Blended Learning. Lerntheoretische Grundlagen und praktische Umsetzung des Instruktions- und Kontextdesigns im Vergleich


Bachelorarbeit, 2017

51 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Traditionelle Lehr-Lernformen

3 E-Learning
3.1 Begriffliche Eingrenzung
3.2 Typologie
3.2.1 Funktionen
3.2.2 Lernformen
3.2.3 Komponenten computergestützter Lernumwelten
3.3 Lerntheoretische Grundlagen
3.3.1 Behaviorismus
3.3.2 Kognitivismus
3.3.3 Konstruktivismus

4 Blended Learning
4.1 Begriffliche Eingrenzung
4.2 Blended Learning Szenarien

5 Allgemeine didaktische Modelle
5.1 Klassifikation von Blended Learning Ansätzen
5.2 Charakterisierung von Instruktions- und Kontextdesign
5.3 Modelle des Instruktionsdesigns
5.3.1 Programmierte Unterweisung
5.3.2 Instruktionstheorie
5.3.3 Elaborationstheorie der Instruktion
5.3.4 Component Display Theory
5.3.5 Instructional Transaction Theory
5.4 Modelle des Kontextdesignss
5.4.1 Cognitive Apprenticeship
5.4.2 Goal-Based Scenarios

6 Vergleich der allgemeinen didaktischen Modelle
6.1 Allgemeiner Modellvergleich
6.2 Modellvergleich im Hinblick auf Blended Learning

7 Resümee

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

Da Lernprozesse von vielen kognitiven sowie nicht-kognitiven Persönlich­keitsei­gen­schaf­ten bedingt werden, richtet die Didaktik ihren Fokus verstärkt auf Differenzierungs- und Individualisie­rungsaspekte. Durch ein differenzier­tes Unter­richtsange­bot können die zu vermittelnden In­halte, die Lernstile so­wie die Auf­gabenstellung bestmöglich individuell auf die einzelnen Ler­nenden abgestimmt werden. Als ausgespro­chen vorteilhaft für die Indivi­dualisierung der Lehr-Lern­prozesse erweisen sich E-Learning Plattformen, da hierbei die individuellen Be­dürfnisse berücksichtigt werden, indem der Lernende sein Lern­tempo, die Aus­wahl der Lernmaterialien so­wie seine Lernstile und Präfe­renzen selbst anpassen bzw. auswählen kann. Ein weiterer Vorteil manifestiert sich darin, dass die Leh­renden durch E-Learn­ing in die Lage versetzt werden, außerhalb der Präsenzphase mit den Lernenden individuell zu kommunizieren (vgl. Maresch, 2008, S. 9). Al­lerdings kristallisierte sich mit der Zeit heraus, dass computerunterstütztes Lernen alleine oft­mals nicht aus­reicht, um den nö­tigen Lernerfolg der Lernenden zu er­zielen. Diesem Umstand wurde durch die Kombi­nation von E-Learning und Prä­senzlernen Rechnung getragen (vgl. Kraft, 2003, S. 43). Das Resultat dieser Vereinigung ist der Gegenstand vor­liegender Untersuchung: das Blen­ded Learn­ing.

Begünstigt durch den technologischen Fortschritt und die damit verbundene Preisreduzierung technischer Endgeräte, die beständige Verbesserung der In­ter­net-Infrastruktur sowie die Veränderung des Kommunikationsverhaltens und die verbesserte Verfügbarkeit relevanter Informationen, trat das Blended Learning, wie jüngste Untersuchungen aufzeigen, einen weltweiten Siegeszug im Bereich der höheren Bildung an. Blended Learning findet seinen Einfluss in einem breiten Spektrum der höheren Bildung, da es einen effizienten Ansatz darstellt, in welchem der traditionell definierte Förderungsprozess mit Techno­logie unterfüttert und ergänzt wird (vgl. Sun, 2016, S. 292). Doch auch das Blended Learning selbst ist kein homogenes, statisches Lehr-Lernmodell son­dern un­ter­liegt im Lauf der Zeit zum Teil einschneidenden Veränderungen. Diese Weiter­entwicklung des Blenden Learning Ansatzes wird im Folgenden nach­gezeichnet. Um diese Entwicklung wirklich nachvoll­ziehen zu können ist es erforderlich, sich zunächst den konkreten Inhalt der beiden Komponenten des Blended Learn­ings, der Klassischen Lehr-Lernformen und des E-Learni­ngs, zu vergegenwärti­gen. Nach dieser Grund­steinlegung und auf dieser fu­ßend wird der Begriff Blen­ded Learning eingegrenzt, die verschiedenen di­daktischen Mo­delle klassifiziert und charakterisiert sowie in einer vergleichen­den Darstellung diskutiert.

2 Traditionelle Lehr-Lernformen

Die traditionellste Lehr-Lernform ist der Unterricht. Dieser wird heutzutage in programmierten (vgl. Schnotz, 2011, S. 43), offenen sowie traditionellen (vgl. ebd., S. 31) kategorisiert. Zu den traditionellen Unterrichtsformen gehört der Frontalunterricht (vgl. Gudjons, 2003, S. 24), der eine „unterrichtsmethodi­sche Allzweckwaffe mit großer Verbreitung“ (ebd., S. 7) darstellt. Der Fron­tal­unterricht wird seit mehr als 300 Jahren praktiziert (vgl. ebd., S. 13) und ist eine der häufigsten Lernformen (vgl. ebd., S. 7). Das Wort „frontal“ ent­stammt aus dem lateinischenfonsund bedeutet übersetzt „Stirn“ (vgl. ebd., S. 22). Syno­nym wird auch der Begriff „Plenumsarbeit“ (Miller, 2001, S. 63) verwendet, der weni­ger negativ konnotiert ist, wie der Begriff des Frontalun­ter­richts (vgl. Gudjons, 2003, S. 22 f.).

Comenius, ein im 17. Jahrhundert wirkender böhmischer Bischof, war der ers­te Päda­goge, der sich mit der Notwendigkeit und den Möglichkeiten des Un­terrichts auseinandersetzte. Er befasste sich mit der Erziehung, dem Unter­richt, dem Schul­wesen und mit Didaktik. Im Fokus der didaktischen Über­le­gungen stand be­sonders der Lehrervortrag, eine Variante des Frontalunter­richts (vgl. ebd., S. 13).

Im Jahr 1647 veröffentlichte Georg Philipp Harsdörffer in Nürn­berg ein drei­teiliges Werk mit dem Titel „Poetischer Trichter, die Teutsche Dicht- und Reim­kunst, ohne Beruf der lat. Sprache, in VI Stunden einzugießen“ (Harsdör­fer, 1971) – das war die Ge­burtsstunde des „Nürnberger Trichters“ (Gudjons, 2003, S. 12), der als „Einbahnstraßen­modell“ (Döring, 2008, S. 46) betrachtet wird, da jemand, der über Wissen verfügt, dieses Wissen einem unwis­senden weitergibt und ihm somit „eintrich­tert“ (vgl. ebd., S. 46; Gudjons, 2003, S. 12 f.). Heute wird der Frontalunter­richt allerdings definiert als

Sozialform des Unterrichts, bei dem der Lehrer versucht, den Lern­stoff an eine Schulklasse mit Hilfe von sprachlicher Darbie­tung, Wandtafel, Schul­buch und Overhead­pro­jektor unter Berücksichtigung methodischer Lernschritte an alle Schüler gleichzeitig und effektiv zu vermit­teln. Dabei steuert und kontrolliert er mit Fragen und Im­pulsen den Fortgang des Lernprozesses. (Schaub & Zenke, 2000, S. 224).

Frontalunterricht stellt nach der angeführten Definition eine Sozialform dar, die Beziehungsstrukturen, wie Kommunikation und Raumstruktur regelt. In­ner­halb des Frontal­un­terrichts werden die Formen der Kommunikation von der Lehr­person be­stimmt. Weitere So­zialformen des Unterrichts sind Einzel-, Partner- und Gruppen­arbeiten sowie Son­der­formen, wie beispielsweise Plan­spiele (vgl. Gudjons, 2003, S. 22 f.).

Frontalunterricht wird auch in moderner Zeit als unverzichtbar angese­hen, wenn er gewisse Voraussetzungen erfüllt. So hat er Koopera­tion, Selbst­verant­wortung und -steuerung zu fördern, eine didaktische Funktion auf­zuweisen sowie modern und professionell gestaltet zu sein (vgl. ebd., S. 8). Demnach ist es notwendig, zu­nächst eine Bedarfsabfrage durchzuführen, in dem die Wün­sche der Lernenden mit der Unterrichtsplanung des Lehrenden verknüpft wer­den. Hierzu ist es wichtig, Vor­kennt­nisse und Vorwissen der Lernenden abzu­klären und den Lerninhalt gegebenenfalls daran anzupassen (vgl. Döring, 2008, S. 52 f.). Eine Strukturierung des Lernver­laufs in einzelne Lernphasen ist notwendig, um ein er­folgreiches Lernen gewährleisten zu kön­nen (vgl. ebd., S. 55). Jedoch wird reiner Frontalunterricht durch die einseiti­ge Kommu­nikation von den Lernenden als be­lastend empfunden, wenn er län­ger als zwanzig Minuten andauert. Daher ist es notwendig, auf verschiedene Unter­richtsmethoden bzw. So­zialformen des Unter­richts, wie Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten, Gespräche mit dem Leh­rer sowie Rol­lenspiele und Simula­tionen zurückzugreifen (vgl. ebd., S. 58). Auch der Ein- und Aus­stieg des Un­terrichts ist von Bedeutung. Gerade beim Ausstieg ist es ange­zeigt, Inhalte noch einmal zusammen zu fassen, um den Lernprozess effizient abzu­schließen (vgl. ebd., S. 61). Wenn Medien eingesetzt werden, soll der Umgang mit ihnen ver­anschau­licht werden. Sie dienen zum einen als In­struktionshilfe, zum ande­ren haben sie die Funktion der Arbeitsunter­stützung. Dies ermöglicht dem Lernenden eine bessere Aufnahme und Speiche­rung so­wie Verarbeitung und Abrufung des Inhalts (vgl. ebd., S. 64).

3 E-Learning

Eine einheitliche und klare Definition des Begriffs E-Learning existiert nicht (vgl. Miller, 2009, S. 209; Simonova & Kostolanyova 2016, S. 302). Um sich einem Verständnis dennoch anzunähern, wird der Be­griff zu­nächst genauer ein­gegrenzt. Im Anschluss daran wird E-Learning nach Funktionen, Lernfor­men und den Komponenten computergestützter Lernumwelten klassifiziert sowie die Lerntheoretischen Grundlagen des E-Learnings vorgestellt.

3.1 Begriffliche Eingrenzung

Der Begriff E-Learning ist zusammengesetzt aus den Komponenten „E“ und „Lear­ning“. Das „E“ steht im englischen Sprachgebrauch für „electronic“ was auf den Ein­satz elektronischer Lehrmittel hindeutet (vgl. Miller, 2009, S. 209; Pachner, 2009, S. 51). Allerdings be­schränkt sich der Begriff E-Learning nicht nur auf die technologische Kompo­nente, son­dern betont auch viel­fältige Lern­konzepte (vgl. Er­penbeck, Sauter & Sauter, 2015, S. 5), denn der Begriffsbe­standteil „Learn­ing“ lässt laut Pachner (2009) auf traditionelle Begriffe wie Wissen, Inhalt, Lernen und Lehren schlie­ßen:

Wissen wird in implizites und explizites Wissen unterteilt. Explizites Wissen ist formal und generali­sierbar, wäh­rend implizites Wissen ver­innerlicht wird. Nur das expli­zite Wissen ist lehrbar und durch Computerprogramme darstell­bar. So­mit ist lediglich das explizite Wissen im Bereich des E-Learnings rele­vant. Die Inhalte, welche selbstorganisiert in einem selbst­gesteuerten Lernpro­zess an­geeignet werden, tragen im Kontext des E-Learnings die Bezeichnung „Content“ (vgl. S. 51). Contents sind entweder online über das Internet abruf­bar, oder offline mittels lokal installierter Software verfügbar. Dabei werden Contents in verschiedenen For­maten, wie Text-, Au­dio- und Videodateien so­wie Simulationen dargestellt, die vom Lernenden in einem Learning Manage­ment Systemen be- und er­arbeitet werden (vgl. Miller, 2009, S. 209).

Das Lehren ist beim E-Learning medienzentriert (vgl. Pachner, 2009, S. 51), der Leh­rende ist bera­tend, beobach­tend und vor allem gestaltend tätig. Leh­rende gestalten neben Lernszenarien auch Lernumgebungen (vgl. Siebert, 2011a, S. 90).

Dem E-Learning liegen in seinen Ausprägungen unterschiedliche Lerntheo­rien zugrunde, die jeweils verschiedenen Ansichten bezüglich des Lernens ver­treten (vgl. Wiepcke, 2006, S. 42). Die Lern­theorien Behaviorismus, Kog­niti­vismus und Konstruktivismus werden in Ka­pitel 3.3 dieser Arbeit einer ge­naueren Be­trachtung unterzogen.

3.2 Typologie

Die im vorangegangenen Kapitel dargestellte Eingrenzung des E-Learningbegriffs hat deutlich gemacht, dass E-Learning für verschiedene Lern­theorien sowie Lern­formen und -umwelten ei­nen Sammelbegriff darstellt (vgl. Wiepcke, 2006, S. 54). Daher wer­den in diesem Kapitel die Funktionen, die ge­bräuchlichsten Lernformen und die Kom­ponen­ten computergestützter Lern­umwelten vorgestellt.

3.2.1 Funktionen

E-Learning erfüllt grundsätzlich drei Funktionen: Distribution, Interaktion und Kolla­boration (vgl. ebd., S. 61 f.).

Die Funktion der Distribution beschränkt sich auf die Verteilung der Lernin­halte an die Lernenden (vgl. Gardner & Thielen, 2015, S. 19). Oftmals sind die aufei­nan­der abge­stimmten Lehr-Lerninhalte auf mehrere Medien verteilt. Die neuen Me­dien wirken als Distributoren von Informationen, indem sie den Ler­nenden Informationen auf elektronischem Weg vermitteln. Diese können die Informatio­nen in einem selbstge­steuerten Prozess verarbeiten und anschlie­ßend umsetzen. Ein Leh­render ist hier­bei nicht erforderlich (vgl. Reinmann-Rothmeier & Vohle, 2003, S. 29). Dabei werden hohe Anforderungen an die Lernenden gestellt, da ein hohes Maß an Motivation benöti­gt wird, um den Lernprozess selbständig auf­recht zu erhalten. Zudem ist Vorwis­sen nötig, um die neuen In­formationen an schon exis­tente Wissensstrukturen ankoppeln zu können. Der Ler­nende benötigt zudem Selbststeuerungskompe­tenz, um im Stande zu sein, den Lern­prozess selbstorganisiert zu gestal­ten und die jeweili­gen Anforderungen zu be­wältigen. Dies bedingt eine hohe Qualität bzgl. der Gestaltung und Ausarbeitung der Inhalte, um lern­förderlich wirken zu können. Somit müssen die medialen Inhalte zielführend und sinnvoll gegliedert einge­setzt werden, um eine effiziente Vermittlung der Lernin­halte zu ermöglichen (vgl. Pachner, 2009. S. 62).

Der Lernende interagiert direkt mit dem Lehr-Lernprogramm, denn die Lerni­n­halte wer­den interaktiv vermittelt, ohne dass eine Interaktion mit einem Leh­ren­den statt­findet. Die Me­dien haben hierbei also die Funktion, die Interaktion zwi­schen dem Be­nutzer und dem System zu ermöglichen. Der Lernende wird durch das Programm tech­nisch angeleitet, für das Lernen relevante Informati­onen zu verarbeiten. Dabei kann der Lernende angebotene Übungen und Spie­le selbstor­gani­siert durchführen, ohne einen Leh­renden zu benötigen (vgl. Reinmann-Rot­h­meier & Vohle, 2003, S. 32). Jedoch ist eine tuto­rielle Unter­stützung möglich (vgl. Pach­ner, 2009, S. 63), die im nachfolgenden Kapitel dieser Arbeit erläutert wird.

Die Funktion der Kollaboration ermöglicht einen ortsun­gebundenen Aus­tausch zwischen Ler­nenden und Lehrenden, indem sie eine interaktive Kon­takt­möglich­keit eröffnet. Kooperative Lernprozesse der Lernenden werden durch Anregungen zu kollektiven Problemlösungen gefördert (vgl. Gard­ner & Thie­len, 2015, S. 19). Durch den sozialen Problemlösepro­zess können die Lernenden eigen­ständig ihr neu erworbenes Wissen in den Ler­numge­bungen konstruieren. Hier­bei können Personen miteinander interagieren die sich an verschiedenen Or­ten aufhalten. Der Lehrende hat bei dieser Art der gemein­samen Problemlösung die unverzichtbare Funktion des Moderators oder des Coaches (vgl. Pachner, 2009, S. 63).

3.2.2 Lernformen

Es existiert eine Reihe an unterschiedlichen Lernformen, die im Zusammen­hang mit E-Learning stehen. Die wichtigsten und gebräuchlichsten Lernfor­men sind Computer Based Trainings, Web Based Trainings, Virtuelle Semina­re und Lern­plattformen.

Mit Computer Based Trainings sind Lern­pro­gramme in diversen Formaten gemeint, die auf einem Datenträger, zum Beispiel einer Dis­kette oder DVD, gespeichert sind. Mit deren Hilfe kann der Lernende orts- und zeit­flexibel ler­nen, jedoch sind die Inhalte nicht aktualisierbar, auch ist ein Gruppen­lernen nicht möglich (vgl. ebd., S. 58).

Web Based Trainings sind interaktive (vgl. Erpenbeck, Sauter & Sauter, 2015, S. 6) und Internet-basierende Lernprogramme (vgl. Pachner, 2009, S. 59), die das wesentliche Ele­ment von E-Learning dar­stellen. Mittels Web Based Trai­nings wird Wissen aufgebaut und durch Übungen sowie Trans­feraufgaben ge­festigt. Dies geschieht über selbstorgani­sierte Lernprozesse (vgl. Erpenbeck, Sauter & Sauter, 2015, S. 5). Durch die Verwendung des Internets sind große Datenmen­gen trans­portierbar, deren Inhalt zudem stetig aktualisiert wer­den kann. Web Ba­sed Trai­nings bieten auch die Möglich­keit zum Gruppenlernen, da auf Inhalte, die auf Servern gespeichert sind, simultan von verschiedenen Personen zugegriffen werden kann (vgl. Pachner, 2009, S. 59).

In virtuellen Seminaren werden die Vorteile des E-Learnings und des Präsenz­ler­nens miteinander kombiniert. Das Se­minar wird über eine Webcam online über­tragen. Lernende und Lehrende sind ortsunabhängig und haben in Grup­penchats die Möglich­keit, direkt synchron miteinander zu kommunizieren. Durch die In­tegration multimedialer Inhalte, können die Seminarteil­nehmer die benötig­ten Materialien direkt herunterladen (vgl. ebd., S. 59)

Auf Lernplattformen werden die Contents mittels Com­puter Based oder Web Ba­sed Trainings bereit­gestellt, die durch themenbezogene virtuelle Seminare er­gänzt werden können. Lern­plattformen werden zudem mit betreuten Foren und moderierten Chats unterstützt, in denen Tutoren und Tutorinnen Fragen der Ler­nenden beantworten (vgl. ebd., S. 59 f.).

Während Computer Based Trainings nur reines Faktenwissen (Hard Skills) ver­mitteln können, das einzig durch ein Selbststudium erlern­bar ist, werden ge­gen­wärtig auch Soft Skills mittels E-Learning gelehrt (vgl. ebd., S. 60). Soft Skills sind Schlüs­selqua­lifikationen, wie Team- und Kooperationsfähigkeit, aber auch Fähigkei­ten wie beispielsweise das Verfassen einer wissenschaftli­chen Arbeit (vgl. Guggenbühl, 2003, S. 20), oder Kompetenzen, die nur durch die Anlei­tung eines Lehren­den gelernt wer­den können (vgl. Pach­ner, 2009, S. 61).

„Kompetenz umfasst [.] relevante Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstel­lun­gen, die selbstorganisiert und sich selbst aktualisierend im Hinblick auf die Aus­führung konkreter Handlungen im situativen Kontext angewandt werden.“ (Bender, 2003, S. 22). Der Kompe­tenzbegriff vereinigt in sich somit die Kom­ponenten Wissen, Können, Wollen, Zuständig­keit und Performanz. Die Per­formanz beschreibt die Fähigkeiten, Kompetenzen zu dem richtigen Zeitpunkt und an der richtigen Stelle einsetzen sowie Handlun­gen kontrollieren und eva­luieren zu können (vgl. Sie­bert, 2011b, S. 43).

Zum Kompetenzer­werb sind zudem Erfah­rungsaustäusche mit anderen Se­minar­teil­nehmern und -teilnehmerinnen sowie Rollen­spiele zum praktischen Einüben von Verhaltens­weisen durchzuführen. Gerade der Kon­takt und die Kommunika­tion zu Gleichgesinnten kann nur durch Präsenzveranstaltun­gen gewährleistet wer­den. Die Nachbearbeitung der Inhalte fin­det durch Computer oder Web Ba­sed Trainings statt (vgl. Pachner, 2009, S. 60 f.).

3.2.3 Komponenten computergestützter Lernumwelten

Im Folgenden werden die Ausprägungsformen verschiedener Komponenten com­puter­gestütz­ter Lernwelten klassifiziert sowie charakterisiert. Hierbei wird auf Hy­pertextsys­teme, Übungs­programme, Tutorielle Systeme, Adaptive Sys­teme, Simu­lationen, Mik­rowelten und pädagogi­sche Spiele eingegangen.

Hypertextsysteme sind Dokumentenansammlungen (Knoten) mit einer ver­netzten Struktur, die es mittels Interaktion mit Querverweisen (Links) ermögli­chen, zu einem anderen Knoten, dem Zielpunkt, zu gelangen. Ursprünglich wur­den Hypertexte dazu konzipiert, um wissenschaftli­che Literaturrecherche zu ver­einfachen (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 141).

Zu den bekanntesten Formen computergestützter Übungsprogramme zählen so­ge­nannte Drill & Practice Systeme (vgl. Minass, 2002, S. 70). Vorhandenes Wis­sen soll durch diese Lernsysteme verfestigt, vertieft sowie aufgefrischt wer­den. Den Lernenden werden zu­nächst Aufgaben gestellt. Bei einer fal­schen Be­antwor­tung der Frage, wird die Musterlösung präsentiert. Im Falle einer korrek­ten Be­ant­wortung der Frage wird von dem Programm eine weitere Frage gestellt, bei wel­cher der Schwierigkeitsgrad höher liegt, als jener der vorherigen. Ziel ist es, mit­tels Übungs­programmen Hard Skills durchDrillzu festigen oder zu erwei­tern. DurchPracticewerden Handlungsweisen ab­ge­fragt. Hierbei wird eine Basis an Grund­wissen vorausgesetzt (vgl. Minass 2002, S. 71).

Tutorielle Systeme werden synonym auch Tutorielle Unterweisung oder ein­fach nur Tuto­rial genannt. In diesem Lernkonzept übernimmt der Computer durch das Pro­gramm die Rolle eines Tutors, in dem er Inhalte vermittelt, diese mit dem Lernenden einübt und zum Ab­schluss abfragt bzw. überprüft. Tutori­elle Sys­teme vermitteln keine Hard Skills, sondern Re­geln sowie deren An­wendung (pro­zedurales Wissen). Da die Inhaltspräsentation hierbei mit Drill kombiniert wird, ist eine Kon­zi­pierung computergestützter Tutorieller Unter­weisung stets mit hohen didak­tischen Anforderun­gen verbunden (vgl. Baum­gartner & Payr, 1994, S. 158). Tutorielle Systeme sind linear organisiert und besit­zen einen ho­hen Grad an Systemsteuerung (vgl. Kam­merl, 2000, S. 15), die nicht nur Inhalte, Übungen und Tests präsentieren, sondern auch von ei­nem Tutor begleitet wer­den. Tutorielle Systeme bestimmen angesichts der Rückmeldung durch die Ler­nenden den Turnus der Lernein­heiten (vgl. Minass, 2002, S. 75).

Adaptive Systeme werden synonym als sogenannte Intelligente Tutorielle Sys­teme be­zeichnet (vgl. Wiepcke, 2006, S. 52). Der Unterschied zu Tutoriellen Systemen liegt darin, dass Adaptive bzw. Intelli­gente Tutorielle Systeme im Be­reich der künstli­chen Intelligenz angesiedelt sind. Adaptive Systeme ver­mitteln nicht reine Hard Skills, sondern beachten ihre Bedeutung kontext­nah, indem Zu­sam­menhänge und Möglichkei­ten der Verknüpfung bereitgestellt werden (vgl. Minass, 2002, S. 80). Adaptive Systeme repräsentieren nicht nur inhaltli­ches Wis­sen, sondern verfügen zudem über didaktisches Wissen, denn sie eruieren Vor­kennt­nisse und Wissenslücken der Lernenden. Dar­über hinaus ermitteln Adaptive Systeme Lösungsverfahren und benötigte Hil­festellungen, in­dem sie individuelle Benutzerprofile der Lernenden erstellen (vgl. Baum­gartner & Payr, 1994, S. 161), was der Strategie einer realen Lehrperson ent­spricht. Es existieren zuneh­mend Adaptive Systeme, die nicht ver­suchen, das optimalste Lernangebot bereitzustel­len. Viel­mehr werden die Lernenden selbst dazu aufgefordert, das System nach ihren Anforderungen einzu­stellen (vgl. Wiepcke, 2006, S. 53).

Simulationen sind Programme, die komplexe Sachverhalte sowie Situati­onen aus bestimmten Bereichen, wie zum Beispiel Wirtschaft oder Biologie, abbil­den (vgl. Baum­gartner & Payr, 1994, S. 161). Diese Programme wurden ur­sprünglich für For­schungszwecke entwi­ckelt, um Sachverhalte und Situatio­nen nachahmen zu kön­nen, die in der Realität zu kostspielig, zu riskant oder zu lang­wierig sind (vgl. Kammerl, 2000, S. 18). Simulationsmodelle stellen die Realität in Ausschnitten dar, an denen experi­men­tiert werden kann. Durch eine Parameteränderung üben die Lernenden Einfluss auf die Situ­ation aus. Ziel ist es hierbei, komplexe Situationen als Experte meis­tern zu können (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 161 f.), je­doch ist damit eine Beherrschung der Situation in der realen Umwelt nicht zwingend gegeben. Daher müssen die Lernenden Simulationen stets reflektie­ren, denn Simulationen sind eine Re­duktion auf bestimmte Aspekte einer Situ­ation (vgl. Kammerl, 2000, S. 18). In Mikrowelten wird der Lernende dazu aufgefordert, eine Situa­tion zu kreie­ren und eigene Lernziele zu definieren (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 167). Mik­rowelten sind abs­trakte Wel­ten, in denen Mögliches und Unmögli­ches mitei­nander kombiniert werden kann (vgl. Bliss & Mellar, 1993, S. 109). Die Aufga­ben der Lernenden bestehen nicht mehr in der Bewäl­tigung kom­plexer Situatio­nen, son­dern vielmehr darin, eine künstliche Welt zu kon­struie­ren (vgl. Wiepcke, 2006, S. 53).

Pädagogische Spiele haben den Anspruch, Bildung und Unterhaltung mitei­nan­der zu kombi­nieren. Anders als bei Simulationen, die nur auf Wissenser­werb ausgelegt sind, haben pädago­gische Spiele einen hohen Unterhaltungs­wert (vgl. Kammerl, 2000, S. 18). Pädagogische Spiele werden auch „Edu­tainment“ ge­nannt. Dieser Begriff führt die Be­griffe „Education“ und „Enter­tainment“ zu­sammen. Sie beste­hen aus mehreren Kategorien von (Lern-) Pro­gram­men, infor­mationsgewinnenden Systemen sowie Simulations- und Spiel­programmen. Lerni­n­halte sollen mithilfe pädagogischer Spiele spie­lerisch vermittelt wer­den (vgl. Ohler & Nieding 2000, S. 196 f.).

3.3 Lerntheoretische Grundlagen

„Wer nicht genau weiß, wie der Mensch lernt, der ist auch nicht imstande, da­für geeig­nete Unterrichtsprozesse zu planen und zu gestalten; der kann auch nicht lerngerecht lehren“ (Döh­ring & Ritter-Mamczek, 2001, S. 53). Ist dieser Aussage auch vollumfänglich zuzustimmen, so ist doch keine einzige Lern­theorie in der Lage, die Veränderungen von Können und Wissen in ihrer ge­sam­ten Komple­xität zu beschreiben oder gar zu erklären. Daher sind beim E-Lear­ning drei Lern­the­orien von großer Bedeutung: Behavi­orismus, Kogniti­vismus sowie Konstrukti­vismus (vgl. Reinmann-Rothmeier & Vohle, 2003, S. 35).

Da dem E-Learning verschiedenen Lern­theo­rien zu­grunde liegen sowie Auf­bau, Gestaltung, Inhalt und Einsatz der Lernmedien durch lerntheoretische Erkenntnisse auf ihrem jeweiligen Entwicklungsstand bedingt werden (Pach­ner, 2009, S. 52), ist es zunächst notwendig, die einzelnen Lernthe­orien chro­nologisch darzu­stellen.

3.3.1 Behaviorismus

Der Behaviorismus ist ein amerikanischer Forschungsansatz der Psychologie, welcher 1913 durch J.B. Watson begründet wurde. Die Vorläufer des Behavi­o­rismus sind der ame­ri­kanische Funk­tionalismus sowie die russische Reflexo­logie. Bei diesen beiden Ansätzen wer­den Tierversuche im Hinblick auf ele­mentare Verhaltensweisen durchgeführt, da deren Regeln und Normen ebenso für menschliche Verhaltens­weisen gelten sollen. Ebenso geht es beim Behavi­orismus um die Vorhersage so­wie Kontrolle von Verhalten (vgl. Barkey, 2007a, S. 99). Als wichtigste Vertreter des Behaviorismus sind Pawlow, Thorn­dike und Skinner zu nennen (vgl. Dittler, 2002, S. 28).

Die Grundposition des Behaviorismus ist, dass Lernen letztlich Verhaltensän­derun­g durch Umweltkontrolle darstellt, welche durch Manipulation äußerer Rei­ze hervorgerufen wird (vgl. Terhart, 2009, S. 31).

Das Gehirn wird als sogenannteBlack Boxverstanden, ein passives Behältnis, das zunächst gefüllt werden muss (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 101). Beim Behaviorismus wird die exekutive Funktion des Gehirns vernachläs­sigt (vgl. Gudjons & Traub, 2012, S. 224), da innerhalb des Lernparadigmas des Be­havio­rismus nur die Verhal­tenssteuerung von Bedeutung ist (vgl. Baum­gartner & Payr, 1994, S. 101) und somit Lernen als bewusstseinsunabhängige Reizas­sozi­ation (vgl. Göhlich & Zirfas, 2007, S. 20) auf molekularer Ebene (vgl. Bar­key, 2007a, S. 99) angesehen wird. Lernen stellt eine Ver­knüpfung von Reizen und Reakti­onen dar (vgl. Dittler, 2002, S. 28). Die auf den Reiz folgenden Reaktio­nen sind nicht erbbedingt (vgl. Barkey, 2007a, S. 99), son­dern werden durch Konditi­o­nierung be­stimmt. Diese konditionierte Reaktion wird durch Adap­tion erworben. (vgl. Baum­gartner & Payr, 1994. S. 101). Die wichtigsten Lerntheo­rien des Be­ha­viorismus stellen die Klassische Konditio­nierung und die Operante Konditio­nie­rung dar (vgl. Bar­key, 2007a, S. 99). Die Klassische Konditionierung baut auf der russischen Reflexologie auf und wird sy­nonym auch als Signal-, Reiz-Reaktions-, Stimulus-Response- oder reak­tives Ler­nen be­zeichnet (vgl. Göhlich & Zirfas, 2007, S. 20). Be­gründet wur­de diese Lern­theorie von Pawlow. Nach dieser führt die Assozia­tion eines un­bedingten Reflexes mit einem zeitlich auftretenden neutralen, unkonditionierten Reiz dazu, dass durch die Assoziation des Reizes der zu­nächst neutrale Reiz zu einem be­dingten Reiz wird, der nun eine Signalfunk­tion für den nun bedingten Reflex hat. Nach Pawlow werden Verhaltens- und emotio­nale Reak­tionen durch einen Lern­prozess erwor­ben (vgl. Barkey, 2007a, S. 99).

Bei der Operanten Konditionierung, die von Skinner begründet wurde (vgl. Göhlich & Zirfas, 2007, S. 22), erscheinen Reize nicht unabhängig von Re­aktionen, wie es bei der Klassischen Konditionie­rung der Fall ist. Der Reiz wird präsentiert, wenn der Ler­nende eine Reaktion darauf zeigt (vgl. Gudjons & Traub, 2012, S. 222). Mittels der Operanten Konditio­nierung wird das ge­lernt, was am erfolgsversprechenden ist (vgl. Göhlich & Zirfas, 2007, S. 21), um be­stimmte Ergeb­nisse zu erzielen (vgl. Gudjons & Traub, 2012, S. 222), die ei­nen positiven Zu­stand auslösen oder aufrechterhalten (vgl. Göhlich & Zirfas, 2007, S. 22). Die Operante Konditionierung wird in Kapitel 5.2.1 die­ser Ar­beit erläutert.

Die ersten computergestützten Lernprogramme gab es in den 1960er Jahren in den USA (vgl. Maresch, 2008, S. 20). Der Behaviorismus ist bei der Entwick­lung so­genannter Programmier­ter Lernprogramme von Bedeutung, da diese nach Skin­ners Ansatz „Lernen durch Erfolg“ konzipiert werden. Dies ge­schieht auf drei Stu­fen. Auf der ersten Stufe werden alle nö­tigen Informatio­nen vermittelt. Im An­schluss daran werden die Aufgaben oder Frage­stellung angeboten. Auf der letzten Stufe er­folgt die Erfolgsevaluation (vgl. Dittler, 2002, S. 28), die beim Behavio­rismus im Vordergrund steht (vgl. Pachner, 2009, S. 53).

Behavioristisch ge­kennzeichnet sind Hypertextsysteme, Drill & Practice Pro­gramme (vgl. Wiepcke, 2006, S. 55), wie beispielsweise Multiple Choice Tests (vgl. Kammerl, 2000, S. 15), in denen der Erwerb von Hard Skills im Vorder­grund steht (vgl. Wiepcke, 2006, S. 46).

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Details

Titel
Blended Learning. Lerntheoretische Grundlagen und praktische Umsetzung des Instruktions- und Kontextdesigns im Vergleich
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
51
Katalognummer
V420524
ISBN (eBook)
9783668693968
ISBN (Buch)
9783668693975
Dateigröße
782 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Blended Learning, E-Learning, Lerntheorien, Kontextdesign, Strukturdesign
Arbeit zitieren
Julia Hettler (Autor:in), 2017, Blended Learning. Lerntheoretische Grundlagen und praktische Umsetzung des Instruktions- und Kontextdesigns im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/420524

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Titel: Blended Learning. Lerntheoretische Grundlagen und praktische Umsetzung des Instruktions- und Kontextdesigns im Vergleich



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