Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Traditionelle Lehr-Lernformen
3 E-Learning
3.1 Begriffliche Eingrenzung
3.2 Typologie
3.2.1 Funktionen
3.2.2 Lernformen
3.2.3 Komponenten computergestützter Lernumwelten
3.3 Lerntheoretische Grundlagen
3.3.1 Behaviorismus
3.3.2 Kognitivismus
3.3.3 Konstruktivismus
4 Blended Learning
4.1 Begriffliche Eingrenzung
4.2 Blended Learning Szenarien
5 Allgemeine didaktische Modelle
5.1 Klassifikation von Blended Learning Ansätzen
5.2 Charakterisierung von Instruktions- und Kontextdesign
5.3 Modelle des Instruktionsdesigns
5.3.1 Programmierte Unterweisung
5.3.2 Instruktionstheorie
5.3.3 Elaborationstheorie der Instruktion
5.3.4 Component Display Theory
5.3.5 Instructional Transaction Theory
5.4 Modelle des Kontextdesignss
5.4.1 Cognitive Apprenticeship
5.4.2 Goal-Based Scenarios
6 Vergleich der allgemeinen didaktischen Modelle
6.1 Allgemeiner Modellvergleich
6.2 Modellvergleich im Hinblick auf Blended Learning
7 Resümee
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
Da Lernprozesse von vielen kognitiven sowie nicht-kognitiven Persönlichkeitseigenschaften bedingt werden, richtet die Didaktik ihren Fokus verstärkt auf Differenzierungs- und Individualisierungsaspekte. Durch ein differenziertes Unterrichtsangebot können die zu vermittelnden Inhalte, die Lernstile sowie die Aufgabenstellung bestmöglich individuell auf die einzelnen Lernenden abgestimmt werden. Als ausgesprochen vorteilhaft für die Individualisierung der Lehr-Lernprozesse erweisen sich E-Learning Plattformen, da hierbei die individuellen Bedürfnisse berücksichtigt werden, indem der Lernende sein Lerntempo, die Auswahl der Lernmaterialien sowie seine Lernstile und Präferenzen selbst anpassen bzw. auswählen kann. Ein weiterer Vorteil manifestiert sich darin, dass die Lehrenden durch E-Learning in die Lage versetzt werden, außerhalb der Präsenzphase mit den Lernenden individuell zu kommunizieren (vgl. Maresch, 2008, S. 9). Allerdings kristallisierte sich mit der Zeit heraus, dass computerunterstütztes Lernen alleine oftmals nicht ausreicht, um den nötigen Lernerfolg der Lernenden zu erzielen. Diesem Umstand wurde durch die Kombination von E-Learning und Präsenzlernen Rechnung getragen (vgl. Kraft, 2003, S. 43). Das Resultat dieser Vereinigung ist der Gegenstand vorliegender Untersuchung: das Blended Learning.
Begünstigt durch den technologischen Fortschritt und die damit verbundene Preisreduzierung technischer Endgeräte, die beständige Verbesserung der Internet-Infrastruktur sowie die Veränderung des Kommunikationsverhaltens und die verbesserte Verfügbarkeit relevanter Informationen, trat das Blended Learning, wie jüngste Untersuchungen aufzeigen, einen weltweiten Siegeszug im Bereich der höheren Bildung an. Blended Learning findet seinen Einfluss in einem breiten Spektrum der höheren Bildung, da es einen effizienten Ansatz darstellt, in welchem der traditionell definierte Förderungsprozess mit Technologie unterfüttert und ergänzt wird (vgl. Sun, 2016, S. 292). Doch auch das Blended Learning selbst ist kein homogenes, statisches Lehr-Lernmodell sondern unterliegt im Lauf der Zeit zum Teil einschneidenden Veränderungen. Diese Weiterentwicklung des Blenden Learning Ansatzes wird im Folgenden nachgezeichnet. Um diese Entwicklung wirklich nachvollziehen zu können ist es erforderlich, sich zunächst den konkreten Inhalt der beiden Komponenten des Blended Learnings, der Klassischen Lehr-Lernformen und des E-Learnings, zu vergegenwärtigen. Nach dieser Grundsteinlegung und auf dieser fußend wird der Begriff Blended Learning eingegrenzt, die verschiedenen didaktischen Modelle klassifiziert und charakterisiert sowie in einer vergleichenden Darstellung diskutiert.
2 Traditionelle Lehr-Lernformen
Die traditionellste Lehr-Lernform ist der Unterricht. Dieser wird heutzutage in programmierten (vgl. Schnotz, 2011, S. 43), offenen sowie traditionellen (vgl. ebd., S. 31) kategorisiert. Zu den traditionellen Unterrichtsformen gehört der Frontalunterricht (vgl. Gudjons, 2003, S. 24), der eine „unterrichtsmethodische Allzweckwaffe mit großer Verbreitung“ (ebd., S. 7) darstellt. Der Frontalunterricht wird seit mehr als 300 Jahren praktiziert (vgl. ebd., S. 13) und ist eine der häufigsten Lernformen (vgl. ebd., S. 7). Das Wort „frontal“ entstammt aus dem lateinischenfonsund bedeutet übersetzt „Stirn“ (vgl. ebd., S. 22). Synonym wird auch der Begriff „Plenumsarbeit“ (Miller, 2001, S. 63) verwendet, der weniger negativ konnotiert ist, wie der Begriff des Frontalunterrichts (vgl. Gudjons, 2003, S. 22 f.).
Comenius, ein im 17. Jahrhundert wirkender böhmischer Bischof, war der erste Pädagoge, der sich mit der Notwendigkeit und den Möglichkeiten des Unterrichts auseinandersetzte. Er befasste sich mit der Erziehung, dem Unterricht, dem Schulwesen und mit Didaktik. Im Fokus der didaktischen Überlegungen stand besonders der Lehrervortrag, eine Variante des Frontalunterrichts (vgl. ebd., S. 13).
Im Jahr 1647 veröffentlichte Georg Philipp Harsdörffer in Nürnberg ein dreiteiliges Werk mit dem Titel „Poetischer Trichter, die Teutsche Dicht- und Reimkunst, ohne Beruf der lat. Sprache, in VI Stunden einzugießen“ (Harsdörfer, 1971) – das war die Geburtsstunde des „Nürnberger Trichters“ (Gudjons, 2003, S. 12), der als „Einbahnstraßenmodell“ (Döring, 2008, S. 46) betrachtet wird, da jemand, der über Wissen verfügt, dieses Wissen einem unwissenden weitergibt und ihm somit „eintrichtert“ (vgl. ebd., S. 46; Gudjons, 2003, S. 12 f.). Heute wird der Frontalunterricht allerdings definiert als
Sozialform des Unterrichts, bei dem der Lehrer versucht, den Lernstoff an eine Schulklasse mit Hilfe von sprachlicher Darbietung, Wandtafel, Schulbuch und Overheadprojektor unter Berücksichtigung methodischer Lernschritte an alle Schüler gleichzeitig und effektiv zu vermitteln. Dabei steuert und kontrolliert er mit Fragen und Impulsen den Fortgang des Lernprozesses. (Schaub & Zenke, 2000, S. 224).
Frontalunterricht stellt nach der angeführten Definition eine Sozialform dar, die Beziehungsstrukturen, wie Kommunikation und Raumstruktur regelt. Innerhalb des Frontalunterrichts werden die Formen der Kommunikation von der Lehrperson bestimmt. Weitere Sozialformen des Unterrichts sind Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten sowie Sonderformen, wie beispielsweise Planspiele (vgl. Gudjons, 2003, S. 22 f.).
Frontalunterricht wird auch in moderner Zeit als unverzichtbar angesehen, wenn er gewisse Voraussetzungen erfüllt. So hat er Kooperation, Selbstverantwortung und -steuerung zu fördern, eine didaktische Funktion aufzuweisen sowie modern und professionell gestaltet zu sein (vgl. ebd., S. 8). Demnach ist es notwendig, zunächst eine Bedarfsabfrage durchzuführen, in dem die Wünsche der Lernenden mit der Unterrichtsplanung des Lehrenden verknüpft werden. Hierzu ist es wichtig, Vorkenntnisse und Vorwissen der Lernenden abzuklären und den Lerninhalt gegebenenfalls daran anzupassen (vgl. Döring, 2008, S. 52 f.). Eine Strukturierung des Lernverlaufs in einzelne Lernphasen ist notwendig, um ein erfolgreiches Lernen gewährleisten zu können (vgl. ebd., S. 55). Jedoch wird reiner Frontalunterricht durch die einseitige Kommunikation von den Lernenden als belastend empfunden, wenn er länger als zwanzig Minuten andauert. Daher ist es notwendig, auf verschiedene Unterrichtsmethoden bzw. Sozialformen des Unterrichts, wie Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten, Gespräche mit dem Lehrer sowie Rollenspiele und Simulationen zurückzugreifen (vgl. ebd., S. 58). Auch der Ein- und Ausstieg des Unterrichts ist von Bedeutung. Gerade beim Ausstieg ist es angezeigt, Inhalte noch einmal zusammen zu fassen, um den Lernprozess effizient abzuschließen (vgl. ebd., S. 61). Wenn Medien eingesetzt werden, soll der Umgang mit ihnen veranschaulicht werden. Sie dienen zum einen als Instruktionshilfe, zum anderen haben sie die Funktion der Arbeitsunterstützung. Dies ermöglicht dem Lernenden eine bessere Aufnahme und Speicherung sowie Verarbeitung und Abrufung des Inhalts (vgl. ebd., S. 64).
3 E-Learning
Eine einheitliche und klare Definition des Begriffs E-Learning existiert nicht (vgl. Miller, 2009, S. 209; Simonova & Kostolanyova 2016, S. 302). Um sich einem Verständnis dennoch anzunähern, wird der Begriff zunächst genauer eingegrenzt. Im Anschluss daran wird E-Learning nach Funktionen, Lernformen und den Komponenten computergestützter Lernumwelten klassifiziert sowie die Lerntheoretischen Grundlagen des E-Learnings vorgestellt.
3.1 Begriffliche Eingrenzung
Der Begriff E-Learning ist zusammengesetzt aus den Komponenten „E“ und „Learning“. Das „E“ steht im englischen Sprachgebrauch für „electronic“ was auf den Einsatz elektronischer Lehrmittel hindeutet (vgl. Miller, 2009, S. 209; Pachner, 2009, S. 51). Allerdings beschränkt sich der Begriff E-Learning nicht nur auf die technologische Komponente, sondern betont auch vielfältige Lernkonzepte (vgl. Erpenbeck, Sauter & Sauter, 2015, S. 5), denn der Begriffsbestandteil „Learning“ lässt laut Pachner (2009) auf traditionelle Begriffe wie Wissen, Inhalt, Lernen und Lehren schließen:
Wissen wird in implizites und explizites Wissen unterteilt. Explizites Wissen ist formal und generalisierbar, während implizites Wissen verinnerlicht wird. Nur das explizite Wissen ist lehrbar und durch Computerprogramme darstellbar. Somit ist lediglich das explizite Wissen im Bereich des E-Learnings relevant. Die Inhalte, welche selbstorganisiert in einem selbstgesteuerten Lernprozess angeeignet werden, tragen im Kontext des E-Learnings die Bezeichnung „Content“ (vgl. S. 51). Contents sind entweder online über das Internet abrufbar, oder offline mittels lokal installierter Software verfügbar. Dabei werden Contents in verschiedenen Formaten, wie Text-, Audio- und Videodateien sowie Simulationen dargestellt, die vom Lernenden in einem Learning Management Systemen be- und erarbeitet werden (vgl. Miller, 2009, S. 209).
Das Lehren ist beim E-Learning medienzentriert (vgl. Pachner, 2009, S. 51), der Lehrende ist beratend, beobachtend und vor allem gestaltend tätig. Lehrende gestalten neben Lernszenarien auch Lernumgebungen (vgl. Siebert, 2011a, S. 90).
Dem E-Learning liegen in seinen Ausprägungen unterschiedliche Lerntheorien zugrunde, die jeweils verschiedenen Ansichten bezüglich des Lernens vertreten (vgl. Wiepcke, 2006, S. 42). Die Lerntheorien Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus werden in Kapitel 3.3 dieser Arbeit einer genaueren Betrachtung unterzogen.
3.2 Typologie
Die im vorangegangenen Kapitel dargestellte Eingrenzung des E-Learningbegriffs hat deutlich gemacht, dass E-Learning für verschiedene Lerntheorien sowie Lernformen und -umwelten einen Sammelbegriff darstellt (vgl. Wiepcke, 2006, S. 54). Daher werden in diesem Kapitel die Funktionen, die gebräuchlichsten Lernformen und die Komponenten computergestützter Lernumwelten vorgestellt.
3.2.1 Funktionen
E-Learning erfüllt grundsätzlich drei Funktionen: Distribution, Interaktion und Kollaboration (vgl. ebd., S. 61 f.).
Die Funktion der Distribution beschränkt sich auf die Verteilung der Lerninhalte an die Lernenden (vgl. Gardner & Thielen, 2015, S. 19). Oftmals sind die aufeinander abgestimmten Lehr-Lerninhalte auf mehrere Medien verteilt. Die neuen Medien wirken als Distributoren von Informationen, indem sie den Lernenden Informationen auf elektronischem Weg vermitteln. Diese können die Informationen in einem selbstgesteuerten Prozess verarbeiten und anschließend umsetzen. Ein Lehrender ist hierbei nicht erforderlich (vgl. Reinmann-Rothmeier & Vohle, 2003, S. 29). Dabei werden hohe Anforderungen an die Lernenden gestellt, da ein hohes Maß an Motivation benötigt wird, um den Lernprozess selbständig aufrecht zu erhalten. Zudem ist Vorwissen nötig, um die neuen Informationen an schon existente Wissensstrukturen ankoppeln zu können. Der Lernende benötigt zudem Selbststeuerungskompetenz, um im Stande zu sein, den Lernprozess selbstorganisiert zu gestalten und die jeweiligen Anforderungen zu bewältigen. Dies bedingt eine hohe Qualität bzgl. der Gestaltung und Ausarbeitung der Inhalte, um lernförderlich wirken zu können. Somit müssen die medialen Inhalte zielführend und sinnvoll gegliedert eingesetzt werden, um eine effiziente Vermittlung der Lerninhalte zu ermöglichen (vgl. Pachner, 2009. S. 62).
Der Lernende interagiert direkt mit dem Lehr-Lernprogramm, denn die Lerninhalte werden interaktiv vermittelt, ohne dass eine Interaktion mit einem Lehrenden stattfindet. Die Medien haben hierbei also die Funktion, die Interaktion zwischen dem Benutzer und dem System zu ermöglichen. Der Lernende wird durch das Programm technisch angeleitet, für das Lernen relevante Informationen zu verarbeiten. Dabei kann der Lernende angebotene Übungen und Spiele selbstorganisiert durchführen, ohne einen Lehrenden zu benötigen (vgl. Reinmann-Rothmeier & Vohle, 2003, S. 32). Jedoch ist eine tutorielle Unterstützung möglich (vgl. Pachner, 2009, S. 63), die im nachfolgenden Kapitel dieser Arbeit erläutert wird.
Die Funktion der Kollaboration ermöglicht einen ortsungebundenen Austausch zwischen Lernenden und Lehrenden, indem sie eine interaktive Kontaktmöglichkeit eröffnet. Kooperative Lernprozesse der Lernenden werden durch Anregungen zu kollektiven Problemlösungen gefördert (vgl. Gardner & Thielen, 2015, S. 19). Durch den sozialen Problemlöseprozess können die Lernenden eigenständig ihr neu erworbenes Wissen in den Lernumgebungen konstruieren. Hierbei können Personen miteinander interagieren die sich an verschiedenen Orten aufhalten. Der Lehrende hat bei dieser Art der gemeinsamen Problemlösung die unverzichtbare Funktion des Moderators oder des Coaches (vgl. Pachner, 2009, S. 63).
3.2.2 Lernformen
Es existiert eine Reihe an unterschiedlichen Lernformen, die im Zusammenhang mit E-Learning stehen. Die wichtigsten und gebräuchlichsten Lernformen sind Computer Based Trainings, Web Based Trainings, Virtuelle Seminare und Lernplattformen.
Mit Computer Based Trainings sind Lernprogramme in diversen Formaten gemeint, die auf einem Datenträger, zum Beispiel einer Diskette oder DVD, gespeichert sind. Mit deren Hilfe kann der Lernende orts- und zeitflexibel lernen, jedoch sind die Inhalte nicht aktualisierbar, auch ist ein Gruppenlernen nicht möglich (vgl. ebd., S. 58).
Web Based Trainings sind interaktive (vgl. Erpenbeck, Sauter & Sauter, 2015, S. 6) und Internet-basierende Lernprogramme (vgl. Pachner, 2009, S. 59), die das wesentliche Element von E-Learning darstellen. Mittels Web Based Trainings wird Wissen aufgebaut und durch Übungen sowie Transferaufgaben gefestigt. Dies geschieht über selbstorganisierte Lernprozesse (vgl. Erpenbeck, Sauter & Sauter, 2015, S. 5). Durch die Verwendung des Internets sind große Datenmengen transportierbar, deren Inhalt zudem stetig aktualisiert werden kann. Web Based Trainings bieten auch die Möglichkeit zum Gruppenlernen, da auf Inhalte, die auf Servern gespeichert sind, simultan von verschiedenen Personen zugegriffen werden kann (vgl. Pachner, 2009, S. 59).
In virtuellen Seminaren werden die Vorteile des E-Learnings und des Präsenzlernens miteinander kombiniert. Das Seminar wird über eine Webcam online übertragen. Lernende und Lehrende sind ortsunabhängig und haben in Gruppenchats die Möglichkeit, direkt synchron miteinander zu kommunizieren. Durch die Integration multimedialer Inhalte, können die Seminarteilnehmer die benötigten Materialien direkt herunterladen (vgl. ebd., S. 59)
Auf Lernplattformen werden die Contents mittels Computer Based oder Web Based Trainings bereitgestellt, die durch themenbezogene virtuelle Seminare ergänzt werden können. Lernplattformen werden zudem mit betreuten Foren und moderierten Chats unterstützt, in denen Tutoren und Tutorinnen Fragen der Lernenden beantworten (vgl. ebd., S. 59 f.).
Während Computer Based Trainings nur reines Faktenwissen (Hard Skills) vermitteln können, das einzig durch ein Selbststudium erlernbar ist, werden gegenwärtig auch Soft Skills mittels E-Learning gelehrt (vgl. ebd., S. 60). Soft Skills sind Schlüsselqualifikationen, wie Team- und Kooperationsfähigkeit, aber auch Fähigkeiten wie beispielsweise das Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit (vgl. Guggenbühl, 2003, S. 20), oder Kompetenzen, die nur durch die Anleitung eines Lehrenden gelernt werden können (vgl. Pachner, 2009, S. 61).
„Kompetenz umfasst [.] relevante Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen, die selbstorganisiert und sich selbst aktualisierend im Hinblick auf die Ausführung konkreter Handlungen im situativen Kontext angewandt werden.“ (Bender, 2003, S. 22). Der Kompetenzbegriff vereinigt in sich somit die Komponenten Wissen, Können, Wollen, Zuständigkeit und Performanz. Die Performanz beschreibt die Fähigkeiten, Kompetenzen zu dem richtigen Zeitpunkt und an der richtigen Stelle einsetzen sowie Handlungen kontrollieren und evaluieren zu können (vgl. Siebert, 2011b, S. 43).
Zum Kompetenzerwerb sind zudem Erfahrungsaustäusche mit anderen Seminarteilnehmern und -teilnehmerinnen sowie Rollenspiele zum praktischen Einüben von Verhaltensweisen durchzuführen. Gerade der Kontakt und die Kommunikation zu Gleichgesinnten kann nur durch Präsenzveranstaltungen gewährleistet werden. Die Nachbearbeitung der Inhalte findet durch Computer oder Web Based Trainings statt (vgl. Pachner, 2009, S. 60 f.).
3.2.3 Komponenten computergestützter Lernumwelten
Im Folgenden werden die Ausprägungsformen verschiedener Komponenten computergestützter Lernwelten klassifiziert sowie charakterisiert. Hierbei wird auf Hypertextsysteme, Übungsprogramme, Tutorielle Systeme, Adaptive Systeme, Simulationen, Mikrowelten und pädagogische Spiele eingegangen.
Hypertextsysteme sind Dokumentenansammlungen (Knoten) mit einer vernetzten Struktur, die es mittels Interaktion mit Querverweisen (Links) ermöglichen, zu einem anderen Knoten, dem Zielpunkt, zu gelangen. Ursprünglich wurden Hypertexte dazu konzipiert, um wissenschaftliche Literaturrecherche zu vereinfachen (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 141).
Zu den bekanntesten Formen computergestützter Übungsprogramme zählen sogenannte Drill & Practice Systeme (vgl. Minass, 2002, S. 70). Vorhandenes Wissen soll durch diese Lernsysteme verfestigt, vertieft sowie aufgefrischt werden. Den Lernenden werden zunächst Aufgaben gestellt. Bei einer falschen Beantwortung der Frage, wird die Musterlösung präsentiert. Im Falle einer korrekten Beantwortung der Frage wird von dem Programm eine weitere Frage gestellt, bei welcher der Schwierigkeitsgrad höher liegt, als jener der vorherigen. Ziel ist es, mittels Übungsprogrammen Hard Skills durchDrillzu festigen oder zu erweitern. DurchPracticewerden Handlungsweisen abgefragt. Hierbei wird eine Basis an Grundwissen vorausgesetzt (vgl. Minass 2002, S. 71).
Tutorielle Systeme werden synonym auch Tutorielle Unterweisung oder einfach nur Tutorial genannt. In diesem Lernkonzept übernimmt der Computer durch das Programm die Rolle eines Tutors, in dem er Inhalte vermittelt, diese mit dem Lernenden einübt und zum Abschluss abfragt bzw. überprüft. Tutorielle Systeme vermitteln keine Hard Skills, sondern Regeln sowie deren Anwendung (prozedurales Wissen). Da die Inhaltspräsentation hierbei mit Drill kombiniert wird, ist eine Konzipierung computergestützter Tutorieller Unterweisung stets mit hohen didaktischen Anforderungen verbunden (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 158). Tutorielle Systeme sind linear organisiert und besitzen einen hohen Grad an Systemsteuerung (vgl. Kammerl, 2000, S. 15), die nicht nur Inhalte, Übungen und Tests präsentieren, sondern auch von einem Tutor begleitet werden. Tutorielle Systeme bestimmen angesichts der Rückmeldung durch die Lernenden den Turnus der Lerneinheiten (vgl. Minass, 2002, S. 75).
Adaptive Systeme werden synonym als sogenannte Intelligente Tutorielle Systeme bezeichnet (vgl. Wiepcke, 2006, S. 52). Der Unterschied zu Tutoriellen Systemen liegt darin, dass Adaptive bzw. Intelligente Tutorielle Systeme im Bereich der künstlichen Intelligenz angesiedelt sind. Adaptive Systeme vermitteln nicht reine Hard Skills, sondern beachten ihre Bedeutung kontextnah, indem Zusammenhänge und Möglichkeiten der Verknüpfung bereitgestellt werden (vgl. Minass, 2002, S. 80). Adaptive Systeme repräsentieren nicht nur inhaltliches Wissen, sondern verfügen zudem über didaktisches Wissen, denn sie eruieren Vorkenntnisse und Wissenslücken der Lernenden. Darüber hinaus ermitteln Adaptive Systeme Lösungsverfahren und benötigte Hilfestellungen, indem sie individuelle Benutzerprofile der Lernenden erstellen (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 161), was der Strategie einer realen Lehrperson entspricht. Es existieren zunehmend Adaptive Systeme, die nicht versuchen, das optimalste Lernangebot bereitzustellen. Vielmehr werden die Lernenden selbst dazu aufgefordert, das System nach ihren Anforderungen einzustellen (vgl. Wiepcke, 2006, S. 53).
Simulationen sind Programme, die komplexe Sachverhalte sowie Situationen aus bestimmten Bereichen, wie zum Beispiel Wirtschaft oder Biologie, abbilden (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 161). Diese Programme wurden ursprünglich für Forschungszwecke entwickelt, um Sachverhalte und Situationen nachahmen zu können, die in der Realität zu kostspielig, zu riskant oder zu langwierig sind (vgl. Kammerl, 2000, S. 18). Simulationsmodelle stellen die Realität in Ausschnitten dar, an denen experimentiert werden kann. Durch eine Parameteränderung üben die Lernenden Einfluss auf die Situation aus. Ziel ist es hierbei, komplexe Situationen als Experte meistern zu können (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 161 f.), jedoch ist damit eine Beherrschung der Situation in der realen Umwelt nicht zwingend gegeben. Daher müssen die Lernenden Simulationen stets reflektieren, denn Simulationen sind eine Reduktion auf bestimmte Aspekte einer Situation (vgl. Kammerl, 2000, S. 18). In Mikrowelten wird der Lernende dazu aufgefordert, eine Situation zu kreieren und eigene Lernziele zu definieren (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 167). Mikrowelten sind abstrakte Welten, in denen Mögliches und Unmögliches miteinander kombiniert werden kann (vgl. Bliss & Mellar, 1993, S. 109). Die Aufgaben der Lernenden bestehen nicht mehr in der Bewältigung komplexer Situationen, sondern vielmehr darin, eine künstliche Welt zu konstruieren (vgl. Wiepcke, 2006, S. 53).
Pädagogische Spiele haben den Anspruch, Bildung und Unterhaltung miteinander zu kombinieren. Anders als bei Simulationen, die nur auf Wissenserwerb ausgelegt sind, haben pädagogische Spiele einen hohen Unterhaltungswert (vgl. Kammerl, 2000, S. 18). Pädagogische Spiele werden auch „Edutainment“ genannt. Dieser Begriff führt die Begriffe „Education“ und „Entertainment“ zusammen. Sie bestehen aus mehreren Kategorien von (Lern-) Programmen, informationsgewinnenden Systemen sowie Simulations- und Spielprogrammen. Lerninhalte sollen mithilfe pädagogischer Spiele spielerisch vermittelt werden (vgl. Ohler & Nieding 2000, S. 196 f.).
3.3 Lerntheoretische Grundlagen
„Wer nicht genau weiß, wie der Mensch lernt, der ist auch nicht imstande, dafür geeignete Unterrichtsprozesse zu planen und zu gestalten; der kann auch nicht lerngerecht lehren“ (Döhring & Ritter-Mamczek, 2001, S. 53). Ist dieser Aussage auch vollumfänglich zuzustimmen, so ist doch keine einzige Lerntheorie in der Lage, die Veränderungen von Können und Wissen in ihrer gesamten Komplexität zu beschreiben oder gar zu erklären. Daher sind beim E-Learning drei Lerntheorien von großer Bedeutung: Behaviorismus, Kognitivismus sowie Konstruktivismus (vgl. Reinmann-Rothmeier & Vohle, 2003, S. 35).
Da dem E-Learning verschiedenen Lerntheorien zugrunde liegen sowie Aufbau, Gestaltung, Inhalt und Einsatz der Lernmedien durch lerntheoretische Erkenntnisse auf ihrem jeweiligen Entwicklungsstand bedingt werden (Pachner, 2009, S. 52), ist es zunächst notwendig, die einzelnen Lerntheorien chronologisch darzustellen.
3.3.1 Behaviorismus
Der Behaviorismus ist ein amerikanischer Forschungsansatz der Psychologie, welcher 1913 durch J.B. Watson begründet wurde. Die Vorläufer des Behaviorismus sind der amerikanische Funktionalismus sowie die russische Reflexologie. Bei diesen beiden Ansätzen werden Tierversuche im Hinblick auf elementare Verhaltensweisen durchgeführt, da deren Regeln und Normen ebenso für menschliche Verhaltensweisen gelten sollen. Ebenso geht es beim Behaviorismus um die Vorhersage sowie Kontrolle von Verhalten (vgl. Barkey, 2007a, S. 99). Als wichtigste Vertreter des Behaviorismus sind Pawlow, Thorndike und Skinner zu nennen (vgl. Dittler, 2002, S. 28).
Die Grundposition des Behaviorismus ist, dass Lernen letztlich Verhaltensänderung durch Umweltkontrolle darstellt, welche durch Manipulation äußerer Reize hervorgerufen wird (vgl. Terhart, 2009, S. 31).
Das Gehirn wird als sogenannteBlack Boxverstanden, ein passives Behältnis, das zunächst gefüllt werden muss (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 101). Beim Behaviorismus wird die exekutive Funktion des Gehirns vernachlässigt (vgl. Gudjons & Traub, 2012, S. 224), da innerhalb des Lernparadigmas des Behaviorismus nur die Verhaltenssteuerung von Bedeutung ist (vgl. Baumgartner & Payr, 1994, S. 101) und somit Lernen als bewusstseinsunabhängige Reizassoziation (vgl. Göhlich & Zirfas, 2007, S. 20) auf molekularer Ebene (vgl. Barkey, 2007a, S. 99) angesehen wird. Lernen stellt eine Verknüpfung von Reizen und Reaktionen dar (vgl. Dittler, 2002, S. 28). Die auf den Reiz folgenden Reaktionen sind nicht erbbedingt (vgl. Barkey, 2007a, S. 99), sondern werden durch Konditionierung bestimmt. Diese konditionierte Reaktion wird durch Adaption erworben. (vgl. Baumgartner & Payr, 1994. S. 101). Die wichtigsten Lerntheorien des Behaviorismus stellen die Klassische Konditionierung und die Operante Konditionierung dar (vgl. Barkey, 2007a, S. 99). Die Klassische Konditionierung baut auf der russischen Reflexologie auf und wird synonym auch als Signal-, Reiz-Reaktions-, Stimulus-Response- oder reaktives Lernen bezeichnet (vgl. Göhlich & Zirfas, 2007, S. 20). Begründet wurde diese Lerntheorie von Pawlow. Nach dieser führt die Assoziation eines unbedingten Reflexes mit einem zeitlich auftretenden neutralen, unkonditionierten Reiz dazu, dass durch die Assoziation des Reizes der zunächst neutrale Reiz zu einem bedingten Reiz wird, der nun eine Signalfunktion für den nun bedingten Reflex hat. Nach Pawlow werden Verhaltens- und emotionale Reaktionen durch einen Lernprozess erworben (vgl. Barkey, 2007a, S. 99).
Bei der Operanten Konditionierung, die von Skinner begründet wurde (vgl. Göhlich & Zirfas, 2007, S. 22), erscheinen Reize nicht unabhängig von Reaktionen, wie es bei der Klassischen Konditionierung der Fall ist. Der Reiz wird präsentiert, wenn der Lernende eine Reaktion darauf zeigt (vgl. Gudjons & Traub, 2012, S. 222). Mittels der Operanten Konditionierung wird das gelernt, was am erfolgsversprechenden ist (vgl. Göhlich & Zirfas, 2007, S. 21), um bestimmte Ergebnisse zu erzielen (vgl. Gudjons & Traub, 2012, S. 222), die einen positiven Zustand auslösen oder aufrechterhalten (vgl. Göhlich & Zirfas, 2007, S. 22). Die Operante Konditionierung wird in Kapitel 5.2.1 dieser Arbeit erläutert.
Die ersten computergestützten Lernprogramme gab es in den 1960er Jahren in den USA (vgl. Maresch, 2008, S. 20). Der Behaviorismus ist bei der Entwicklung sogenannter Programmierter Lernprogramme von Bedeutung, da diese nach Skinners Ansatz „Lernen durch Erfolg“ konzipiert werden. Dies geschieht auf drei Stufen. Auf der ersten Stufe werden alle nötigen Informationen vermittelt. Im Anschluss daran werden die Aufgaben oder Fragestellung angeboten. Auf der letzten Stufe erfolgt die Erfolgsevaluation (vgl. Dittler, 2002, S. 28), die beim Behaviorismus im Vordergrund steht (vgl. Pachner, 2009, S. 53).
Behavioristisch gekennzeichnet sind Hypertextsysteme, Drill & Practice Programme (vgl. Wiepcke, 2006, S. 55), wie beispielsweise Multiple Choice Tests (vgl. Kammerl, 2000, S. 15), in denen der Erwerb von Hard Skills im Vordergrund steht (vgl. Wiepcke, 2006, S. 46).
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