Um die beiden Texte "Der Verbrecher aus verlorener Ehre" und die "Lebens-Geschichte Fridrich Schwans" vergleichend zu betrachten, ist es zunächst wichtig, sie auf ihre Entstehungsgeschichte zu untersuchen und das Verhältnis zwischen Jacob Friedrich Abel und Friedrich Schiller näher zu beleuchten. Da Schillers Erzählung vermutlich vor Abels Bericht entstand, interpretiere ich die indirekten Hinrichtungsszenen in "Der Verbrecher aus verlorener Ehre" zuerst, obwohl die Chronologie bis heute nicht genau festgelegt werden kann.
Es lässt sich im direkten Vergleich der beiden Erzählungen feststellen, dass sehr verschiedene Autorenintentionen vorgelegen haben. Während Abel ganz im Aufklärungsgedanken die moralische Entwicklung und spätere Läuterung eines Verbrechers darstellen will, versucht Schiller die psychologischen Hintergründe begreiflich zu machen, wie bereits in seinem Vorwort deutlich wird: „An seinen Gedanken liegt uns unendlich mehr als an seinen Taten, und weit mehr an den Quellen seiner Gedanken als an den Folgen jener Taten.“1 Dieser Gedanke ist bezeichnend für die Wende des 18. zum 19.Jahrhundert, in der „an Stelle der Tat die Täterinnen und Täter in das Zentrum des Interesses“ rückten.2 Trotzdem ist Schillers Der Verbrecher aus verlorener Ehre vielschichtiger und beinhaltet weitere Aspekte außer dem seelenkundlerischen Interesse des Autors. Man kann Schillers gesellschaftspolitische Einstellung erkennen, der von der „Aussöhnung des Gesetzes mit seinem Beleidiger“3 und dem „sanften Geist der Duldung“4 redet, „ohne welchen kein Flüchtling zurückkehrt“. Schiller geht es hier vor allem um den humanistischen Gedanken, welchen er mit seiner Erzählung stützen will, und selbst ein Mörder ist für ihn nicht ausgeschlossen von dieser Aussöhnung. Der „Verbrecher“ ist nicht wie bei Abel mit guten und negativen Charaktereigenschaften ausgestattet, von denen die schlechten so übermächtig sind, dass er aus Wut und Jähzorn unbeherrschte Dinge tut, er ist vielmehr Produkt seiner Umgebung, in der er keine Akzeptanz oder Anerkennung findet. Seine Anlagen geben keinen Grund ihn zum Verbrecher disponiert zu sehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entstehungsgeschichte
- Schillers „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“
- Brandmarkung und Festung
- Wolf begeht Mord an seinem Nebenbuhler Robert
- Amtliche Hinrichtung
- Abels „Lebens-Geschichte Fridrich Schwans“
- Schwans Hinrichtung
- Vergleichende Analyse
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text setzt sich zum Ziel, die Hinrichtungsszenen in Friedrich Schillers „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ und Jacob Friedrich Abels „Lebens-Geschichte Fridrich Schwans“ vergleichend zu analysieren. Der Fokus liegt dabei auf den Entstehungsgeschichten der beiden Werke und der Darstellung der Hinrichtungen im Kontext der Aufklärung und des 18. Jahrhunderts.
- Vergleichende Analyse der Hinrichtungsszenen in den beiden Werken
- Die Rolle der Aufklärung in der Darstellung von Verbrechen und Strafe
- Die psychologischen Hintergründe und Motivationen der Protagonisten
- Die Bedeutung des sozialen und gesellschaftlichen Kontextes für die Entwicklung der Figuren
- Die Unterschiede in den Autorenintentionen von Schiller und Abel
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Notwendigkeit der Untersuchung der Entstehungsgeschichte der beiden Werke und das Verhältnis zwischen Abel und Schiller. Es wird deutlich, dass Schillers Erzählung vermutlich vor Abels Bericht entstand, jedoch die Chronologie nicht genau feststellbar ist.
Das Kapitel „Entstehungsgeschichte“ beleuchtet die Beziehung zwischen Schiller und Abel, die beide als Lehrer an der Akademie „Militairische Pflanz-Schule“ tätig waren. Abel illustrierte seine Lehrtheorien mit Literatur, insbesondere Shakespeare, und beide gaben später das Journal „Wirtembergisches Repertorium der Litteratur“ heraus.
Das Kapitel „Schillers „Der Verbrecher aus verlorener Ehre““ behandelt die Hinrichtungsszenen in Schillers Werk. Es werden die Motive für Wolfs Verhaftung, seine Haftbedingungen und die Auswirkungen auf seine Psyche beleuchtet. Die Gefängnisstrafe wird als ein wichtiger Faktor für Wolfs weitere negative Entwicklung dargestellt.
Das Kapitel „Abels „Lebens-Geschichte Fridrich Schwans““ analysiert die Darstellung von Schwans Hinrichtung im Kontext der Aufklärung. Abels Bericht zeigt die moralische Entwicklung eines Verbrechers und seine spätere Läuterung.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieses Textes sind: Hinrichtung, Vergleichende Analyse, „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“, „Lebens-Geschichte Fridrich Schwans“, Schiller, Abel, Aufklärung, Moral, Strafe, Psychologie, Gesellschaft, Sozialer Kontext, Autorenintentionen.
- Quote paper
- Christine Stark (Author), 2002, Vergleichende Interpretation der Hinrichtungsszenen in Friedrich Schillers 'Der Verbrecher aus verlorener Ehre' und Jacob Friedrich Abels 'Lebens-Geschichte Fridrich Schwans', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41926