Regionalmacht Australien. Hegemonie, Empire oder Leadership?

Regionale Dynamiken in Ozeanien


Term Paper, 2015

23 Pages, Grade: 2,0

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung – Einstieg in die Thematik

2. Erläuterung des historischen Kontextes und Stellung in der Region

3. Erläuterung der Theorie

4. Differenzierung zwischen Hegemonie, Empire und Leadership

5. Einordnung Australiens

6. Résumé und Ausblick

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung – Einstieg in die Thematik

Meine Hausarbeit soll die regionale Führungsrolle Australiens problematisieren und diese anhand der Definition von Detlef Nolte einordnen. Das Erkenntnisinteresse soll in erster Linie darin bestehen, das Machtgefüge Australiens und um Australien herum darzustellen und mögliche Auswirkungen auf die Region offen zu legen. Welche Probleme historischer oder aktueller Art eine Rolle spielen und wie die Entwicklung für die Zukunft aussehen könnte.

Kern der Arbeit wird es sein, den Unterschied zwischen Hegemonie, Empire und Leadership zu klären und anschließend Kriterien gestützt anhand der Theorie Australien einzuordnen. Es handelt sich hierbei um die Hegemonietheorie der Internationalen Beziehungen nach Dr. Sandra Destradi, einer renomierten Politikwissenschaftlerin an der Universität Hamburg. „Ihre Forschungsinteressen umfassen die Rolle der aufstrebenden Mächte in der internationalen Politik; Regionalmächte und regionale Sicherheit; Eingriffe Dritter und Mediation in innerstaatlichen Konflikten; und Außenund Sicherheitspolitik Indiens sowie die internationalen Beziehungen in Südasien.“ (European University Institut (EUI) 2015)

2. Erläuterung des historischen Kontextes und Stellung in der Region

Bei Australien oder dem „Commonwealth of Australia“ (Baringhorst 2010: 24) handelt es sich um einen Staat mit britischer Kolonialgeschichte. Anders als in den USA, wurde dieser nicht durch einen Unabhängigkeitskrieg gegründet, sondern viel mehr 1901 durch das britische Parlament. (vgl. Firth 2005: 23ff) Dieser australische Bund sollte fortan aus den Kolonien New South Wales, Victoria, Queensland, Western Australia, South Australia und Tasmanien bestehen. In den Jahren vor 1901 war Australien im Wesentlichen eine Art Gefängnis für das britische Empire. Beispielsweise wurden im Zeitraum zwischen 1788 und 1886 etwa 164.000 unerwünschte Personen dorthin verbannt. Durch weltweite Immigration zählt Australien aktuell etwa 23,6 Millionen Einwohner, mit der Besonderheit, dass sich diese „fast zur Hälfte im Ausland geborenen und deren Kindern“ zusammensetzt. (Bundeszentrale für politische Bildung: 2010) Bis heute ist Australien eine parlamentarisch-demokratische Monarchie mit einem zwei Kammernsystem, dessen Oberhaupt der König bzw. die Königin des Vereinigten Königreiches ist. Obwohl die australische Verfassung noch von britischer Seite verabschiedet wurde und den Zusammenschluss Australiens besiegelte, gilt diese für die damalige Zeit als erstaunlich liberal. Unter anderem war das Frauenwahlrecht von Anfang an integriert. Allerdings blieben die Aborigines, die Ureinwohner Australiens rechtlos. Erster Premierminister war Edmund Barton und als Hauptstadt fungierte zunächst Melbourne, welches später durch Canberra abgelöst wurde. Die sechs genannten Bundestaaten genießen innenpolitische Unabhängigkeit mit einem eigenen Gouverneur.

Die eigentliche „Geburt der Nation“ fand jedoch mit der „Niederlage der First Australien Imperial Force in der Schlacht von Gallipoli“ (Baringhorst 2010: 23) im Jahre 1916 statt. Durch diesen ersten militärischen Einsatz entwickelte sich ein australisches Nationalbewusstsein. Oft wird dies auch als sog. „Bluttaufe“ (Baringhorst 2010: 25) bezeichnet.

Australien ist nicht nur flächenmäßig die größte Nation in Ozeanien, sondern auch im Bezug auf die militärische und wirtschaftliche Stärke. So hatte Australien beispielsweise im Jahre 2013 eine Bruttoinlandprodukt von 998 Milliarden US-Dollar. Neuseeland gerade einmal 136 und Papua-Neuguinea 20 Milliarden US-Dollar. (vgl. CIA World Factbook 2015) Die Australische Wirtschaft wird vor allem durch den Dienstleistungssektor dominiert. Im Jahre 2005 waren dies ca. 80 Prozent der Bruttoinlandproduktes. Der Rest setzt sich aus 18,3 Prozent Finanzwesen, Immobilien und Unternehmensdienstleistungen, 11 Prozent verarbeitende Industrie, 6,4 Prozent Bauwirtschaft, 4,2 Prozent Bergbau sowie 2,9 Prozent Landwirtschaft und 2,2 Prozent Strom-, Gasund Wasserversorgung zusammen. (vgl. Baringhorst 2010: 27)

Die Streitkräfte Australiens bestehen aus rund 60.000 Soldaten mit einem Budget von 26 Milliarden australischen Dollar, was in etwa 16 Milliarden Euro entsprechen.

Australiens wichtigste Handelspartner sind Japan, die USA und China. In Ozeanien selber ist nur Neuseeland nennenswert. Die anderen ozeanischen Staaten haben einen Warenhandelswert deutlich unter 8 Milliarden australischer Dollar und werden bei Baringhorst nicht mehr aufgeführt. (vgl. Baringhorst 28)

Nicht nur wirtschaftlich ist Australien zu einem wichtigen Partner in der Region gewachsen, sondern auch außenund sicherheitspolitisch. So bestand lange Zeit ein Spannungsverhältnis zwischen „absoluter Loyalität zu den USA und der Intensivierung der Beziehungen zu den ostund südostasiatischen Ländern.“ (Baringhorst 2010: 38) Australien fungiert nun als Mittelmacht zwischen Asien und den USA.

Im ozeanischen Raum selbst muss man daher von starken asymmetrischen Machtverhältnissen sprechen, welche sich, wie bereits erwähnt durch starke wirtschaftlich, militärische und flächenmäßige Unterschiede manifestieren. Andreas Holz stuft Australiens Rolle in seinem Text „Australiens Rolle als regionale Führungsmacht im Pazifik“ als zunächst „überwiegend kooperativen und mitfühlenden Hegemon ein“. (Holtz 2011: 162) Doch diese Rolle änderte sich maßgeblich nach 9/11 und der Beteiligung Australiens am so genannten „War against Terrorism“. Eine Folge dieser Ereignisse war vor allem die Formulierung des „Responsibility to Protect“-Reports, welche es u.a. Australien ermöglichte, von einer bisher verfolgten „hands off approach“ zu einer „hands-on approach“ zu wechseln. (Holtz 2011: 163) Australien war nun im Stande, öfter legitimiert in andere Staaten zu intervenieren. Bei dem Report handelt es sich um eine festgelegte Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft, welche bei Staatsversagen oder zum Schutz der eigenen Bevölkerung greift. Hauptelemente dieser Responsibility to Protect oder auch R2P genannt, sind die Pflicht zur Prävention (Responsibility to Prevent), die Pflicht zur Reaktion (Responsibility to React) und die Pflicht zum Wiederaufbau (Responsibility to Rebuild). Aus diesen Pflichten kann nun bei von den Vereinten Nationen festgestellter Notlage ein UN Mandat für eine sogenannte humanitäre Intervention (HI) erteilt werden. Dabei geht es um das Eingreifen eines oder mehrerer Staaten in das Hoheitsgebiet eines anderen mit dem Ziel, eine Minderheit, beziehungsweise die Bevölkerung vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen, ohne dabei ein Eigeninteresse zu verfolgen. Wichtig ist, dass eine humanitäre Intervention unabhängig von Erfolg oder Misserfolg gegeben ist.

In der Region selber sind die Staaten vor allem durch das „Pacific Island Forum“ (PIF) organisiert, welches zunächst „unter dem Namen South Pacific Forum (SPF) am 17. April 1971 in Apia (Samoa)“ (Gieler 2010: 273) gegründet wurde. Es umfasst 16 Mitgliedstaaten darunter Australien, Cookinseln, Fidschi, Kiribati, Marshallinseln, Föderierte Staaten von Mikronesien, Nauru, Neuseeland, Niue, Palau, Papua-Neuguinea, Salomonen, Samoa, Tonga, Tuvalu und Vanuatu. Das Forum tagt jährlich und bietet einen offenen Diskussionsraum ohne festgelegte Zieldimensionen. Zwei weitere wichtige Organisationen sind die Association of South East Asian Nations (ASEAN) sowie der Ostasiengipfel (East Asia Summit, EAS). Bei der sogenannten ASEAN handelt es sich um einen Verbund südostasiatischer Staaten, welcher 1967 gegründet wurde. Der Ostasiengipfel fand erstmalig im Jahre 2005 statt und bietet eine wesentliche Plattform für den politischen Austausch verschiedenster Länder aus der Region und darüber hinaus.

3. Erläuterung der Theorie

Die Hegemonietheorie des Fachbereichs der Internationalen Beziehungen lässt sich zurückführen auf die „Theorie der Hegemonialen Stabilität“ (THS). Dabei handelte es sich nicht um eine geschlossene Theorie, sondern vielmehr um eine Debatte, welche in den 1970er/80er Jahren ihren Ursprung hatte. (vgl. Robel 2001: 2ff) Der Diskurs beschäftigte sich überwiegend mit dem „Zustandekommen von institutionalisierter Kooperation zwischen rational-egoistischen Akteuren“, welche von „der Existenz eines dominanten und führenden Staates im internationalen System abhängig sind“ (Robel 2001: 3)

Stefan Robel betont, dass bereits 1929 der Ökonom und Finanzhistoriker Charles P. Kindleberger erste Überlegungen formulierte, nach denen eine Super-Macht die weltweite Wirtschaft zu stabilisieren habe. Die demnach wichtigsten Punkte der „Theorie der Hegemoniealen Stabilität“ sind: „Das Begreifen der internationalen Ordnung als öffentliches Gut, die unmittelbare Verknüpfung des Niedergangs von Ordnung im internationalen System mit dem Abstieg des einen Hegemonen und die Schlussfolgerung der Instabilität hegemonialer Systeme auf längere Sicht.“ (Robel 2001: 5) Auch die neorealistische Version der THS geht von einem Hegemon aus, dessen Aufgabe es ist, für den Erhalt und die Stabilität der Weltwirtschaft zu sorgen. Anders jedoch als bei Kindleberger sind für den Neorealisten nicht die Folgen des Führungsverlustes von primärem Interesse, sondern die Frage nach den Gründen für den Niedergang des Hegemonen. (vgl. Robel 2001: 6) Typischerweise wird auch der Staat nicht als Kollektiv angesehen, sondern als Individuum personifiziert. Des Weiteren geht Gilpins, Vertreter der neorealistischen Theorie, von einem Aufund Abstieg der hegemonialen Mächte aus. Es entstehe eine Art Zyklus, nachdem die Kosten des jeweiligen Hegemons den persönlichen Nutzen auf Dauer übersteigen und andere Staaten profitieren und so eine Vormachtstellung erhalten könnten.

Diese Theorie, die in erster Linie durch Robert O. Keohane bekannt wurde, bildet im Wesentlichen auch das Fundament für die theoretisch orientierte IB-Forschung der heutigen Zeit. Bei Keohane handelt es sich um einen der bedeutendsten zeitgenössischen Politikwissenschaftler für die internationalen Beziehungen. Als Namesgeber der THS beschäftigt sich Keohane nicht mit den Folgen oder den Gründen des Niedergangs eines Hegemon. Sein Hauptinteresse besteht in der Suche nach einer Lösung für die Zeit, nach eben diesem Niedergang. Er sieht vor allem Chancen in einer Kooperation zwischen fortschrittlichen kapitalistischen Staaten. (vgl. Robel 2001: 9)

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Details

Title
Regionalmacht Australien. Hegemonie, Empire oder Leadership?
Subtitle
Regionale Dynamiken in Ozeanien
College
University of Duisburg-Essen
Grade
2,0
Year
2015
Pages
23
Catalog Number
V419467
ISBN (eBook)
9783668682900
ISBN (Book)
9783668682917
File size
835 KB
Language
German
Keywords
Australien, Ozeanien, Regionale Dynamiken, Regionalmacht, Hegemonie, Empire, Leadership, Internationale Beziehungen
Quote paper
Anonymous, 2015, Regionalmacht Australien. Hegemonie, Empire oder Leadership?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/419467

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