In der folgenden Arbeit soll es um einen Teil der sog. "Rheinischen Ware" gehen - namentlich die Jagd- und Spruchbecherkeramik des ersten bis vierten Jahrhunderts. Diese "Glanztonkeramik der Rheinzone" bzw. en barbotine oder schriftverzierte "reduzierend
gebrannte Glanztonkeramik", wie sie technisch korrekt genannt wird, zeichnet sich besonders durch ihre Art des Dekors aus, der sie von üblichen feinkeramischen Gattungen, wie der Terra sigillata oder der Belgischen Ware, abhebt. Die mit Tonschlicker freihändig aufgetragenen Verzierungen, seien sie nun manuell modelliert wie bei den Jagdbechern oder mit feinem Pinsel aufgemalt wie bei den Spruchbechern, verdienen an dieser Stelle eine besondere Würdigung bzw. allen nötigen Respekt vor der handwerklichen Leistung.
Schließlich sollen aber auch ganz allgemeine Gesichtspunkte dieser beiden Keramikgattungen untersucht werden, wie die Typologie, die Chronologie und die Fundverteilung mit dem Ziel, einen möglichst ausgewogenen Blick auf den Forschungsgegenstand zu erhalten. Nachdem also die beiden Gattungen getrennt voneinander untersucht worden sind, beginnend bei den Jagdbechern, wird der Verfasser den Versuch einer abschließenden Zusammenschau wagen.
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung
B. Jagdbecherkeramik
I. Forschungsgeschichte
II. Typologie und Formenspektrum
a. Typ la
b. Typ lb
c. Typ II
d. Typ III
e. Typ IV
f. Typ V
g. Typ VI
h. Typ VII
III. Chronologie und Produktionszeit
IV. Dekor und Ikonographie
V. Verhandlung und Fundverbreitung
VI. Verwendung
C. Spruchbecherkeramik
I. Forschungsgeschichte
II. Chronologie und Produktionszeit
III. Typologie und Formenspektrum
a. Typ
b. Typ
c. Typ
d. Typ
IV. Inschriften
V. Dekorationselemente
VI. Produktion, Verhandlung und Fundverbreitung
VII. Verwendung
D. Resumee
E. Literaturverzeichnis
F. Abbildungsverzeichnis
A. Einleitung
In der folgenden Arbeit soil es um einen Teil der sog. "Rheinischen Ware" gehen - namentlich die Jagd- und Spruchbecherkeramik des ersten bis vierten Jahrhunderts. Diese "Glanztonkeramik der Rheinzone"1 bzw. en barbotine oder schriftverzierte "reduzierend gebrannte Glanztonkeramik",2 wie sie technisch korrekt genannt wird, zeichnet sich besonders durch ihre Art des Dekors aus, der sie von ublichen feinkeramischen Gattungen, wie der Terra sigillata oder der Belgischen Ware, abhebt. Die mit Tonschlicker freihandig aufgetragenen Verzierungen, seien sie nun manuell modelliert wie bei den Jagdbechern oder mit feinem Pinsel aufgemalt wie bei den Spruchbechern, verdienen an dieser Stelle eine besondere Wurdigung bzw. alien notigen Respekt vor der handwerklichen Leistung. SchlieElich sollen aber auch ganz allgemeine Gesichtspunkte dieser beiden Keramikgattungen untersucht werden, wie die Typologie, die Chronologie und die Fundverteilung mit dem Ziel, einen moglichst ausgewogenen Blick auf den Forschungsgegenstand zu erhalten. Nachdem also die beiden Gattungen getrennt voneinander untersucht worden sind, beginnend bei den Jagdbechern, wird der Verfasser den Versuch einer abschlieEenden Zusammenschau wagen
B. Jagdbecherkeramik
I. Forschungsgeschichte
Die im englischen als "castor ware hunt-cups" bezeichneten Trinkbecher mit Tierdarstellungen waren der Forschung bereits nach den Ausgrabungen in Castor- Durobrivae zu Beginn des 19. Jahrhunderts bekannt.3 Einiges Interesse am der Keramik aus der Colonia Claudia Ara Aggripinensium,4 dem Hauptproduktionsort der Jagdbecher, zeigte Klein 1883 in einem Aufsatz als direkte Reaktion auf den Fund mehrerer Topferofen an der Aachener StraEe und bezeichnete die dort gefundenen "Becher mit figurlichem Dekor en barbotine"5 als Umen mit "Darstellungen aus dem Kreise der Thier- und Pflanzenwelt".6 Eine Bezeichnung, die wahrscheinlich dem Befund in Grabkontexten geschuldet ist. 1911 leistete der Katalog der Sammlung Nissen7 eine erste grobe Zusammenschau dieser Kolner Jagdbecher, deren anfangliche bildikonographische Auswertung in das Jahr 1967-1968 datiert und auf einen Aufsatz Binsfelds8 zuruckgeht. GroEangelegte Untersuchungen dieser Materialgruppe blieben jedoch aus. Einen systematischen Uberblick uber die rheinischen Jagdbecher unter Berucksichtigung des gesamten Fund- und Forschungsmaterials gibt, trotz der zahlreichen Ansatze anderer (z. B. Zeidlers ebenfalls ikonographische Untersuchung9 ), aber erst Oenbrink im Jahr 1998.10
II. Typologie und Formenspektrum
Oenbrinks formenkundliche Untersuchungen ergaben erstmals eine systematische Typologie der Kolner Jagdbecherkeramik. Fur seine Einteilung in sieben Haupttypen (Oenbrink I-VII) waren neben stilistisch-chronologischen auch materialvergleichende Erkenntnisse ausschlaggebend. Jedoch ist die fehlende explizite Darstellung der typologischen Kriterien, anhand derer Oenbrink seine Einteilung vornimmt, ein methodisches, wenn auch nicht grundlegendes Versaumnis.
a. Typ la
In der Jagdbecherproduktion "dominieren bei weitem die korbformigen Kamiesrandbecher [...] mit abgesetztem FuE [und] sorgfaltig geformtem Rand"11 des Typs la, deren Produktionszeit sich etwa von 80 nach Christus bis zum Ende des zweiten Jahrhunderts erstreckt, wobei einige Exemplare auch noch spater anzutreffen sind.12 Die auf uns gekommenen Stucke weisen eine GroEe von ca. 64 mm bis sogar 300 mm auf, wobei letztere eher als Einzelstucke anzusehen sind.13 Der Dekor dieses Typus zeigt meist drei- oder zweifigurige Kompositionen aus Hirschkuh, Hirsch und Hund oder nur Hirschkuh und Hirsch.14 Haufig kommt bei dieser Form der Jagdbecher auch noch ein am GefaEumbruch ansitzender Ratterdekor hinzu.15 In der Gesamthaufigkeitsverteilung aller Typen ist la mit 503 Stricken von 2104 der am haufigsten anzutreffende Becher.16
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Kamiesrandbecher Koln, RGM Inv. 3611, Typus la
b. Typ lb
Die von Oenbrink unter den Typus lb, die zweithaufigste Form in der Gesamtfundverteilung (173 von 2104),17 subsumierten GefaEe sind "steilwandige Becher mit glattem Rand".18 Produziert wurden diese etwa 59 mm bis 230 mm (in sehr seltenen Fallen) groEen Stricke spatestens ab der antoninischen Zeit19 und sind im Fundgut noch "bis weit ins dritte Jahrhundert [...] vertreten."20 Dekoriert ist der Typ lb in den allermeisten Fallen mit einer Zwei-Figuren-Kombination aus Hase und Hirschkuh.21 Umlaufende Spitzblatter und/oder Tropfenreihen erganzen die Tiermotivik.22
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Glanztonbecher Koln, RGM Inv. 248, Typus lb
c. Typ II
Oenbrink II untergliedert sich in Typus II und Ila, wobei an dieser Stelle dieser Unterteilung nicht gefolgt wird, da die letztere Form nur singular vertreten ist und aus der Zweiteilung fur diese rein zusammenfassende Relecture kein erkenntnisbringender Vorteil
Diese "zwiebelformigen, bauchigen [Becher] mit kurzem vertikalen konkaven Hals und einfachem Rand [...] gehoren zu den kleineren und selteneren Trinkbechern dieser Gattung",23 so Oenbrink, der ihre GroEe mit 60 bis 106 mm angibt. Tatsachlich sind uns nur 13 Stucke dieser Form riberliefert.24 Hervorstechend sind zwei mit Antilope und Hirschkuh verzierte GefaEe,25 die jedoch nicht reprasentativ fur das Dekor dieses Jagdbechertyps sind.
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Glanztonbecher Koln, RGM Inv. 3015, Typus II
d. Typ III
Unter diesem Typus versteht man Becher mit "bauchigem Korper [und] hohem schlanken FuE, scharf profilierter Schulter [sowie einem] abgesetzten Mundungsrand."26 Solche zwischen 110 mm bis 235 mm groEen GefaEe wurden vermutlich bereits ab der Mitte des zweiten Jahrhunderts gefertigt und sind auch noch 200 Jahre spater in Britannien anzutreffen.27 Becher dieser Form, die meist mit einer zweifigurigen Kombination aus Hirsch, Hirschkuh und Hund dekoriert sind,28 treten im Fundgut am dritthaufigsten auf.29
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Glanztonbecher Koln, RGM Inv. 1, Typus III
e. Typ IV
Der selten vorkommende und recht dunnwandige Knickwandecher des vierten Typs geht von einem "ausladenden FuEbereich [...] in eine konisch geschwungene nach innen geneigte GefaEwand uber, die [...] in einem nach auEen geneigten lippenlosen Rand endet."30 GefaEe dieser Form sind selten barbotinedekoriert. Ein genaues zeitliches Vorkommen bietet Oenbrink nicht an, uber Vergleichsstucke anderer Materialgattungen ware jedoch ein Produktionsbeginn Mitte des zweiten Jahrhunderts denkbar. Gollub spricht von einer Produktion bis ins dritte Jahrhundert.31
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Glantonbecher Koln, RGM Inv. N 2352, Typus IV
f. Typ V
Ebenfalls nicht haufig ist der "hohe schlauchformige Becher mit leicht einziehender Mundung und glattem Rand" des funften Typs.32 GefaEe dieses Typs sind meist ratter-dekoriert und zwischen 78 mm und 123 mm hoch. Auch hier ist die Datierung mit Unsicherheiten verbunden, ein Ende dieser Form zu Beginn des dritten Jahrhunderts halt Oenbrink jedoch fur sehr sicher.33
Die folgenden beiden Formen sind jeweils nur mit einem vollstandigen Exemplar belegt
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Glanztonbecher Koln, RGM Inv. 27,5485, Typus V
g. Typ vi
"Hohe zylindrische Kelchbecher" dieser Form sind "ins spate erste bzw. fruhe zweite Jahrhundert" zu datieren und mit Schuppendekor und vierfigurigen Kompositionen versehen.34
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Glanztonbecher Koln, RGM o. Inv., Typus VI
h. Typ VII
Keine Becher im strengen Sinn sind die GefaEe der Gruppe VII, die aus Schalendeckeln bestehen, welche eher flach und mit einem Deckelknauf versehen gearbeitet sind. Diese meist mit Ratterdekor und mehrfigurigen Ornamenten versehenen Deckel, stets zu denken mit einer ahnlich gestalteten Schale, datieren zwischen 160 und 210 nach Christus.35
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
AAbbildung 8: Glantonschale ex London mit Deckel, Kunsthandel, Typus VII
III. Chronologie und Produktionszeit
Den Beginn der Jagdbecherproduktion in CCAA setzt Oenbrink auf "die Zeit nach dem ersten Drittel des 2. Jahrhunderts"36 - also nach der Ansiedlung der Topfereien am Rudolfplatz - fest, da sich in den fruheren Werkstatten Kolns keine Herstellung solcher Stucke nachweisen lasst.37 Auf dem kontinentalen Festland bedeutet die SchlieEung des Rudolfplatz-Ateliers "Ende [des] zweiten/Anfang [des] dritten Jahrhunderts" auch das Ende der Jagdbecherherstellung,38 wohingegen die britischen Manufakturen (z. B. Nene Valley oder Castor) vom spaten zweiten noch bis ins spate vierte Jahrhundert39 nach rheinischem Vorbild produzierten.40
Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass das Ende der Produktionszeit nicht unbedingt mit dem Ende der Benutzungsdauer einhergeht, die mitunter abhangig von Qualitat, finanzielle Situation des Besitzers und dem Erinnerungswert des Stuckes langer sein kann, als der tatsachliche Herstellungszeitraum.41
Grundsatzlich ist eine genaue chronologische Eingrenzung der einzelnen Typen bei Oenbrink la, lb und III einfacher als bei den ubrigen Formen42, da aufgrund der geringen Fundmengen eine "genauere zeitliche Fixierung der Laufzeit [der GefaEtypen II, IV, V, VI und VII] nicht gelingen" kann.43 Eine Feindatierung ist jedoch in den allermeisten Fallen nicht zweifelsfrei moglich.44
[...]
1 Lenz 2001, 630
2 Oenbrink 1998, 71f.
3 Artis 1828
4 im Folgenden abgekurzt mit CCAA
5 Paffgen 1992, 175
6 Klein 1885, 179
7 Niessen 1911, 116f.
8 Binsfeld 1967
9 Zeidler 1988
10 Oenbrink 1998
11 Oenbrink 1998, 76f.
12 Oenbrink 1998, 78
13 Oenbrink 1998, 78-80
14 Oenbrink 1998, 104, Tabelle 9
15 Oenbrink 1998, 102
16 Oenbrink 1998, 94, Tabelle 2
17 Oenbrink 1998, 94, Tabelle 2
18 Oenbrink 1998, 80
19 ca. 138-161 nach Christus, nach:Kienast 2017, 128
20 Oenbrink 1998, 80f.
21 Oenbrink 1998, 104, Tabelle 9
22 Oenbrink 1998, 102, Tabelle 7
23 Oenbrink 1998, 84
24 Oenbrink 1998, 94, Tabelle 2
25 Oenbrink 1998, 104, Tabelle 9
26 Oenbrink 1998, 86
27 Oenbrink 1998, 86-88; Paffgen 1992, 170
28 Oenbrink 1998, 101, Tabelle 5
29 Oenbrink 1998, 94, Tabelle 2
30 Oenbrink 1998, 88f.
31 Gollub 1962, 83
32 Oenbrink 1998, 89
33 Oenbrink 1998, 90
34 Oenbrink 1998, 90f.
35 Oenbrink 1998, 90f.
36 Simon-Schonberger 1976,123
37 Oenbrink 1998, 140
38 Oenbrink 1998, 140
39 Cracknell-Mahany 1994, 81
40 Oenbrink 1998, 135, 137
41 von Petrikovits 1972, 118f., Oenbrink 1998, 140
42 siehe Typologie
43 Oenbrink 1998, 142
44 Oenbrink 1998, 140
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