Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG
2 ZIELSETZUNG
3 GEGENWARTIGER KENNTNISSTAND
3.1 Begriffserklarungen
3.1.1 Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)
3.1.2 Gesundheit
3.1.3 Arbeits- und Gesundheitsschutzgesetz
3.1.4 Betriebliche Gesundheitsforderung (BGF)
3.1.5 Verhaltnispravention
3.1.6 Betriebliches Eingliederungsmanagement
3.2 Arbeits- und Gesundheitssituation der erwerbstatigen Bevolkerung
3.2.1 Aktuelle Gesundheitssituation
3.2.2 Psychische Erkrankungen
3.2.3 Fachkraftemangel und demographischer Wandel
3.3 Zusammenhang zwischen Gesundheit und Arbeit
3.3.1 Wirtschaftliche Bedeutung der Gesundheit fur den Arbeitsplatz
3.3.2 Setting Arbeitsplatz KMU
3.4 Fuhrung und Gesundheit
3.5 Unternehmenskultur und Gesundheit
4 METHODIK
4.1 Forschungsfrage
4.2 Stichprobe
4.3 F orschungsdesign
4.4 Datenerhebung
4.5 Datenauswertung
5 ERGEBNISSE
5.1 Unternehmensgrofie
5.2 Branchenzugehorigkeit
5.3 Gesundes Unternehmen
5.4 Gesundes Arbeitsumfeld
5.5 Gesunde Organisation
5.6 Gesunde F uhrung
5.7 Gesundes Miteinander
5.8 Gesundes Verhalten
5.9 Hypothesenprufung
6 DISKUSSION
6.1 Interpretation der Ergebnisse
6.2 Vergleich mit der aktuellen Studienlage
6.3 Chancen fur den Ausbildungsbetrieb
7 ZUSAMMENFASSUNG
8 LITERATURVERZEICHNIS
9 ABBILDUNGS-, TABELLEN-, ABKURZUNGSVERZEICHNIS
9.1 Abbildungsverzeichnis
9.2 T abellenverzeichnis
9.3 Abkurzungsverzeichnis
ANHANG
Anhang 1: Fragebogen
1 Einleitung und Problemstellung
„In einem gesunden Korper wohnt ein gesunder Geist“
Dieser beruhmte Satz vom Dichter Juvenal (60-140 n. Chr.) verdeutlicht den Zusammen- hang der physischen und psychischen Leistungsfahigkeit des Menschen.
Die Verknupfung von Arbeits- und Privatleben durch die wachsende Digitalisierung und damit fast selbstverstandliche permanente Erreichbarkeit des Arbeitnehmers steigert die psychische Belastung am Arbeitsplatz immens, wie in der folgenden Abbildung aus dem Fehlzeitenreport 2016 zu erkennen ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Psychische Belastung 2006 und 2012 im Vergleich (Fehlzeitenreport, 2016)
Dem gegenuber steht das Ziel eines jeden Untemehmens: Die langfristige Steigerung des Untemehmensgewinns.
Die logische Schlussfolgerung eines jeden Managementprozess ist es, eine Kostenmini- mierung und eine Steigerung der Mitarbeiterproduktivitat zu erzielen. Doch die Kranken- stande und auch die durchschnittliche Krankheitsdauer in Deutschland steigen an.
Eine Vielzahl von grofieren Unternehmen haben bereits erkannt, dass Personal eine wert- volle Ressource in Zeiten des demographischen Wandels und des wachsenden Fachkraf- temangels darstellt.
Durch ein strukturiertes und breit gefachertes betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) bieten grofie Unternehmen oft attraktivere Arbeitsplatze. Ergonomisch ange- passte Arbeitsplatze und spezielle Trainings- und Bewegungsangebote, welche vom Ar- beitgeber in den eigenen Raumlichkeiten angeboten und in den Arbeitsalltag integriert werden, sind hier keine Seltenheit mehr.
Doch nur rund ein Drittel der deutschen Arbeitnehmer sind in grofieren Unternehmen beschaftigt.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beschaftigen einen Grofiteil der deutschen Ar- beitnehmer und decken 99% des deutschen Arbeitsmarktes ab (IfM, 2015).
Doch beschaftigen sich Arbeitgeber in diesen Unternehmen ausreichend mit der Gesund- heit ihrer Mitarbeiter oder wurden die Chancen des betrieblichen Gesundheitsmanage- ments im Arbeitsmarkt mit stetig wachsenden Anforderungen und steigendem Belas- tungsgrad der Arbeitnehmer noch nicht erkannt?
Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen steigen die physischen und psychischen Belastungen an, wahrend der Arbeitsplatz an sich unverandert ist (Meggender, Pelster & Sochert, 2005, S12f).
Da die Arbeitszeit eine grofie Rolle im Alltag spielt, tragt der Arbeitgeber eine bedeutende Verantwortung in der gesundheitlichen Vorsorge (Beermann et al., 2010, S.3).
Die vorliegende Arbeit thematisiert den Ausbau gesundheitsfordernden Mafinahmen in kleinen und mittleren Unternehmen.
2 Zielsetzung
Ziel der Arbeit ist es aufzuzeigen, welche Hindernisse bei der Umsetzung eines BGM in kleinen und mittleren Unternehmen vorhanden sind und wie die Motive der Fuhrungs- krafte in KMU gestaltet sind, um die Gesundheit und die Arbeitsmotivation ihrer Mitar- beiter langfristig zu erhalten und zu starken.
Die befragten Unternehmen befinden sich in der Region des Ausbildungsbetriebes, in welcher hauptsachlich KMU zu finden sind.
Um eine geeignete Datengrundlage zu erhalten, wird aus mindestens 10 Unternehmen jeweils ein Unternehmensexperte online zu einer Datenerhebung eingeladen.
Zur Wahrung des Datenschutzes der teilnehmenden Personen, des jeweiligen Betriebes und der Betriebsinterna wird die Umfrage anonym durchgefuhrt.
Um zusatzlich mit der Anonymitat Fragen der sozialen Erwunschtheit auszuschliefien, wird die Befragung in Kooperation mit Betrieben durchgefuhrt, welche sich im Vorfeld der Suche nach Betrieben zur Datenerhebung offen zum Thema des BGM geaufiert haben und Interesse an einer aussagefahigen Analyse zeigen.
3 Gegenwartiger Kenntnisstand
Im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements wachst der Kenntnisstand durch die aktuelle Forschung in den letzten Jahren stark an. In dem nachfolgenden Kenntnisstand sollen die gangigen Begriffe im Bereich betriebliches Gesundheitsmanagement und die bisherigen Strukturen und Richtlinien erlautert werden. Zudem wird der Zusammen- hang zwischen Arbeit und Gesundheit aufgezeigt.
3.1 Begriffserklarungen
Da in der vorliegenden Bachelorarbeit sehr haufig die Begriffe Gesundheit, betriebliches Gesundheitsmanagement, betriebliche Gesundheitsforderung, Arbeitsschutzgesetz und betriebliches Eingliederungsmanagement zu finden sind, werden diese im Folgenden zum Einstieg in die Thematik genauer erklart.
3.1.1 Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)
BGM bezeichnet das systematische und ganzheitliche Bemuhen um eine gesundheitsfor- dernde Gestaltung von Strukturen und Prozessen zur Forderung der Gesundheit der Mit- arbeiter. Das BGM umfasst alle Aktivitaten im Bereich des gesetzlichen ArbSchG, wel- che mit Managementmethoden gesteuert werden konnen (Oppolzer, 2010, S.23).
Fur Badura bedeutet ein BGM „die Entwicklung integrierter betrieblicher Strukturen und Prozesse, die die gesundheitsforderliche Gestaltung von Arbeit, Organisation und dem Verhalten am Arbeitsplatz zum Ziel haben und den Beschaftigten sowie dem Unterneh- men gleichermafien zugutekommen.“ (1999, S.15).
In diesen Definitionen zeichnet sich die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit und der Prozes- scharakter der Strategie im BGM aus, in welchem die gesunde Unternehmenskultur in den Mittelpunkt geruckt wird.
Dies wird auch bereits in vielen Unternehmen berucksichtigt, aber nicht wirksam umge- setzt.
Innerbetriebliche Mafinahmen zur Forderung der Gesundheit sind keine Seltenheit mehr und es finden sich beispielsweise betriebliche Gesundheitstage, welche verschiedene gesundheitsorientierte Themen beinhalten und die Arbeitnehmergesundheit langfristig verbessem soil. Dies funktioniert jedoch nicht ohne langfristige Implementierung, das heifit, immer wiederkehrende Beruhrung mit dem Thema Gesundheit.
Die Kontinuitat im Gesundheitsmanagement ist somit ein wichtiger Stichunkt fur Be- triebe. Einzelne Mafinahmen wie zum Beispiel Veranstaltungen im Unternehmen zum Thema „Gesundheit“ integrieren auf lange Sicht keine nachhaltige Denkweise im Unternehmen und der Grad der Wirksamkeit dieser Mafinahmen fallt sehr gering aus (Bode- cker, 2005).
Eine Hilfestellung zur Implementierung bildet das BGM-Ablaufschema nach Bamberg, Ducki und Metz aus dem Jahr 2011.
Die Diagnose der Ist-Situation bildet die Einstiegsphase. Hier wird die derzeitige Situation aufgenommen und festgestellt, welche Mafinahmen bereits getroffen wurden, um die Gesundheitssituation der Mitarbeiter zu verbessern.
Im zweiten Schritt wird dann die Ist-Situation im Unternehmen analysiert.
Daraufhin werden Mafinahmen in Phase 3 geplant und in Phase 4 umgesetzt. In diesem Schritt ist es fur die Unternehmen sinnvoll, zur Unterstutzung einen externen Fachmann hinzuzuholen, der die derzeitige Situation im Vergleich mit anderen Unternehmen ein- schatzen und zutreffende Optimierungen empfehlen kann. Zudem ist es wichtig, nicht bei den empfindlichsten und arbeitsreichsten Bereichen zu beginnen, da schnelle Erfolgs- erlebnisse zu Beginn des BGM von Vorteil sind (Walter, 2010, S.158). Phase 5 bildet die Qualitatssicherung, also die Bewertung der umgesetzten Mafinahmen.
In Phase 6 wird dann die bereits erwahnte Kontinuitat im BGM berucksichtigt und lau- fende Mafinahmen im Controlling immer wieder optimiert.
In der Gesamtbetrachtung bilden die 6 Phasen zusammenfassend einen Kreislauf, in wel- chem stetig an der derzeitigen Situation im Unternehmen gearbeitet wird.
3.1.2 Gesundheit
In Bezug auf die bearbeitete Thematik des betrieblichen Gesundheitsmanagements ist es sinnvoll, den Begriff der „Gesundheit“ naher zu betrachten.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definierte 1948 Gesundheit als den „Zustand vollkommenen korperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“ (WHO,1986).
Durch die Verabschiedung der Ottawa-Charta im Jahr 1986 entwickelte sich das Gesund- heitsverstandnis dann insoweit, dass „Gesundheit (ist) die Fahigkeit und Motivation, ein wirtschaftliches und sozial aktives Leben zu fuhren“ (Ulich & Wulser, 2010, S.3). Jedem Menschen wird somit die Eigeninitiative in Bezug auf seine Gesundheit zugedacht.
Heute wird vor allem die intrinsische Motivation des Arbeitnehmers gefordert. Der Ge- sundheitsbegriff hat sich in den letzten Jahren zu einer Fahigkeit des Menschen entwi- ckelt, welche erlernbar ist (Badura et al, 2010, S.32).
3.1.3 Arbeits- und Gesundheitsschutzgesetz
Arbeitnehmer sollen mit Hilfe von den gesetzlichen Vorschriften des Arbeitsschutzes pra- ventiv geschutzt werden, damit einhergehende Abwesenheitszeiten und langwierige Ge- nesungsprozesse bzw. dauerhafte gesundheitliche Einschrankungen vermieden werden. Das Burgerliche Gesetzbuch beschreibt im 1996 in Kraft gesetzten ArbSchG Mafinahmen des Arbeitsschutzes als „Mafinahmen zur Verhutung von Unfallen bei der Arbeit und ar- beitsbedingten Gesundheitsgefahren einschliefilich Mafinahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit“ (ArbSchG, 1996).
Der Arbeitgeber hat dafur Sorge zu tragen, dass Mafinahmen, welche fur den Arbeits- schutz erforderlich sind, eingefuhrt und auf deren Wirksamkeit uberpruft werden. Sollten sich die Arbeitsumstande verandern, hat er weiterhin fur eine kontinuierliche Anpassung der Mafinahmen Sorge zu tragen (gem. §3 ArbSchG).
Laut §15 des ArbSchG sind alle Arbeitnehmer des Unternehmens ebenfalls dazu ver- pflichtet, nach ihren Moglichkeiten und gemafi der Unterweisung und Weisung des Ar- beitgebers fur ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen (§15 ArbSchG).
Das Arbeitsschutzgesetz zeigt mit dieser Gesetzesvorlage einen Praventionsaspekt auf, welcher mit dem Leitgedanken ansetzt, Krankheit nicht entstehen zu lassen.
Die Richtlinien des ArbSchG bilden die Grundlage fur ein strukturiert aufgebautes BGM.
3.1.4 Betriebliche Gesundheitsforderung (BGF)
Die BGF grenzt sich von dem BGM ab, indem hier der Fokus auf operative Mafinahmen gesetzt wird, wahrend das ganzheitliche BGM den ganzheitlichen Gesundheitsprozess im Betrieb beschreibt (Badura et al, 1999).
In den letzten Jahren wurde die Definition der „Betrieblichen Gesundheitsforderung44 von der WHO stetig weiterentwickelt.
Die Grundlage des heutigen Verstandnisses bildet die Luxemburger Deklaration, welche bisher von 272 Unternehmen unterzeichnet wurde. Diese wurde im Jahre 1997 vom Eu- ropaischen Netzwerk fur betriebliche Gesundheitsforderung (ENWHP) verabschiedet. BGF wird hier als gemeinschaftliche Aufgabe von Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Gesellschaft definiert.
Dazu gilt der Einfluss der gesetzlichen Krankenkassen (§20a SGB V) und der gesetzli- chen Unfallversicherung (§14 SGB VII), welche erganzend zum offentlich-rechtlichen Arbeitsschutz Rahmenlinien bilden (Oppolzer, 2010, S.26).
BGF beschaftigt sich im Gegensatz hierzu jedoch nicht damit, was zur Krankheit beitragt, sondern soll herausstellen, was den Arbeitnehmer gesund halt (Oppolzer, 2010, S.25).
Es geht dabei um die Schaffung von Ressourcen durch Verhaltens- und Verhaltnispra- vention (Vgl. 3.1.5).
3.1.5 Verhaltnispravention
Verhaltnispravention ist der erste Schritt in der Umsetzung bei einem BGM, da in diesem Bereich oft die hauptsachliche Ursache von Belastung am Arbeitsplatz aufgezeigt werden kann (Brandenburg et al., 2000, S.131).
Mit der Verhaltnispravention soll eine „menschengerechte Gestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen“ erfolgen. Das Ziel ist es, die Gesundheit zu fordern und das Wohl- befinden und die Leistung der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz selbst zu steigern.
Die Auseinandersetzung mit der Unternehmenskultur ist zur Umsetzung der Verhalt- nispraventionen wichtig, um langfristig ein positives Ergebnis zu erreichen. Die person- lichen Werte der Mitarbeiter sind also zu integrieren (Kempf, 2010, S.204).
Die Verhaltenspravention zielt dagegen auf die Optimierung des Verhaltens der Mitarbeiter ab.
Der Fokus liegt dabei auf der Individualitat und dem eigenen Gesundheitsverhalten. Die richtige Ernahrungsweise, Bewegung und die Reduktion von Suchtmitteln wie beispiels- weise Zucker, Alkohol und Zigaretten sind wichtige Faktoren, mit denen das Risiko von Erkrankungen langfristig gesenkt werden kann (Bundesgesundheitsministerium, 2015). Als Interventionen sind beispielsweise Ernahrungsberatung, Ruckenschule und Zeit- & Stressmanagement zu nennen, mit denen Verhaltensmuster durch kontinuierliches Training verbessert werden konnen.
Verhaltens- und verhaltnispraventive Mafinahmen sind als Mafinahmen der Gesundheits- forderung zu verstehen. (Vgl. 3.1.2).
3.1.6 Betriebliches Eingliederungsmanagement
Die Definition fur das BEM ist in § 167 SGB IX erfasst: „Sind Beschaftigte innerhalb eines Jahres langer als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfahig, klart der Arbeitgeber mit der zustandigen Interessenvertretung im Sinne des § 93 SGB IX, bei schwerbehinderten Menschen aufierdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Moglichkeiten, wie die Ar- beitsunfahigkeit moglichst uberwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfahigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.“
Hervorzuheben ist an dieser Stelle der freiwillige Charakter des BEM, welches nur bei Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgt.
Laut der Definition des Bundesarbeitsgerichtes im Jahr 2009 ist es das Ziel des BEM, festzustellen, aufgrund welcher gesundheitlichen Einschrankungen es zu den bisherigen Ausfallzeiten gekommen ist und ob Moglichkeiten bestehen, sie durch bestimmte Veran- derungen zu verringern, um so eine Beendigung des Arbeitsverhaltnisses durch den Ar- beitgeber zu vermeiden (BAG, 2009).
Durch das geltende Gesetz soll folglich eine dauerhafte Arbeitslosigkeit vermieden wer- den.
3.2 Arbeits- und Gesundheitssituation der erwerbstatigen Bevolkerung
„Gesundheit“ als Alltagsbegriff wird oft sehr unterschiedlich definiert. Laut der Datener- hebung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2013 ist Gesundheit anteilig fur rund 80% der Befragten das personliche Wohlbefinden, 58% sehen Gesundheit als die Balance von Korper, Geist und Seele und fur 55% bedeutet Gesundheit, arbeits- und leistungsfahig zu sein (Statista, 2013).
Ein moglichst effektiv wirkendes BGM wird durch verschiedene Faktoren, wie zuneh- mende psychische Belastung am Arbeitsplatz, demographischen Wandel und Bewe- gungsmangel am Arbeitsplatz erfordert (Bundesregierung ,2012).
Laut §15 des ArbSchG sind die Beschaftigten eines Unternehmens dazu verpflichtet, nach ihren Moglichkeiten und gemafi der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers fur ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen (§15 ArbSchG).
3.2.1 Aktuelle Gesundheitssituation
Seit 2012 steigert sich der durchschnittliche Krankenstand in den gesetzlichen Kranken- kassen. Seit 1995 ist der Wert seit 2018 erstmalig wieder auf uber 5,0 % angestiegen (Statista, 2018).
Im Vergleich der 10 haufigsten Krankheitsarten-gemessen alle zwei Jahre anhand den Arbeitsunfahigkeitstagen- ist im Vergleich der Jahre 2011 bis 2017 zu sehen, dass Er- krankungen der Muskel-Skelett-Systems mit rund 21% das fuhrende Krankheitsbild bil- den.
Psychische Erkrankungen bilden 2017 mit 16,7% das zweithaufigste Krankheitsbild (Sta- tista, 2017). Erwahnenswert ist an dieser Stelle, dass der Anteil an psychischen Erkrankungen im westlichen Teil Deutschlands 2,7% hoher ist als im ostlichen Teil Deutsch- lands (17,6% und 14,9%) (DAK, 2017).
Ein weiterer Baustein der Entstehung von Krankheiten zeigt sich in der nachfolgenden Abbildung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es ist zu sehen, dass sich die Ernahrung der deutschen Bevolkerung tendenziell ver- schlechtert.
Nur 5 von 16 Bundeslandern schaffen es, ihr durchschnittlich ausgewogenes Ernahrungs- verhalten entweder zu halten oder zu verbessern.
Weiterhin schaffen es auch hier hochstens rund 50% der Bevolkerung, sich gesund und ausgewogen zu ernahren (Statista 2015).
3.2.2 Psychische Erkrankungen
Psychische Erkrankungen zahlen mit 16, 7 % der gesamten Arbeitsunfahigkeitstage im Jahr 2017 zu den haufigsten Krankheitsarten in Deutschland (Statista, 2018).
Im Vergleich mit den Vorjahren zeigt sich, dass der Anteil der psychischen Erkrankungen stetig steigt. Im Jahr 2011 lag der Anteil der psychischen Erkrankungen bei 13,4% (DAK, 2012).
Der Arbeitsplatz kann nie vollstandig als Ausloser festgelegt werden, untersucht werden muss aber, ob dieser zur Erkrankung beitragt.
Der Charakter eines Menschen spielt eine Rolle darin, wie stark sich verschiedene Belas- tungen auf die Psyche auswirken. Es gibt verschiedene Faktoren, welche die Belastung am Arbeitsplatz stark erhohen. Dazu zahlen Arbeitsunterbrechungen von Vorgesetzten oder Arbeitskollegen, Druck durch Abgabefristen oder eine hohe erwartete Leistungsbe- reitschaft und ununterbrochene Aufmerksamkeit, die vorausgesetzt wird. Die Qualifika- tionen des Mitarbeiters und naturlich auch das Privatleben beeinflussen die Belastung entsprechend (Oppolzer, 2010, S.14).
Um diesem Krankheitsbild effektiv entgegenzuwirken, bietet sich dem Arbeitgeber die Moglichkeit der psychischen GBU. Laut dem §5 Abschnitt III und §6 des Arbeitsschutz- gesetzes sind Arbeitgeber seit Anfang 2014 in Deutschland dazu verpflichtet, auch psy- chische Belastungen der Mitarbeiter wahrzunehmen und zu beurteilen.
Auch wenn der Arbeitgeber ein Mehraufwand mit der Umsetzung der GBU im Unterneh- men hat, rechnet sich dies im Nachhinein beim Kostenvergleich mit den Gesamtkosten bei einem Krankheitsfall aufgrund einer psychischen Erkrankung (Hahnzog, 2015, S.9).
Im Hinblick auf KMU ist anzumerken, dass es fur diese schwierig ist, hilfreiche praven- tive Mafinahmen in ausreichender Grofie umzusetzen, da ein Mitarbeiter fur diesen Be- reich abgestellt werden sollte und sich dies personell und finanziell nur bedingt realisieren lasst (Hahnzog, 2015, S.10).
3.2.3 Fachkraftemangel und demographischer Wandel
Die Problematik der kommenden Jahre fur die Arbeitswelt wird durch die Vorausberech- nung des Statistischen Bundesamtes aufierst plausibel aufgezeigt.
Die vorhandene Bevolkerung weist durchschnittlich eine hohere Lebenserwartung auf, wahrend die Geburtenzahlen die Anzahl der Sterbefalle bereits in den letzten Jahren nicht mehr ausgleichen konnten. Es ergibt sich folglich eine schrumpfende Bevolkerung (Sta- tistisches Bundesamt, 2015).
Die sich daraus ergebenden Herausforderungen heben die Dringlichkeit des BEMs her- vor.
3.3 Zusammenhang zwischen Gesundheit und Arbeit
Der Arbeitsplatz und die Gesundheit stehen in einem engen Zusammenhang, welcher in den folgenden Unterpunkten naher erlautert werden soll.
3.3.1 Wirtschaftliche Bedeutung der Gesundheit fur den Arbeitsplatz
Grofie Unternehmen beschaftigen sich bereits seit einigen Jahren mit dem Thema „Ge- sundheit und Arbeit“. KMU rucken erst seit kurzem in diesem Bereich nach und beschaftigen sich mit der gesundheitsorientierten Gestaltung des Betriebes (TUV-Sud, 2011).
Bereits in den vorherigen Kapiteln wurde das Hauptziel eines BGM herausgestellt. Ein rundum gesundes Unternehmen mit gesunden Mitarbeitern an einem gesunden Arbeits- platz mit gesundem Umfeld (Rudow, 2010, S.24).
Im BKK-Gesundheitsreport 2013 stellte man fest, dass 40% der Ruckenerkrankungen und ca. 33% der arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen durch praventive Mafi- nahmen vermieden werden konnten, doch dies bedeutet zunachst eine Investition der Ar- beitgeberseite.
KMU besitzen im Gegensatz zu grofien Unternehmen meist kleinere finanzielle Mittel, was die Rentabilitat des BGM zu einer interessanten Kennzahl fur das Unternehmen macht. In den letzten Jahren sank zwar die Erkrankungshaufigkeit bei Arbeitnehmem, die Erkrankungsdauer stieg jedoch nachweislich an (Badura, 2010).
Krankheit bedeutet fur den Arbeitgeber zwangslaufig einen Kostenpunkt, weshalb sich viele Studien in den letzten Jahren mit dem Kosten - Nutzen - Vergleich des BGM aus- einandergesetzt haben.
Schroer & Pieper zeigen bspw. im IGA-Report 28 auf, dass sich erste Ergebnisse im oko- nomischen Nutzen gesundheitsfordernder Mafinahmen ergeben. Insgesamt zeigt sich hier ein positiver Nutzen, wenngleich der Forschungsbedarf in vielen Bereichen noch ausge- baut werden kann.
3.3.2 Setting Arbeitsplatz KMU
Lebensbereiche, in denen Menschen einen Grofiteil ihres Lebens verbringen, werden als Setting bezeichnet. Dies konnen beispielsweise Schulen oder Betriebe darstellen. Die Ge- sundheit wird durch diese sozialen Verbundsysteme, in denen ein Grofiteil der Lebenszeit verbracht wird, beeinflusst.
KMU bilden, wie eingangs erwahnt, einen Grofiteil der Arbeitsplatze in deutschen Un- ternehmen und tragen einen grofien Teil des gesamten Umsatzes (Uhle & Treier, 2011, S.30). Rund 3,6 Mio. Unternehmen in Deutschland zahlen zu den KMU, von denen 3,3 Mio. maximal 9 Beschaftigte zahlen und ca. 325.000 Unternehmen zwischen 10 und 249 Beschaftigte haben.
Der Vorteil der KMU sind die flacheren Hierarchiestrukturen im Unternehmen, in wel- chen die Mitarbeiter in rund 75% aller KMU ihren Arbeitsplatz selbst mitgestalten (Flu- ter-Hoffmann & Stetes, 2011).
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