Die Effektivität der Feinstaubfilterung in städtischen Grünzonen


Bachelorarbeit, 2017

49 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen der Feinstaubproblematik
2.1 Definition und Entstehung
2.2 Verhalten der Partikel in der Luft
2.3 Gesetzliche Grundlagen in der Europäischen Union und Deutschland
2.4. Aktuelle Situation in Deutschland
2.5. Auswirkungen der Feinstaubbelastung

3. Literaturstudie zur Effektivität der Feinstaubfilterung von Stadtgrün
3.1 Begründung der Auswahl
3.2 In situ und ex situ Untersuchungen an einzelnen Baumarten und einem Waldgebit
3.1.1 Langner (2006): Exponierter innerstädtischer Spitzahorn (Acer platanoides) – eine effiziente Senke für PM10?
3.1.2 Alfani et al. (1996): Leaf contamination by atmospehric pollutants as assessed by elemental analysis of leaf Tissue, leaf surface deposit and soil
3.1.3 Beckett et al. (2000): The capture of particulate pollution by trees at five contrasting urban sites
3.2Ex situ Untersuchungen an verschiedenen Pflanzenarten
3.2.1 Flohr, S. (2010): Untersuchungen zum Fangvermögen von Mittel- und Feinstaub (PM10 und PM2.5) an ausgesuchten Pflanzenarten unter Berücksichtigung der morphologischen Beschaffenheit der Blatt und Achsenoberflächen und der Einwirkung von Staubauflagen auf die Lichtreaktion der Photosynthese
3.1.1 Gorbachevskaya, O.; Herfort, S.; (2012): Feinstaubbindungsvermögen der für die Bauwerksbegrünung typischen Pflanzen
3.1.2 Frahm, J.-P.; Sabovljevic, M. (2007): Feinstaubreduzierung durch Moose
3.3 Zwischenfazit

4. Die Effektivität der Feinstaubfilterung alternativer Maßnahmen im Vergleich zu Stadtgrün

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Positionen der Probenahmeköpfe am Untersuchungsbaum

Abbildung 2: Feinstaubbindung von Pb2+ in Prozent bei unterschiedlichen Moosarten und unterschiedlich wassergesättigten Zuständen (0, 40–50 und 100 %) nach einer Einwirkungszeit von 2 Stunden

Abbildung 3: Bewertung der Wirkung der Umweltzone auf die Luftqualität anhand der Veränderung des Verursacheranteils der Auspuffemissionen durch die Emissionsminderung der Umweltzone

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Grenzkonzentrationen für PM10 nach der EU-Richtlinie 1990/30EG

Tabelle 2: Aufnahmekapazität von Quercus ilex sowie dem umgebenden Boden

Tabelle 3: Charakteristika der untersuchten Standorte

Tabelle 4: Prozentuale Filterungsleistungen der Prüfvarianten unter Berücksichtigung verschiedener Parameter

Tabelle 5: Filterleistungen der untersuchten Pflanzenarten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Im Zuge der globalen Verstädterungsprozesse des 21. Jahrhunderts wird die Diskussion um die Feinstaubbelastung der Luft, ihrer Auswirkungen sowie Einschränkungsmöglichkeiten angesichts der drastisch steigenden Populationszahlen in Stadt- und Ballungsräumen immer polemischer. Das Bevölkerungswachstum einer Stadt korreliert mit der zunehmenden mehrdimensionalen Bedürfnisbefriedigung seiner BewohnerInnen, die durch differente Lebensstiltypen charakterisiert sind, und mit einer erhöhten Nutzung der Wirtschaftssektoren. Dieses kann sich mehr oder minder negativ auf die Umwelt auswirken kann. Aus diesen Gründen und wegen der permanenten Informationsübertragung mittels digitaler Medien ist die Feinstaubproblematik derart präsent wie nie zuvor in den letzten Jahrzehnten. Eines der Beispiele, die diese Präsenz evoziert, ist die Bevölkerung in China, da diese permanent einen Mundschutz trägt, um sich vor der toxikologischen Wirkung zu schützen. Ein europäisches Beispiel stellt Paris dar, dessen Regierung Fahrzeughaltern die Einfahrt in das Zentrum nur noch mit einer Feinstaubplakette erlaubt, um den erhöhten Konzentrationen entgegenzuwirken. Das aktuellste deutsche Beispiel stellt Stuttgart dar. In dieser Stadt herrschen aufgrund der hohen Belastung der Luft mit Partikeln und Stickoxiden regelmäßig Heiz-, Verkehrs- und Durchfahrtsverbote sowie Protestaktionen.

In Deutschland weist die Belastung der Luft mit partikulären Substanzen seit 1990 eine deutliche Abnahme auf, jedoch werden die geltenden Grenzwerte in vielen Städten kontinuierlich überschritten (Umweltbundesamt 2014). Die Emission von Feinstaub ist auf unterschiedliche Quellen zurückzuführen, wobei der prozentuale Anteil menschlicher Aktivitäten deutlich überwiegt (Flohr & Pfanz: 28). Eine mögliche Maßnahme zur Reduzierung des Feinstaubs ist Stadtgrün, das aufgrund seiner Präsenz zahlreiche Wohlfahrtswirkungen ausüben kann. Für Beschäftigte im Bereich der Stadt- und Raumplanung, der Architektur, der Stadt- und Landschaftsökologie, des Garten- und Landschaftsbaus sowie der Bauwerksbegrünung sind Untersuchungen der Vegetationsleistung zur Filterung von Luftschadstoffen dringend erforderlich. Es existieren merklich wenig umfangreiche und vollständige Studien, die Methodik und Ergebnisse vieler verschiedener Pflanzenarten überschaubar und präzise vergegenständlichen.

Ziel der vorliegenden Ausführung ist es, die Effektivität von Stadtgrün im Rahmen einer auswertenden Literaturstudie als differenzierten Lösungsvorschlag für die Bewältigung der Feinstaubbelastung exemplarisch und tabellarisch zu illustrieren. Inwiefern sich die Filterung von Partikeln durch unterschiedliches Grün in der Stadt sowie deren Verbindung gestaltet, sollen zentrale Fragestellungen der vorliegenden Arbeit sein. Ausgehend von diesen Fragestellungen sollen die Effektivität dieser Maßnahme und weiterer Handlungsmöglichkeiten innerhalb der Arbeit illustriert werden.

Um die Größe der Bearbeitung nicht zu gefährden, werden keine Bezüge zwischen den Stadtbäumen als Services, die Feinstaub aus der Atmosphäre reduzieren und Pflanzen, die als disservices VOC’s emittieren, hergestellt, obwohl jene einen interessanten Ansatz darstellen würden. Mit Hilfe einer Bilanzierung von Bindung und eigener Emission könnte die Filterungseffektivität des Stadtgrüns prägnanter bestimmt werden.

Um einen Einblick in die Thematik zu ermöglichen, gliedert sich die Bachelorarbeit wie folgt: Zunächst werden die Rahmenbedingungen des Feinstaubbegriffs erläutert (Kap. 2). Das Kapitel veranschaulicht dessen Definition sowie Entstehung, das Verhalten partikulärer Substanzen, seine gesetzlichen Grundlagen, die aktuelle Situation in Deutschland und die Auswirkungen der Problematik.

In einem nächsten Schritt (Kap. 3) werden sechs Literaturquellen, die sich hinsichtlich ihres Forschungsgegenstandes und -vorgehens (Methodik, Material, Diskussionen bzw. Probleme und Ergebnissen) unterscheiden, thematisiert. Ausgehend von dieser Darstellung sollen die Literaturquellen in einen Kontext eingeordnet werden, um ihre Aussagekraft detailgetreu veranschaulichen zu können. Im Zwischenfazit des gleichen Kapitels wird eine Synthese der wissenschaftlichen Analyse in Form einer tabellarischen Übersicht unter Berücksichtigung aller Ergebnisse vergleichend extrapoliert. Darauf rekurrierend werden die Möglichkeiten und Grenzen sowie bestehende Forschungslücken bezüglich der Feinstaubfilterung durch Vegetation illustriert.

Im weiteren Verlauf wird die Effektivität der Feinstaubfilterung von Stadtgrün mit Maßnahmen unterschiedlicher Bereiche wie z.B. Technik oder Verkehrsoptimierung kontrastiert und verbunden (Kap. 4). Im Fazit werden die zentral herausgestellten Ausführungen wertend und resümierend reflektiert (Kap. 5).

2. Grundlagen der Feinstaubproblematik

2.1 Definition und Entstehung

Um Substanzen in der Atmosphäre zu bezeichnen, existiert eine Vielzahl unterschiedlich akademisch-theoretischer Begriffe, wobei der des Aerosols der allgemeinste ist (Langner 2006: 4). Ein Aerosol bezeichnet „eine Suspension fester oder flüssiger Partikel in einem Gas“ (ebd.: 4). Unter Staub wird der feste Anteil des Aerosols verstanden (ebd.: 4, zit. nach Bahadir et al. 2000). Trotz der für uns Menschen negativen Eigenschaft, Staub zu enthalten, besitzen Aerosole in der atmosphärischen Zirkulation eine zentrale Bedeutung, auch wenn ihre Funktion innerhalb des Klimas weitgehend unbestimmt ist. Beispielsweise sind sie fähig das Wetter zu beeinflussen, indem sie Strahlung reflektieren oder absorbieren und Kondensationskerne darstellen, die zur Wolken-, Tröpfchen und Eiskristallbildung und somit zur Abkühlung der Luft führen können (Schönwiese 2013: 334).

In der EU-Richtlinie 1999/30/EG des Rates vom 22.04.1999, die die Grenzwerte für Partikel (engl. P articulate M atter) und weitere Luftschadstoffe fixierte, wurden die Feinstaubfraktionen PM10 und PM2.5 folgendermaßen definiert: „PM10 sind die Partikel, die einen größenselektierenden Lufteinlass passieren, der für einen aerodynamischen Durchmesser von 10 μm eine Abscheidewirksamkeit von 50% aufweist. PM2.5 sind die Partikel, die einen größenselektierenden Lufteinlass passieren, der für einen aerodynamischen Durchmesser von 2,5 μm eine Abscheidewirksamkeit von 50 % aufweist“ (EU 1999: 2).

Feinstaub stellt einen Teil des gesamten Schwebstaubs dar. Schwebstaub (total suspended particulates, TSP) repräsentiert die Aerosolkomponente der sich in der Luft befindenden Partikel bis zu einem oberen aerodynamischen Durchmesser von circa 130 μm, während Ultrafeine Partikel (UFP) Teilchen bezeichnen, die einen aerodynamischen Durchmesser von < 0,1 μm besitzen (Wolf-Benning 2006: 12-13).

Stäube werden geogen auf natürliche Weise durch vulkanische Aktivitäten (Eruptionen) oder Prozesse der Ablation – bspw. der Auswehung von Wüstensand (Saharastäube) oder Salzwassertröpfchen aus dem Meer – verursacht. Unter den biogenen Stäuben versteht man die Ausscheidung von pflanzlichen Pollen oder fungaler Sporen sowie Bakterien. Die Hauptemission ist anthropogen verursacht, da sich die vielfältige und unterschiedliche Nutzung des Verkehrs, industrieller Anlagen sowie des Hausbrands in den letzten Jahrzenten merklich intensiviert hat (Flohr & Pfanz 2007: 28). Insbesondere der Abgasausstoß von Otto- sowie Dieselmotoren und der Abrieb von Fahrzeugkatalysatoren, Antriebs- und Bremssystemen stellen in städtischen Ballungszentren ein zunehmendes Problem dar (Wolf-Benning 2006: 21-22).

Trotz vorangegangener Schilderung der Quellen ist die Zusammensetzung von Feinstaub sehr inhomogen. Zwischen 20% und 80% der partikulären Substanzen bestehen aus Ammoniumsalzen (überwiegend Ammoniumnitrat, weniger -sulfat), die sich durch den Ausstoß von Ammoniak und Stickoxiden bilden (Frahm 2007: 33). Die PM2,5-Fraktion ist ein zentraler Teil von PM10. Sie kann hinsichtlich der Masse und Partikelzahl 80-90% aller Staubpartikel sowie 70-80% von PM10 betragen (Gorbachevskaya & Herfort 2012: 27).

Feinstaub kann in primäre und sekundäre Partikel untergliedert werden, wobei primäre Partikel unmittelbar an der Quelle freigesetzt werden (Verbrennungsprozessen oder Vulkanausbrüchen). Sekundäre Partikel, auch als Akkumulations-Mode-Partikel bezeichnet, entstehen aus Primärpartikeln durch Nukleation oder durch die Verbindung gasförmiger Moleküle (Gas-Partikel-Umwandlung) (Wolf-Benning 2007: 11).

2.2 Verhalten der Partikel in der Luft

Partikel sind kontinuierlichen sowie selbstständig einsetzenden Bildungs-, Entfernungs- und Umwandlungsprozessen ausgesetzt (Kappis et al. 2007: 18). Für die Beseitigung partikulärer Substanzen aus der grenzflächennahen Atmosphäre sind sechs Prozesse wesentlich: Neben Sedimentation, Diffusion und Deposition sind auch Auswaschung, Impaktion und Turbulenz zu nennen (Flohr & Pfanz 2007: 28). An dieser Stelle wird ausschließlich der Vorgang der Deposition erläutert, da er für die weitere Ausführung der Arbeit am wichtigsten zu sein scheint. Die Deposition bezeichnet den Austrag und die Ablagerung von Partikeln auf den Oberflächen, i.d.S. Blattoberflächen von Pflanzen und wird in nass, feucht und trocken unterteilt. Die trockene Deposition deskribiert die Ablagerung von Stoffen, die durch die Schwerkraft und die Trägheit bzw. Adsorption der Diffusion von Gasen oder Partikeln bedingt ist und ohne Feuchtigkeit bzw. Niederschläge verläuft (Kappis et al. 2007: 19, zit. nach Hainsch 2006).

Unter der feuchten oder okkulten Deposition, die vor allem für PM2,5 relevant ist, wird die Akkumulation von Stoffen durch Nebel, Tau oder durch Wechselwirkungen der Luftinhaltsstoffe mit der von der Pflanze gebildeten Feuchtigkeit verstanden (ebd.: 19, zit. nach Möller 2003), während die Austragungen auf den Blattoberflächen durch Niederschläge wie Regen, Schnee und Hagel die nasse Deposition charakterisieren (ebd.: 19 zit. nach Führer 1985).

Für die Reduzierung der Feinstaubpartikel aus der Luft sind die vor Ort herrschenden mikroklimatischen Bedingungen, das artspezifische Staubfangvermögen und die physikochemischen Eigenschaften der Partikel von zentraler Relevanz. Diese Faktoren entscheiden über die Lebensdauer und den Transport in der Atmosphäre (Flohr & Pfanz 2007: 28). Während feine Partikel (0,1 μm < dp ≤ 1 μm) Tage bis Wochen in der Atmosphäre schweben und mehrere hunderte bis tausende Kilometer transportiert werden können, verbleibt Grobstaub (dp > 1 μm) lediglich Minuten bis Stunden bei einer Transportrate von einigen 10 Kilometern in der Luft (Wolf-Benning 2007: 25). Dies verdeutlicht die Komplexität der Erfassung partikulärer Substanzen, sodass bei Untersuchungen keinesfalls nur der Messstandort, sondern immer auch der städtische und regionale Hintergrund sowie der Ferntransport berücksichtigt werden muss.

2.3 Gesetzliche Grundlagen in der Europäischen Union und Deutschland

Im Jahr 1974 wurde in der Bundesrepublik Deutschland das BImSchG verabschiedet. Zur Durchführung wurden verschiedene Verordnungen festgelegt, wie z.B. die 22. Verordnung zur Ausführung des BlmSchG (22. BImSchV), die die Höchstkonzentrationen diverser Luftschadstoffe kennzeichnet. Die Voraussetzung für die zukünftige Rechtsentwicklung der Luftqualität in der EU wurde durch den Erlass der Rahmenrichtlinie 96/92/EG über die Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität festgelegt. Anspruch dieser Richtlinie war die Festlegung eines kollektiv akzeptierten Rahmens hinsichtlich Strategien und Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft. Beispielsweise sollen unterschiedliche Luftqualitätsziele formuliert und sachdienliche Informationen sowie Methoden und Kriterien über die -verbesserung bereitgestellt werden (Kappis et al. 2007: 36).

Aufgrund der in der Rahmenrichtlinie fehlenden Grenzwerte für verschiedene Luftschadstoffe sind bisher vier Tochterrichtlinien verordnet worden (Langner 2006: 4).[1] Demnach wurden die in der EU-Richtlinie 1999/30/EG angegebenen Grenzkonzentrationen der Stufe 1 für PM10 (vgl. Tabelle 1) durch die Novellierung der 22. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes vom 11.09.2002 in der BRD in national verbindliches Recht überführt (ebd.: 5)[2].

Tab. 1: Grenzkonzentrationen für PM10 nach der EU-Richtlinie 1990/30EG (Eigene Darstellung nach EU 1999: 49)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Jahr 2008 wurde die EU-Luftqualitätsrichtlinie 2008/50/EG publiziert. Diese bestätigt die bereits geltenden Grenzwerte für PM10 und andere Luftschadstoffe. Neu ist dagegen die Bestimmung der Höchstkonzentrationen für PM2,5 und die Möglichkeit, dass EU-Mitgliedsstaaten ihre befristete Zeit für die Einhaltung der Partikelgrenzwerte verlängern können. Hinsichtlich des Zielwertes sieht die Richtlinie einen Wert von 25 µg/m3 als Jahresmittelwert vor, der ab dem 01.01.2010 erreicht sein solle und zugleich als Grenzwert in Stufe 1 ab dem 01.01.2015 einzuhalten sei, während in der zweiten Stufe ein Höchstwert von 20 µg/m3, der ab dem 01.01.2020 in Kraft treten soll, vorgeschrieben wird.

Sofern die unter anderem angegebenen Grenzwerte der Feinstaubpartikel an bestimmten Orten überschritten werden, ist der Staat zur Konzeption und Aufstellung von Aktions- und Luftreinhalteplänen gesetzlich verpflichtet (Kappis et al 2007: 36). Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BImSchG liegt die Ergreifung von erforderlichen Maßnahmen zur Senkung der Immissionsgrenzwerte, insbesondere der Aufstellung zuvor erwähnter Maßnahmen, im Zuständigkeitsbereich der Behörden. Obwohl Kommunen für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen nicht zuständig sind, sondern vielmehr für die Überwachung und Beschränkung der Emittenten, können sie sich ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgern nicht entziehen (Ehlers & Braig 2009: 170). Laut Ehlers & Braig (ebd.: 177) drohe den Staaten bei häufigen Überschreitungen Verurteilungen und bei permanenter Nichteinhaltung der Grenzwerte Bußgelder durch die EU-Kommission.

2.4. Aktuelle Situation in Deutschland

In Deutschland wurde die Messung von PM10 in den 1990er Jahren zunächst in vereinzelten Ländermessnetzen und im Jahre 2000 schließlich länderweit durchgeführt. Inzwischen gibt es circa 500 Messstationen, die Feintaubkonzentrationen aufzeichnen. Zu Beginn der 1990er Jahre wurden weitläufige und hohe Werte im Jahresmittel von 50 µg/m³ gemessen. Dieser Wert nahm kontinuierlich ab und betrug in den letzten Jahren (2013-2016) um die 20-25 µg/m³. Die rasche Abnahme der Partikelbelastung ist für die nahe Zukunft nicht mehr zu erwarten und stellenweise nach wie vor gravierend. In der Vergangenheit traten an lokalen sowie ausschließlich an stark verkehrsexponierten Stationen in Ballungsgebieten Überschreitungen der für das Kalenderjahr festgelegten Höchstkonzentration von 40 µg/m3 auf. Seit 2012 konnten keine Überschreitungen des Jahresmittelwertes mehr festgestellt werden, wohingegen sich die Einhaltung der Tagesmittelwerte um ein Vielfaches komplizierter erweist. Die Bundesländer Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Sachsen, Bayern und Thüringen sind gegenüber den restlichen Bundesländern durch deutlich höhere Feinstaubkonzentrationen gekennzeichnet (Umweltbundesamt 2016a). Das größte Problemgebiet in Deutschland stellt Stuttgart dar. Im Jahre 2016 wurde der Tagesgrenzwert von 50 µg/m3 an der Messstation Am Neckartor an 63 Tagen deutlich überschritten (Die Zeit 2017).

Aktuell sind 100 Aktions- und Luftreinhaltepläne implementiert und Umweltzonen in 52 Städten und Regionen in elf Bundesländern eingerichtet worden (Umweltbundesamt 2016b).

2.5. Auswirkungen der Feinstaubbelastung

Untersuchungen in den letzten Jahrzehnten haben bewiesen, dass erhöhte Feinstaubkonzentrationen eine Zunahme der Mortalitätsrate aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenkrebs- sowie weiteren enormen gesundheitlichen Schäden verursachen (Lahl & Steven: 2005: 704).

Bezüglich der humantoxikologischen Wirkungen von Partikeln konnte eruiert werden, dass die Gefahr der gesundheitlichen Belastung mit der Größe der Partikel abnimmt. Je gröber die Partikel sind, desto eher werden sie in den höheren Regionen des Atemtrakts aufgefangen, sodass Partikel über 10 μm kaum den Kehlkopf wegen der Blockade des Nasen-Rachenraums durchqueren können (Lahl & Steven 2005: 708; Koch & Spieth: 2007: 142). PM10 gilt als inhalierbarer Staub (thoracic particulates) und kann bis in das Bronchialsystem vordringen und dieses akut schädigen. PM2,5 gilt hingegen als alveolengängiger Staub und durchbricht die letzte Verteidigungsbarriere des luftleitenden Systems und ist somit fähig, bis in die Lungenbläschen vorzudringen und Störungen innerhalb der Zellen und Gefäße zu provozieren. Ultrafeiner Staub kann sowohl durch die systematische Zirkulation in das Blut transportiert werden als auch in den Lymphkreislauf des menschlichen Körpers übergehen (Lahl & Steven 2005:708-709; Koch & Spieth: 2007: 143). Nach einem Bericht der europäischen Umweltagentur im Jahre 2016 ist PM2,5 jährlich für circa 430.000 (EU) und in Deutschland für 47.000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich (Europäische Umweltagentur 2016).

Die Staubaufnahme von Pflanzen kann mit strukturellen Schädigungen unterschiedlicher Art und Weise verbunden sein . Hierbei sind die Farbe des Belages, die Partikelgröße und vor allem die Mächtigkeit der Auflage entscheidend (Flohr & Pfanz 2007: 29). Verschiedene Messungen an Rhododendron catawbiense zeigten eine drastische Erhöhung der Adsorption des Infrarots im elektromagnetischen Spektrum sowie eine äußerst geminderte Reflexion und Transmission. Solche Veränderungen wirken sich erwartungsgemäß auf den Gashaushalt der Pflanzen aus und können darüber hinaus einen Hitze- und Transpirationsstress zur Folge haben (ebd.: 29, zit. nach Eller & Brunner 1975). Ein weiteres die Aktivität der Pflanze beeinträchtigendes Kriterium stellt die Erwärmung bestaubter gegenüber unbestaubten Kontrollblättern dar (ebd.: 29, zit. nach Flückiger et al. 1978).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Staubauflage die vorzeitige Alterung bestimmter Pflanzen bewirkt und eventuell zu einer chronischen Vitalitätsbeeinträchtigung der Vegetation führen kann (Kappis et al. 2007: 137).

3. Literaturstudie zur Effektivität der Feinstaubfilterung von Stadtgrün

3.1 Begründung der Auswahl

Die in dieser Arbeit untersuchten Texte sind aufgrund ihres vielfältigen Pflanzenspektrums ausgewählt worden. Die analysierten Exemplare reichen von einem Einzelbaum über Pflanzenkollektive bis hin zu einem urbanen Wald. Bei der Auswahl schien es wichtig, dass Literatur gesichtet und ausgewählt wurde, die zeitlich auseinanderlag. So konnte sichergestellt werden, dass die verschiedenen Werke aufeinander Bezug nehmen und die Technik für bestimmte Methodiken vorhanden war.

3.2 In situ und ex situ Untersuchungen an einzelnen Baumarten und einem Waldgebiet

3.1.1 Langner (2006): Exponierter innerstädtischer Spitzahorn (Acer platanoides) – eine effiziente Senke für PM10?

Die Zielsetzung besteht in der Quantifizierung des Staubumsatzes eines exponierten innerstädtischen Spitzahorns (acer platanoides) während der Vegetationsperiode und in der Ermöglichung von Aussagen zur Art des deponierten Staubs.

Die methodische Vorgehensweise besitzt einen überwiegend empirischen Charakter und findet in Karlsruhe statt (Langner 2006: 2-3). Der circa 9 m hohe Einzelbaum befand sich in der Mitte einer Baumreihe, die aus zehn Acer platanoides bestand und parallel zur stark verkehrsbelasteten Brauerstraße gelegen war. (ebd.: 12-13). Neben dem Kriterium der hohen Verkehrsfrequenz musste der Untersuchungsstandort das Anbringen eines 60 cm vom Einzelbaum entfernten Messmastes mit jeweils vier 6 m langen Vierkantrohren als Ausleger und dessen statische Absicherung gewährleisten (ebd.: 15).

In den Untersuchungen ist die PM10-Konzentration anhand von LVS gravimetrisch[3] erfasst worden, während die des Grobstaubs mit Haftfolien bestimmt wurde. (ebd.: 28-29). Im Jahr 2001 und 2002 wurden die Messungen der Partikelkonzentrationen innerhalb der Baumkrone und im Kronenumfeld als PM10 und als Grobstaub realisiert (ebd.: 23). Anhand einer Referenzstation, die in 43 m Entfernung westlich zum Fahrbahnrand der Brauerstraße errichtet wurde, konnte die PM10-Konzentration in der Umgebungsluft mit Hilfe eines LVS (1,5 m Höhe) in einem mehrjährigen Zeitraum (2001 bis 2003) gemessen und obendrein die trockene und nasse Deposition bestimmt werden (ebd.: 2; 19).

Um die PM10-Konzentrationsverteilung innerhalb der Baumkrone bestimmen zu können, maß der LVS die PM10-Konzentration dort an sechs Positionen in einer 5, 65 m hohen horizontalen Ebene. Ein Ausleger befand sich in paralleler Ausrichtung zur Fahrbahn, während der andere senkrecht justiert worden war (Abb. 1) (ebd.: 23).

Zudem wurden im Jahr 2003 an sechs Punkten innerhalb der Baumkrone Vertikalprofile (2 m, 4,5 m und 5,65 m Höhe) in zwei zeitlichen Abläufen analysiert (Abb. 1) (ebd.: 25).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Positionen der Probenahmeköpfe am Untersuchungsbaum (Langner 2006: 4)

Um die Staubauflage auf den Blättern gravimetrisch bestimmen zu können, wurde ein Abwaschverfahren angewandt, welches die Entnahme eines zufällig ausgewählten Kollektivs inmitten der Baumkrone an mehreren Probenahmepunkten vorsah (ebd.: 29).

Mit Hilfe eines eigenständig entwickelten und hochauflösenden Rastermodells der raumzeitlichen Blattflächenverteilung konnte die Gesamtmasse des auf der Krone abgeschiedenen Staubes ermittelt werden (ebd.: 46).

Um den Staubumsatz qualitativ beschreiben zu können, nahm Langner eine Auflösung in den löslichen Anteil (Differenz zwischen dem Gewicht der Probe und dem Gewicht des (Quarz-) Filterückstandes), den unlöslichen Glührückstand (Gewicht der Probe nach dem Glühen) und den unlöslichen Glühverlust (Differenz der Probemassen vor und nach dem Glühen) vor (ebd.: 36). Zuletzt wurden PM10-, Depositions- und Staubbelagsproben auf die Konzentration von Spurenelementen untersucht, um eine Abschätzung des Anteils von PM10 am Gesamtbestand des umgesetzten Staubes zu erhalten (ebd.: 38).

Die Auswertungen der Messungen ergaben folgende Ergebnisse: Sowohl innerhalb der Baumkrone als auch innerhalb der Grünfläche konnte eine äußerst homogene Verteilung der PM10-Konzentration nachgewiesen werden. Im Vergleich zur Referenzstation war die Grobstaubkonzentration an der straßennahen Messposition in 2 m Höhe durchschnittlich um das Doppelte erhöht (2001: 32,1 µg/m3 gegenüber 13,3 µg/m3) (ebd.: 82; 123).

Insgesamt verdeutlichten diese Ergebnisse, dass die Konzentrationsrate von groben Partikeln mit zunehmender Entfernung von der Fahrbahn radikal fällt. Der reduzierte Anteil von schwarzem Grobstaub[4] bei größer werdender Entfernung vom Untersuchungsbaum wies ebenfalls auf die Straße als Hauptquelle dieser Fraktion hin (ebd.: 83).

Entgegen der PM10-Fraktion war die Verteilung der Grobstaubpartikel innerhalb der Krone sowie zwischen den einzelnen Messpunkten in der Baumkrone und der Referenzstation durch eine ostensible Heterogenität gekennzeichnet. Während die Konzentrationen der gesamten Grobstaubpartikel an den Messstellen innerhalb der Baumkrone um bis 48% sanken, reduzierten sich die feinen Partikel des Grobstaubs[5] (3-12 µm) um maximal 30%. In einem 5,65 m hohen Profil, das senkrecht zur Fahrbahn platziert wurde, dezimierte sich die Konzentration von PM10 nur um 7% (ebd.: 123). Dieser Sachverhalt verdeutlich, dass die Verteilung partikulärer Substanzen neben der Windgeschwindigkeit vor allem durch die Größe beeinflusst wird (ebd.: 96-97).

Auf der Grundlage des im Jahr 2002 entwickelten Rastermodells ist eine maximale Staubauflage von 396 g auf der gesamten Baumkrone berechnet worden. Da die Daten in einem vertikalen Querschnitt durch die Baumkrone zu jedem Zeitpunkt der Probenahme um mehr als 50% divergierten und ergo mit der Grobstaubverteilung korrespondierten, konnte eine präferierte Abscheidung gröberer Partikel auf den Blattoberflächen nachgewiesen werden (ebd.: 123-124). Das Resultat konstatiert, dass PM10­­­ evident schlechter abgeschieden werden und folglich kaum zur Masse des deponierten Staubs beitragen (ebd.: 96).

Die Analyse des Trennungsvorgangs hinsichtlich des Staubbelags auf den Blättern sowie der Depositionsproben ergab, dass der Bestandteil des unlöslichen Glührückstandes in der ohne Feuchtigkeit beteiligten Abscheidung – insbesondere unmittelbar am Fahrbahnrand – mit über 50% am signifikantesten war. Daraus lässt sich eine bereits in geringer Entfernung zur Fahrbahn einsetzte Sedimentation gröberer kohlenstoffhaltiger Partikel in Form von trockener Deposition ableiten (ebd.: 124).

Zur Bearbeitung der letzten methodischen Vorgehensweise wurden die Elemente Pb und V herangezogen. Diese liegen als relative konstante Bestandteile in der PM10-Fraktion und im Staubbelag vor. Aus den geringen Konzentrationsabweichungen im PM10 innerhalb der Krone und an der Referenzstation sowie ihrer verhältnismäßigen Anreicherung in der nassen Deposition wird erkennbar, dass Pb und V hauptsächlich als feinere Komponenten im PM10 assoziiert sind. Die im PM10, in der Staubauflage und in der Deposition ermittelte Struktur dieser Elemente ermöglicht keine eindeutige Berechnung des Anteils von PM10 an der umgesetzten Staubmasse, allerdings kann ein Größenbereich von 10 bis 20% als stichhaltig angenommen werden (ebd.: 124). Folglich betrug die maximale Belegung der Krone im Jahr 2002 mit PM10 80 g (ebd.: 115).

Diese Werte können zu den in Abhängigkeit von der Fahrbahnbeschaffenheit und der Fahrzeugart emittierten PM10-Massen in Relation gesetzt werden. Ausgehend von einem vereinfachten Emissionsfaktor[6] von 100 mg.km-1.Kfz-1 sowie einem Verkehrsaufkommen von täglichen 15.000 Kfz pro Fahrtrichtung werden am Untersuchungsstandort pro Tag und Kilometer 1,5 kg PM10 ausgestoßen. Die Bäume der aus zehn acer platanoides bestehenden Baumreihe befinden sich in einem mittleren Abstand von 11 m zueinander. Dementsprechend entfällt auf diese Strecke ein täglicher PM10-Wert von 16,5 g. Ein angenommener 30-wöchiger Zeitraum der Belaubung ergibt für den vom Baum flankierten Straßenabschnitt ein PM10-Eintrag von 3.465 g, der zu maximal 11,5% in der Baumkrone zurückgehalten wird. Im Jahr 2003 waren direkt am Fahrbahnrand gemessene PM10-Konzentrationen gegenüber der Referenzstation im äußersten Fall um 40% erhöht, was zugleich als maximaler Größenfaktor der auf dem Kfz-Verkehr basierenden Konzentrationssteigerung von PM10 am Standort des untersuchten Baumes behandelt werden kann. Sofern dieser Befund mit einbezogen wird, reduziert sich das tatsächliche Feinstaubbindungsvermögen des Einzelbaumes auf < 5% (ebd.: 125).

Die geringe Filterleistung eines Einzelbaums bedarf einer kritischen Diskussion. Die im Jahr 2002 berechnete maximale Staubauflage von 396 g auf der gesamten Krone in der Vegetationsperiode ist eher kritisch zu betrachten, da sie unter Bezugnahme der durch den Mehltaubefall erhöhten Werte nicht den Normalfall der umgesetzten Staubauflage darstellt. Unter gewöhnlichen Bedingungen wird die Staubauflage einen Wert 100 g nicht überschreiten (ebd.: 91). Dieser Wert ist gemäß der Berechnung von Nowak et al. 2002 sowie einer niederländischen Expertengruppe (Wesseling et al. 2004) als repräsentativ einzustufen (Kappis et al. 2007: 117). Grundsätzlich ist die geringe Feinstaubaufnahme des untersuchten acer platanoides deutlich mit dem hohen PM2,5-Anteil in der PM10-Fraktion verknüpft (Langner 2006: 125).

Hinsichtlich der Depositionsrate feinerer Partikel, insbesondere PM2,5, die über weite Strecken transportiert werden und viele mit Vegetation besetzte Räume durchqueren, bestehen weiterhin Forschungslücken. Demnach bietet die Messung des Umsatzes angemessener Elemente wie V und Pb auf Bäumen innerhalb größerer Grünflächen eine Perspektive des großflächigen Nachweises von Filtereffekten, zu der auch verschiedene Baumarten herangezogen werden könnten.

Einen weiteren interessanten Ansatz würde die Untersuchung der strömungsmodifizierenden Wirkung der Belaubung darstellen. Mit Hilfe der Gegenüberstellung einer Ausbreitungsmodellierung (voll belaubte Vegetation und unbelaubter Vergleichszustand) unter gleichbleibenden Eingangsparametern könnte die Filterleistung einer gesamten Grünfläche abgeschätzt werden (ebd.: 122).

Langner (ebd.: 125-126) konstatiert, dass straßenbegleitende Bäume nicht fähig sind, die vom Straßenverkehr emittierten PM10 in nennenswertem Umfang zu vermindern. Allerdings können feinere Partikel durch die erhöhte Transportrate sowie durch die homogene Verteilung in der Atmosphäre auch auf Bäumen an nicht exponierten Standorten abgeschieden werden. Es ist zu vermuten, dass Bäume, die sich innerhalb innerstädtischer Grünflächen und Parkanlagen befinden, eine dem Untersuchungsbaum vergleichbare Filterleistung aufweisen. Diese würde für jeden Einzelbaum betrachtet gering ausfallen, jedoch könnten größere Baumbestände in der Summe eine umfangreiche Filterung von Partikeln zur Verbesserung der Luftqualität bewirken (ebd.: 125-126).

3.1.2 Alfani et al. (1996): Leaf contamination by atmospehric pollutants as assessed by elemental analysis of leaf Tissue, leaf surface deposit and soil

3.1.2.1 Material und Methodik

Die vorliegende Studie wurde im Jahr 1995 von Alfani et al. am Institut für Pflanzenbiologie der Universität Neapel Federico II erarbeitet. In dieser stellen die Beurteilung des dimorphen Aufnahmeweges in Straßenbäumen bezüglich verschiedener Luftschadstoffe und Untersuchungen zur differenziellen Verfügbarkeit von Nährstoffen und Schwermetallen im Boden den Endzweck dieses Berichts dar (Alfani et al. 1996: 243). Hierbei wurde die Konzentration von Stickstoff, Schwefel sowie die der Schwermetalle Pb, Cu und Fe auf den Blattoberflächen und im Blattgewebe einer immergrünen, mediterranen Stieleiche (Quercus ilex) sowie im Stamm umgebenden Boden gemessen. Jeweils zwei der insgesamt in einem urbanen Gebiet in Neapel untersuchten Standpunkte befanden sich in einem Park (CE, OB) sowie einem quadratischen (öffentlichen) Platz (PC, PT), die übrigen vier an einer stark befahrenen Straße (CC, VC, VM, ST).

Im Januar 1993 wurden an allen Untersuchungsorten innerhalb des unteren Laubwerks von zwei oder drei mindestens 50 Jahre alten Bäumen sechs Äste des letzten Jahrgangs entnommen. Für jeden Standort sind zwei vergleichbare Proben von 30 Blättern ausgewählt worden, indem zwei Blätter, die anliegend und in gutem Zustand vorlagen, von den gesammelten Ästen genommen wurden. Ebenfalls wurden an den Orten der Blattprobenahmen im Mai 1993 sowie im Januar 1994 jeweils drei Proben im Oberflächenhorizont des Stammbodens entnommen (ebd.: 244).

3.1.2.2 Ergebnisse

Die folgende Tabelle zeigt den Konzentrationsbereich der jeweiligen Inhalte, die an den acht Untersuchungsstandorten ermittelt wurden. Alle Angaben liegen in µg g-1 vor.

Tab. 2: Aufnahmekapazität von Quercus ilex sowie dem umgebenden Boden (Alfani et al. 1995: 244-246)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Konzentration von S war im Blattgewebe signifikant höher als in der Deposition, wobei keine Korrelation berechnet werden konnte. Die im Boden festgestellten absoluten Gesamtkonzentrationen zeigten ebenfalls keine Wechselseitigkeit mit den entsprechenden Konzentrationen in den Blättern. Zudem ermittelten Alfani et al. einen in einem Bereich von 1,8-8,5% variierenden organischen Kohlenstoffanteil. Böden, die durch einen hohen Grad an organischem Material gekennzeichnet waren (CE, CC), wiesen im Gegensatz zu ärmeren (PT, PC, ST) eine höhere Konzentration von N und S auf.

Letztere waren sowohl innerhalb des Bodens miteinander als auch mit dem organischen Kohlenstoffgehalt positiv korreliert (ebd.: 244-245). Mit Ausnahme der Blattproben, die an den Standorten VM und ST gesammelt wurden, war die Konzentration von Cu im Blattgewebe dauerhaft höher als in der Deposition und auch die höchste dieser Standorte. An dieser Stelle konnte eine signifikante Korrelation (rs = 0,857) berechnet werden. Demgegenüber konnte keine Gegenseitigkeit der Cu-Gehalte mit den jeweiligen im Boden und im Blattgewebe bestimmt werden.

Wegen der relativ gleichmäßigen Fe -gehalte fielen Unterschiede in der Deposition und im Blattgewebe nur teilweise wesentlich aus. Ebenso wie bei N und S korrelierten die Werte dieses untersuchten Elements nicht mit den entsprechenden Konzentrationen in der Blattdeposition und dem -gewebe. Die höchsten Fe-Konzentrationen wurden in Blättern von Bäumen gefunden, die sich entlang Verkehrsstraße befanden (ebd.: 245). Die in der Deposition ermittelten Pb -Werte waren höher als die im Blattgewebe, obgleich enorme Unterschiede in nur einigen Proben gefunden wurden. Weiterhin entdeckten Alfani et al. eine positiv und signifikante Korrelation (rs = 0,929) mit den Pb-Werten in der Deposition und im Blattgewebe. Die in den Blatt- und Bodenproben am höchsten ermittelten Bleiwerte entstammen dem stark belasteten Standort ST (ebd.: 246).

3.1.2.3 Diskussion

Die fehlende Korrelation der N- und S-Gehalte mit dem Boden und dem Blattgewebe deutet stark daraufhin, dass die Blattoberflächenaufnahme aus der Luft neben dem Wurzelsystem eine zentrale Quelle für diese Elemente in Quercus ilex darstellt. Die hohen Gehalte an N und S in den Blättern, die an Standorten mit Böden, welche durch geringe Konzentrationen derselben gekennzeichnet waren, nachgewiesen wurden, wiesen in Übereinstimmung mit Cadle et al. (1991) vermutlich auf einen Transfer von N- und S-Gehalten aus der Blattoberflächenablagerung in das darunterliegende Blattgewebe und/oder auf eine transkutikuläre und stomatäre Aufnahme von luftgebundenen Schwefel- und Stickoxiden hin.

Diese Hypothese kongruiert mit früheren Beobachtungen zu abies alba, welche zeigen, dass der N-Gehalt in den Nadeln dieser aus Neapel gesammelten Pflanze mit höherem Lebensalter steigt, während der Bestand in Pflanzen aus entfernteren Standorten trotz höherer N-Konzentrationen im Boden unverändert bleibt. In den Prozessen der Schwermetallanreicherung sind die der Achsen abgewandten Oberfläche von Quercus ilex anliegenden sternförmigen Trichome von zentraler Relevanz, da sie die Oberfläche erhöhen und somit zu einer erhöhten Abscheidung beitragen.

Den Straßenstandorten entnommenen Bodenproben zeigten höhere Konzentrationen des absoluten Cu- sowie Pb-Gehalts. Die Bodenkonzentration von Fe war im Gegensatz zu der Blatt- zehnfach niedriger, während sich Cu- und Pb-Gehalte im Boden im annähernd gleichen Konzentrationsbereich wie die Blätter befanden. Ausgenommen der am meisten kontaminierten Standorte waren die zuletzt genannten Elemente im Blattgewebe höher als in der Deposition. Diese ermittelten Werte suggerieren einen Transfer der Elemente aus der Blattauflage in das Gewebe. Die direkte Blattaufnahme ist für Fe unter Berücksichtigung dessen geringen Verfügbarkeit im Boden besonders zentral.

Die insgesamt gleichmäßige Anreicherung von Pb in der Oberflächenablagerung und im Blattgewebe ist auf passive Diffusionsmechanismen von ersterem zu letzterem zurückzuführen. Aufgrund einer sehr geringen Kapazität zur Wurzelaufnahme von Pb ist die Translokation von den Wurzeln zu den Blättern eher auszuschließen.

Die Autoren stellen fest, dass sich die Schadstoffaufnahme aus der Luft überwiegend durch die Blattoberfläche gestaltet und diese die elementare Blattzusammensetzung stark beeinflusst. Dies resultiert aus denen der begrenzten Konzentration von N, S und Fe im Boden entgegengesetzten hohen Werten in den Blättern von Quercus ilex. Eine noch empirisch zu untersuchende Frage ist die auf den aktiven oder passiven Mechanismen beruhende Aufnahme. Ebenso wenig wie der zuvor angesprochene Sachverhalt konnte auch kein relativer Beitrag zur Blatt- und Wurzelaufnahme festgelegt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die vorliegende Studie durch die Berücksichtigung der Bodenkonzentrationen und den damit verbundenen Austauschprozessen eine neue zentrale Komponente hinzufügt.

Es wurde deutlich, dass die untersuchten Quercus ilex Exemplare trotz der gering angereicherten Mengen an partikulären Substanzen ein Potenzial zum Bindungsvermögen besitzen. Dieses müsste jedoch in weiteren Untersuchungen und vor allem hinsichtlich der Einteilung von Fraktionen exakter quantifiziert werden (ebd.: 247).

3.1.3 Beckett et al. (2000): The capture of particulate pollution by trees at five contrasting urban sites

Die Zielsetzung besteht in der Herstellung eines differenzierten Verständnisses über den städtischen Wert der Bäume bezüglich der Filterung von Partikeln sowie der Faktoren, die die Effizienz der Deposition beeinflussen (Beckett et al. 2000: 209). Tabelle drei beschreibt die Merkmale der Untersuchungsstandorte. In Klammern ist die Höhe der Bäume in m angegeben.

Tab. 3: Charakteristika der untersuchten Standorte (Beckett et al. 2000: 212-213)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die methodische Vorgehensweise und die verwendeten Materialen von Beckett et al. gestalten sich folgendermaßen: Zu Beginn des Oktobers im Jahre 1996 wurde jeder untersuchten Art innerhalb einer sieben Tage andauernden Periode – entsprechend ihrer unterschiedlichen Blattgrößen – die gleiche Anzahl von Blättern entfernt.

Die Blattfläche jedes Baumes wurde mit Hilfe des Gerätes LAI-2000 Plant Canopy Analizer s ermittelt. Da die Partikel von den ad- und abaxialen Blattoberflächen gewaschen wurden und das LAI-2000 die Fläche von nur einem Blatt ermittelte, wurden die Ergebnisse mit zwei multipliziert, um somit für jeden Baum eine Gesamtfläche angeben zu können. Indem ein Umriss der Krone jedes Baumes auf einem Acetat-Blatt gezeichnet und anschließend der Größe nach angepasst wurde, konnte das Volumen der Baumkrone ermittelt werden. Danach sind einzelne artspezifische Werte der Gesamtblattfläche mit der Partikelbelastung pro gewaschenem Blattbereich multipliziert worden, um einen Wert von aufgenommenen Partikeln pro Baum zu ermitteln. Hierbei wurde gleichzeitig auch die Gesamtaufnahme der Partikelbelastung pro Flächeneinheit berechnet.

Der Partikelumsatz wurde mit Hilfe gravimetrischer Verfahren bestimmt. Nach mehreren Spülvorgängen der Blattproben sind die hervorgegangenen Lösungen durch vorgewogene Cellulosenitrat-Filter gesondert worden. Nach der Trocknung und erneuter Wägung konnte die Masse der Deposition auf den Filtern bestimmt werden (ebd.: 212-213).

Nachfolgend erfolgte eine morphologische Analyse, die die möglichen Quellen der gebundenen Partikel ermitteln sollte. Hierzu fand eine visuelle Beurteilung von partikulären Substanzen mittels REM sowie deren Klassifizierung mit unterschiedlichen Zeichen statt (ebd.: 214). Des Weiteren sind sechs kleine Abschnitte verwendeten Filter ausgeschnitten und auf die prozentuale Elementzusammensetzung hin untersucht worden (ebd.: 215-216).

Folgende Ergebnisse wurden durch die Untersuchungen erzielt: Die Gewichte der Partikel pro Blattfläche sind sehr niedrig ausgefallen. Eine ausgereifte Eiche im Rough Wood wies einen Wert von 43 mg m-2 auf, während das Extremum von einem jungen Exemplar der gleichen Gattung in der Nähe eines Lagerfeuers in Walsall mit 993 mg m-2 aufgezeigt worden ist. Die nächstgrößeren Gewichte wurden in The Level bei Tilia x. europaea (488 mg m-2) sowie den Ulmen (475 mg m-2) im Preston Park festgestellt (ebd.: 217).

Die morphologische Analyse zeigte, dass an den Sussex Standorten (The Level, Falmer und Preston Park) mehr natürliche als anthropogen verursachte Partikel abgeschieden wurden. In London und Walsall wurde eine homogene Abscheidung beider Partikelgruppen festgestellt. An allen Standorten waren die dominanten, anthropogen, und emittierten Partikel mit den Klassen B (Agglomerate) und I >2,5 µm (vermutlich anorganisch, formlos) versehen, während die dominanten natürlichen Partikel bei Walsall als I <2,5 µm und an den verbleibenden Standorten als D (Samen, Sporen, Bakterien) klassifiziert wurden. Der mittlere Durchmesser der Partikel betrug deutlich unter 10 µm (ebd.: 220).

[...]


[1] 1. Richtlinie 1999/30/EG über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffoxid und Stickstoffoxide, Partikel

und Blei in der Luft

2. Richtlinie 2000/69/EG über Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft

3. Richtlinie 2002/2/EG über den Ozongehalt der Luft

4. Richtlinie 2004/107/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates über Arsen, Cadmium, Queck-

silber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Umgebungsluft.

[2] Inzwischen werden die Richtlinien nicht mehr im oben angegebenen Format angegeben, sondern als EU-Luftqualitätsrichtlinie bezeichnet. Darüber hinaus ist die 22. BImSchV in die 39. BImSchV übergegangen.

[3] Die Gravimetrie stellt eine der genauesten analytischen Methoden dar. Hierbei „wird die Masse eines Reaktionsproduktes verwendet, um den ursprünglichen Gehalt des Analyten (die in einer Probe enthaltenen Stoffe) zu bestimmen.“ (Harris 2014: 260)

[4] Schwarzer Grobstaub besteht aus Partikel anthropogenen Ursprungs (Reifenabrieb sowie Rückstände unvollständiger Verbrennung), während sich transparenter vor allem aus transparent organischen (z.B. Mineralkörner) und biogenen Bestandteilen zusammensetzt (Langner 2006: 83).

[5] Der gemessene Grobstaub wurde in fünf unterschiedliche Korngrößenfraktionen (µm) eingeteilt: 3-6, 6-12, 12-24, 24-48 und 48-98.

[6] Im Mittel beträgt die Spannweite von Emissionsfaktoren zwischen 71 und 271 mg.km-1.Kfz-1. Ein Wert von 660 mg.km-1.Kfz-1 stellt ein Extremum dar (Langner 2006: 125).

Ende der Leseprobe aus 49 Seiten

Details

Titel
Die Effektivität der Feinstaubfilterung in städtischen Grünzonen
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Biogeographie und Landschaftsökologie
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
49
Katalognummer
V423675
ISBN (eBook)
9783668692183
ISBN (Buch)
9783668692190
Dateigröße
856 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
PM10, PM2.5, Stadtökologie, Filterleistung, Literaturanalyse, Gesetzgebung, In-situ, Ex-situ, Methodik, ökologische Stadtplanung
Arbeit zitieren
Tim Holst (Autor:in), 2017, Die Effektivität der Feinstaubfilterung in städtischen Grünzonen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/423675

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