Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begrifflichkeiten und ihre Bedeutungen im bildungspolitischen Kontext
2.1. Heterogenität
2.2. Integration
2.3. Inklusion
3. Das norwegische Bildungssystem
3.1. Gestaltung des norwegischen Bildungssystems
3.2. Umgang mit Heterogenität im norwegischen Schulsystem
4. Diskussion
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der in Deutschland im Jahre 2009 in Kraft getretene Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtete Deutschland sowie die anderen Vertragsstaaten ein inklusives Bildungs- und Schulsystem zu entwickeln und gesetzlich festzulegen. Durch den Einsatz eines inklusiven Bildungs- und Schulsystems soll Schülern1 „ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit“ (Beauftragte der Bundesregierung für die Belangen von Menschen mit Behinderungen 2017, S. 21) ein Recht auf Bildung ermöglicht werden. In einem inklusiven Schulsystem werden Schüler mit Behinderungen in allgemeinbildende Schulen inkludiert und in ihren persönlichen, sozialen und fachlichen Kompetenzen gestärkt (vgl. ebd., S. 21f.). Diese Vielfalt von Schülern bedeutet folglich eine größere Heterogenität in den Klassen und Schulen. Die Heterogenität an deutschen Schulen ist durch die im Jahre 2015 beginnende Flüchtlingskrise in Deutschland noch weiter in den Fokus der Politik, Bildungswissenschaft und Gesellschaft geraten. Neben der Inklusion von physisch und psychisch beeinträchtigten Schülern wird von den Schulen verlangt, dass Migrations- und Flüchtlingskinder in die allgemeinbildende Schulen integriert bzw. inkludiert werden.
Der Umgang mit Heterogenität in den internationalen Bildungs- und Schulsystemen, im Hinblick auf Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit eines jeden Schülers, unabhängig seines Geschlechts oder soziokulturellen Hintergrunds, wird regelmäßig von der OECD, im Rahmen der PISA-Studie, erhoben. Die PISA-Erhebung des Jahres 2015 zeigte deutlich, dass die Bildungserfolge deutscher Schüler eng mit ihren sozio-ökonomischen Hintergründen korrelieren: „[...] weniger Chancengerechtigkeit, als im OECD-Durchschnitt zu beobachten ist, da 16% der Varianz der Schülerleistungen [...] beim sozioökonomischen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler zugeschrieben werden können“ (OECD 2015, S. 5). Des Weiteren erzielten Schüler mit einem Migrationshintergrund ebenfalls deutlich schlechtere Ergebnisse als Schüler ohne Migrationshintergrund (vgl. ebd., S. 6). Somit konnte weder eine soziale Chancengleichheit, noch eine Chancengleichheit zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund ermöglicht werden. Im Gegensatz zu Deutschland zeigt das norwegische Bildungs- und Schulsystem eine weitaus geringere Korrelation zwischen dem sozialen Status der Erziehungsberechtigten (vgl. OECD 2016, S. 224f.; S. 270-273). Durch die Betrachtung der PISA-Ergebnisse stellt sich folglich die Frage, warum Norwegen bessere Ergebnisse im Umgang mit Heterogenität in norwegischen Schulen (Primar- und Sekundarstufe) erzielt oder detaillierter gefasst: Welche Maßnahmen werden für einen erfolgreichen Umgang mit Heterogenität in norwegischen Schulen festgelegt und angewandt? Um diese Fragestellung bearbeiten zu können, erfahren hierbei vorrangig alle Maßnahmen Berücksichtigung, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Da einige der zitierten Arbeiten allerdings individuell eingesetzte Maßnahmen einzelner Schulen darstellen, werden diese ebenfalls in dieser Arbeit berücksichtigt.
Ziel der Hausarbeit ist, mögliche Maßnahmen für das deutsche Bildungs-und Schulsystem zu entwickeln, damit eine Chancengleichheit eines jeden Schülers ermöglicht und gewährleistet werden kann. Hierbei soll sich keinesfalls nur auf Schüler mit einer Behinderung, mit Migrationshintergrund oder anderen Beeinträchtigungen spezialisiert werden, sondern die Heterogenität in Schulen als Vielfalt aller Schüler innerhalb einer Klasse oder eine Schule verstanden werden.
Um mögliche Maßnahmen für das deutsche Bildungs- und Schulsystem festzulegen, werden in dieser Hausarbeit zunächst Maßnahmen des norwegischen Bildungs- und Schulsystems bezüglich des Umgangs mit Heterogenität herausgearbeitet. Anschließend sollen durch einen Vergleich mit dem deutschen Bildungs- und Schulsystem mögliche Maßnahmen mit den verbundenen Chancen, Herausforderungen und Schwierigkeiten herausgearbeitet und eine mögliche Weiterentwicklung des deutschen Bildungs- und Schulsystems dargestellt werden.
2. Begrifflichkeiten und ihre Bedeutungen im bildungspolitischen Kontext
Im Folgenden werden zunächst Begrifflichkeiten erläutert, die zum Verständnis der Arbeit von grundlegender Bedeutung sind. Hierbei wird sich auf keine Nation beschränkt. Dies erfolgt in Kapitel 3 (für Norwegen) und in der Diskussion (Vergleich Norwegen und Deutschland).
2.1. Heterogenität
Heterogenität beschreibt eine Ungleichartigkeit oder Verschiedenartigkeit, die nach vielfältigen Merkmalen differenziert werden kann. In dem bildungswissenschaftlichen Diskurs wird den Kategorien Geschlecht, Herkunft, Religion, Leistungsfähigkeit und Lernausgangslage eine besondere Bedeutung „hinsichtlich der Konsequenzen für Bildung und Erziehung“ (Horn 2012, S. 40) zugeschrieben (vgl. ebd., S. 40f.). Sie kann nicht ohne eine Bezugsgröße existieren, sodass eine Person immer nur in Bezug auf einem bzw. mehreren Merkmalen heterogen zu anderen sein kann (z.B. Leistung, Nationalität) (vgl. Walgenbach 2014, S. 23). Die bedeutendsten Differenzkategorien, die eine Heterogenität bedingen, sind Geschlecht, Migration, Behinderung und die sozio-ökonomische Differenz (vgl. Sturm 2013, S. 65).
Dabei stellt die Heterogenität eine der größten Herausforderungen des Bildungswesens dar, da sie einen konstruktiven Umgang mit ihr und folglich eine (Um-)Orientierung des pädagogischen Handelns fordert. Demzufolge birgt ihre Berücksichtigung und der bewusste Einsatz Belastungen und Chanen zugleich. Während sich die Belastungen überwiegend auf den Prozess der Implementierung beziehen, beziehen sich die Chancen auf die Folgen der Implementierung und den positiv entstehenden Effekten. Erst durch heterogene Lerngruppen können unterschiedliche Werte, Interessen und Lösungen aufgezeigt und besprochen werden, wodurch (u.a.) die Toleranz und Grundwerte der Demokratie erlernt und gefestigt werden. Ebenfalls konnten empirische Untersuchungen belegen, dass eine heterogene Lerngruppe förderlich für den Erwerb sozialer und fachlicher Kompetenzen ist (vgl. ebd., S. 24f.). Durch die Berücksichtigung der Heterogenität können die Individualitäten einzelner Schüler berücksichtigt und eine Gemeinschaft, in der alle Individuen akzeptiert werden, hergestellt werden (vgl. Horn 2012, S. 94). Die Berücksichtigung der individuellen Lernausgangslagen stellt also eine obligatorische Voraussetzung der Unterrichtsgestaltung und des Unterrichtens in heterogenen Lerngruppen dar.
Die Umsetzung der Heterogenität muss in der Institution Schule auf verschiedenen Ebenen betrachtet werden. Auf der schulorganisatorischen Ebene müssen Bedingungen geschaffen werden, dass alle Schüler ihr Recht auf Bildung einfordern können. Dies beinhaltet bspw. die (Um-)Gestaltung der Unterrichtskonzepte und die räumliche (Um-) Gestaltung einer Schule. Innerhalb einer Klasse stehen die Unterrichts- und Interaktionsformen und die Diagnose und Förderung der einzelnen Schüler im Vordergrund (vgl. ebd., S. 29). Allerdings muss hierbei beachtet werden, dass die Umsetzungen von förderorientierten Lerndiagnosen, adaptiven, individuell angepassten Lernangeboten und das gemeinsame Unterrichten von behinderten und nicht behinderten Schülern mit und ohne Migrationshintergrund abhängig von den finanziellen Mitteln sind (vgl. vbw 2016, S. 255).
Eng verbunden mit dem Begriff ‚Heterogenität’ sind die Begriffe ‚Integration’ und ‚Inklusion’, welche die Prozesse darstellen, deren Folgen heterogene Lerngruppen sind.
2.2. Integration
Integration meint „die Eingliederung von Menschen in bestehende gesellschaftliche Strukturen“ (Dannenbeck 2007, S. 42) und den Prozess zur „Herstellung eines Zusammenhaltes unterschiedlicher auseinander verwiesener Gruppen in einer Gesellschaft“ (Horn 2012, S. 89). Durch die Integration soll eine Chancengleichheit und Gleichberechtigung aller Mitglieder einer Gesellschaft ermöglicht und einer Marginalisierung verschiedener Gruppen entgegengewirkt werden (vgl. ebd.).
Problematisch an dem Begriff ‚Integration’ ist, dass dieser fälschlicherweise als Synonym zu dem Begriff ‚Inklusion’ Verwendung findet. Die synonyme Verwendung ging jedoch in den letzten Jahren im englischsprachigen Diskurs stetig zurück, zugunsten des Begriffs ‚Inklusion’ (vgl. Allemann-Ghionda 2013, S. 126f.). Jedoch findet v.a. im deutschsprachigen Diskurs weiterhin eine synonyme Verwendung der Begriffe statt, was nach Allemann-Ghionda mit der „ideologische Konnotation“ (ebd., S. 127) der Begriffe zu erklären sei. ‚Integration’ wird überwiegend im Kontext zur Eingliederung von Individuen mit Migrationshintergrund verwendet, wohingegen ‚Inklusion’ nur bei Diskursen zur Eingliederung von behinderten Personen gewählt wird (vgl. ebd., S. 130).
2.3. Inklusion
„Im Artikel 24 der UN-BRK [Anm. UN-Behindertenkonvention] ist das Recht verankert auf gemeinsamen Unterricht von Kindern und Jugendlichen deren Entwicklungs- und Lernprozesse unter erschwerten Bedingungen stattfindet, mit jenen, bei denen davon ausgegangen wird, dass dies nicht der Fall ist.“ (Sturm 2013, S. 128).
Aber anders als bei der Integration muss die Umgestaltung der sozialen Umwelt als Voraussetzung angesehen werden, um die gemeinsame Nutzung und gesellschaftliche Teilhabe aller Individuen einer Gesellschaft zu ermöglichen. Es werden also die zur Exklusion führenden Strukturen fokussiert und versucht diese zu reformieren (vgl. Dannenbeck 2007, S. 42; Sturm 2013, S. 128). Durch die vorherige Definition ist zu erkennen, dass die Integration und Inklusion die gleichen Ziele verfolgen, nämlich: die gesellschaftliche Teilhabe, dem Entgegenwirken von Diskriminierung, dem Herstellen von Chancengleichheit, Gerechtigkeit und Partizipation aller Individuen einer Gesellschaft, unabhängig von körperlichen, geistigen, seelischen oder anderen Beeinträchtigungen. Beeinträchtigung darf hier aber nicht als negativ konnotierter Begriff verstanden werden, sondern schließt auch Hochbegabungen etc. mit ein (vgl. ebd.; Beck & Hensen 2015, S. 9).
Im schulischen Kontext umfasst die Inklusion vor allem zwei Bedeutungskontexte, die eng zusammenwirken: Inklusion als gemeinsame Beschulung von Schülern mit und ohne Beeinträchtigungen und als Konzept zum Entgegenwirken und zur Überwindung von Diskriminierung. Diese Bedeutungskontexte nehmen auf der Klassenebene eine tragende Rolle ein. Zum einen sollen die Bedürfnisse aller Lernenden berücksichtigt werden, um erfolgreiches Lernen und eine gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, zum anderen sollen die individuellen Stärken eines jeden Schülers gefördert werden. Des Weiteren sollen alle Schüler zur Toleranz gegenüber Anderen und Anderem befähigt werden und Partizipation erfahren (vgl. Hillenbrand 2014, S. 34 ;Horn 2012, S. 85).
Die Herausforderungen, die sich durch die Implementierung der Inklusion in der Schule ergeben, sind z.T. in den Begriffserläuterungen zu ‚Heterogenität’ und ‚Integration’ beschrieben. An dieser Stelle werden die Herausforderungen dargestellt, die entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung der Inklusion scheinen. Nach Hillebrand stellen die Lehrer-Schüler-Interaktion/Kommunikation und das Handeln der Lehrkräfte die wichtigsten Faktoren dar. Das pädagogische Handeln der Lehrkräfte sei entscheidend für die effektive Bildung und folglich für eine gelingende Inklusion (vgl. Hillenbrand 2014, S. 36). Auch die Politik sehe sich einer großen Herausforderung gegenübergestellt, da sie schulorganisatorische Vorgaben und Maßnahmen verabschieden müsse, welche Gesetze und Rahmenbedingungen zur erfolgreichen Implementierung der Inklusion beinhalten (vgl. ebd.). Inklusion muss deshalb auch als Schulentwicklungskonzept verstanden werden (vgl. Horn 2012, S. 85).
Mit der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichteten sich alle Vertragsstaaten dazu, dass alle Menschen mit Behinderungen ein Recht auf Bildung haben. Da in diesem Übereinkommen die Begriffe ‚Inklusion’ und ,Behinderung’ im engen Zusammenhang miteinander stehen, wird in einigen Staaten ‚Inklusion’ lediglich als Prozess zur Teilhabe von behinderten Menschen an der Gesellschaft verstanden. Folglich wird der Inklusionsbegriff im internationalen Vergleich unterschiedlich aufgefasst und verstanden. Auch die Implementierung der Inklusion in den bestehenden Bildungs- und Schulsystem der Vertragsstaaten ist bis dato unterschiedlich umgesetzt worden (vgl. Beck & Hensen 2015, S. 14ff.).
3. Das norwegische Bildungssystem
In diesem Kapitel wird zunächst das norwegische Bildungssystem vorgestellt (Kapitel 3.1.). Hierbei wird sich primär auf die Primar- und Sekundarstufe und weniger bzw. gar nicht auf die Vor- und Hochschulbildungen fokussiert. Anschließend erfolgt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Umgang mit Heterogenität im norwegischen Schulsystem und dessen Berücksichtigung von Seiten des Staates und der Schulen (Kapitel 3.2.).
3.1. Gestaltung des norwegischen Bildungssystems
Das norwegische Bildungssystem umfasst den Kindergarten (barnehage), die verpflichtende Grund- und Gesamtschule (grunnskole), die weiterführende Schule (videregående skole) und die Hochschule bzw. berufliche Ausbildung (høeyere utdanning; folkehøyskole) (vgl. Abb. 1). Zudem haben Erwachsene die Möglichkeit, ihre Schulbildung nachzuholen (vgl. Eurydice 2008, S. 2-7).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Das norwegische Bildungssystem schematisch dargestellt (Quelle: erstellt von Verfasserin, in Anlehnung an Volckmar & Werler 2017, S. 535).
Alle norwegischen Kinder haben die Möglichkeit, einen Kindergarten ab dem ersten Lebensalter zu besuchen, diese sind jedoch nicht kostenlos. Die pädagogischen Inhalte, die hier erlernt werden sollen, sind in einem nationalen Rahmenplan festgelegt. Neben dem Erwerb und der Ausbildung von sozialen Kompetenzen nimmt auch das Lernen einen hohen Stellwert in der frühkindlichen Bildung ein (vgl. Volckmar & Werler 2017, S. 527f.).
Die Grund- und Gesamtschule unterteilt sich in die Kinder- und Jugendstufe (barnetrinn und ungdomstrinn) und ist bis zum Abschluss der zehnten Jahrgangsstufe kostenlos (beinhaltet auch die Materialien). Die Grundschule (Kinderstufe, Primarstufe) umfasst die Jahrgangsstufen eins bis sieben, die Gesamtschule (Jugendstufe, untere Sekundarstufe / Sekundarstufe I) die Jahrgangsstufen acht bis zehn (Norwegian Ministry of Education and Research2 2014). Die Kinder müssen mit dem sechsten Lebensjahr eingeschult werden und es besteht von da an eine Schulpflicht von zehn Jahren. Grundsätzlich gilt, dass die Schule besucht wird, die dem zu Hause des Schülers am nächsten ist (vgl. Eurydice 2008, S. 2f.). Eltern norwegischer Schüler haben auch die Möglichkeit, ihre Kinder an einer privaten Schule unterrichten zu lassen. Jede private Grund- und Gesamtschule muss durch das Ministerium für Bildung und Forschung genehmigt werden (vgl. MER 2014). Die Grund- und Gesamtschule (sowohl öffentlich als auch privat) stellt eine Einheitsschule dar, in der alle Schüler, egal ob mit oder ohne Beeinträchtigungen, am regulären Schulverlauf teilnehmen sollen. Ein an den Schüler angepasster Unterricht ist dafür Voraussetzung (vgl. Volckmar & Werler 2017, S. 528). Bis zur Beendigung der siebten Jahrgangsstufe werden die Schüler in keinem Fach benotet, dies beginnt erst mit dem Eintritt in die achte Jahrgangsstufe. Die Schüler werden jedes Jahr ‚automatisch’ in die nächste Jahrgangsstufe versetzt, ein ‚Sitzenbleiben’ ist nicht vorgesehen (vgl. Volckmar & Werler 2017, S. 528). Am Ende der Grundschule erfolgt ein nationaler Abschlusstest. Durch das Bestehen dieses Tests und die vorherigen Noten können die Schüler eine Befähigung erlangen, um die weiterführende Schule (obere Sekundarstufe / Sekundarstufe II) zu besuchen. Des Weiteren werden nationale Vergleichsarbeiten in der fünften und achten Jahrgangsstufe geschrieben, um die „basic skills“ (Eurydice 2008, S. 3) der Schüler zu überprüfen. In der zweiten Jahrgangsstufe erfolgt ein Test, in dem geprüft wird, ob die Schüler ein bestimmtes Lesekompetenzniveau erreicht haben, das sie zum für den Besuch der weiteren Stufen befähigt (vgl. ebd.).
Neben dem obligatorischen Schulbesuch können die Schüler sog. Schulfreizeiteinrichtungen (Day Care Facilities for School Chidren, SFO) besuchen. Diese müssen von den Gemeinden verwaltet werden. In den SFOs werden Schüler der ersten bis vierten und Schüler mit besonderen Bedürfnissen bis zur siebten Jahrgangsstufe vor und nach der Schulzeit betreut. Die SFOs sind räumlich innerhalb der Schulen angesiedelt, sodass die Schüler diese nicht verlassen müssen. Je nach Alter, Leistungsniveau und Interessen bieten die SFOs verschiedene Freizeitaktivitäten oder Ausflüge an. Darüber hinaus ist das Ziel der SFOs, dass die Schüler in ihren sozialen Fähigkeiten gestärkt und Kinder mit Beeinträchtigungen integriert werden (vgl. MER 2007, S. 11; MER 2014).
Die weiterführende Schule dürfen alle Schüler besuchen, welche die Grund- und Gesamtschule abgeschlossen haben. Wie auch die Grund- und Gesamtschule ist diese Schule kostenlos, allerdings müssen die Schüler die Kosten für Unterrichtsmaterialien selbstständig finanzieren (vgl. MER 2014, S. 14). Je nach Interesse können sie zwischen einem studien- oder berufsvorbereitenden Ausbildungsprogramm wählen. Beide Ausbildungen dauern drei Jahre und der Unterricht findet im Klassenverbund statt. Schüler mit bestimmten Beeinträchtigungen dürfen die weiterführende Schule auch länger als drei Jahre besuchen. Primär wird weiterhin auf die Vermittlung von Basiswissen geachtet, die Vermittlung von Fachwissen wird an dieser Stelle jedoch auch als wichtiges Ziel seitens des norwegischen Bildungsministeriums formuliert. Die Schüler werden regelmäßig benotet und schreiben am Ende jedes Schuljahres eine Abschlussarbeit. Durch den Abschluss der weiterführenden Schule erhalten sie die Befähigung für den Besuch der Berufsschule bzw. Universität / Hochschule. Schüler, die sich für die berufsbildende Ausbildung entschieden haben, können durch die Belegung eines allgemeinbildenden Kurses die Befähigung zum Besuch einer Universität erreichen (vgl. Eurydice 2008, S. 4f.; Volckmar & Werler 2017, S. 528f.). Neben den Universitäten/Hochschulen und Berufsschulen gibt es noch die Volkshochschulen (folkehøyskoler) und die Fachschulen (fagskoleutdanning). Die Volkshochschulen stellen eine Alternative für Jugendliche dar, die nach Abschluss der weiterführenden Schule noch nicht wissen, was sie beruflich anstreben. Die Fachschulen bieten auf Grundlage der weiterführenden Schule berufliche Aus- und Weiterbildungen an (vgl. Volckmar & Werler 2017, S. 529).
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1 Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in dieser Hausarbeit nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer mit eingeschlossen.
2 Im Folgenden MER.