Die unterschiedliche Komposition der beiden Dekalogfassungen im Alten Testament


Seminararbeit, 2004

12 Seiten, Note: Gut (2)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Einführung in das Thema

2. Die beiden Dekalogfassungen im AT im direkten Vergleich

3. Die unterschiedliche Zählung der Gebote in den beiden Fassungen und deren Gründe

4. Die unterschiedliche Zählung der Gebote in den Katechismen
4.1 Jüdisch traditionell
4.2 Orthodox, reformiert, anglikanisch
4.2 Katholisch und lutherisch

5. Abschließende Bemerkungen und Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung und Einführung in das Thema

Der Dekalog und seine Wirkungsgeschichte hatte, hat und wird eine große Bedeutung für sehr viele Menschen haben. Vielleicht war ich deshalb so fasziniert von der für mich im Proseminar zum ersten Mal erschlossenen Tatsache, dass die beiden im Alten Testament zu findenden Dekalogfassungen nicht nur einige inhaltliche Differenzen aufweisen, sondern auch unterschiedliche Zählweisen der einzelnen Gebote nahe legen. Deshalb möchte ich in dieser Arbeit zunächst auf die beiden Versionen und ihre Unterschiede, speziell die implizit angelegten Zählungen mit ihren Begründungen und theologischen Konsequenzen eingehen und in einem knapper gestalteten Teil auch die verschiedene Zählung der „zehn Worte“ in den Katechismen der jüdischen sowie christlichen Religion erläutern. Wenn ich im Folgenden von der „ersten Version“ für die Exodus-Fassung bzw. der „zweiten Version“ für die Fassung des Deuteronomium sprechen werden, so soll damit keinesfalls eine Theorie über die Entstehung der Ex-Version vor der Dtn-Version gemeint sein; diese Bezeichnungen beziehen sich lediglich auf die heutige Stellung der beiden Dekalogversionen innerhalb des Alten Testaments und hier speziell des Pentateuch.

2. Die beiden Dekalogfassungen im AT im direkten Vergleich

In der Literatur wird weitgehend übereinstimmend festgestellt, dass die beiden Versionen des Dekalogs sehr ähnlich sind. So schreibt Boecker, dass „[d]ie beiden Dekalogfassungen [...] weitgehend wörtlich miteinander überein[stimmen]“[1], Hossfeld erkennt ein „im Unterschied zu anderen Textdubletten des Alten Testaments wie z.B. den beiden Schöpfungsberichten oder den drei Ahnfraugeschichten in der Genesis“ gesteigertes „Maß der Kongruenz“[2]. Dennoch werden gerade aufgrund der Doppelüberlieferung, die doch Irritation über den Dekalog als allein gebietendes Wort Jahwes[3] hervorruft, die Abweichungen und Differenzen detailliert untersucht. Über diese Unterschiede zwischen dem Dekalog in Ex 20,2-17 und dem in Dtn 5,6-21 möchte ich hier einen dem Rahmen dieser Arbeit entsprechenden groben Überblick geben, wobei aber immer die weitgehende Übereinstimmung beider Fassungen im Blick bleiben soll.

Während Zenger[4] insgesamt 17 Differenzen postuliert, sind es bei Perlitt[5] und Boecker[6] über 20 festzustellende Abweichungen. Alle aber halten einige Unterschiede für klein oder unbedeutend, während andere auffallend bzw. bedeutsam seien. Als weniger wichtig wird beispielsweise die siebenmalige Einfügung des hebräischen Buchstabens „waw“ (=und) in die Deuteronomiumfassung gesehen. Gerade die erste dieser kleinen Änderungen, die sich auch jeweils zwischen den im Dtn sechs sozialen Geboten (Dtn 5,17-21) finden, wird aber im nächsten Kapitel dieses Aufsatzes, allerdings in umgekehrter Weise (Auslassung im Dtn bzw. Einfügung in Ex) noch eine bedeutende Rolle spielen. Eine sehr auffallende Differenz zeigt sich dagegen in der Ausgestaltung des Sabbatgebotes (Ex 20,8-11; Dtn 5,12-15). Es beginnt in Ex mit dem Wort „zakôr“ (=gedenke), in Dtn jedoch mit „samôr“ (=beachte). Ersteres könnte ein Rückverweis sein auf Ex 23,12; 34,21, wo allerdings nicht vom Sabbat, sondern vom siebten Tag der Woche die Rede ist. So werden im Deuteronomium der Sabbat als in vorexilischer Zeit kultischer Feiertag (Vollmondsabbat) und als Tag der Arbeitsunterbrechung verbunden.[7] Weiterhin unterscheiden sich die Begründungen: In Ex wird das Gebot schöpfungstheologisch mit Anspielung auf die priesterschriftliche Schöpfungsgeschichte begründet, wohingegen Dtn geschichtstheologisch auf den Exodus verweist und so eine eher sozial eingestellte Position einnimmt (auch Sklaven sollen am Sabbat ruhen). Des Weiteren weist das Begehrensverbot am Ende des Dekalogs einen Unterschied auf, der im Folgenden ebenfalls noch wichtig wird: Im Dtn stehen zwei verschiedene hebräische Wörter („hmd“) und („’wh“) für begehren bzw. verlagen, wobei sich das Begehren auf die Frau und das Verlangen auf Haus, Feld, Sklaven oder Sklavin, Rind oder Esel bezieht. Die Version in Ex jedoch gebraucht zweimal „hmd“ und stellt das „Haus“ vor alles andere.[8] Das Objekt „Feld“ fehlt hier ganz.

[...]


[1] Boecker, Hans-Jochen: Recht und Gesetz im Alten Testament und im Alten Orient, 2. Aufl. Neukirchen-Vluyn 1984, S. 181-185 oder http://www.uni-essen.de/Ev-Theologie/courses/course-stuff/lit-boecker-recht073.htm.

[2] Hossfeld, Frank-Lothar: Der Dekalog. Seine späten Fassungen, die originale Komposition und seine Vorstufen, Göttingen 1982, S. 13.

[3] Vgl. ebenda.

[4] Zenger, Erich: Die Bücher der Tora/des Pentateuch, in: Zenger, Erich u.a.: Einleitung in das Alte Testament, 4. Aufl. Stuttgart 2001, S. 99.

[5] Perlitt, Lothar: Artikel „Dekalog. I.Altes Testament“, in: TRE Band 8, S. 409.

[6] Boecker 1984.

[7] Vgl. Schwienhorst-Schönberger, Ludger: Die Zehn Gebote – Der Freiheit eine Form geben, in: Welt und Umwelt der Bibel 17: Die Zehn Gebote. Weisungen zum Menschsein, Stuttgart 2000, S. 8-14.

[8] Vgl. ebenda, S. 13.

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Details

Titel
Die unterschiedliche Komposition der beiden Dekalogfassungen im Alten Testament
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Veranstaltung
Einleitung in das Alte Testament/ Proseminar
Note
Gut (2)
Autor
Jahr
2004
Seiten
12
Katalognummer
V41958
ISBN (eBook)
9783638401104
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Komposition, Dekalogfassungen, Alten, Testament, Einleitung, Alte, Testament/, Proseminar
Arbeit zitieren
Michaela Hofmann (Autor:in), 2004, Die unterschiedliche Komposition der beiden Dekalogfassungen im Alten Testament, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41958

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