Seit Ende des 18. Jahrhunderts, spätestens seit Anfang des 19. Jahrhunderts, entwickelte sich in Mittel-und Westeuropa ein „rassisches Denken“, durch das die verschiedenen Menschen der Erde in „Rassen“ eingeteilt wurden. Neu war dies freilich nicht, fanden sich doch schon bei Aristoteles ähnliche Elemente wie in den Rassentheorien des 19. Jahrhunderts.
Das „rassische Denken“ erreichte nun aber eine neue Dimension. Dieses war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nur in einzelnen Fragmenten und Ansätzen vorhanden. Es existierte bis zu diesem Zeitpunkt keine allumfassende Theorie, keine Rassentheorie, in der die verschiedenen Vorstellungen und „Kenntnisse“ über „Rassen“ zusammengefaßt und „wissenschaftlich“ begründet waren. Solch eine Theorie wurde erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts von Joseph Arthur Graf von Gobineau entworfen.
In dieser Theorie trat als eine Art Rassenphilosophie zum ersten Mal klar hervor, was bei Ernst Moritz Arndt und „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn noch unklar angedeutet war: Der biologische Materialismus verkündete die völlige Abhängigkeit des Menschen von seinen Erbanlagen und damit in letzter Konsequenz seine Willensunfreiheit.
Joseph Arthur Graf von Gobineau wurde am 14. Juli 1816 in Ville d’Avray bei Paris geboren und verstarb am 13. Oktober 1882 in Turin. Seit 1877 lebte er zurückgezogen und widmete sich ausschließlich seiner schriftstellerischen Arbeit. Diese umfaßte neben seinem ‚Rassenwerk‘ „Essai sur l’inégalité des races hu-maines“ orientalische Studien, kulturgeschichtliche Darstellungen und eine Reihe schöngeistiger Schriften.
Gobineau gehörte dem Kreis um Richard Wagner an. Mit seiner Abhandlung „Essai sur l’inégalité des races humaines“, in der er die Gleichwertigkeit der Menschen verschiedener „Rassen“ leugnete und die Überlegenheit der „arischen Rasse“ demonstrieren wollte, übte er auf Richard Wagner, Houston Stewart Chamberlain, Friedrich Nietzsche und die imperialistische Bewegung, die auch im Zusammenhang mit der Theorie des Sozialdarwinismus zu sehen ist, entscheidenden Einfluß aus. Des weiteren lieferte er mit seiner Abhandlung Argumente für den Rassenfanatismus des Nationalsozialismus. In den „Gestalten der Renaissance“ sah er den Ausnahmemenschen, den er verherrlichte, verkörpert. Mit dieser Verherrlichung nahm er Nietzsches Vorstellung vom Übermenschen vorweg.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Aufbau der Arbeit
- 2. Verwendete Literatur und aktueller Forschungsstand
- 3. Problematik des Rassenbegriffs
- 3.1. Herleitung des Rassenbegriffs
- 3.2. Biologischer und soziologischer Rassenbegriff
- 3.3. Herausbildung der Anthropologie bis Gobineau
- 3.4. Entwicklung der anthropologischen Methoden bis Gobineau
- 3.5. Lamarckismus und Darwinismus
- 3.6. Bildung von Rassenhierarchien bis Gobineau
- 4. Rassenkonflikte, Rassismus und Rassentheorien
- 4.1. Einige Ausführungen zum Rassismus
- 4.2. Euroamerikanischer Rassismus im Kontext des arischen Mythos
- 4.3. Rassenkonflikte - In Wahrheit nur Gesellschaftskonflikte?
- 4.4. Funktionen von Rassentheorien
- 5. Historische Betrachtung der Entwicklung bis Gobineau
- 5.1. Allgemeine Vorbemerkungen
- 5.2. Geschichte des Rassismus bis Gobineau
- 5.3. Entwicklung der Rassenkonzepte bis Gobineau
- 5.4. Entwicklung der Rassentheorien bis Gobineau
- 6. Zusammenfassung
- 7. Die Rassentheorie Gobineaus
- 7.1. Allgemeines und Aufbau des „Essais“
- 7.2. Ausführungen Gobineaus zu den „Hauptrassen“
- 7.3. Ausführungen Gobineaus zur Rassenvermischung
- 7.4. Ausführungen Gobineaus zur Degeneration
- 7.5. Zu den positiven Aspekten der Rassenvermischung
- 7.6. Ausführungen zu der Ungleichheit der „Menschenrassen“
- 7.7. Ausführungen Gobineaus zu den verschiedenen „Rassen“
- 7.8. Zur Rassenvermischung und zum Niedergang der Zivilisationen
- 8. Wissenschaftlichkeit, Fatalismus und Pessimismus des „Essais“
- 9. Wirkung des „Essais“ und seine Beurteilung in der Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Rassentheorie Joseph Arthur de Gobineaus, eingebunden in ihren historischen Kontext und unter Berücksichtigung der Vorläufer und Nachwirkungen. Ziel ist es, die Theorie selbst kritisch zu untersuchen und ihren Einfluss auf spätere rassistische Ideologien aufzuzeigen.
- Entwicklung des Rassenbegriffs vor Gobineau
- Gobineaus „Essai sur l'inégalité des races humaines“: Inhalt und Argumentation
- Der Einfluss von Gobineaus Theorie auf spätere Denkströmungen
- Wissenschaftlichkeit und ideologischer Gehalt der Theorie
- Die Rolle von Rassismus und Rassenkonflikten in der Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des „rassischen Denkens“ ein und beschreibt den Stellenwert von Gobineaus Theorie in diesem Kontext. Sie hebt die Bedeutung von Gobineaus Werk als erste umfassende Rassentheorie hervor und skizziert kurz den Inhalt und die Zielsetzung der Arbeit.
3. Problematik des Rassenbegriffs: Dieses Kapitel untersucht den Rassenbegriff umfassend. Es beleuchtet dessen historische Entwicklung, die unterschiedlichen biologischen und soziologischen Interpretationen und die Rolle der Anthropologie. Weiterhin wird der Einfluss des Lamarckismus und Darwinismus auf die Entstehung von Rassenhierarchien behandelt, wobei die methodischen Ansätze der Anthropologie bis hin zu Gobineau kritisch beleuchtet werden.
4. Rassenkonflikte, Rassismus und Rassentheorien: Das Kapitel analysiert Rassismus in seinen verschiedenen Ausprägungen, insbesondere den euroamerikanischen Rassismus im Kontext des arischen Mythos. Es hinterfragt den Zusammenhang zwischen Rassenkonflikten und gesellschaftlichen Konflikten und untersucht die Funktionen von Rassentheorien in der Gesellschaft. Es bietet eine differenzierte Betrachtung der komplexen Wechselwirkungen von biologischen, sozialen und politischen Faktoren, die zum Rassismus beitragen.
5. Historische Betrachtung der Entwicklung bis Gobineau: Dieses Kapitel bietet eine umfassende historische Analyse der Entwicklung von Rassismus und Rassenkonzepten bis zur Zeit Gobineaus. Es beleuchtet die historischen Vorläufer und den Kontext, in dem Gobineaus Theorie entstand. Der Fokus liegt auf der Entwicklung rassistischer Denkweisen und ihrer Verankerung in gesellschaftlichen Strukturen und ideologischen Strömungen.
7. Die Rassentheorie Gobineaus: Dieses Kapitel beschreibt detailliert den Aufbau und die Argumentation von Gobineaus „Essai“. Es analysiert Gobineaus Konzepte der „Hauptrassen“, der Rassenvermischung und der Degeneration, einschließlich der von ihm genannten positiven Aspekte der Rassenvermischung. Dabei wird auch die von Gobineau postulierte Ungleichheit der „Menschenrassen“ und deren Auswirkungen auf den Aufstieg und Fall von Zivilisationen untersucht.
8. Wissenschaftlichkeit, Fatalismus und Pessimismus des „Essais“: Das Kapitel bewertet die wissenschaftliche Fundiertheit von Gobineaus Theorie und analysiert deren fatalistischen und pessimistischen Unterton. Es untersucht die methodischen Schwächen und die ideologischen Implikationen der Theorie und setzt sie in Beziehung zu den damaligen wissenschaftlichen Diskursen.
Schlüsselwörter
Rassentheorie, Gobineau, Rassismus, Rassenkonflikt, Anthropologie, Lamarckismus, Darwinismus, arischer Mythos, Sozialdarwinismus, Rassenhierarchie, „Essai sur l'inégalité des races humaines“, Degeneration, Rassenvermischung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse der Rassentheorie Gobineaus
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Rassentheorie von Joseph Arthur de Gobineau, eingebettet in ihren historischen Kontext und unter Berücksichtigung ihrer Vorläufer und Nachwirkungen. Sie untersucht Gobineaus Theorie kritisch und beleuchtet ihren Einfluss auf spätere rassistische Ideologien. Die Arbeit beinhaltet eine Einleitung, eine detaillierte Analyse des Rassenbegriffs, eine Betrachtung von Rassenkonflikten und Rassismus, eine historische Entwicklung bis hin zu Gobineau, eine umfassende Darstellung von Gobineaus "Essai sur l'inégalité des races humaines", eine Bewertung der Wissenschaftlichkeit und des ideologischen Gehalts der Theorie sowie eine Zusammenfassung und Schlussfolgerungen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung des Rassenbegriffs vor Gobineau, den Inhalt und die Argumentation von Gobineaus "Essai", den Einfluss seiner Theorie auf spätere Denkströmungen, die Wissenschaftlichkeit und den ideologischen Gehalt seiner Theorie, sowie die Rolle von Rassismus und Rassenkonflikten in der Geschichte. Besondere Aufmerksamkeit wird der Problematik des Rassenbegriffs, der Entstehung von Rassenhierarchien, dem Einfluss von Lamarckismus und Darwinismus und dem euroamerikanischen Rassismus im Kontext des arischen Mythos gewidmet.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel: Einleitung, Aufbau der Arbeit, verwendete Literatur und aktueller Forschungsstand, Problematik des Rassenbegriffs (inkl. Unterkapitel zur Herleitung des Begriffs, biologischen und soziologischen Aspekten, anthropologischen Methoden bis Gobineau, Lamarckismus und Darwinismus sowie der Bildung von Rassenhierarchien), Rassenkonflikte, Rassismus und Rassentheorien, historische Betrachtung der Entwicklung bis Gobineau, Zusammenfassung, Die Rassentheorie Gobineaus (mit detaillierten Unterkapiteln zu den Hauptrassen, Rassenvermischung, Degeneration etc.), Wissenschaftlichkeit, Fatalismus und Pessimismus des "Essais" und Wirkung des "Essais" und seine Beurteilung in der Literatur.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist die kritische Untersuchung von Gobineaus Rassentheorie und die Aufdeckung ihres Einflusses auf spätere rassistische Ideologien. Sie zielt darauf ab, die Theorie in ihrem historischen Kontext zu verorten und ihre wissenschaftlichen und ideologischen Aspekte zu analysieren.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Rassentheorie, Gobineau, Rassismus, Rassenkonflikt, Anthropologie, Lamarckismus, Darwinismus, arischer Mythos, Sozialdarwinismus, Rassenhierarchie, „Essai sur l'inégalité des races humaines“, Degeneration, Rassenvermischung.
Wie ist der Aufbau der Arbeit?
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung und einem Überblick über den Aufbau und die verwendeten Quellen. Es folgt eine detaillierte Analyse des Rassenbegriffs und seiner historischen Entwicklung. Danach wird Gobineaus Theorie im Detail untersucht, einschließlich ihrer wissenschaftlichen und ideologischen Aspekte. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einer Bewertung des Einflusses von Gobineaus Werk.
Welche Methoden werden verwendet?
Die Arbeit verwendet eine historisch-kritische Methode, um Gobineaus Theorie zu analysieren. Sie untersucht den historischen Kontext, in dem die Theorie entstanden ist, und beleuchtet die wissenschaftlichen und ideologischen Einflüsse. Die Arbeit analysiert die Argumentation Gobineaus und bewertet deren wissenschaftliche Fundiertheit.
- Citation du texte
- Oliver Trey (Auteur), 1998, Die Rassentheorie des Grafen Joseph Arthur de Gobineau. Eine Analyse des 'Essais', seiner Vorläufer und seiner Folgen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41817