Kosten und Nutzen einer gemeinsamen europäischen Währung


Hausarbeit, 2002

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt:

1. Einleitung

2. Die Idee einer gemeinsamen Währung – eine historische Betrachtung

3. Vorteile und Chancen des Euro

4. Risiken und Gefahren der Einheitswährung

5. Conclusio und Ausblick

1. Einleitung

Seit dem 1. Januar 2002 haben 300 Millionen Menschen in zwölf Staaten Europas das gleiche Geld in ihren Taschen. Diese Währungsunion belegt in eindrucksvoller Weise aufs Neue den einzigartigen Charakter der Europäischen Union; zudem ist sie das bislang wohl ambitionierteste Ziel der europäischen Integration. Vor allem unter psychologischen Gesichtspunkten ist diese Umstellung von nationalen Währungen auf die gemeinsame europäische Währung ein wahrhaft historisches Ereignis in der europäischen Geschichte. Vor drei Jahren wurde die damals noch elf Währungen der Teilnehmerländer, Griechenland kam erst später hinzu, mit fixen Wechselkursen an den Euro gebunden, monetäre Bestände und Ströme wurden in Euro umgerechnet. Doch für die europäische Bevölkerung blieb die Gemeinschaftswährung etwas Abstraktes und Unwirkliches, bis zum 1.1.2002. Im Hinblick auf die demokratische Legitimation der Europäischen Union kann dieses Ereignis nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Die gemeinsame Währung wird die Gestalt der EU nachhaltig verändern und deren Konzeption als Schicksalsgemeinschaft weiter vertiefen. Sie wird darüber hinaus, bei erfolgreicher Entwicklung, zu einem „Meilenstein für die Sicherung des Standorts Europa im Weltmarkt“ (Hillenbrand, S.498) werden und außerdem die Chance für die EU erhöhen, als globaler Akteur die zukünftige ökonomische wie politische Entwicklung mitzugestalten.

Die Idee einer gemeinsamen europäische Währung hat dabei einen weiten und oft beschwerlichen Weg zurückgelegt, der mehr von detaillierten ökonomischen Interessen und Traditionen der Nationalstaaten als von idealistischen Visionen unter dem europäischen Sternenbanner geprägt war. Die Kenntnis dieser Entwicklung, von den Römischen Verträgen 1957 bis zur Einführung des Euro 2002, ist unabkömmlich für die Bewertung der Wirtschafts- und Währungsunion der EU. Daher ist der Darstellung der konkreten Vorteile und Chancen der Währungsgemeinschaft, sowie der Risiken und Gefahren, eine historische Betrachtung vorangestellt.

Insgesamt soll die Arbeit sich mit den Fragestellungen auseinandersetzen, welche direkten Vorteile erbringt die Währungsumstellung, welche mittel- und langfristigen Chancen und Möglichkeiten bietet sie, welche potentiellen Missstände oder Risiken werden in Kauf genommen und inwieweit kann diesen entgegengewirkt werden?

2. Die Idee einer gemeinsamen europäischen Währung – eine historische Betrachtung

Die Idee einer gemeinsamen europäischen Währungspolitik und im Zuge dessen auch einer gemeinsamen Währung blickt auf eine über 30 jährige Geschichte zurück und entwickelte sich kontinuierlich weiter. Als 1957 die Römischen Verträge abgeschlossen wurden, zu denen der Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-Vertrag) und der Vertrag über die Europäische Atomgemeinschaft (EAG-Vertrag) gehören, bestand das System von Bretton Woods[1] noch, d.h. es existierten, basierend auf der Goldparität des US-Dollar, feste Paritäten zwischen den Währungen. So wurden in den Römischen Verträgen nur ganz unverbindlich Grundsätze zur Koordinierung der Wirtschafts- und Währungspolitik festgelegt. Als nun das System von Bretton Woods Ende der sechziger Jahre in eine Vertrauenskrise geriet und schließlich 1972/1973 aufgelöst wurde, stieg der Bedarf an währungspolitischer Kooperation der Europäischen Gemeinschaft enorm, wenn sich die Wechselkursschwankungen zwischen den nun frei „floatenden“ Währungen nicht allzu negativ auf die bereits eng verflochtenen Nationalökonomien auswirken sollten. Bereits Ende der 60er Jahre wickelte die EG knapp 50 % ihres Außenhandels untereinander ab, daher „wurde eine engere währungspolitische Integration zum Sachzwang“ (Hillenbrand, S.499). Die Erkenntnis, dass Handlungsbedarf bezüglich der Annäherung der Wirtschafts- und Währungspolitik bestand, löste einen dynamischen Impuls aus, der sich in diversen Memoranden und Mitteilungen der Mitgliedstaaten sowie der Kommission äußerte und der zwei unterschiedliche Strategien bezüglich des grundsätzlichen Vorgehens auf dem Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion hervorbrachte.

Die eine Seite bildeten dabei die sog. Monetaristen, deren größter Fürsprecher Frankreich war. Sie setzten auf die sog. Lokomotivtheorie, die die frühzeitige Schaffung einer gemeinsamen Währung vorsah und dann im Hinblick auf die Weiterentwicklung der gemeinsamen Wirtschafts- und Konjunkturpolitik auf deren Sogwirkung vertraute. Zwar sollten die Einzelstaaten in diesen Politikfeldern ihre Kompetenzen noch vorerst behalten, aber eine ganze Palette von integrativen Maßnahmen, wie z.B. die Errichtung eines Devisenausgleichfonds wurde in Erwägung gezogen.

Insgesamt birgt dieser Ansatz besonders für wirtschaftlich stabile Staaten, mit „einer stabilitätsorientierten Ausrichtung“ (Hillenbrand, S.499f.) durch den Ankauf von Währungen schwächerer Staaten, womit man quasi deren Defizite ausgleichen würde, die Gefahr eines Inflationsimportes.

Demgegenüber stand die Sichtweise der sog. Ökonomisten, die in besonderem Maße die deutsche Position vertraten. Hier lag das Hauptaugenmerk auf der Geldwertstabilität, also auf einer niedrigen Inflationsrate. Die Strategie zur Realisierung der Wirtschafts- und Währungsunion sah deshalb auch zunächst eine intensive Abstimmung der Konjunktur-, Haushalts- und Wachstumspolitik vor, bevor die Zusammenarbeit, bei annähernd gleichen, niedrigen Inflationsraten, durch die tatsächliche Währungsunion gewissermaßen gekrönt würde.

Um zwischen diesen beiden Vorstellungen zu vermitteln und um die währungspolitische Integration voranzutreiben, wurde eine Sachverständigengruppe einberufen, deren im Oktober 1970 vorgelegtes Ergebnis der sog. Werner-Plan[2] war. Dieser sah einen Drei-Stufen-Plan zur Koordinierung der Volkswirtschaften vor, die durch ein gemeinsames Zentralbankensystem sowie fixierte innergemeinschaftliche Wechselkurse gekennzeichnet sein sollte. Im Zuge der ersten Stufe des Werner-Plans wurde der Europäische Fond für währungspolitische Zusammenarbeit (EFWZ) und die sog. Währungsschlange gegründet, mit der die Bandbreite der Wechselkursschwankungen zwischen den Währungen der Europäischen Gemeinschaft auf +/­ 2,25 % begrenzt wurde. Ferner war geplant, dass bei Verlassen der Bandbreite durch ein Mitgliedsland, die anderen Staaten durch Stützungskäufe ihrer Zentralbanken, abgewickelt über den EFWZ, eingreifen sollten.

Doch die notwendige Voraussetzung für das dauerhafte Funktionieren eines solchen Systems, nämlich eine konvergente Wirtschaftsentwicklung zwischen den Teilnehmerstaaten, war in der Europäischen Gemeinschaft in den siebziger Jahren nicht gegeben. Während Länder mit einer starken Währung in besonderem Maße eine Politik verfolgten, die auf Währungsstabilität zielte, Deutschland zählte schon aufgrund seiner historischen Erfahrung[3] zu diesen Ländern, bekämpften andere Staaten ihre Arbeitslosigkeit mit einer steigenden Inflationsrate.

Fast alle Staaten sahen sich gerade im Zuge der 2. Ölkrise[4] gezwungen, zeitweilig aus der Währungsschlange, also aus der Begrenzung der Wechselkursschwankungen auf +/- 2,25%, auszuscheren, um größere Spielräume für die nationale Politikgestaltung zu erlangen. So wurde der Eintritt in die zweite Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion gemäß dem Werner-Plan nicht vollzogen und das anspruchsvolle Ziel zunächst nicht weiter verfolgt.

Nach einer „Phase der Orientierungslosigkeit“ (Hillenbrand, S.501) kam es bedingt durch zunehmenden äußeren und inneren Handlungsdruck zu einer Initiative des französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d`Estaing und des deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, die sich als ein „währungspolitischer Gipfelvorstoß“ (Andersen, S.113) für die Europäische Gemeinschaft erweisen sollte. Es handelte sich um die Errichtung des Europäischen Währungssystems (EWS), das auf der Dezembertagung des Europäischen Rates 1978 beschlossen wurde und zum Januar 1979 in Kraft trat. Der Handlungsdruck von außen bestand v.a. aus der Unzufriedenheit über die US-amerikanische Währungspolitik sowie aus der Enttäuschung über die Folgen der flexiblen Wechselkurse, die seit dem Ende des Systems von Bretton Woods gegeben waren. Der innere Handlungsdruck resultierte aus zunehmenden Desintegrationstendenzen innerhalb der EG, die durch eine Heterogenisierung im Zuge der Süderweiterung[5] noch verstärkt wurde. Das EWS setzt sich im wesentlichen aus einer Europäischen Währungseinheit und einem Wechselkursverbund mit entsprechenden Interventionsregelungen zusammen, ergänzt wird es durch stark ausgebaute Kreditfazilitäten.

Die Europäische Währungseinheit ECU (European Currency Unit) ist definiert als „ein Währungskorb, in dem die Währungen der Mitgliedsländer mit festen Beiträgen entsprechend dem wirtschaftlichen Gewicht der Länder vertreten sind. Der aktuelle Wert der ECU in einer nationalen Währung ergibt sich aus der Summe aller im Korb enthaltenen Währungsbeträge ausgedrückt in der betreffenden Währung“ (Andersen, S.114). Die ECU erfüllt v.a. drei wichtige Funktionen.

[...]


[1] In Bretton Woods, einem Ort im Bundesstaat New Hampshire in den USA, fand 1944 die Währungs- und Finanzkonferenz der Vereinten Nationen statt, bei der u.a. die Errichtung des IWF und der Weltbank beschlossen wurde.

[2] Der Werner-Plan geht zurück auf den damaligen luxemburgischen Ministerpräsidenten Pierre Werner, der dieser Sachverständigengruppe vorstand.

[3] Hier ist besonders auf die psychologische Wirkung der Inflation von 1923 hinzuweisen.

[4] Der nach 1973 2. Ölpreisschock zwischen 1978 und 1980, herbeigeführt durch eine drastische Erhöhung der Erdölpreise von Seiten der OPEC, führte in den westlichen Ländern zu dem Phänomen der „Stagflation“.

[5] Der Begriff Süderweiterung umfasst den EU-Beitritt von Griechenland 1981 sowie von Spanien und Portugal 1986.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Kosten und Nutzen einer gemeinsamen europäischen Währung
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
EU-Wirtschaftspolitik
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
20
Katalognummer
V42116
ISBN (eBook)
9783638402262
ISBN (Buch)
9783638790802
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine abwägende Analyse über mögliche Vor- und Nachteile einer gemeinsamen europäischen Währung mit Beschreibung der europäischen Integration auf dem Gebiet der Währungspolitik bis zur Einführung des Euro.
Schlagworte
Kosten, Nutzen, Währung, EU-Wirtschaftspolitik
Arbeit zitieren
David Christoph Lerch (Autor:in), 2002, Kosten und Nutzen einer gemeinsamen europäischen Währung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42116

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