Die Entwicklungen im Burgundischen Kerngebiet


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

27 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


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1. Einleitung
Die Burgunder, die im Zuge der Völkerwanderung 407 n. Chr. den Rhein überquerten,
wurden im Verlauf der darauf folgenden Jahrzehnte zu Föderaten des Römischen
Reiches. Im Zuge der turbulenten Entwicklungen in diesen Jahren ließen sie sich erst
bei Worms nieder, bis sie dann im Jahr 443 in das Gebiet um den Genfer See, also in
der heutigen Schweiz, angesiedelt wurden. Während das Römische Reich langsam in
sich zusammenbrach, konnten die Burgunder ihr kleines Hoheitsgebiet immer weiter
ausdehnen bis sie zu einem echten Machtfaktor in Mitteleuropa wurden. Doch bereits
534 mussten sie sich den überlegenen Franken geschlagen geben.
Trotz des Verlustes ihrer politischen Eigenständigkeit, bewahrten die Burgunder ihre
Individualität, was in den eigenständigen Gürtelbeschlägen sichtbar wird. Ziel der
Hausarbeit ist die Darstellung dieser Eigenständigkeit anhand der Gürtelbeschläge und
wie sich diese entwickeln. Dabei sollen auch die Wechselwirkungen mit der gallo-
romanischen Urbevölkerung und den später in das Gebiet der Burgunder eindringenden
Alamannen gezeigt werden.
Es wird zuerst ein kurzer Abriss über die historische Entwicklung der Romanen
gegeben, von ihrer Stellung als Föderaten über die Erschaffung eines eigenen
Herrschaftsbereichs bis zu ihrer Eroberung durch die Franken. Anschließend wird die
Tracht in ihren Grundzügen vorgestellt. Ziel ist es nicht eine vollständige Darstellung
der Tracht zu geben, sondern die Bedeutung der Gürtel innerhalb der Tracht
darzustellen. Die verschiedenen Hauptgürteltypen werden anschließend kategorisiert
und es wird ein Einblick in die unterschiedlichen Verzierungstypen und ­techniken
gegeben. Dabei wird zunächst bewusst auf eine zeitliche und räumliche Einordnung
verzichtet, da die einzelnen Bestandteile aus denen das Gesamtbild einer
Gürtelschnalle/garnitur entsteht klar und deutlich herausgearbeitet werden sollen. Erst
im nächsten Schritt werden die einzelnen Bestandteile zu einem Gesamtbild
zusammengefügt und die jeweiligen Schnallen und Garnituren können aufgrund ihrer
zeitlichen und räumlichen Verbreitung den einzelnen Völkerschaften zugewiesen
werden. Auf der Basis dieser Erkenntnisse wird dann abschließend ein Bild vom
Burgundischen Hoheitsgebiet gegeben, wie es sich zwischen 600 und 700 entwickelte.

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2. Die Burgunder: Ein historischer Überblick
Ende des 4. Jh. war der Verfall des Römischen Reiches schon sehr weit fortgeschritten,
im Laufe der nächsten Jahrzehnte kam es immer wieder zu Barbareneinfällen, in deren
Verlauf auch Rom geplündert wurde. Im Jahr 407 überquerten mehrere germanische
Stämme den Rhein, zu ihnen gehörten die Wandalen, Alanen, Sueben, Alemannen und
auch Teile der rechtsrheinisch lebenden Burgunder. Die Burgunder gehörten dabei zu
den Stämmen, die sich in den neu gewonnenen Gebieten am besten zu Recht fanden.
Ein Beweis hierfür sind die Verträge mit dem 407 in Britannien erhobenen und bald
auch in Gallien anerkannten Usurpator Konstantin (III), der sie zur Sicherung der
Rheingrenzen als Föderaten anerkannte.
Nachdem unter dem Vertreter der legitimen Regierung, dem Heermeister Constantius,
Gallien wieder unter die Kontrolle des Kaisers Honorius gefallen war, erhielten die
Burgunder 413 Land im Raum um Worms und Mainz. Als die Burgunder im Jahr 435
in die benachbarte Belgica I eindrangen, wurden sie von dem römischen Feldherren
Aëtius geschlagen. Nach einem kurzen Frieden wurde ihnen, wahrscheinlich unter der
Zuhilfenahme hunnischer Verbände, im Jahr 436 eine katastrophale Niederlage
zugeführt.
Nur wenige Jahre darauf, im Jahr 443, wurden die restlichen Burgunder durch Aëtius in
der Sapaudia angesiedelt. Die Ergebnisse der Bodenforschung zeigen, dass es sich
dabei um das Gebiet um den Genfer See handelt (Abb. 1).
Genf wurde in den darauf folgenden Jahren zur neuen Residenzstadt und bereits 456 ist
ein burgundischer König Namens Gundowech bezeugt.
1
Der Grund dafür, dass sie erneut den Status von Föderaten und damit eine gewisse
Eigenständigkeit in dem ihnen zugewiesenen Land zugesprochen bekamen, war wohl
der Versuch durch sie die Alpenpässe und die Rhein-Rhône Verbindung zu sichern.
2
In den ersten Jahren kamen sie ihrer Föderatenrolle auch nach, im Jahr 451 stellten sie
ein Kontingent zur Abwehr der Hunnen auf den katalaunischen Feldern und im Jahr 456
nahmen sie an Kämpfen gegen die Sueben in Spanien Teil. Doch bereits 457 zeigten sie
mit der Besetzung eines Teils der Lugdunensis I, dass sie sich damit nicht zufrieden
geben wollten.
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1
Anton 1981, 238 ff., sowie Herwig 1990, 354.
2
Favrod 2005, 34 f.
3
Anton 1981, 242, sowie Herwig 1990, 355.

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Abb. 1: Europa um 450 (nach Favrod 2005, 35.)
Im fortlaufenden Verfallsprozess des Römischen Reiches konnten die Burgunder ihre
Position festigen und ihr Herrschaftsgebiet weiter ausbauen. Um 517 umfasste es das
heutige Burgund, den Jura und den gesamten Rhôneverlauf bis Avignon sowie die Täler
der Isère und Durance (Abb. 2).
Da die Burgunder nur einen kleinen Anteil der Gesamtbevölkerung stellten, waren die
burgundischen Könige stets um eine Ausgleichspolitik zwischen Burgundern und
Galloromanen bemüht, so behielt die daraus entstandene burgundisch-gallorömische
Oberschicht auch nach der Eroberung durch die Franken im Jahr 534 ihren Einfluss.

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Abb. 2: Ausdehnung des Burgunderreichs zur Zeit des Konzils von Epao (517) (nach Favrod 2005,
36.)
In der Folgezeit wurde die Burgundia ein Teilreich des Merowingerreiches, was
deutlich die Bedeutung dieser Region unterstreicht. Doch im laufe der Zeit wurde dieses
Sonderbewusstsein durch die institutionellen und kulturellen Einflüsse des
Merowingerreiches langsam zersetzt. Zum Abschluss gebracht wurde dieser Prozess
wurde aber erst unter den Karolingern.
4
3. Die Tracht im Überblick:
Um sich der Bedeutung der Gürtel bewusst zu werden, ist es notwendig einen kurzen
Überblick über die Tracht zu geben und wie sich der Gürtel in diese Tracht einfügte. Zu
Beginn des Frühmittelalters ist die bereits zu römischer Zeit getragene Tunika das
wichtigste Kleidungsstück, sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Die Tunika löst
die vorher vorherrschende Fibeltracht ab, sie benötigte keinen Verschluss mit einer
Fibel, wurde aber meistens mit einem Gürtel zusammengehalten.
5
4
Favrod 2005, 34 f.
5
Windler 2005, 182.

7
3.1 Die Tracht der Frauen:
Die Tuniken der Frauen und Mädchen reichten im Allgemeinen bis über die Knie. Im 7.
Jh. reichte der Rock dabei bis zu den Knöcheln, während er im 6. Jh. anscheinend
deutlich kürzer war und kombiniert mit Wadenbindengarnituren getragen wurde. Über
der Tunika wurde ein Umhang oder Mantel getragen, der aber im Gegensatz zu früheren
Zeiten nur noch selten mit einer Fibel gehalten, und im 7. Jh. ebenfalls deutlich länger
getragen wurde als im 6. Jh.. Weitere Trachtbestandteile sind gewebte Strümpfe,
Schuhe und Kopfbedeckungen, wie Schleier, Haube oder Kopfputz, diese können aber
meistens nur indirekt anhand von metallenen Teilen, wie Schnallen oder Verschlüssen,
nachgewiesen werden.
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Wie auf der Abbildung (Abb. 3) zu erkennen, nimmt der Gürtel,
wenn er sichtbar getragen wurde, eine besondere Stellung ein. Aufgrund seiner
glänzenden Verzierungen war er schon von weitem gut zu erkennen und zeigte deutlich
die Stellung seiner Trägerin.
Abb. 3: Kleidung der fränkischen Königin Arnegunde (nach Windler 2005, 182.)
6
Windler 2005, 182 f; Einzelheiten zur Gürteltracht in einem weiteren Kontext bei Martin 1991, 31-83.

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3.2 Die Tracht der Männer:
Abb. 4: Rekonstruktion von Kleidung und Bewaffnung eines Mannes in der 1. Hälfte des 7.Jh.
(nach Windler 2005
,
197.)
7
Windler 2005, 196 f.
Die Männer trugen eine hemdartige Tunika, die ebenfalls durch einen Gürtel gehalten
wurde. Häufig wurde neben der Gürtelschnalle ein Sax und am Rücken eine
Gürteltasche am Gürtel befestigt. Bildquellen zeigen, dass die Männer Hosen trugen die
an den Beinen oft mit Bändern zusammengehalten wurden. Ähnlich wie bei den Frauen
trugen auch die Männer einen Umhang oder Mantel über der Tunika. Zwar lassen sich
noch Fibeln nachweisen, aber in der Regel werden diese nicht mehr zum verschließen
verwendet.
7
Die Abbildung (Abb. 4) zeigt, dass der Gürtel beim Mann noch mehr zur
Geltung kam als bei der Frau, da der Mann keine weiteren auffälligen
Trachtbestandteile trug, wie etwa Haube oder Kopfputz. Es war somit eines der
wenigen Statussymbole, die ein Mann sichtbar trug. Anders als die Abbildung es
vermuten lässt, gehörte nicht zu allen Gürteln eine Befestigung für das Sax, darauf wird
im folgenden noch näher eingegangen.

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4. Grundlegendes zu den Gürtelschnallen:
Anhand des vorangegangenen kurzen Einblicks in die Tracht des 5. ­ 7. Jh. lässt sich
die Bedeutung der Gürtel ohne weiteres erkennen. Er war nicht nur ein praktisches
Kleidungsstück, das im Falle der Männer nicht nur dazu diente die Tunika zu halten,
sondern auch Waffen und Gürteltaschen, sondern es war auch ein auffallendes, weithin
sichtbares, Statussymbol. Im Laufe der Zeit bilden sich in den einzelnen Regionen
unterschiedliche Ausprägungen in Bezug auf Gestalt, Verzierung und Konstruktion
aus.
8
Damit unterlagen die Gürtel wie die Fibeln einem ständigen modischen Wandel,
der sie für uns zu einem ,,Leitfossil für die Chronologie des 5.-7. Jh." (Windler 2005,
196) macht.
Die Gürteltracht der Männer und Frauen hat sich ähnlich entwickelt, wobei die
Männergürtel sind dabei aber im Allgemeinen aufwendiger gestaltet sind als die der
Frauen. Es wird vermutet, dass die Männer ihre Gürtel häufiger sichtbar getragen haben,
während die Frauen über der eigentlichen Tunika, die mit dem Gürtel gehalten wurde,
noch ein weiteres Gewand trugen, das den Gürtel häufig verdeckte.
9
4.1 Der Aufbau einer Gürtelgarnitur:
Bevor eine stilistische Einordnung und Bewertung der unterschiedlichen
Gürtelgarnituren möglich ist, muss der Aufbau einer solchen exemplarisch dargestellt
werden, um sich mit den einzelnen Bestandteilen, die dann modischen Veränderungen
unterworfen sind, vertraut zu machen. Das soll Beispielhaft an einer reichhaltigen
Garnitur eines Waffenträgers dargestellt werden, an der alle Arten von Beschlägen zu
finden sind (Abb. 5).
Eine Gürtelschnalle besteht in erster Linie aus einem Schnallenring oder Schnallenbügel
(1), dem Dorn (2) und einem Beschläg, Platte oder Beschlägplatte (3). Bei den meisten,
im Anschluss noch näher dargestellten Beschlägtypen, gehört dazu noch ein
Gegenbeschläg oder Gegenbeschlägplatte (4). Der Schnallenring ist mit dem Beschläg
über eine Angel oder Lasche (6) verbunden, der darüber sitzende Dorn ist oft mit einem
Schild oder einer Schildplatte (7) versehen. Das Beschläg und Gegenbeschläg wurden
mit vorderen (9) und hinteren (8) Nieten auf dem Gürtel befestigt. Dazu kommen noch
verschiedene Ösen (10) für die Riemen des Wehrgehänges, sowie der Riemen- oder
8
Müller 1999, 159.
9
RGA 13, Siegmund, S. 170 f.
Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklungen im Burgundischen Kerngebiet
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Note
3,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
27
Katalognummer
V424166
ISBN (eBook)
9783668743779
ISBN (Buch)
9783668743786
Dateigröße
2214 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
entwicklungen, burgundischen, kerngebiet
Arbeit zitieren
Magister Artium Lars Steffes (Autor:in), 2008, Die Entwicklungen im Burgundischen Kerngebiet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/424166

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