Grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung in Europa - bei Betriebsstätten gemäß § 2 a EStG -


Seminararbeit, 2005

27 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Vorbemerkung

2. Die Besteuerung ausländischer Betriebsstätten im Verlustfall – Verlustverrechnungsbeschränkung gem. § 2 a EStG
2.1. Bedeutung und Zweck der Regelung
2.2. Die Beschränkung der Verlustverrechnung durch § 2 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG
2.2.1. Allgemeines
2.2.2. Begriff der Betriebsstätte
2.2.3. Begriff der aktiven Einkünfte
2.3. Das Wahlrecht über die Verrechnung ausländischer DBA-Betriebsstättenverluste gem. § 2 a Abs. 3 und 4 EStG a.F

3. Bedeutung und Einfluss der europäischen Grundfreiheiten auf die Regelungen des § 2 a EStG – Eine europarechtswidrige Norm?
3.1. Zielsetzung des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft
3.2. Vereinbarkeit des § 2 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG mit dem Gemeinschaftsrecht
3.3. Vereinbarkeit der Abschaffung des § 2 a Abs. 3 und 4 EStG a.F. mit dem Gemeinschaftsrecht

4. Ausblick

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung: 1 Steuerbelastung in den Perioden t0 und t1

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Vorbemerkung

Im Zuge der zunehmenden Entstehung weltweiter Märkte für Waren, Kapital und Dienstleistungen sind die Betätigungsfelder der Unternehmen nicht mehr ausschließlich auf das deutsche Hoheitsgebiet beschränkt. Die Entwicklung immer neuerer und besserer Technologien im Kommunikations-, Informations- und Transportwesen ermöglicht es den Unternehmungen dort tätig zu sein, wo sie die günstigsten Produktions- und Standortbedingungen vorfinden.

In den vergangen Jahrzehnten waren überwiegend die großen multinationalen Konzerne die Hauptakteure der Globalisierung. Inzwischen sind aber auch kleinere mittelständische Betriebe, neben den Direktgeschäften, durch Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten international tätig und haben ihre Produktionsstandorte und Absatzmärkte auf die verschiedensten Länder der Welt verteilt.[1] Der beginnende internationale Handel der mittelständischen Unternehmen war u.a. eine der Ursachen, dass sich der deutsche Außenhandel in dem Zeitraum von 1993 bis 2003 fast verdoppelt hat.[2] Auch die deutschen Direktinvestitionen im Ausland haben sich in den 90er-Jahren annährend verfünffacht.[3]

Die Unternehmungen kommen demnach mit dem nationalen sowie dem internationalen Steuerrecht in Kontakt und werden so zu einem Objekt der internationalen Besteuerung. Die von den ausländischen Tochtergesellschaften sowie Betriebsstätten erwirtschaften Gewinne und Verluste finden unter bestimmten Umständen auch in den nationalen Besteuerungsgrundlagen Berücksichtigung. Für die Unternehmungen ist es von entscheidender finanzieller Bedeutung wie sich die, aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage, angehäuften Verluste in der Zukunft bei der Besteuerung erzielter Gewinne auswirken.

Die Seminararbeit beschäftigt sich mit dieser Problematik, insbesondere mit der grenzüberschreitenden Verlustberücksichtigung in Europa unter Berücksichtigung des § 2 a EStG und dessen Beurteilung in Hinblick auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages. Allerdings beschränken sich die folgenden Ausführungen ausschließlich auf die Probleme bei der Verrechnung von ausländischer Betriebsstättenverlusten mit positiven inländischen Einkünften, wobei für den Gang Untersuchung keine Unterscheidung notwendig ist, ob die Betriebsstätte von einer Einzelunternehmung, einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft betrieben wird. Nicht behandelt werden im Rahmen dieser Seminararbeit die Besonderheiten bei Beteiligungen an ausländischen Tochtergesellschaften.

2. Die Besteuerung ausländischer Betriebsstätten im Verlustfall – Verlustverrechnungsbeschränkung gem. § 2 a EStG

2.1. Bedeutung und Zweck der Regelung

Unbeschränkt steuerpflichtige natürliche und juristische Personen haben alle Einkünfte im Rahmen der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 S. 1 EStG zu versteuern. Dabei muss das Leistungsfähigkeitsprinzip Berücksichtigung finden.[4] Die von einem Besteuerungsobjekt erzielten positiven sowie negativen Einkünfte sind, unabhängig davon ob den Einkünften ein inländischer oder ausländischer Sachverhalt zu Grunde liegt, im selben Jahr zu verrechnen.[5] Verbleibende Verluste sind im Rahmen des § 10 d EStG zu berücksichtigen.

Allerdings wird die unbeschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeit von ausländischen Verlusten durch die Regelungen des § 2 a EStG eingeschränkt.[6] Der gesetzliche Zweck der Norm ist „im Gesamtzusammenhang der steuerlichen Missbrauchsbekämpfung die Einschränkung von primär steuerlich motivierten Gestaltungen durch eine Beschränkung des Ausgleichs von negativen Einkünften (Verlustverrechnung), die aus besonders verlustgeneigten Aktivitäten mit Auslandsbezug stammen und das deutsche Steueraufkommen mindern, ohne dass mit der zugrundeliegenden Aktivität ein Nutzen für die inländische Volkswirtschaft verbunden ist“[7] zu sehen.

Die Gesetzesnorm des § 2 a EStG lässt sich grundsätzlich in zwei Teile untergliedern. Zum einen in die Beschränkung der Verlustverrechnung gem. den Absätzen 1 und 2 und zum anderen in die Möglichkeit der Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste entsprechend den Absätzen 3 und 4.

2.2. Die Beschränkung der Verlustverrechnung durch § 2 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG

2.2.1. Allgemeines

Die Norm des § 2 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG schränkt die Möglichkeit negative Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten entsprechend dem Welteinkommensprinzip vollumfänglich zu verrechnen dahingehend ein,[8] dass diese nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus demselben Staat verrechnet werden dürfen (sog. per country limitation).[9] Die Anwendung des § 2 a Abs. 1 EStG ist allerdings auf die Fälle beschränkt bei denen die Betriebsstätte in einem Nicht-DBA Staat belegen ist oder die Einkünfte aus Ländern stammen mit denen zwar ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen wurde jedoch die ausländischen gewerblichen Betriebsstätteneinkünfte nicht von der inländischen Besteuerung freigestellt sind und unter Anrechnung der im Ausland gezahlten Steuern in die inländische Bemessungsgrundlage einfließen (Anrechnungsmethode).

Soweit, mangels positiver Einkünfte derselben Art aus demselben Staat, ein Ausgleich nicht möglich ist, kann der verbleibende Verlust gem. § 2 a Abs. 1 S. 3 EStG auf die folgenden Veranlagungszeiträume vorgetragen werden.[10] Ein Rücktrag ist nicht möglich.

Allerdings wird durch § 2 a Abs. 2 EStG die Anwendung des Absatzes 1 verhindert soweit die negativen Einkünfte ausschließlich oder fast ausschließlich aus einer bestimmten, vom Gesetzgeber erwünschten Auslandsbetätigung entstanden sind. Für diese sog. aktiven Einkünfte ist ein - entsprechend den allgemeinen Verlustverrechnungsvorschriften - Verlustausgleich möglich.

Die Nichtanwendung des § 2 a Abs. 1 EStG ist damit ausschließlich davon abhängig, ob die ausländische Betriebsstätte aktive Einkünfte erzielt.

Liegt keine Betriebsstätte im Ausland vor so sind die Unternehmen im anderen Staat i.d.R. nicht beschränkt steuerpflichtig. Damit wird die Tätigkeit der Unternehmen steuerlich als Direktgeschäft qualifiziert mit der Folge, dass das Besteuerungsrecht im Regelfall der Bundesrepublik Deutschland zugewiesen wird.[11] Damit ist das Vorliegen einer ausländischen Betriebsstätte, welches nach dem nationalen Recht und nicht nach dem Abkommensrecht zu beurteilen ist, Voraussetzung um überhaupt in den Regelungsbereich des § 2 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu gelangen.

2.2.2. Begriff der Betriebsstätte

Der Betriebsstättenbegriff im nationalen Recht ergibt sich aus § 12 AO. Danach ist eine Betriebsstätte „jede feste Geschäfteinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient“. Es muss demnach mindestens eine Geschäftseinrichtung vorliegen, die für eine gewisse Dauer besteht, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige die Verfügungsmacht besitzt.[12] Die Rechtsprechung hat im Laufe der Jahre die Merkmale immer weiter konkretisiert, die für die Begründung einer Betriebsstätte vorliegen müssen.[13]

Eine feste Geschäftseinrichtung ist bereits gegeben, wenn dem Unternehmen eine örtlich fixierte Möglichkeit zur Verfügung steht welche die Grundlage der Unternehmenstätigkeit bildet.[14] Besondere bauliche Vorrichtungen, insbesondere ein Gebäude zum Aufenthalt von Menschen ist nicht zwingend notwendig, so dass bereits ein Lagerplatz das Kriterium der festen Geschäftseinrichtung erfüllen kann.[15]

Das Kriterium „fest“ setzt ferner die Nachhaltigkeit der Geschäftseinrichtung voraus. Ein Zeitraum ist gesetzlich nicht festgeschrieben. Die Rechtsprechung geht allerdings von einer mindestens sechsmonatigen Dauer aus.[16] Diese Zeitspanne wurde im Betriebsstättenerlass von der Finanzverwaltung bestätigt.[17] In der Literatur wird darüber hinaus zum einen die Ansicht vertreten, dass die Mindestdauer bei neun bis zwölf Monaten liegen dürfte.[18] Zum anderen wird aber auch vertreten, dass die Dauer für die Bestimmung der Nachhaltigkeit unerheblich sei und nur die Absicht des Steuerpflichtigen zu Beginn der Tätigkeit entscheidend ist.[19] Dies soll hier aber nicht weiter problematisiert werden.

Die Geschäftseinrichtung dient der Tätigkeit des Unternehmens, sofern sie für die Zweckerreichung des Unternehmens hilfreich ist. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine Haupt- oder Nebentätigkeit handelt. Beispielhaft sind hier Fabrikationshallen, Werkstätten und Einrichtungen mit Koordinationsaufgaben zu nennen. Allerdings reicht eine Überlassung zur Nutzung an andere Unternehmer nicht aus, d.h. sie muss dem Betrieb unmittelbar dienen.[20]

Als letztes Merkmal muss der Steuerpflichtige die, nicht nur vorübergehende, Verfügungsmacht über die feste Geschäftseinrichtung innehaben.[21] Er muss entweder das rechtliche Eigentum besitzen bzw. ein entgeltliches oder unentgeltliches Nutzungsrecht vereinbart haben, dass ihm - ohne sein Mitwirken - nicht ohne weiteres entzogen werden kann.[22]

Davon streng zu trennen ist der Betriebsstättenbegriff nach dem Abkommensrecht. Hier dient die Bestimmung einer Betriebsstätte ausschließlich der Zuordnung des Besteuerungsrechts auf einen der beteiligten Vertragsstaaten.[23] Der überwiegende Teil der von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen lehnt sich dabei an der Definition der Betriebsstätte des Art. 5 OECD-Musterabkommen (DBA-MA) an. Allerdings können die Definitionsmerkmale in den bilateralen Verträgen variieren, so dass im Einzelfall immer zu prüfen ist, ob eine Betriebsstätte vorliegt. Im wesentlichen stimmen die Definitionsmerkmale des Art. 5 DBA-MA aber mit denen des § 12 AO überein.[24]

Nach dem Abkommensrecht ist der Begriff der Betriesstätte wesentlich enger auszulegen als nach dem nationalen Recht.[25] Im DBA-Fall sind zur Begründung einer Betriebsstätte qualitativ und quantitativ bedeutsame Tätigkeiten erforderlich.[26] Im Abkommensrecht wird z.B. eine nachhaltige Geschäftseinrichtung i.d.R. erst ab einem Zeitraum von zwölf Monaten angenommen. Außerdem begründen Geschäftseinrichtungen, die ausschließlich der Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung von Waren dienen ebenso keine Betriebsstätte wie das Ausführen von Vorbereitungs- oder Hilfstätigkeiten, vgl. Negativkatalog des Art. 5 Abs. 4 OECD-MA.

2.2.3. Begriff der aktiven Einkünfte

Grundsätzlich werden alle Betriebsstätteneinkünfte von dem Verlustverrechnungsverbot des § 2 a Abs. 1 EStG erfasst. Allerdings soll nur für volkswirtschaftlich nicht erwünschte Verluste ein Verrechnungsverbot bestehen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Regelungen des Absatzes 2 eingeführt, um eine Verrechnung bestimmter ausländischer Betriebsstättenverluste zu ermöglichen. Diese Regelung wird auch als Aktivitätsklausel bezeichnet. Sofern die Vorraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind können die Verluste, entsprechend den allgemeinen Verlustverrechnungsmöglichkeiten, im Inland berücksichtigt werden.[27] Dafür muss die Betriebsstätte aber aktive Einkünfte erzielen. Diese werden nach § 2 a Abs. 2 S. 1 EStG durch die ausschließliche oder fast ausschließliche Herstellung oder Lieferung von Waren erzielt.[28] Ausgenommen hiervon sind allerdings Waffen.

Auch kann das Halten einer Beteiligung eine aktive Tätigkeit darstellen, sofern die Beteiligungshöhe mindestens 25 v.H. beträgt und die Kapitalgesellschaft ebenfalls überwiegend die Herstellung oder Lieferung von Waren zum Unternehmensgegenstand hat, vgl. § 2 a Abs. 2 S.1 2. HS. EStG. Diese Regelung soll nicht den Abzug von Verlusten ausländischer Kapitalgesellschaften im Inland ermöglichen. Was schon aus Gründen der rechtlichen Selbständigkeit - mangels Auslandsorganschaft - nicht möglich erscheint. Vielmehr soll der Katalog der aktiven Einkünfte einer Betriebsstätte um das Halten einer Beteiligung ergänzt werden.[29]

Eine ausschließliche oder fast ausschließliche Tätigkeit im vorgenannten Sinne liegt vor, wenn mindestens 90 v.H. des Betriebsergebnisses der Betriebstätte - maßgebend ist das Verhältnis der Bruttoerträge -[30] auf die aktiven Einkünfte entfällt.[31] Betragen die passiven Einkünfte der Betriebsstätte 10 v.H. oder mehr so werden die gesamten Einkünfte der Betriebsstätte von der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 2 a Abs. 1 EStG erfasst.

2.3. Das Wahlrecht über die Verrechnung ausländischer DBA-Betriebsstättenverluste gem. § 2 a Abs. 3 und 4 EStG a.F.

Nach ständiger Rechtsprechung sind Betriebsstättenverluste im Inland nicht zu berücksichtigen, sofern Gewinne aus dieser Betriebsstätte nach dem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerfrei gestellt sind.[32] Eine Berücksichtigung dieser Verluste ist grundsätzlich nur im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts i.S.d. § 32 b EStG möglich. Eine Verrechnung der Verluste bzw. ein Vor- oder Rücktrag kommen nicht in Betracht.

Nach § 2 a Abs. 3 EStG a.F. ist es auf Antrag aber möglich die negativen ausländischen Betriebsstätteneinkünfte bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte zu berücksichtigen, soweit der Verlust die positiven Einkünfte aus anderen Betriebsstätten in diesem Staat übersteigt.[33] Allerdings scheidet in diesem Fall die Anwendung des § 32 b EStG aus.[34] Für den Antrag nach § 2 a Abs. 3 EStG a.F. ist es jedoch ebenfalls zwingende Voraussetzung, dass aktive Einkünfte i.S.d. § 2 a Abs. 2 EStG vorliegen. Der Zweck dieser Regelung ist eine Benachteilung von volkswirtschaftlich gewünschten Investitionen in DBA-Staaten gegenüber Investitionen in Nicht-DBA-Staaten zu vermeiden, bei denen die Betriebsstättenverluste nach dem Welteinkommensprinzip im Inland berücksichtigt werden können.[35]

Für den im Inland, aufgrund eines Antrages, berücksichtigten Verlust ist ein steuerlicher Korrekturposten zu bilden.[36] Kommt es dann in einem späteren Jahr zu Gewinnen aus der Betriebsstätte in dem DBA-Staat sind diese aufgrund der Freistellungsmethode im Inland nur im Wege des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Allerdings wird in diesen Fällen der steuerliche Korrekturposten aufgelöst und bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte hinzugerechnet.[37] Es kommt zu einer Nachversteuerung der abgezogenen Verluste mittels derer die vorgenommene Verlustberücksichtigung rückgängig gemacht wird. Damit führt die Regelung des § 2 a Abs. 3 EStG a.F. lediglich zu einem Steuerstundungseffekt.[38] Eine doppelte Verlustberücksichtigung ist ausgeschlossen.

Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002[39] wurden die Regelungen der Absätze 3 und 4 ab dem Veranlagungszeitraum 1999 ersatzlos gestrichen, vgl. § 52 Abs. 3 S. 2 EStG. Die Nachversteuerung des steuerlichen Korrekturpostens kann bis einschließlich 2008 erfolgen, soweit aus der Betriebsstätte Gewinne erzielt werden, vgl. § 52 Abs. 3 S. 3 EStG. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 ist dann zum einen eine Nachversteuerung nicht mehr möglich und zum anderen werden die noch nicht nachversteuerten Betriebsstättenverluste nicht steuererhöhend aufgelöst.[40]

Abschließend soll die Wirkungsweise des § 2 a Abs. 3 EStG a.F. noch an einem Beispiel verdeutlicht werden.

Sachverhalt: Die deutsche Kapitalgesellschaft XY GmbH hat im Inland ihr Stammhaus und unterhält in einem ausländischen Staat, mit dem Deutschland ein DBA entsprechend Art. 7 OECD-MA mit Freistellungsmethode abgeschlossen hat, eine Betriebsstätte. In Veranlagungszeitraum t0 erwirtschaftet das Stammhaus einen Gewinn von 100 GE und die ausländische Betriebsstätte einen Verlust von 100 GE. Der Betriebsstättenverlust ist aufgrund der bestehenden DBA-Freistellung im Inland nur im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Dieser bliebt aber aufgrund des linearen Tarifs wirkungslos. Die XY GmbH stellt daher nach § 2 a Abs. 3 EStG a.F. einen Antrag auf Abzug der ausländischen Betriebsstättenverluste bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte. In dem Zeitraum t1 erzielt das inländische Stammhaus erneut einen Gewinn von 100 GE und die ausländische Betriebsstätte einen Gewinn (vor Verlustverrechnung im Ausland) von 200 GE.

Ergebnis: In t0 fällt damit im Inland keine Steuer an (Gesamtbetrag der Einkünfte = 0 GE). Der abgezogene Verlust wird in einen steuerlichen Korrekturposten eingestellt.

In t1 muss dann der steuerliche Korrekturposten i.H.v. 100 GE aufgelöst und dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzugerechnet werden, weil sich in dem Betriebsstättenstaat insgesamt ein positiver Betrag ergibt, vgl. § 2 a Abs. 3 S. 3 EStG a.F. In t1 beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte im Inland damit insgesamt 200 GE und die Inlandssteuer 77,30 GE bei einem Steuersatz von 38,65 v.H.[41]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Steuerbelastung in den Perioden t 0 und t 1

[...]


[1] Vgl. zu den wichtigsten Formen einer ausländischen Unternehmenstätigkeit Scheffler, W., Grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit, 1994, S. 1-8.

[2] Vgl. Statistisches Bundesamt, Gesamtentwicklung des deutschen Außenhandels, http://www.destatis.de/themen/d/thm_aussen.php (21.04.2005).

[3] Vgl. Deutschland in Zahlen 2003, S. 43.

[4] Vgl. Scheffler, W., Unternehmensbesteuerung I, 2002, S. 32.

[5] Vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., 2004, EStG, § 2 a Rz. 1.

[6] Die Regelungen des § 2 a EStG finden auch auf Körperschaften Anwendung, vgl. R 32 Abs. 1 Nr. 1 KStR.

[7] Vgl. BT-Drucks. 14/2070 v. 11.11.1999, S. 14 f.

[8] Vgl. zur Berechnung der ausländischen Betriebsstätteneinkünfte die Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze, BMF-Schreiben v. 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076.

[9] Vgl. Rose, G., Internationales Steuerrecht, 2000, S. 93-94.

[10] Vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., 2004, EStG, § 2 a Rz. 43-45.

[11] Vgl. Scheffler, W., Grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit, 1994, S. 179.

[12] Vgl. Jacobs, O. H., Internationale Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 371.

[13] Vgl. zu Besonderheiten bei Betriebstätten Kumpf, W. FR 2001, 449.

[14] Vgl. BFH, Urt. v. 30.10.1988, BStBl II 1989, 365.

[15] Vgl. v. Wedelstädt, A., in: Kühn, R./v. Wedelstädt, A., AO, § 12 Rz. 3.

[16] Vgl. BFH, Urt. v. 19.05.1993, BStBl II 1993, 655.

[17] Vgl. BMF-Schreiben v. 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076.

[18] Vgl. Jacobs, O. H., Internationale Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 373.

[19] Vgl. Göttsche, M./Stangl, I., DStR 2000, 498 (499).

[20] Vgl. v. Wedelstädt, A., in: Kühn/v. Wedelstädt, AO, § 12 Rz. 8-9.

[21] Vgl. BFH, Urt. v. 23.05.2002, BStBl II 2002; 512, BFH, Urt. v. 17.09.2003, BStBl II 2004, 396

[22] Vgl. BFH, Urt. v. 17.03.1982, BStBl II1982, 624.

[23] Vgl. Debatin H., DB 1989, 1692.

[24] Vgl. Birk, D., in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (H/H/Sp, AO), AO, § 12 Rz. 47.

[25] Vgl. Rose, G., Internationales Steuerrecht, 2000, S. 30-31.

[26] Vgl. Jacobs, O. H., Internationale Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 380.

[27] Vgl. Scheffler, W., Grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit, 1994, S. 193-194.

[28] Vgl. zum Begriff Waren Heinicke, W., in: Schmidt, L., 2004, EStG, § 2 a Rz. 16.

[29] Vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., 2004, EStG, § 2 a Rz. 23.

[30] Vgl. R 5 Abs. 3 EStR.

[31] Vgl. BFH, Urt. v. 30.08.1995, BStBl II 1996, 122.

[32] Vgl. BFH, Urt. v. 12.01.1983, BStBl II 1983, 382.

[33] Vgl. zur steuerorientierten Ausübung des Wahlrechts IWB v. 12.12.2001, Fach 3, Gruppe 1, 1807.

[34] Vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., 2004, EStG, § 2 a Rz. 61.

[35] Vgl. Mössner, J. M., in: Kirchhof, P./Söhn, H., EStG, § 2 a Rn. E 2.

[36] Vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., 2004, EStG, § 2 a Rz. 50.

[37] Vgl. Mössner, J. M. in: Kirchhof, P./Söhn, H., EStG, § 2 a Rn. E 20-E 21.

[38] Vgl. IWB v. 23.06.1999, Fach 3, Gruppe 3, 1229.

[39] Vgl. StEntlG 99/00/02 v. 24.03.1999, BStBl I 1999, 304.

[40] Vgl. Pflüger, PIStB 2001, 7 (8).

[41] Unter Zugrundelegung von 25 v.H. Körperschaftsteuer, 5,5 v.H. Solidaritätszuschlag und einem Gewerbe steuer-Hebesatz von 400 v.H. ergibt sich ein Steuersatz von 38,65 v.H. [s Gesamt = s GewSt + (1 - s GewSt ) x s KSt x (1 + s Solz)].

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung in Europa - bei Betriebsstätten gemäß § 2 a EStG -
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
27
Katalognummer
V42029
ISBN (eBook)
9783638401616
Dateigröße
661 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grenzüberschreitende, Verlustberücksichtigung, Europa, Betriebsstätten, EStG
Arbeit zitieren
Felix Conradi (Autor:in), 2005, Grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung in Europa - bei Betriebsstätten gemäß § 2 a EStG -, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42029

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