Leider hat das Web 2.0 mit seiner Fülle an Hilfs- und Informationsangeboten die Unterrichtssituation nicht unbedingt erleichtert. Neben den althergebrachten Lektürelernhilfen existiert mittlerweile ein unüberschaubares virtuelles Angebot an Interpretationen, Charakterisierungen, Inhaltsangaben oder Dialoganalysen, das mit wenigen Klicks eine schnelle Antwort auf die schulischen Aufgabentypen bietet. Immer mehr Lehrerinnen und Lehrer beklagen hierbei den Umstand, dass die Originaltexte in vielen Fällen nur rudimentär oder überhaupt nicht mehr von den SuS rezipiert werden. Häufig fehlt den SuS in diesem Zusammenhang auch eine „ästhetische Beurteilungskompetenz“, die fehlerhafte Informationen im Vorhinein aussortiert und auch ästhetische Maßstäbe an eine Inszenierung stellt. Kurzenberger spricht hierbei von einer „meist vorhandenen, aber oft unreflektierten Medienkompetenz der Schüler“, auf welche sich „in einem Deutschunterricht, der sich dem Theater zuwendet“, aufbauen ließe.
Eine relativ neue Entwicklung stellen in diesem Zusammenhang von SuS oder anderen erstellte Videoclips dar, die die komplexe Dramenhandlung vereinfachen und in eine schülernahe Sprache übersetzen sollen sowie zusätzlich noch Bild und Ton liefern. Diese „Online-Inszenierungen“ sind meist relativ eindimensional gehalten und nicht nur in Bezug auf inhaltliche Fehler problematisch. Sie tilgen darüber hinaus häufig auch die Polyvalenz und Multiperspektivität der Ursprungstexte und nehmen diesen durch eine teilweise ins Ironische abgleitende Darstellungsweise ihre literarische Wirkung. In der von mir beschriebenen Kurzeinheit sollen Methoden für einen Unterrichtsansatz aufgezeigt werden, die produktions- und handlungsorientierte sowie rezeptionsorientierte Ansatzpunkte miteinander vereinen. Unter Kapitel 2 möchte ich hierfür zunächst theoretische und fachdidaktische Überlegungen anstellen, die das Fundament der von mir skizzierten Kurzeinheit darstellen werden. In Kapitel 3 sollen dann die in Kapitel 2 definierten Begrifflichkeiten mit der von mir unterrichteten Lerngruppe verbunden und die in der Lerngruppe in Bezug auf die Lesekompetenz vorhandenen Defizite am Beispiel des Dramas „Emilia Galotti“ von Lessing diagnostiziert werden, während Kapitel 4 Lösungsansätze und Fördermaßnahmen für diese Bereiche aufzeigen wird.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Das Lesekompetenzmodell und Überlegungen zur Dramendidaktik
- 2.1 Das Lesekompetenzmodell und die Lesestufen nach DESI
- 2.2 Überlegungen zur Dramendidaktik
- 3. Problemaufriss
- 3.1 Problembezogene Lerngruppenbeschreibung
- 3.2. Dokumentation der Ausgangslage anhand des Fragebogens
- 3.3 Dokumentation der Ausgangslage anhand einer Klausuraufgabe
- 3.4 Auswirkungen und Probleme von Lektürehilfen
- 3.5 Lehrplanangaben für die Jahrgangsstufe 11
- 4. Dokumentation der Durchführung
- 4.1 Einbettung der Kurzeinheit
- 4.2 Exemplarische Dokumentation einer Einzelstunde
- 4.3 Vorüberlegungen und Durchführung des Inszenierungsvergleichs
- 4.3.1 Michael Thalheimers Inszenierung
- 4.3.2 Martin Hellbergs Inszenierung
- 4.3.3 „Emilia Galotti verständlich“
- 4.4 Weiterarbeit nach dem Filmvergleich
- 5. Reflexion und Evaluation der Kurzeinheit
- 5.1 Evaluation der Unterrichtsstunden
- 5.2 Evaluation anhand der Schülerpräsentationen
- 5.3 Evaluation anhand des Abschlussfragebogens
- 5.4 Von den SuS im Rahmen dieser Einheit erworbene Kompetenzen
- 5.5 Aspekte zur Weiterarbeit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich mit den Herausforderungen auseinander, die der Umgang mit Dramen im Deutschunterricht für Schülerinnen und Schüler (SuS) mit Defiziten in der Lesekompetenz darstellt. Ziel ist es, anhand einer konkret durchgeführten Unterrichtseinheit zu einem Ansatz zu gelangen, der produktions- und handlungsorientierte sowie rezeptionsorientierte Aspekte miteinander vereint. Dabei wird die Bedeutung von „mentalen Modellen“ im Textverstehen sowie die Notwendigkeit der kritischen Auseinandersetzung mit Online-Angeboten im Kontext des Deutschunterrichts beleuchtet.
- Entwicklung von „mentalen Modellen“ zum Textverstehen
- Defizite in der Lesekompetenz von SuS
- Kritische Analyse von Lektürehilfen und Online-Angeboten
- Entwicklung eines Unterrichtsansatzes für die Arbeit mit Dramen
- Integration von produktions-, handlungs- und rezeptionsorientierten Methoden
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet die Problematik der Lesekompetenz von SuS und führt anhand von Studienbeispielen die Notwendigkeit eines veränderten Unterrichtsansatzes im Umgang mit Dramen vor Augen. Kapitel 2 setzt sich mit dem Lesekompetenzmodell nach DESI und dessen Anwendung im schulischen Kontext auseinander. Es werden die verschiedenen Lesestufen des Modells sowie die Bedeutung von „mentalen Modellen“ für das Textverstehen erläutert.
Kapitel 3 analysiert die Herausforderungen, die sich im Kontext der Arbeit mit Dramen in einer konkreten Lerngruppe stellen. Es werden die Defizite in der Lesekompetenz der SuS am Beispiel von „Emilia Galotti“ von Lessing diagnostiziert, wobei die Auswirkungen von Lektürehilfen und Online-Angeboten untersucht werden.
Kapitel 4 stellt Lösungsansätze und Fördermaßnahmen für die in Kapitel 3 identifizierten Probleme vor. Es werden exemplarisch Methoden für die Integration von produktions- und handlungsorientierten sowie rezeptionsorientierten Aspekten im Unterricht vorgestellt.
Schlüsselwörter
Lesekompetenz, Dramenanalyse, „mentales Modell“, Dramendidaktik, Lektürehilfen, Online-Angebote, Schüleraktivierung, produktionsorientiertes Lernen, handlungsorientiertes Lernen, rezeptionsorientiertes Lernen.
- Arbeit zitieren
- Sebastian Krämer (Autor:in), 2011, G. E. Lessings "Emilia Galotti". Einfach erklärt oder einfach falsch erklärt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/421616