagement in Unternehmen zu erfüllen[33]:

- Personalbedarfsplanung
- Personalbeschaffung
- Personaleinsatz und –verwaltung
- Entlohnung und betriebliche Sozialpolitik
- Personalentwicklung
- Personalabbau
- Personalcontrolling

Das klassische Personalmanagement ordnet die Funktionsbereiche Employer Branding und Personalmarketing zu den Aufgaben der Personalbeschaffung zu, allerdings zieht sich der Wirkungsbereich des Employer Branding ebenfalls durch die Aufgabenfelder Personaleinsatz, Entlohnung, Personalentwicklung und Personalabbau. Inwiefern, das soll in Kapitel 2 erläutert werden.

Spätestens seit Chambers et. al. Studie „War for talents“[34] gewinnt der Personalbereich in Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Heute ist die HR-Abteilung nicht mehr nur für Verträge und Personalabrechnung zuständig, sondern Aufgaben wie Recruiting, On-Boarding etc. gewinnen immer mehr an Bedeutung. Neue Modelle wie HR-Business-Partner, High Impact HR Operating Model oder HR-Excellenz versuchen das HR-Management innerhalb eines Unternehmens in seiner Wichtigkeit hervorzuheben (z.B. durch Beteiligung an der Wertschöpfung durch Erfüllung von Kundenwünschen). Im Endeffekt bleiben aber bei allen Modellen die oben genannten Aufgaben des HR-Managements erhalten.

Doch auch modernes HR-Management reibt sich an äußeren Faktoren. Folgende Autoren beziehen sich in ihren Werken auf folgende Problemfelder im HR-Management:

Troger[35]:

- Die demographische (Fehl-) Entwicklung
- Konflikt zwischen den Generationen
- Die Familie als kleinste volkswirtschaftliche Einheit (Vereinbarkeit von Familie und Beruf)
- Überforderte und kranke Mitarbeiter
- Die Vielfalt der Interessen und Erwartungen der Mitarbeiter

Lindner-Lohmann et al.[36]:

- Wertewandel
- Demografie
- Politik/Staat
- Internationalisierung und Globalisierung
- Technologischer Wandel und Digitalisierung

Bruch & Schuler[37]:

- Digitalisierung und Virtualisierung von Arbeit
- Demografischer Wandel
- Globalisierung
- Wertewandel

Zusammengefasst ergibt dies vier Problemfelder, die das Personalmanagement und damit auch das Employer Branding in Zukunft stark beeinflussen werden:

Die demografische (Fehl-) Entwicklung
Die Vielfalt und den Wandel der Interessen der Mitarbeiter / Wertewandel
- Internationalisierung und Globalisierung
- Technologischer Wandel und Digitalisierung

In der vorliegenden Publikation wird im Employer-Bereich vor allem der Faktor der Demografie betrachtet und dessen Auswirkung auf den zukünftigen Arbeitsmarkt analysiert. Internationalisierung, Globalisierung, technologischer Wandel und Digitalisierung werden im Kapitel zu Industrie 4.0 zusammengefasst und hinsichtlich ihres Einflusses auf des Personal (-management) in Kapitel 3 untersucht.

1.3 Forschungsstand Employer Branding

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die klassische Markenführung (bisher auf Konsumenten ausgerichtet), in den letzten Jahren auch anderen Stakeholdern gegenüber an Bedeutung gewonnen hat. Die Ausrichtung der Markenführung auf die Zielgruppe der aktuellen und potenziellen Mitarbeiter vereint die beiden Felder Marketing und HR im Employer Branding und zeigt, dass das Verständnis dafür gewachsen ist, dass Mitarbeiter sich selbst an Marken orientieren und auch immer Teil der Markenbotschaft eines Unternehmens sind.

„Die Marketingperspektive wird insofern berührt, als eine Anwendung von Prinzipien der Markenführung auf das Personalmanagement erfolgt (z. B. durch den Einsatz von Maßnahmen der Markenkommunikation). Die personalorientierte Perspektive des Employer Branding ist durch den Fokus auf potenzielle, aktuelle und frühere Mitarbeitende gegeben.“[38]

Da Employer Branding aus den zwei Feldern Marketing und Personal abzuleiten ist, lassen sich auch in der wissenschaftlichen Betrachtung von Employer Branding zwei Tendenzen feststellen: Arbeiten mit einem starken Management- und Strategiebezug, sowie empirische Studie zur Wirkung von Arbeitgebermarken auf Mitarbeiter.

Wie bereits erläutert lassen sich die Anfänge einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Employer Branding in der Mitte der 1990er Jahre entstandenen Diskussion um stakeholderorientierte Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen ausmachen. Die 1996 erschienene Studie von Ambler & Barror gilt als „Pionierarbeit zum Employer Branding“[39]. Hier wurden erstmals Erkenntnisse aus der Markenführung in das Personalmanagement übertragen.

Die dann folgenden Arbeiten hatten und haben weiterhin einen starken Management- und Strategiebezug (z.B. Ewing et al., 2002; Backhaus & Tikoo, 2004; Mosley, 2007; Mrozek, 2009; DGFP e.V., 2012; Buckesfeld, 2012; Stotz & Wedel-Klein, 2013; Schumacher/Geschwill, 2014).

Des Weiteren untersuchen sie die Herleitung des Employer Branding aus speziellen Markenansätzen (Sponheuer, 2010; Oertel, 2012) oder aus Sicht der Sozioanalyse (Grbavac, 2009).

Neuere Studien sind dagegen überwiegend empirisch ausgerichtet.[40]

„Im Mittelpunkt der Studien stehen die Wirkung von Arbeitgebermarken auf (potenzielle) Mitarbeitende (vgl. z.B. King & Grace, 2012; Edwards & Edwards, 2013) sowie die Identifikation von Einflussfaktoren auf die Arbeitgeberattraktivität (vgl. z. B. Lievens et al., 2005; Lievens, 2007; Bruhn et al., 2013).“[41]

Neueste wissenschaftliche Arbeiten zum Thema beschäftigen sich bespielsweise mit der Kommunikation im Web 2.0 als Instrument für Employer Branding (Weber, 2012).

1.4 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Keine der aktuellen Publikationen vereint die Herleitung des Employer Branding aus dem Marketingansatz mit einem Managementbezug unter dem Aspekt der zunehmenden Digitalisierung. Diese Arbeit soll ein erster Schritt in diese Richtung sein, indem sie aufzeigt, welche Schwierigkeiten im (zum ganzheitlichen Marketingmanagement dazugehörigen) Controlling in Sozialen Medien auftreten. Durch die Masse, Schnelligkeit und ständiger Verfügbarkeit von Informationen entsteht für die Unternehmen ein Kontrollverlust hinsichtlich der Kommunikation mit der Zielgruppe. Bezogen auf Employer Branding bedeutet dies, dass ein ganzheitliches Controlling von „Erfolgreichem“ Employer Branding mit der Zielgruppe der aktuellen und potenziellen Mitarbeiter unmöglich wird.

Ansätze zur Bewältigung des Controlling im Sozial Media-Bereich des Employer Branding aufzuzeigen, gilt als Zielstellung der Arbeit.

Deshalb lautet die zentrale Frage dieser Arbeit:

Kann man den Erfolg von Employer Branding, vor allem in sozialen Medien, überhaupt noch messbar machen, um ein adäquates Controlling in Unternehmen zu gewährleisten?

Hierzu sollen folgende Thesen aufgestellt werden, die im Laufe der Arbeit zu belegen sind:

Es sind keine allgemeinen Kontrollmöglichkeiten mehr möglich und nötig.

Nur aktionsgebundene Messungen bringen Aufschluss über den Erfolg der einzelnen Maßnahmen.

Aufbau der Arbeit

In der folgenden Abbildung ist der Aufbau der Arbeit schematisch dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Aufbau der Arbeit (Quelle: Eigene Darstellung)

Zu Beginn der Arbeit wird zunächst der Begriff Employer Branding definiert, um das Untersuchungsfeld zu markieren und eine Diskurs-Grundlage zu schaffen. Nutzen und Wirkungsfelder, Strategie und Prozess des Employer Branding werden in Folge dessen beschrieben, sowie die Differenzierung zu anderen Begrifflichkeiten wie Personalmarketing (vgl. Kapitel 2).

Im nächsten Schritt werden die fünf gravierendsten Einflussfaktoren auf das Employer Branding der Zukunft analysiert (vgl. Kapitel 3), deren Herleitung im ersten Kapitel der Arbeit zu finden sind. Hierbei wird differenziert zwischen der Employer (Arbeitnehmer) - Sicht und der Branding (Marketing) - Sicht.

Auf Basis dieser Faktoren wird im Anschluss geklärt, welche Folgen dies auf das Employer Branding der Zukunft hat (vgl. Kapitel 4). In diesem Zusammenhang wird der Leser in die Begrifflichkeit und die Bedeutung des Controlling im Employer Branding eingeführt (vgl. Kapitel 4.2).

Im fünften und letzten Teil der Arbeit sollen Lösungsansätze für das Employer Branding der Zukunft diskutiert werden. Teil eines Lösungsansatzes soll dabei ein angemessenes Steuerungs- und Controllingsystem im Employer Branding sein. Deshalb wird in Kapitel 5.2 der Entwurf eines Agilen Employer Branding-Controllingsystems vorgestellt und der Wahrheitsgehalt der Thesen begründet.

Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich, sämtliche differente Unternehmensarten und die damit verbundenen Spezifika und Vorgehensweisen zu beleuchten. Bei gewissen Maßnahmen ist zudem eine differenzierte Vorgehensweisen nach Rechtsform, Unternehmensphase, Wirtschaftszweig, Größe und räumlicher Struktur vorzunehmen. Dies würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen und wird deshalb außen vor gelassen. Jedes Unternehmen muss sehr differenziert analysieren, inwiefern die in dieser Arbeit betrachteten Faktoren auf die eignen unternehmensinternen und -externen Managementprozesse Auswirkungen haben und daraus unternehmensspezifische Konsequenzen ziehen.

Ebenfalls ist es in dieser Arbeit nicht möglich, jede Berufsgruppe gesondert zu betrachten. In Kapitel 3.1 wird deutlich, dass das Konzept der Employer Brand vor allem in Unternehmen genutzt werden sollte, um Fach- und Führungskräfte der kreativen Berufe und Akademiker zu rekrutieren. Im handwerklichen Gewerbe wird es sicherlich schwieriger sein, eine den Raum und die Zeit betreffende flexible Arbeitsmodelle zu entwerfen oder im Home-Office die gewünschte Work-Live-Balance auszuleben.

Die Arbeit konzentriert sich auf die Frage, ob ein Messbarmachen von Employer Branding möglich ist. Deshalb wird zwar ein Entwurf eines Controlling Systems an den Schluss der Arbeit gestellt, dieses jedoch zur Diskussion frei gegeben und nicht als Paradigma des Controllings im Employer Branding-Bereich gesehen.

2 Diskurs-Grundlage: Definition des Begriffs Employer Branding

2.1 Was ist Employer Branding?

„Jedes Unternehmen, das Mitarbeiter beschäftigt, hat eine Arbeitgebermarke. Denn die Marke ist ja das, was wahrgenommen wird. Die entscheidende Frage ist aus meiner Sicht: Wie wird diese Marke gebildet? (…) Ich würde unter Employer Branding also eher die Maßnahmen verstehen, die dazu dienen die wahre Marke zunächst zu identifizieren und dann in die Öffentlichkeit zu tragen.“[42]

Das Konzept der Employer Brand (Substantiv, Ergebnis des Employer Branding-Prozesses) ist ein noch recht junges Konzept in Wissenschaft und Praxis, weshalb es bisher keine eindeutige Definition bzw. kein einheitliches Verständnis gibt. Vielfach wird Employer Branding (der eigentliche Prozess) mit Personalmarketing gleichgesetzt oder auf das Personalrekrutierung reduziert. Doch Employer Branding ist weit mehr und soll in diesem Kapitel beschrieben werden.

Mitte der 90er Jahre benutzen Ambler und Barrow[43] das erste Mal das Konzept der Produkt- und Unternehmensmarken im Personalmanagement-Bereich und prägen dadurch den Begriff der Employer Brand.[44] Demnach ist die Employer Brand „(...) the package of functional, economic and psychological benefits provided by employment, and identified with the employing company.”[45]

Bollwitt definiert Employer Branding im Jahr 2010 folgendermaßen:

„Employer Branding ist (...) die Markenbildung als Arbeitgeber, deren Ergebnis Arbeitgebermarken darstellen. Es umfasst die Profilierung und Positionierung des Unternehmens als Arbeitgeber mit dem Ziel, ein unverwechselbares, authentisches und glaubwürdiges Vorstellungsbild als attraktiver Arbeitgeber in der Wahrnehmung der internen und externen Zielgruppen zu realisieren.“[46]

Ähnlich beschreiben auch Büttgen und Kissel 2013 den Employer Branding-Prozess:

„Employer Branding beschreibt sämtliche Aktivitäten, die dem Aufbau einer möglichst einzigartigen und differenzierbaren Arbeitgebermarke dienen. Durch die Employer Brand entsteht ein unverwechselbares, idealerweise mit positiven Assoziationen verbundenes Vorstellungsbild des Arbeitgebers in den Köpfen der potentiellen Mitarbeiter, durch das eine Differenzierung von Wettbewerbsangeboten ermöglicht wird.“[47]

Die renommierteste Quelle für eine Definition des Begriffs ist die Deutsche Employer Branding Akademie (DEBA):

"Employer Branding ist die identitätsbasierte, intern wie extern wirksame Entwicklung und Positionierung eines Unternehmens als glaubwürdiger und attraktiver Arbeitgeber. Kern des Employer Brandings ist immer eine die Unternehmensmarke spezifizierende oder adaptierende Arbeitgebermarkenstrategie. Entwicklung, Umsetzung und Messung dieser Strategie zielen unmittelbar auf die nachhaltige Optimierung von Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterbindung, Leistungsbereitschaft und Unternehmenskultur sowie die Verbesserung des Unternehmensimages. Mittelbar steigert Employer Branding außerdem Geschäftsergebnis sowie Markenwert."[48]

In Zukunft wählen nicht mehr nur die Unternehmen ihre Bewerber, sondern auch die Bewerber den zukünftigen Arbeitgeber aus (vgl. Kapitel 3.1). Für Arbeitssuchende herrscht jedoch eine schwere Differenzierbarkeit von Arbeitgebern (ähnliche Floskeln und unspezifische Botschaften zieren die Marketing-Kampagnen). Deshalb wird eine Markenstrategie immer wichtiger, um eine einzigartige Positionierung bei der Zielgruppe zu erreichen, die Employee Value Proposition (EVP) analog zur Unique Selling Proposition (USP) aus dem klassischen Marketing.

Das Employer Branding wiederum ist das Instrument, um im zunehmenden Wettbewerb um attraktive, gut ausgebildete Arbeitskräfte (High Potentials) einen strategischen Vorteil zu erlangen.

Die Idee des Employer Branding basiert auf der Orientierung am klassischen Markenführungsansatz, der auf Konsumenten oder organisationale Nachfrager ausgerichtet werden kann und Vorteile gegenüber anderen Unternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen schaffen soll. Die Markenfunktion und Wirkmechanismen werden beim Employer Branding auf den Arbeitgeber und die entsprechende Zielgruppe (potentielle und aktuelle Mitarbeiter) transferiert. Als Ergebnis erhält man eine starke Employer Brand[49], die zu einer hohen Arbeitgeberattraktivität führt, was wiederum ein hohes Bewerbungsverhalten erwarten lässt.

Employer Branding ist, wie bereits erläutert, somit die Verknüpfung der wichtigen Handlungsfelder Markenführung und Human Resource Management im Unternehmen.[50]

Wie bei einer Produktmarke soll die Arbeitgebermarke Orientierungshilfe bieten und darüber hinaus Vertrauens-, Identifikations- und Prestigefunktion erfüllen. Ziel ist die Konsistenz der internen und externen Markenbilder. Verschiedene Einflussgrößen wirken auf die Arbeitgebermarke ein, die alle integriert werden sollen, um ein einheitliches Markenversprechen über alle internen (bestehende Arbeitnehmer) und externen (potentielle Arbeitnehmer) Zielgruppen hinweg zu kommunizieren. Die wichtigsten Einflussfaktoren sind in Abbildung 6 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Aufbau und Pflege einer Employer Brand (Quelle: Bolwitt, 2010. S. 38)

Die Arbeitgebermarke fasst zusammen, wer man als Unternehmen ist, was man den Mitarbeitern anzubieten hat, aber auch was von diesen erwartet wird. Sie bietet dem Bewerber damit ein klares Abgrenzungskriterium gegenüber anderen Arbeitgebern.

Um die Arbeitgebermarke zu definieren, sollten folgende Eigenschaften klar definiert sein[51]:

- Die zentralen Kernwerte und Eigenschaften des Unternehmens als Arbeitgeber,
- das Auftreten als Arbeitgeber gegenüber Bewerbern und Mitarbeitern,
- die Leistungsversprechen und Angebote für Bewerber und Mitarbeiter, sowie
- das Image als Arbeitgeber bei den Mitarbeitern und in der Öffentlichkeit.

2.2Nutzen und Wirkungsfelder von Employer Branding

Geiger et al. fassen die Wirkung der Employer Brand wie folgt zusammen:

„Innerhalb des Unternehmens werden Mitarbeiterzufriedenheit und Identifikation der Mitarbeiter gesteigert. Potenzial- und Leistungsträger werden im Unternehmen gehalten. Fluktuation und die damit verbundenen Kosten sinken. Darüber hinaus sind Mitarbeiter, die sich mit ihrem Unternehmen identifizieren, engagierter und bringen bessere Leistungen, was sich wiederum positiv auf Kundenzufriedenheit und Umsatz auswirkt. So steigert Employer Branding letztlich auch Geschäftsergebnis und Markenwert.“[52]

Aus dem letzten Kapitel ist bereits zu entnehmen, dass durch ein strategisches Employer Branding sowohl die Effizienz der Personalrekrutierung, als auch die Qualität der Bewerber dauerhaft gesteigert werden soll. Die deutsche Employer Branding Akademie, ebenso wie Geiger et al., sehen für Employer Branding als Gesamtstrategie außerdem folgende Wirkungsfelder vor[53]:

- Mitarbeitergewinnung
- Mitarbeiterbindung
- Leistung der Mitarbeiter und Unternehmensergebnis
- Unternehmenskultur
- Unternehmensimage und -marke

Im Bereich der Mitarbeitergewinnung gilt es mit Hilfe von Employer Branding nicht nur die Passgenauigkeit der Bewerber zu verbessern (gezielt passende Kandidaten anziehen und andere fernhalten), sondern auch Fehlbesetzungen zu minimieren und vor allem den Personalbeschaffungsaufwand zu reduzieren.

Im Bereich der Mitarbeiterbindung wirkt sich Employer Branding positiv auf die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen aus, was zu einer erhöhten Mitarbeiterzufriedenheit und damit zur Minimierung von Fluktuationen und längerem Verbleib im Unternehmen führt. Dies bedeutet wiederum das Binden von Know-How, die Erhöhung des Return on Development (Rendite der Maßnahmen für die Personalentwicklung) und die Senkung der Fluktuationskosten.

Ein Plus im Leistungs- und Ergebnisbereich kann durch das gesteigerte Commitment mit den Zielen und die Identifikation mit dem Unternehmen erreicht werden. Dies wiederum erreicht man, indem man mit einer guten Positionierungsstrategie die Mitarbeiter und Führungskräfte auf die strategischen Ziele des Unternehmens ausrichtet und damit Leistungsmotivation verbessert, Mitarbeiterloyalität erwirbt, die Eigenverantwortung stärkt und damit den Führungsaufwand senkt.

Sind Unternehmensziele und Unternehmenskultur mithilfe von Employer Branding miteinander abgestimmt, hilft dies, die Organisation zielgerichtet weiterzuentwickeln. Somit werden im Optimalfall Reibungspunkte minimiert, das Arbeitsklima verbessert, der Krankenstand gesenkt und der Zusammenhalt gestärkt.

Als letzten Punkt sei in der gesamtheitlichen Perspektive noch auf die positiven Auswirkungen einer glaubwürdigen, unverwechselbaren Arbeitgebermarke auf alle Stakeholder des Unternehmens hingewiesen. Das Unternehmensimage wird gestärkt, die Synergien im Marketing geschlossen und damit der Unternehmenswert und die Bekanntheit des Unternehmens insgesamt gesteigert.[54]

2.3 Strategie und Prozess des Employer Branding

„Man greift a) das Bestehende auf und kreiert b) ein attraktives und glaubwürdiges Set an Botschaften, welches c) auf ausgewählten Kanälen in den Dialog mit d) definierten Zielgruppen eingebracht wird.“[55]

Die folgende Abbildung stellt den klassischen Employer Branding-Prozess in fünf Schritten dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Der Employer Branding-Zyklus (Quelle: Rose, 2012. S. 62)

Aus der Abbildung ist erkennbar, dass sich der Employer Branding-Prozess vom klassischen Markenmanagement-Prozess mit Strategischer Planung, Operativer Umsetzung und Controlling ableitet (vgl. Einleitung).

Im Folgenden sollen die in der Abbildung dargestellten einzelnen Schritte erläutert werden, um einen Eindruck über den Umfang und die möglichen Einflussfaktoren eines Employer Branding-Prozesses in Unternehmen aufzuzeigen.

Zielgruppe definieren:

Die Zielgruppe für das Employer Branding des Unternehmens sollte nicht nur einmal generell festgelegt werden, sondern regelmäßig überprüft werden. Zu beachten ist, dass man für jedes Employer Branding-Teilprojekt noch einmal eine konkrete Zielgruppe definieren muss (vgl. Kapitel 3.2 a), denn nicht jede Zielgruppe lässt sich beispielsweise über die gleichen Medien erreichen. Die Zielgruppe kann sich zusammensetzen aus:

- potentiellen Mitarbeitern (aktive und passive Arbeitssuchende, Absolventen),
- der derzeitigen Belegschaft,
- Alumni des Unternehmens,
- Potenziellen Kunden des Unternehmens und
- der „Öffentlichkeit an sich“ (relevante Publikationen, Online-Informationsdienste, Blogs, Hochschulen und deren Mitarbeiter etc.)[56]

Analyse

Im zweiten Schritt werden Stärken und Schwächen des Unternehmens hinsichtlich seiner Arbeitgebermarke analysiert. So kann man zum Beispiel mittels SWAT-Analyse den Ist- und Soll-Zustand feststellen. Folgende Fragen stehen dabei im Mittelpunkt:

- Was macht das Unternehmen für die relevante Zielgruppe attraktiv?
- Wie wird das Unternehmen als potentieller Arbeitgeber wahrgenommen?
- Wie schneidet das Unternehmen im Vergleich zur Konkurrenz ab?

Die Bestandsanalyse beinhaltet sowohl interne Einflussfaktoren (Unternehmensziele, -werte und Unternehmensmarken), sowie externe Einflussfaktoren wie Zielgruppen und Wettbewerber. Die Ergebnisse der Analyse werden im nächsten Schritt benötigt, um eine Strategie zu entwickeln.

Strategie

Im dritten Schritt geht es um den Aufbau der Arbeitgebermarke und dabei insbesondere um die Reduktion von Unsicherheit bezüglich der Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften. Hierbei legt man einerseits die Positionierung der Arbeitgebermarke fest, andererseits die dazu passende Kommunikationsstrategie.

„Da die Arbeitgebermarke sich aus der Unternehmensmarke ableitet, ist es erforderlich, bei der Entwicklung einer Arbeitgeberpositionierung die Unternehmenskultur sowie die Marke des Unternehmens selbst im Blick zu haben.“[57]

Positionierung

Die Positionierung der Arbeitgebermarke muss der Zielgruppe entsprechend geschehen. Dabei ist eine ganzheitliche Verknüpfung der Positionierung mit der Marke und Kultur des Unternehmens zu beachten. Ein ebenfalls ganzheitlicher Ansatz soll auch die Medien betreffend gewählt werden, indem man zum Beispiel so genannte Key-Visuals immer wieder in allen Medien auftauchen lässt.

Die wichtigsten Akteure des Arbeitsmarktes, zwischen denen eine Positionierung stattfinden muss, sind die relevante Zielgruppe, konkurrierende Arbeitgeber und das Unternehmen selbst. In Abbildung 8 ist sowohl die zu analysierende Ist-Positionierung, als auch die angestrebte Soll-Positionierung zu sehen. Da der Aufbau einer Arbeitgebermarke zeit- und kostenintensiv ist, muss die Positionierung langfristig erfolgen und immer wieder überprüft und angepasst werden. Die Positionierung einer Arbeitgebermarke bewegt sich, wie ebenfalls in Abbildung 9 zu sehen, stets zwischen den Erwartungen der Zielgruppe, dem zu markierenden Arbeitgeber, sowie konkurrierenden Arbeitgebern, um sich gegenüber diesen einen Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt zu sichern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Strategisches Dreieck zur Markenpositionierung (Quelle: Eigene Darstellung nach Bollwitt, 2010. S. 40)

Positionierungsfelder einer Employer Brand können zum Beispiel die Internationalität (Arbeiten in einer Fremdsprache, Auslandsreisen, Standortwechsel etc.), die Reputation des Unternehmens (bekannte Marken, großes Unternehmen, guter Ruf als Arbeitgeber etc.), Work-Life-Balance (Sabbaticals/Teilzeit, flexible Arbeitszeitgestaltung, Sportaktivitäten etc.), Entwicklungsperspektiven (Karriereplanung, Aufstiegsmöglichkeiten etc.) oder flache Hierarchien sein.[58]

Implementierung

Das entstandene Konzept der Positionierung der Employer Brand sollte nun in einen Maßnahmenplan umgeschrieben werden. Hierbei werden sowohl Medien und Kommunikationsmaßnahmen, HR-Maßnahmen, als auch Maßnahmen der Organisationsentwicklung beachtet, um die Arbeitgebermarke in der Unternehmenskultur und -organisation zu verankern. Dieser Maßnahmenplan kann nun umgesetzt werden.

Kontrollmaßnahmen

Nach der Implementierung und damit vollzogenen Operationalisierung der Employer Branding-Maßnahmen, folgt das so genannte Controlling. Dass hiermit nicht nur die Analyse der erfolgreichen oder gescheiterten Durchsetzung der Strategie gemeint ist und welche Prozessvorschläge es hierzu bereits gibt, soll in Kapitel 3.2 erläutert werden.

3 Einflussfaktoren der Gegenwart und Zukunft auf das Employer Branding

Employer Branding implementiert zwei Begriffe: Employer und Branding . Auf Grundlage dieser zwei Begriffe sollen im Folgenden die fünf Einflussfaktoren analysiert werden, die das Employer Branding in Gegenwart und Zukunft stark beeinflussen.

3.1 Employer – als Arbeitgeber Arbeitnehmer finden und binden

In diesem ersten Teil der Faktorenanalyse wird vor allem die Notwendigkeit der diesbezüglichen Aktivitäten von Arbeitgeberseite aus im Vordergrund stehen. Dabei werden die demografische Ausgangslage und die Veränderungen der Arbeitswelt im Fokus der Analyse stehen, um eine erste Einschätzung geben zu können, wie nötig Employer Branding in deutschen Unternehmen ist. Eine Herleitung dieser beiden Faktoren wurde bereits im ersten Kapitel dieser Arbeit ausführlich beschrieben.

a. Die demografische Ausgangslage in Deutschland

Annahmen zur Bevölkerungsentwicklung bis 2060

Um Aussagen über das Employer Branding der Zukunft treffen zu können, ist neben der Analyse der Arbeitsbedingungen die Betrachtung des Arbeitskräftepotenzials der kommenden Jahre in Deutschland essentiell. Dies soll auf Grundlage der Bevölkerungsvorausrechnungen des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden (Destatis) im folgenden Kapitel erfolgen.

Deutschland stehen laut aktueller Bevölkerungsvorausrechnung starke demografische Änderungen bevor. Die aktuellen Szenarien beruhen dabei auf der im Jahr 2015 vom Statistischen Bundesamt Wiesbaden veröffentlichten 13. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung. Diese Bevölkerungsvorausberechnung wurde nachträglich auf Basis der Daten vom 31.12.2015 aktualisiert und in einer neuen Variante im Jahr 2017 veröffentlicht (Variante 2-A).[59] Aktuellere Daten liegen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Arbeit nicht vor.

„Bevölkerungsvorausberechnungen zeigen, wie sich die Bevölkerungszahl und der Altersaufbau der Bevölkerung unter bestimmten Annahmen zur Entwicklung wesentlicher Komponenten der Bevölkerungsbewegung - Geburtenhäufigkeit, Sterblichkeit und Wanderungen - innerhalb eines festgelegten Zeithorizonts verändern.“[60]

Der Umfang und die Struktur der deutschen Bevölkerung werden durch die Ereignisse Fertilität, Mortalität und Migration fortlaufend verändert. Bei der seit fast drei Jahrzehnten konstanten deutschen Geburtenrate von rund 1,4 wird die elterliche Generation nur zu zwei Dritteln durch die Kinder ersetzt. Zudem sinkt seit mittlerweile 130 Jahren die Mortalität durch den anhaltenden Anstieg der Lebenserwartung (bei Männern um nunmehr 7, bei Frauen um 6 Jahre).[61] Je weiter jedoch die letzten Volkszählungen zurückliegen (in der Bevölkerungsvorausrechnung von 2015 stützt man sich beispielsweise auf den Zensus aus dem Jahr 2011), je ungenauer wird auch die Berechnung zur Fortschreibung von Zahl und Struktur der Bevölkerung. Da bei Lebenserwartung und Geburtenentwicklung keine sprunghaften Veränderungen zu erwarten sind, sind vor allem die Wanderungsannahmen von Bedeutung für die Berechnung der Bevölkerungsentwicklung. Es gibt somit verschiedene Szenarien, die durch unterschiedliche Wanderungsannahmen berechnet werden.

Seit 1993 hatte der Einwanderungssaldo in Deutschland nicht mehr ausgereicht, die negative Bevölkerungsentwicklung zu kompensieren.[62] „Die massiven Zuwanderungen 2014 und vor allem 2015 hat jedoch die Bevölkerung in ihrer Größe und Struktur verändert.“[63] Die aktuellen hohen Zuwanderungen in Deutschland[64] werden voraussichtlich kein Dauerzustand sein. Es wird jedoch noch einmal deutlich, dass die Vorausberechnung der Bevölkerungsentwicklung auf Annahmen beruhen, die sich widerum auf Daten der vorangegangenen Jahre stützen. Dementsprechend sind zukünftig sehr unterschiedliche Szenarien der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland möglich.

Nach aktuellen Berechnungen des statistischen Bundesamtes in der aktualisierten Fassung der 13. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wird die Gesamtbevölkerung Deutschlands von 82,2 Mio. im Jahr 2015 auf zwischen 73 Mio. (Variante 2: Basisjahr 2013) und 76,5 Mio. (Variante 2-A: Basisjahr 2015) bei stärkerer Zuwanderung) im Jahr 2030 zurückgehen (vgl. Abb. 9).[65]

Durch die starke Nettozuwanderung seit 2011 wurde zumindest der Bevölkerungsrückgang der Jahre 2003 bis 2011 unterbrochen. „Die grundsätzlichen Ursachen des Bevölkerungsrückgangs bestehen jedoch weiter fort und werden sich auf lange Sicht noch stärker als in der Vergangenheit auswirken.“[66]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Bevölkerungsentwicklung nach Ländergruppen. Varianten 2 und 2-A der 13. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechung im Vergleich in Millionen Personen. (Quelle: Statistisches Bundesamt, 2017. S. 6)

Auswirkungen auf das Arbeitskräftepotenzial

Das demografisches Szenario der 13. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung geht davon aus, dass der deutsche Arbeitsmarkt bis zum Jahr 2060 sowohl ein reduziertes als auch ein alterndes Arbeitskräftepotenzial abfangen muss.

Zwar ist ein deutlicher Rückgang der Arbeitslosenquote seit 1999 zu verzeichnen, jedoch ist die Gesamtbevölkerung in Deutschland seit 2003 rückläufig und bereits seit 1997 sinkt damit auch das Arbeitskräftepotenzial. Als Arbeitskräftepotential werden hierbei Personen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren bezeichnet.[67]

Im Jahr 2015 gab es 49,8 Mio. Menschen im erwerbsfähigen Alter in Deutschland. Ihre Zahl wird den Berechnungen zu Folge nach 2020 deutlich zurückgehen und bis 2030 etwa 45,9 Mio. betragen (vgl. Abb.10). Selbst mit der Annahme von stärkerer Zuwanderung (Variante 2-A) wird die Zahl der Erwerbstätigen ca. 39,6 Mio. Menschen im Jahr 2060 betragen.[68] Diese Entwicklung ist in den Flächenländern noch deutlicher als in den Stadtstaaten. Vor allen in den Flächenländern West wird nach den vorliegenden Berechnungen die Bevölkerung im erwerbstätigen Alter rapide sinken.

[...]


[1] https://www.stepstone.de/5/ergebnisliste.html?ke=unternehmenskommunikation&ws=BERLIN%20&ra=5&ob=refdate&suid=704b1ac3-1efa-4692-ae34-f5d601d2810b&an=sorting

[2] Sponheuer, S. 1

[3] Vgl. Sponheuer, S. 3

[4] Meffert et. Al., 2015. S. 3

[5] Meffert et. Al., 2015. S. 325

[6] Vgl. Meffert et. Al., 2015. S. 9f

[7] Krobath & Schmidt, 2010. S. 32

[8] Meffert et. al., 2015 . S. 10

[9] Meffert et. al., 2015 . S. 13

[10] Meffert et. al., 2015 . S. 15

[11] Vgl. Meffert et. al., 2015. S. 17

[12] Meffert et. al., 2015. S.18

[13] Meffert et. al., 2015. S. 306

[14] Vgl. Meffert et. al., 2015. S. 307

[15] Vgl. Meffert et. Al., S. 335

[16] Meffert et. Al., 2015. S. 330

[17] Meffert et. Al., 2015. S. 330

[18] Meffert et. Al., 2015. S. 331f

[19] Meffert et. Al., 2015. S. 332

[20] Meffert et. Al., 2015. S. 333

[21] Meffert et. Al., 2015. S. 334f

[22] Burmann & Piehler, 2013. S. 227

[23] Burmann & Piehler, 2013, S. 223

[24] Meffert, 2015. S. 9

[25] Meffert, 2015. S. 9

[26] Meffert, 2015. S. 9

[27] Sponheuer, S. 3

[28] http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/personal.html (26.04.2017; 14:33)

[29] Scherm & Süß, 2016. S. 6

[30] Lindner-Lohmann et. Al, 2016. S. 1

[31] Scherm & Süß, 2016. S. 3ff

[32] Lindner-Lohmann et. Al, 2016. S. 2ff

[33] Lindner-Lohmann et. Al, 2016. S. 5f

[34] Den Begriff „War for Talents“ prägten die McKinsey Mitarbeiter Michaels, Handfield-Jones und Axelrod in ihrem 2001 veröffentlichten, gleichnamigen Buch. Während einer Untersuchung war ihnen aufgefallen, dass es weniger „(…) the HR-process that makes the difference (…)“ denn „(…) the importance of talent mindset“ war, denn Unternehmen, die einen „(…)fundamental belief in the importance of talent (…)“ hatten und die Rekrutierung nutzen, um ihre „(…) talent pools (…)“ zu füllen , waren in der Rekrutierung erfolgreicher, als diejenigen, die lediglich Arbeitskräfte suchten. Das Wort talent bezeichnet dabei „(…) the sum of person´s abilities (…)“.) (Quelle: Michaels, Ed & Handfield-Jones, Helen & Axelrod, Beth: The War for Talent. Boston, 2001.)

[35] Troger, 2016. Seite XI ff

[36] Lindner-Lohmann et. Al., 2016. S. XI

[37] Bruch & Schuler, 2017. Freiburg, 2016. S. 22f

[38] Bruhn & Batt, 2015. S. 540

[39] Bruhn & Batt, 2015. S. 540

[40] Vgl. Bruhn & Batt, 2015. S. 540; sowie eigene Recherche

[41] Bruhn & Batt, 2015. S. 539

[42] Poppenburg, Mark im Interview mit Henner Knabenreich. Im Netz: www.knabenreich-consult.de/blog/2012/01/22/ist-die-arbeitgebermarke-nur-fassade-mark-poppenborg-zu-verfehltem-employer-branding-und-work-life-balance/ (am 07.04.2014; 14:18 Uhr)

[43] Vgl. Ambler & Barrow, 1996. S. 185–206

[44] Vgl. Bollwitt, Björn: Herausforderung demographischer Wandel: Employer Branding als Chance für die Personalrekrutierung. Hamburg, 2010. S. 36

[45] Ambler & Barrow, 1996. S. 204

[46] Bollwitt, 2010. S. 35

[47] Büttgen & Kissel, 2013. S. 109

[48] http://www.employerbranding.org/employerbranding.php (am 09.10.2013; 10:34Uhr)

[49] Vgl. Büttgen & Kissel, 2013. S. 109

[50] Vgl. Büttgen & Kissel, 2013. S. 109f

[51] Vgl. Geiger, & Wagner, 2011. S. 329

[52] Geiger et al., 2011. S. 328

[53] Vgl. Geiger et al., 2011. S. 328 und www.employerbranding.org/wirkungsfelder.php (am 04.04.2014; 12:41 Uhr)

[54] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 2012. S. 2f

[55] Rose, 2013. S. 63

[56] Vgl. Rose, 2013. S. 63

[57] Bernauer et, Al, 2011. S. 24

[58] Vgl. Bollwitt, 2010. S. 42

[59] https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Bevoelkerungsvorausberechnung/AktualisierungBevoelkerungsvorausberechnung.html;jsessionid=D10F64578634F7CEE5814DA671EC9AD7.InternetLive2 (am 10.01.2018; 11:53Uhr)

[60] https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Methoden/Bevoelkerungsvorausberechnung.html (am 19.01.2015; 10:00Uhr)

[61] Vgl. Statistisches Bundesamt, 2015. S. 5ff

[62] Vgl. Bollwitt, 2010. S. 13

[63] Vgl. Statistisches Bundesamt, 2017. S. 3

[64] Die Zahl der Asyl(erst)anträge ist bspw. von 109.580 im Jahr 2013 auf 722.370 im Jahr 2016 gestiegen.

[65] Vgl. Statistisches Bundesamt, 2017. S. 6

[66] Statistisches Bundesamt, 2015. S.15

[67] Vgl. Bundesministerium des Innern, 2011. S. 101

[68] Statistisches Bundesamt, 2015. S.20

Final del extracto de 126 páginas

Detalles

Título
Employer Branding und Kontrollverlust in Sozialen Medien
Universidad
Humboldt-University of Berlin  (Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft, Fachgebiet Medienwissenschaft)
Autor
Año
2017
Páginas
126
No. de catálogo
V417998
ISBN (Ebook)
9783668673137
ISBN (Libro)
9783668673144
Tamaño de fichero
3610 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Social Media, Employer Branding, Arbeitgeberattraktivität, Controlling-System
Citar trabajo
Lydia Stübler (Autor), 2017, Employer Branding und Kontrollverlust in Sozialen Medien, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/417998

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