Öffentlicher Rassismus in den USA

Die Stellung der afroamerikanischen Bevölkerung zur Zeit der Progressive Era


Term Paper (Advanced seminar), 2017

16 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historischer Kontext
2.1 Die Wurzeln des Rassismus

3. Legitimierung von öffentlichem Rassismus

4. Umgang mit den Afroamerikanern nach der Reconstruction Phase
4.1 Wahlen und literacy tests
4.2 Jim Crow laws
4.3 Arbeitsverhältnisse der befreiten Sklaven
4.4 The Convict lease System
4.5 Lynch laws

5 Fazit

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

״/ have a dream that one day on the red hills of Georgia sons of former slaves and the sons of formler slave-owners will be able to sit down together at the table of brotherhood.

I have a dream that one day even the state of Mississippi, a state sweltering with the heat of injustice, sweltering with the heat of oppression, will be transformed into an oasis of freedom and justice. [...] And if America is to be a great nation, this must become true.“1

Martin Luther King Jr.

Am 4. Juli 1776 wurde von den Vertretern der 13 Kolonien die Unabhängigkeit vom englischen Mutterland erklärt. Thomas Jefferson verfasste nicht nur die Grundlage für einen neuen Staat, sondern zeigte der Menschheit gleichzeitig noch ein neues Ideal auf. Die USA wurde zum Land der Freiheit.

Zwar hatte die USA den Grundgedanken der Freiheit inne, die afroamerikanische Bevölkerung jedoch als frei zu bezeichnen war in Anbetracht der Sklaverei nach heutigem Verständnis falsch. Und auch nachdem in Nordamerika die Sklaverei durch den Bürgerkrieg abgeschafft wurde und die afroamerikanische Bevölkerung durch den 13. Und 14. Zusatzartikel der Verfassung als frei erklärt wurde, war dieses lediglich der erste Schritt hin zu einer Gleichberechtigung und damit auch zu einer realen Freiheit, wie sie sich Martin Luther King Jr. in seiner Rede von 1963 erträumte.

In dieser Hausarbeit zum Hauptseminar ,Dekade der Entscheidungen: Die USA 1910-1920‘ wird das Ende der Sklaverei und die Stellung der afroamerikanischen Bevölkerung zurzeit der Progressive era behandelt. Vor allem wird die USA, welche als Nation beispielhaft für Fortschritt und Zivilisation Stand, bezüglich des öffentlichen Rassismus betrachtet. Hierfür wird die Definition von Rassismus aus dem Duden herangezogen:

1. (meist ideologischen Charakter tragende, zur Rechtfertigung von Rassendiskriminierung, Kolonialismus o. Ä. entwickelte) Lehre, Theorie, nach der Menschen bzw. Bevölkerungsgruppen mit bestimmten biologischen Merkmalen hinsichtlich ihrer kulturellen Leistungsfähigkeit anderen von Natur aus über- bzw. unterlegen sein sollen

2. dem Rassismus entsprechende Einstellung, Denk- und Handlungsweise gegenüber Menschen bzw. Bevölkerungsgruppen mit bestimmten biologischen Merkmalen2

Es wird nicht die Fragestellung betrachtet, ob Rassismus zu diesem Zeitpunkt richtig war oder falsch war, sondern viel mehr die Ausmaße des öffentlichen Rassismus der afroamerikanischen Bevölkerung zu Zeit der Progressive era und Reconstruction phase und in welchen Formen dieser praktiziert und legitimiert wurde. Explizit wird hier auf die Jim Crow laws eingegangen und die Bedeutung von sepernie but equal. Dafür wird in einem ersten Teil der historische Kontext betrachtet. In einem weiteren Punkt geht es um die Zulässigkeit von Rassismus durch wissenschaftliche Studien und Thesen.

Bevor am Ende ein Fazit gezogen wird, wird die Art und Weise betrachtet wie gegen die Afroamerikaner vorgegangen wurde, sowohl auf gesellschaftlicher Ebene als auch auf juristischer Ebene.

2. Historischer Kontext.

Zwischen 1825 und 1861 führte die Frage der Sklaverei immer häufiger zu Auseinandersetzungen zwischen dem Norden und dem Süden Nordamerikas.

Der Ursprung der Auseinandersetzung lässt sich in der Ökonomie der verschiedenen Gebiete finden. Sklaverei war sowohl eine ökonomische Institution als auch eine gesellschaftliche. Durch die klimatischen Bedingungen im Süden der USA, war dieser ideal für Tabak- Reis- und Baumwollplantagen, für welche billige Arbeitskräfte benötigt wurden.3

Der Norden der USA hingegen war schon teilweise industrialisiert und durch die zahlreichen Immigranten, die aus Europa kamen, wurden vor allem Arbeitsplätze benötigt.

Dieses hatte große Spannungen zur Folge, jedoch ohne dass es bis in die vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts zu einer ernsthaften Belastung für die bundesstaatliche Struktur der USA kam. Durch Kompromisse wurde ein Bruch verhindert.4 Das föderale System der USA erlaubt es, dass die einzelnen Staaten selbst über die

Sklaven-Frage entscheiden durften. Um 1840 kam es schließlich im nördlichen Westen zu einer starken Antisklaverei-Bewegung, welcher sich auch der junge Rechtsanwalt Abraham Lincoln anschloss, mit dem Ziel einer allmählichen Freilassung der Sklaven.5

Durch die Gründung der Republikanischen Partei 1854, kam es zu einer neuen Kampfansage gegen den Süden. Die Gegensätze zwischen dem Norden und den Süden wurden 1860 mit der Wahl Abraham Lincolns zum republikanischen Präsidenten der USA unüberbrückbar.6 7

Lincoln war kein fanatischer Gegner Der Sklaverei und für Kompromisse bereit, da sein oberstes Anliegen der Erhalt der Union war und nicht die Zerstörung oder der Erhalt der Sklaverei. Da allerdings die Souveränität der Staaten damit in Frage gestellt wurde, was für die Südstaaten untragbar war, kam es zu Sezession und der Gründung der ״konföderierten Staaten von Amerika“ und dem darauffolgendem Sezessionskrieg.8

Das Ende des Sezessionskrieges bedeutete den Sieg des Bundesstaatsgedankens und den Übergang vom Agrar- zum Industriestaat, was die Abschaffung der Sklaverei als Folge hatte, wodurch die Schwarzen durch den 13. Und 14. Zusatzartikel der Verfassung als frei erklärt wurden.

In der Zeit nach dem Bürgerkrieg standen die Vereinigten Staaten vor der schwierigen Aufgabe, den Süden wieder aufzubauen und die Abschaffung der Sklaverei konstitutionell zu verankern. Es war die Zeit der Rekonstruktion. Es ging um die politische Wiedereingliederung der ehemaligen abtrünnigen Staaten, den Wiederaufbau der verwüsteten Wirtschaft der Südstaaten und der Erziehung, Ausbildung und Unterstützung der befreiten Bevölkerung.

Der Erfolg der Rekonstruktion ist jedoch kritisch zu betrachten, da in vielen Staaten 1876 die sogenannten Jim Crow laws verabschiedet wurden, die die Rechte der ehemaligen Sklaven drastisch einengen sollten und dadurch die Rassentrennung verstärkten.

2.1 Die Wurzeln des Rassismus

Die Sklaverei der USA hatte Ihren Ursprung 1619, als die ersten Sklaven von europäischen Immigranten nach Virginia gebracht wurden. Auf Plantagen und Farmen arbeiteten die Sklaven bis zum Ende des Bürgerkrieges.9 Als Afroamerikaner hatte man zu dieser Zeit keine Rechte und wurde vielmehr als Eigentum angesehen und dementsprechend behandelt. Daraus folgend durften die Sklavenbesitzer auch ihre Sklaven misshandeln ohne dafür Strafen zu erwarten, da die Afroamerikaner vielmehr als eine Zwischenstufe von Tier zu Mensch betrachtet wurden und nicht gleichgestellt waren. Durch diese Definition, welche per Gesetz festgelegt wurde, war es Sklaven auch nicht erlaubt frei zu leben oder monetären Besitz zu erlangen.10 Ein weiterer Punkt war, dass ein Sklave keine Möglichkeit hatte seinen Stand zu ändern, da man als Sklave geboren wurde und bis zum Tod diesen Status beibehielt. Durch die Befreiung der Sklaven nach dem Bürgerkrieg und die damit erlangte Autonomie kam es zu einem Bruch in der Gesellschaft. Der weiße Teil der Bevölkerung konnte zu einem großen Teil nicht mit der Freiheit der Sklaven umgehen, da bis zu diesem Punkt Negros nicht als zivilisierte Menschen angesehen wurden sondern vielmehr als Wilde. Dieser Fakt und der bisherige Stand der Afroamerikaner erschwerten den Zugewinn an Selbständigkeit, da es der weißen Bevölkerung fremd und sonderbar vorkam sich als ebenbürtig zu betrachten.

Auch die Angst um den Verlust von Profit steigerte das Bedenken. Durch die Befreiung der Sklaven verloren viele Großgrundbesitzer und Plantagenbesitzer ihre kostenlosen Arbeitskräfte und mussten diese nun entlohnen.11

3. Legitimierung von öffentlichem Rassismus

Die neu gewonnene Freiheit der ehemaligen Sklaven hieß keineswegs eine Gleichsetzung der Rechte, auch wenn genau dieses durch den Civil Rights Act von 1866 festgelegt wurde, der besagt dass [... ] all persons born in the United States [... ] are hereby declared to be citizens of the United States [...] and shall have the same right12

Vielmehr wurde diese, vor allem von den Südsaatlern die unter der Befreiung der Sklaven Verluste einbüßen mussten, stigmatisiert und diskriminiert. Da dies jedoch gegen den Civil Rights act sprach, benötigte man an dieser Stelle eine Legitimierung vor der Gesellschaft, um keinen Zwiespalt zu schüren.

Infolge dessen versuchten die Befürworter der Sklaverei wissenschaftliche Studien heranzuziehen um Ihren öffentlichen Rassismus zu legitimieren. Des Weiteren sollte durch die ״wissenschaftlichen Rassisten“ die restliche weiße Bevölkerung mobilisiert werden um die schwarze Bevölkerung von politischen Einflussmöglichkeiten auszuschließen oder zu mindestens sie darin deutlich zu beschneiden.13

Der Ursprung der wissenschaftlichen Legitimierung von Rassismus lässt sich im Jahr 1735 durch die Einteilung der Menschen in vier Untereinheiten von Carl von Linné finden.14 In seinem Buch Systema Naturae wurde nach dem Kriterium der Hautfarbe in gelbe, rote, schwarze und weiße Menschen unterteilt.

Eine Studie zu einem späteren Zeitpunkt lieferte Charles Darwin, welcher sich mit der Evolutionstheorie und der natürlichen Auslese auseinandersetzte.15 Dieser Ansatz wurde in die Sozialwissenschaften übertragen und lieferte eine Rechtfertigung für die white supremacy, also die Überlegenheit der Weißen.16

4. Umgang mit den Afroamerikanern nach der Reconstruction phase

Die Rechtfertigung der Überlegenheit der Weißen gegenüber der afroamerikanischen Bevölkerung auf wissenschaftlicher Eben war jedoch nur ein Part und die Grundlage für das juristische Vorgehen und die Diskriminierung auf sozialer Ebene gegen die Afroamaerikaner.

4.1 Wahlen und literacy tests

Mit der sozialen Trennung, welche durch die Jim Crow laws verstärkt wurde, ging eine politische Entmündigung einher.

Durch den 15. Zusatzartikel der Verfassung war es jedem Bürger der Vereinigten Staaten erlaubt zu wählen. Dieses schien für viele Weiße ursprünglich von Vorteil zu sein, da man glaubte die Wahlen der Schwarzen beeinflussen zu können, indem man diese überzeugt oder einschüchterte um Ihr Wahlverhalten zu lenken, was möglich war, da Abstimmungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht geheim waren.17 18 In den 1890ern jedoch änderte sich das Meinungsbild zu den Wahlen und es missfiel der Weißen Gesellschaft immer mehr.

Es wurden komplizierte Wahlgesetze festgelegt um die Schreib- und Lesefähigkeit zu prüfen, so genannte literacy tests, bevor die Bürger zu Wahlen zugelassen wurden. Dass der Zugang zu Wahlen von der Lesefähigkeit abhing wurde schließlich 1898 vom Sourpreme Court in dem Fall Williams gegen Mississippi bestätigt.19 Außerdem wurden Wahlsteuern eingeführt was zur Folge hatte, dass das Wahlrecht für die Schwarze Bevölkerung faktisch aufgehoben wurde, da diese zu meist keine monetären Mittel dafür aufbringen konnten und nicht imstande waren zu lesen oder zu schreiben.20

Die Einführung von literacy tests und Wahlsteuem widersprach nicht dem Gesetz da damit argumentiert wurde, dass die weiße Bevölkerung die Steuern genauso zahlen musste und ebenfalls getestet wurde, was ebenfalls Personen vom den Wahlen abhielt.21 Die politische Entmündigung und der faktische Verlust des Wahlrechts hatten zur Folge, dass der Süden von Weißen regiert wurde und es keine Behinderung bei Gesetzen gab die die Rassentrennung weiter schürten. Das politische Ausscheiden der afroamerikanischen Bevölkerung wurde damit für den kommenden Zeitraum festgesteckt.

[...]


1 www.archives.gov/files/press/exhibits/dream-speech.pdf.

2 Vgl. http://www.duden.de/rechtschreibung/Rassismus#Bedeutungl.

3 Vgl. The Ethnie dimension s. 94.

4 Vgl. Tenbrock, Dr. R. H., Kluxen, Prof. Dr. к., stier, Prof. Dr. H. E., Zeiten und Menschen, Die geschichtlichen Grundlagen der Gegenwart 1776 bis heute, Schöningh Verlag, Paderborn, 1970._s. 9

5 Vgl. Ebd.

6 Vgl. Ebd. S.10

7 Vgl. Meyer, Hermann, Langenbeck, Wilhelm, Historisch-politisches Quellenbuch Band II, Vom Zeitalter der Aufklärung bis zur Gegenwart, 1. Auflage, Moritz Diesterweg Verlag Frankfur/Main, 1966. s. 116

8 Vgl. Tenbrock, Dr. R. H., Kluxen, Prof. Dr. к., stier, Prof. Dr. H. E., Zeiten und Menschen, Die geschichtlichen Grundlagender Gegenwart 1776 bis heute, Schöningh Verlag, Paderborn, 1970._s. 10

9 Vgl. Ida В. Wells, The reason why colored american is not in the world's Columbian Exposition, Urbana und Chicago: University of Illinois Press, 1893, rep. 1999, Chapter II- Class Legislation.

10 Vgl. http://www2.vcdh.virginia.edu/gos/lawsl700-1750.html

11 » Vgl. Southern, David: The Progressive Era and Race. Reaction and Reform, 1900-1917. s. 16.

12 Vgl. http://www.pbs.org/wgbh/amex/reconstruction/activism/ps_1866.html.

13 Vgl. Weber, K., Mücke, u., Meissner,J., Schwarzes Amerika- Eine Geschichte der Sklaverei, München, C.H.Beck, 2008. s. 258.

14 Vgl. Finzsch, Norbert, Wissenschaftlicher Rassismus in den Vereinigten Staaten - 1850 bis 1930, Frankfurt/Main: Campus, 1999.

15 Vgl. Jackson, John p.; Weidman, Nadine M., Race, Racism, and Science: Social Impact and Interaction, New Brunswick, NJ: Rutgers University Press, 2006.

16 Vgl. Finzsch, Norbert, Wissenschaftlicher Rassismus in den Vereinigten Staaten - 1850 bis 1930, Frankfurt/Main: Campus, 1999, s. 93.

17 Vgl. https://www.loc.gov/rr/program/bib/ourdocs/15thamendment.html.

18 Vgl. Sauter, Udo, Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, 8.Auflage, Alfred Körner Verlag Stuttgart, 2013. s. 259.

19 Vgl. Sauter, Udo, Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, 8.Auflage, Alfred Körner Verlag Stuttgart, 2013. s. 260.

20 eVgl. Weber, K., Mücke, u., Meissner,J., Schwarzes Amerika- Eine Geschichte der Sklaverei, München, C.H.Beck, 2008. s. 267.

21 Vgl. Olson, James s., Beal Olson, Heather, The Ethnic Dimension in American History, 4. Auflage, Willey-Blackwell, 2010. s. 207.

Excerpt out of 16 pages

Details

Title
Öffentlicher Rassismus in den USA
Subtitle
Die Stellung der afroamerikanischen Bevölkerung zur Zeit der Progressive Era
College
University of Münster  (Historisches Seminar- Lehrstuhl für Nordamerikanische Geschichte)
Course
Hauptseminar: Dekade der Entscheidungen: Die USA 1910-1920
Grade
2,0
Author
Year
2017
Pages
16
Catalog Number
V424285
ISBN (eBook)
9783668696938
ISBN (Book)
9783668696945
File size
807 KB
Language
German
Keywords
Rassismus, Jim Crow laws, Lynch Laws
Quote paper
Henrik Sponbiel (Author), 2017, Öffentlicher Rassismus in den USA, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/424285

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