Ondine. Märchenhaftes Frauenbild als Spiegel der Gesellschaft

Analyse von Fouqués "Undine", Andersens "Die kleine Meerjungfrau" und Disneys "Arielle, die Meerjungfrau"


Bachelorarbeit, 2018

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Märchenhaftes Frauenbild als Spiegel der
Gesellschaft
1.1. Märchen und Realität
1.2. Motive der Autoren

2. Drei Meerjungfrauen - drei Frauenbilder
2.1. Der ursprüngliche Meerjungfrauenbegriff
2.2. Die selbstbestimmte Undine (Fouqué)
2.3. Die liebende und leidende Meerjungfrau (Andersen)
2.4. Die Kindsfrau (Arielle)

3. Fantasie einer modernen Nymphe (indirekter Bezug zur Kollektion und
direkter Bezug zum heutigen Frauenbild)
3.1. Die Nymphe
Ondine
3.2. Ondinen in unserer modernen

Gesellschaft

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Die Erzählung "Die Kleine Meerjungfrau" gehört zu den populärsten Märchen unserer Zeit. Im Folgenden werden die drei populärsten Meerjungfrau-Märchen aus verschiedenen Epochen analysiert und verglichen: "Undine" von Friedrich de la Motte Fouqué (Jahr 1811), "Die Kleine Meerjungfrau" von Hans Christian Andersen (Jahr 1837) und die Disney-Version "Arielle" (Jahr 1989). Hierbei wird untersucht, welchen Frauentypus die Märchen darstellen und ob man einen Wandel festellen kann in Bezug auf die Zeit, in der die drei ausgewählten Märchen entstanden sind. Die Abschlussarbeit "Ondine" basiert auf den drei verschiedenen Erzählungen und stellt eine eigene Interpretation einer neuen Nymphe dar, übertragen auf das heutige moderne Frauenbild.

1. Märchenhaftes Frauenbild als Spiegel der Gesellschaft

Frauen haben in Kunst, Musik und Literatur schon immer eine zentrale Rolle gespielt. Auch im Märchen stehen sie oft im Mittelpunkt. Sowohl als Heldinnen, Mütter, Bösewichte aber vor allem als Opfer werden sie dargestellt. Zunächst soll untersucht werden, wie realistisch das Märchenbild der Frau allgemein ist und inwiefern es das Frauenbild des Autors - der meistens männlich ist - wie er es sich wünscht, darstellt. Hierbei wird der Fokus darauf liegen, inwieweit das Frauenbild Spiegel der Gesellschaft ist, in der das Märchen entstand, d.h. es müssen Frauenbilder aus dem 19. Jahrhundert, sowie aus dem 20. untersucht und verglichen werden.[1]

1.1. Märchen und Realität

Allgemein werden Märchen als Fantasien mit wenig Bezug zur Realität betrachtet. Dennoch sind sie nie ganz unabhängig vom Geiste ihrer Zeit. Viele Ereignisse in Märchen reflektieren den Alltag der Menschen. Damit sind nicht sprechende Tiere oder übernatürliche Kräfte der Protagonisten gemeint, sondern allgemein die Sitten und Bräuche ihres Alltages.[2]

Mit den Worten von Dimova: "Das Märchen tut alles, um die Wirklichkeit nicht zu weit zu verlassen."[3]Auch das dargestellte Frauenbild in Märchen bleibt dem typischen Frauenbild des 19. Jahrhundert treu: dem der Frau in Abhängigkeit vom Mann. Stets ist es die Prinzessin, die vom Prinzen gerettet wird, oder ihrem Vater zu gehorchen hat, wie im Falle der kleinen Meerjungfrau. Es ist die patriarchalische Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, die hier gespiegelt wird. "Den eigenen Willen der Frau darf es nicht geben, das zeigen die vorangehend beleuchteten Märchen deutlich."[4]Den meisten Märchenfrauen ist gemein, dass sie im pubertären, heiratsfähigen Alter sind, und nur gelegentlich versuchen ihren eigenen Weg einzuschlagen, es am Ende jedoch nicht schaffen und der patriarchalischen Gesellschaft unterliegen. Die boshaften/dominanten Frauen in Märchen sind hierbei die natürlichen Gegenspieler und bekommen allenfalls Nebenrollen zugedacht.[5]

Die Autoren der Märchen versuchen immer wieder, Heldinnen zu erschaffen, bleiben letzten Endes jedoch der dem Mann unterlegenen Rolle ihrer Zeit verhaftet.

1.2. Motive der Autoren

Populär war die Thematik der Meerjungfrauen vor allem unter den Vertretern der Spätromantik, wie Fouqué und Andersen. Sie wollten der damaligen Bewegung der Aufklärung und deren Entwicklung der Naturwissenschaften entgegentreten, indem sie nicht die Realität in ihren Werken schilderten, sondern eine Welt der Fantasie. Die Romantiker fassten die Natur und Frau in einem Bild zusammen. Dabei projezierten sie sowohl die helle, freundliche Seite der Natur auf ihre Protagonistinnen, als auch ihre dunkle, bedrohliche Seite. So zeigen sie die sittsame Ehefrau, aber auch die dunkle dämonische Verführerin.[6]

Die Meerjungfrau ist dabei ein reines "Geschöpf der Schöpfung"[8], aber nie ganz Mensch. Da die Nymphen nicht von Adam abstammen, besitzen sie auch keine Seele. Eine Seele können sie nur erlangen, indem sie einen Menschen heiraten.[9]

So spielt die Ehe in diesem Märchen eine wichtige Rolle. Sie dient nicht nur zur Vermenschlichung der Nymphe, sondern auch dazu, dass die Nymphenfrau ihren Reiz verliert. "Verführerisch erscheint (...) die Frau (...) als geheimnisvolle Geliebte, nicht als bürgerliche Ehefrau. Die Ehe ist der Tod der Leidenschaft."[10]Verdeutlicht wird hier die Angst des männlichen Autors vor der freien, starken Frau, die er in der Ehe bändigen will. Hier prallen zwei Gegensätze aufeinaner: "Auf der einen Seite steht die Rolle der bürgerlichen Frau, die sich ins heteronormative System einfügt, indem sie heiratet, Kinder kriegt, sich dem Mann unterordnet. Auf der anderen Seite steht das Phantasma der Frau als Nymphe, die das heteronormative System sprengt, da sie sich nicht in die bürgerliche Geschlechterordnung integrieren lässt."[11]So ist das Frauenbild der Undine eine "narzisstische Projektion, eine genuine Männerphantasie."[12]Die Frau ist hier für den Mann als höheres Wesen unerreichbar und trotzdem ein Objekt des Begehrens.[13]

2. Drei Meerjungfrauen - drei verschiedene Frauenbilder

2.1. Der ursprüngliche Meerjungfrauenbegriff

Weder Fouqué noch Andersen oder Disney gelten als Erfinder des Meerjungfrauenmythos, wie wir ihn heute kennen. Bereits das Deutsche Wort "Meerjungfrau" taucht zum allersten Mal Mitte des 14. Jahrhunderts auf. Die Geschichte dahinter reicht jedoch bis in die Antike zurück. Bekannt sind Meerjungfrauen unter Begriffen wie Sirene, Nymphe, Undine, Loreley, Donauweibchen, Melusine, Meerfrauen und noch vielen mehr. "Die Kleine Meerjungfrau" von Hans Christian Andersen ist hier die Grundlage für unser heutiges Bild der Meerjungfrau: Eine Frau, die an Stelle von

Beinen einen Fischschwanz besitzt. Diese Vorstellung wurde durch ihn populär, jedoch stammt sie nicht originär von ihm. Denn diese Wesen wurden bereits in der Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts dargestellt.

Im folgenden Kapitel werden nun die drei populärsten Meerjungfrauen-Märchen kurz beschrieben, verglichen und auf das darin dargestellte Frauenbild untersucht.[14]

2.2. Die selbstbestimmte Undine (Fouqué)

Die romantische Erzählung "Undine" von Friedrich de la Motte Fouqué erschien zum ersten Mal im Frühlingsheft der Jahreszeiten im Jahr 1811, "einer Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen."[15]Es handelt sich hierbei um die Geschichte eines Mädchens namens Undine, der Tochter eines mächtigen Wasserfürsten, der ihr zu einer Seele verhelfen will, damit sie die Unsterblichkeit erlangen kann. Da Wassergeister die Seele nur durch den Liebesbund mit einem Menschen bekommen können, lässt Undines Vater seinen Bruder Kühleborn zwei Mädchen miteinander vertauschen: die Fischertochter Bertalda und seine eigene Tochter Undine, so dass Undine bei Fischern aufwächst und Bertalda als Herzogstochter in der Reichsstadt. Undine begegnet dem Ritter Huldbrand - dem Geliebten Bertoldas. Sie verlieben sich ineinander und werden von Pater Heilmann, einem Priester, getraut. Nach der Heirat wird aus dem launenhaften, selbstbestimmten Naturgeschöpf eine liebende und gehorsame Frau. Sie verrät Huldebrand, dass sie eine seelenlose Undine aus dem Geschlecht der Wassergeister sei, aber durch ihn nun eine Seele habe. Die beiden kehren in die Stadt zurück. Als Huldbrand darauf in der Reichsstadt seiner früheren Braut wiederbegegnet, entwickelt sich ein scheinbar herzliches Freundschaftsverhältnis zwischen allen dreien, doch das Unvermeidliche geschieht: Huldbrand wird Undines überdüssig und besinnt sich auf seine frühere Liebe zu Bertalda. Er verrät Undine, indem er Bertalda heiratet und so rächt sich Undine an ihm, indem sie ihm einen Kuss gibt, der ihn tötet.[16]

[...]


[1]Dimova, Michaela: Märchenhaftes Frauenbild. Welche Bezüge bestehen zwischen den Figuren der Gebrüder Grimm und der Frau des 19. Jahrhunderts? Verlag GRIN GmbH, Norderstedt, 2008, s. 3-4.

[2]Dimova, Michaela: Märchenhaftes Frauenbild. s. 4.

[3]Lüthi, Max: Märchen. 10. aktualisierte Auflage, Bearbeitet von Hainz Röllecke, Verlag J.B. Metzler, Stuttgart, Weimar, April 2014, s. 115.

[4]Müller, Elisabeth: Das Bild der Frau im Märchen. ,Analysen und erzieherische Betrachtungen. Profil-Verlag, München, 1986, s. 113.

[5]Dimova, Michaela: Märchenhaftes Frauenbild. s. 9.

[6]Trapei-Rüdel, Helga: Undine - eine motivgeschichtliche Untersuchung, Verlag Phil. Diss., Bremen, 1987, s.53-58.

[7]Kraß, Andreas: Meerjungfrauen. Geschichten einer unmöglichen Liebe. Verlag s. Fischer GmbH, Frankfurt am Main, 2010, s. 18.

[8]Kraß, Andreas: Meerjungfrauen, s. 121.

[9]Kraß, Andreas: Meerjungfrauen, s. 121.

[10]Kraß, Andreas: Meerjungfrauen, s. 138-139.

[11]Kraß, Andreas: Meerjungfrauen, s. 340.

[12]Kraß, Andreas: Meerjungfrauen, s. 341.

[13]Vgl. ebd.,s 341

[14]Kraß, Andreas: Meerjungfrauen, s. 13-19.

[15]Kraß, Andreas: Meerjungfrauen, s. 289.

[16]Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine. Eine Erzählung. Verlag ,Anaconda GmbH, Köln, 2012, s. 7-126.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Ondine. Märchenhaftes Frauenbild als Spiegel der Gesellschaft
Untertitel
Analyse von Fouqués "Undine", Andersens "Die kleine Meerjungfrau" und Disneys "Arielle, die Meerjungfrau"
Hochschule
Hochschule Fresenius Düsseldorf
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
15
Katalognummer
V420451
ISBN (eBook)
9783668685314
ISBN (Buch)
9783668685321
Dateigröße
555 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ondine, märchenhaftes, frauenbild, spiegel, gesellschaft, analyse, fouqués, undine, andersens, meerjungfrau, disneys, arielle
Arbeit zitieren
Natalie Maassen (Autor:in), 2018, Ondine. Märchenhaftes Frauenbild als Spiegel der Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/420451

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